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dem al­len ein für alle Mal ein Ende set­zen. An­de­rer­seits wehr­te sich mein Ver­stand, der Selbs­t­er­hal­tungs­trieb in mir mas­siv da­ge­gen. Als ich end­lich so­weit war, sich die Mus­keln in mei­nen Ar­men spann­ten und ich mich vom Ast ab­stieß, ge­schah et­was Selt­sa­mes. Zu­erst hat­te ich das Ge­fühl, dass ich ei­nem Feu­er zu nahe ge­kom­men wäre, denn es wur­de un­heim­lich heiß um mich he­r­um. Dann wur­de mir kalt, und zwar so kalt, dass ich am Ende die Be­sin­nung ver­lor. Doch be­vor das ge­schah, hat­te ich das Ge­fühl, ich wäre ein­ge­fro­ren. Ich be­kam kei­ne Luft mehr und mein Herz schi­en still­zu­ste­hen. Die Um­ge­bung nahm ich nur noch ver­schwom­men war, selt­sa­me Farb­spie­le er­schie­nen plötz­lich vor mei­nen Au­gen und ich war nicht fä­hig mich zu be­we­gen. Das letz­te, was ich wie durch einen Schlei­er wahr­nahm, war mein Kör­per, der in ver­krampf­ter Hal­tung auf dem Ast saß. Ver­stört schloss ich die Au­gen.«

      Erwachen

      »Eine an­ge­neh­me Wär­me durch­ström­te mich und un­be­kann­te Vo­gel­stim­men dran­gen in mein Be­wusst­sein. Ich sog die rei­ne kla­re Luft in mei­ne Lun­ge und mein Herz­schlag be­ru­hig­te sich wie­der. Was war ge­sche­hen? Wo war ich? Vor­sich­tig öff­ne­te ich die Au­gen ein we­nig und schloss sie im sel­ben Mo­ment, ge­blen­det vom glei­ßen­den Son­nen­licht, wie­der. Ich hat­te ge­nau in die auf­ge­hen­de Son­ne ge­schaut.

      War ich schon tot? War ich im Him­mel? Nach ei­nem Selbst­mord? Dar­über hat­te ich in mei­ner Ver­zweif­lung gar nicht mehr nach­ge­dacht. Da ich den Glau­ben so­wie­so schon ver­nach­läs­sigt hat­te, hat­te ich sol­che Ge­dan­ken in den letz­ten Stun­den im­mer wie­der ver­drängt. Ein Le­ben nach dem Tod stand für mich ein­fach nicht mehr zur De­bat­te. Aber jetzt? Ich hat­te kei­ne Er­klä­rung für das, was ge­sche­hen war. War ich wirk­lich ge­sprun­gen? Es war mir zwar noch be­wusst, wie sich mein Kör­per an­ge­spannt hat­te, um sich vom Ast ab­zu­sto­ßen, doch dann? Was war denn in die­sem Au­gen­blick nur ge­sche­hen?

      Mei­ne Hän­de fühl­ten den war­men Bo­den und die klei­nen Stei­ne des Weges, auf dem ich in ähn­li­cher Hal­tung wie auf dem Ast saß. Lang­sam dreh­te ich mich in die­ser Stel­lung um, so­dass ich die Son­ne im Rücken hat­te. Dann öff­ne­te ich vor­sich­tig die Au­gen und riss sie er­staunt ganz weit auf. Ich hat­te al­les an­de­re er­war­tet, nur nicht den An­blick, der sich mir jetzt bot. Die Son­ne be­schi­en vor ei­nem strah­lend blau­en Him­mel eine Land­schaft, wie ich sie höchs­tens ein­mal im Fern­se­hen ge­se­hen hat­te. Ich be­fand mich auf ei­nem Weg, der in ei­nem sanf­ten Bo­gen in ein schö­nes, licht­durch­flu­te­tes Flus­stal führ­te. An der Stel­le, wo der Weg das Tal er­reich­te, war es si­cher­lich vier bis fünf Ki­lo­me­ter breit. Fluss­ab­wärts wa­ren rechts und links des Flus­ses sau­ber ab­ge­trenn­te Flä­chen zu se­hen. Die­se leuch­te­ten in ei­nem üp­pi­gen und gleich­mä­ßi­gen Grün und ihre geo­me­tri­schen For­men wa­ren auf kei­nen Fall na­tür­li­chen Ur­sprungs.

      Auf dem Was­ser be­weg­ten sich klei­ne Boo­te mit höchs­tens ein oder zwei Ru­de­rern be­setzt. Wenn man dem Fluss mit den Au­gen in die an­de­re Rich­tung folg­te, konn­te man se­hen, dass fluss­auf­wärts die Ber­ge das Tal wei­ter eineng­ten. Es wur­de en­ger und nur eine kur­ze Stre­cke wei­ter wa­ren kei­ne Fel­der mehr zu se­hen. Die ho­hen, teil­wei­se sehr stei­len Ber­ge schie­nen sich fluss­auf­wärts fort­zu­set­zen. Nur in der ent­ge­gen­ge­setz­ten Rich­tung, wo die Land­schaft ebe­ner wur­de und in wei­ter Fer­ne die Ber­ge ganz ver­schwan­den, schi­en es aus­rei­chend Flä­che zu ge­ben, die ur­bar ge­macht wer­den konn­te.

      Ei­ni­ge der Bäu­me und Pflan­zen die am Weg­rand stan­den wa­ren mir un­be­kannt. Bei an­de­ren dach­te ich, dass ich sie schon ein­mal ge­se­hen hät­te. Viel­leicht durch Fil­me, Ab­bil­dun­gen in Bü­chern oder durch Be­schrei­bun­gen ka­men mir die­se be­kannt vor. So er­kann­te ich et­was wei­ter un­ten am Weg­rand einen klei­nen Bam­bus­wald, und das mach­te al­les nur noch un­ver­ständ­li­cher, denn wenn es wirk­lich ei­ner wäre, dann müss­te ich ja in Asi­en sein, dach­te ich. Aber wie soll­te das mög­lich sein? Was war denn nur ge­sche­hen?

      Ohne mir einen Reim auf all das ma­chen zu kön­nen, schau­te ich mich auf der Su­che nach et­was Be­kann­tem wei­ter um. Ich hielt Aus­schau nach ei­ner As­phalt­stra­ße, mo­der­nen Ge­bäu­den oder an­de­ren tech­ni­schen Bau­wer­ken. Doch die ein­zi­gen Ge­bäu­de, die ich sah, wa­ren ei­ni­ge klei­ne Häu­ser, eher Hüt­ten, am Ran­de der Fel­der. Viel wei­ter fluss­ab­wärts war am Tal­rand eine grö­ße­re Ort­schaft zu se­hen. Ob­wohl es weit weg war, hat­te ich doch den Ein­druck, dass es auch dort recht ein­fach aus­sah.

      Ich konn­te nichts er­ken­nen, was nach fort­schritt­li­cher Zi­vi­li­sa­ti­on aus­sah. Der Weg, auf dem ich mich be­fand, führ­te an den Fel­dern ent­lang bis zu dem grö­ße­ren Ort. Dort ver­zweig­te er sich in ver­schie­de­nen Rich­tun­gen. Ei­ner schlän­gel­te sich in vie­len Win­dun­gen den Hang hi­n­auf in die Ber­ge hi­n­ein. Ein wei­te­rer folg­te dem Tal wei­ter fluss­ab­wärts, bis man ihn in wei­ter Fer­ne aus den Au­gen ver­lor. Und dann gab es da noch einen, der zu ei­ner klei­nen An­le­ge­stel­le führ­te. Von dort aus schi­en es eine Art Fähr­be­trieb zu ge­ben. Der Fluss war an die­ser Stel­le brei­ter und floss ru­hig und gleich­mä­ßig da­hin. Auch die Fäh­re, eher ein grö­ße­res Floß, konn­te man se­hen. Sie hat­te eben das an­de­re Ufer er­reicht und man sah ei­ni­ge klei­ne Punk­te, die sich in ver­schie­de­ne Rich­tun­gen von der Fäh­re ent­fern­ten.

      Die Son­ne wärm­te nun mit ei­ner Kraft, die mich lang­sam ins Schwit­zen brach­te. Ich zog die Ja­cke aus und woll­te mich ge­ra­de auf den Weg ins Tal ma­chen, als ich hin­ter mir lei­se Män­ner­stim­men hör­te. Dar­auf­hin dreh­te ich mich um und be­merk­te nun erst, wie an­ders die Ge­birgs­land­schaft hin­ter mir ei­gent­lich war. In der Nähe des Flus­ses wa­ren die Ber­ge noch bis zu den Gip­feln be­wal­det, doch dann wur­den sie hö­her und schrof­fer. Ab ei­ner ge­wis­sen Höhe wa­ren sie nur noch mit Sträu­chern und an­de­ren nied­ri­gen Pflan­zen be­wach­sen und der grau­brau­ne Fels do­mi­nier­te.

      Aber was mei­nen Blick nun fes­sel­te, wa­ren die bei­den Män­ner, die in die­sem Mo­ment hin­ter der Baum­grup­pe, die den Blick auf den wei­te­ren Weg ver­sperr­te, her­vor ka­men. Sie un­ter­hiel­ten sich halb­laut und ihr Schritt stock­te kurz, als sie mich sa­hen, doch ich hat­te nicht den Ein­druck, dass sie mei­ne An­we­sen­heit son­der­lich über­rasch­te. Ihre Un­ter­hal­tung un­ter­bre­chend ka­men sie dann mit ziel­si­che­ren Schrit­ten auf mich zu.

      Die bei­den hat­ten asia­ti­sche Ge­sichts­zü­ge und ihr Kopf war kahl­ge­scho­ren. Ein wei­tes, lo­cker sit­zen­des Ober­ge­wand reich­te fast bis zu den Kni­en. Es war aus gro­bem Lei­nen, an den Sei­ten bis in Schritt­hö­he auf­ge­schlitzt und wur­de von ei­nem Stoff­gür­tel zu­sam­men­ge­hal­ten. Die eben­falls lo­cke­re Bein­be­klei­dung steck­te bis zu den Kni­en in Strümp­fen, die mit kreuz­wei­se um­wi­ckel­ten Bän­dern ge­hal­ten wur­den. Die Ho­sen wa­ren aus dem glei­chen Stoff wie das Ober­ge­wand und nichts be­hin­der­te ihre Trä­ger in ih­ren Be­we­gun­gen. Das leich­te, ge­schmei­di­ge Schuh­werk ver­lieh ih­nen einen fast ge­räusch­lo­sen Gang und ihre Be­we­gun­gen wa­ren weich und gleich­mä­ßig. Man sah so­fort: sie wa­ren eins mit der Na­tur.

      Der Jün­ge­re der bei­den schi­en etwa Mit­te zwan­zig zu sein, war be­stimmt nicht grö­ßer als einen Me­ter sieb­zig und hat­te

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