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Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel
Читать онлайн.Название Traum oder wahres Leben
Год выпуска 0
isbn 9783738004960
Автор произведения Joachim R. Steudel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Erwachen
»Eine angenehme Wärme durchströmte mich und unbekannte Vogelstimmen drangen in mein Bewusstsein. Ich sog die reine klare Luft in meine Lunge und mein Herzschlag beruhigte sich wieder. Was war geschehen? Wo war ich? Vorsichtig öffnete ich die Augen ein wenig und schloss sie im selben Moment, geblendet vom gleißenden Sonnenlicht, wieder. Ich hatte genau in die aufgehende Sonne geschaut.
War ich schon tot? War ich im Himmel? Nach einem Selbstmord? Darüber hatte ich in meiner Verzweiflung gar nicht mehr nachgedacht. Da ich den Glauben sowieso schon vernachlässigt hatte, hatte ich solche Gedanken in den letzten Stunden immer wieder verdrängt. Ein Leben nach dem Tod stand für mich einfach nicht mehr zur Debatte. Aber jetzt? Ich hatte keine Erklärung für das, was geschehen war. War ich wirklich gesprungen? Es war mir zwar noch bewusst, wie sich mein Körper angespannt hatte, um sich vom Ast abzustoßen, doch dann? Was war denn in diesem Augenblick nur geschehen?
Meine Hände fühlten den warmen Boden und die kleinen Steine des Weges, auf dem ich in ähnlicher Haltung wie auf dem Ast saß. Langsam drehte ich mich in dieser Stellung um, sodass ich die Sonne im Rücken hatte. Dann öffnete ich vorsichtig die Augen und riss sie erstaunt ganz weit auf. Ich hatte alles andere erwartet, nur nicht den Anblick, der sich mir jetzt bot. Die Sonne beschien vor einem strahlend blauen Himmel eine Landschaft, wie ich sie höchstens einmal im Fernsehen gesehen hatte. Ich befand mich auf einem Weg, der in einem sanften Bogen in ein schönes, lichtdurchflutetes Flusstal führte. An der Stelle, wo der Weg das Tal erreichte, war es sicherlich vier bis fünf Kilometer breit. Flussabwärts waren rechts und links des Flusses sauber abgetrennte Flächen zu sehen. Diese leuchteten in einem üppigen und gleichmäßigen Grün und ihre geometrischen Formen waren auf keinen Fall natürlichen Ursprungs.
Auf dem Wasser bewegten sich kleine Boote mit höchstens ein oder zwei Ruderern besetzt. Wenn man dem Fluss mit den Augen in die andere Richtung folgte, konnte man sehen, dass flussaufwärts die Berge das Tal weiter einengten. Es wurde enger und nur eine kurze Strecke weiter waren keine Felder mehr zu sehen. Die hohen, teilweise sehr steilen Berge schienen sich flussaufwärts fortzusetzen. Nur in der entgegengesetzten Richtung, wo die Landschaft ebener wurde und in weiter Ferne die Berge ganz verschwanden, schien es ausreichend Fläche zu geben, die urbar gemacht werden konnte.
Einige der Bäume und Pflanzen die am Wegrand standen waren mir unbekannt. Bei anderen dachte ich, dass ich sie schon einmal gesehen hätte. Vielleicht durch Filme, Abbildungen in Büchern oder durch Beschreibungen kamen mir diese bekannt vor. So erkannte ich etwas weiter unten am Wegrand einen kleinen Bambuswald, und das machte alles nur noch unverständlicher, denn wenn es wirklich einer wäre, dann müsste ich ja in Asien sein, dachte ich. Aber wie sollte das möglich sein? Was war denn nur geschehen?
Ohne mir einen Reim auf all das machen zu können, schaute ich mich auf der Suche nach etwas Bekanntem weiter um. Ich hielt Ausschau nach einer Asphaltstraße, modernen Gebäuden oder anderen technischen Bauwerken. Doch die einzigen Gebäude, die ich sah, waren einige kleine Häuser, eher Hütten, am Rande der Felder. Viel weiter flussabwärts war am Talrand eine größere Ortschaft zu sehen. Obwohl es weit weg war, hatte ich doch den Eindruck, dass es auch dort recht einfach aussah.
Ich konnte nichts erkennen, was nach fortschrittlicher Zivilisation aussah. Der Weg, auf dem ich mich befand, führte an den Feldern entlang bis zu dem größeren Ort. Dort verzweigte er sich in verschiedenen Richtungen. Einer schlängelte sich in vielen Windungen den Hang hinauf in die Berge hinein. Ein weiterer folgte dem Tal weiter flussabwärts, bis man ihn in weiter Ferne aus den Augen verlor. Und dann gab es da noch einen, der zu einer kleinen Anlegestelle führte. Von dort aus schien es eine Art Fährbetrieb zu geben. Der Fluss war an dieser Stelle breiter und floss ruhig und gleichmäßig dahin. Auch die Fähre, eher ein größeres Floß, konnte man sehen. Sie hatte eben das andere Ufer erreicht und man sah einige kleine Punkte, die sich in verschiedene Richtungen von der Fähre entfernten.
Die Sonne wärmte nun mit einer Kraft, die mich langsam ins Schwitzen brachte. Ich zog die Jacke aus und wollte mich gerade auf den Weg ins Tal machen, als ich hinter mir leise Männerstimmen hörte. Daraufhin drehte ich mich um und bemerkte nun erst, wie anders die Gebirgslandschaft hinter mir eigentlich war. In der Nähe des Flusses waren die Berge noch bis zu den Gipfeln bewaldet, doch dann wurden sie höher und schroffer. Ab einer gewissen Höhe waren sie nur noch mit Sträuchern und anderen niedrigen Pflanzen bewachsen und der graubraune Fels dominierte.
Aber was meinen Blick nun fesselte, waren die beiden Männer, die in diesem Moment hinter der Baumgruppe, die den Blick auf den weiteren Weg versperrte, hervor kamen. Sie unterhielten sich halblaut und ihr Schritt stockte kurz, als sie mich sahen, doch ich hatte nicht den Eindruck, dass sie meine Anwesenheit sonderlich überraschte. Ihre Unterhaltung unterbrechend kamen sie dann mit zielsicheren Schritten auf mich zu.
Die beiden hatten asiatische Gesichtszüge und ihr Kopf war kahlgeschoren. Ein weites, locker sitzendes Obergewand reichte fast bis zu den Knien. Es war aus grobem Leinen, an den Seiten bis in Schritthöhe aufgeschlitzt und wurde von einem Stoffgürtel zusammengehalten. Die ebenfalls lockere Beinbekleidung steckte bis zu den Knien in Strümpfen, die mit kreuzweise umwickelten Bändern gehalten wurden. Die Hosen waren aus dem gleichen Stoff wie das Obergewand und nichts behinderte ihre Träger in ihren Bewegungen. Das leichte, geschmeidige Schuhwerk verlieh ihnen einen fast geräuschlosen Gang und ihre Bewegungen waren weich und gleichmäßig. Man sah sofort: sie waren eins mit der Natur.
Der Jüngere der beiden schien etwa Mitte zwanzig zu sein, war bestimmt nicht größer als einen Meter siebzig und hatte