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ohne auf dem un­ebe­nen und stei­ni­gen Weg einen Stein an­zu­sto­ßen oder zu strau­cheln, leg­ten sie die kur­ze Stre­cke bis zu mir zu­rück. Sie stopp­ten vor mir, ver­beug­ten sich, die rech­te Hand im rech­ten Win­kel vor die Brust hal­tend, und spra­chen mich an. Die gan­zen Um­stän­de wur­den im­mer un­ver­ständ­li­cher für mich, denn dem Klang der Spra­che nach konn­te es wirk­lich nur chi­ne­sisch, vi­et­na­me­sisch oder et­was ähn­li­ches sein.

      Ich deu­te­te eben­falls eine leich­te Ver­beu­gung an und schau­te un­si­cher zu ih­nen auf. Der äl­te­re der bei­den stell­te, von Ges­ten be­glei­tet, of­fen­bar eine Fra­ge an mich. Ich hat­te den Ein­druck, dass es nur we­nig an­ders klang als ihre ers­ten Wor­te, viel­leicht ein an­de­rer Dia­lekt war, doch auch das konn­te ich nicht ver­ste­hen.

      Lang­sam fass­te ich mich.

      ›Ent­schul­di­gung, ich habe Sie lei­der nicht ver­stan­den. Spre­chen Sie auch Deutsch oder Eng­lisch?‹

      Nach ei­ner kur­zen Pau­se:

      ›Do you speak Eng­lish?‹

      Kei­ne Ant­wort, nur rat­lo­se Bli­cke.

      ›Wer sind Sie? Wo bin ich hier? Wie bin ich hier­her­ge­kom­men?‹

      Wie­der kei­ne Ant­wort.

      ›Das gibt’s doch gar nicht, bin ich denn hier im falschen Film? Wie­so ver­steht mich denn kei­ner? Was ist denn bloß los hier?‹

      Wie so oft in letz­ter Zeit war ich rat­los, un­si­cher und zu kei­ner ver­nünf­ti­gen Hand­lung fä­hig, doch die bei­den schie­nen das zu spü­ren. Sie ver­stän­dig­ten sich kurz mit ei­nem Blick und for­der­ten mich dann mit Ges­ten und be­ru­hi­gen­den Wor­ten auf, ih­nen zu fol­gen. Sie zeig­ten im­mer wie­der auf den Weg, der in die Ber­ge führ­te, und der äl­te­re der bei­den leg­te sanft sei­ne Hand auf mei­ne Schul­ter und drück­te mich vor­sich­tig in die­se Rich­tung.

      Was woll­ten sie bloß von mir? Hat­ten sie mich etwa ge­sucht? Was war denn nur ge­sche­hen, seit ich mir die Schlin­ge um den Hals ge­legt hat­te? Die Schlin­ge, ja, na­tür­lich! Ich fuhr mir mit der Hand an den Hals und tas­te­te nach Spu­ren des Sei­les, doch ich fühl­te nichts als glat­te Haut.

      Mein Han­deln muss für sie völ­lig un­ver­ständ­lich ge­we­sen sein. Aber was soll­te es, sie ver­stan­den mich ja an­schei­nend so­wie­so nicht und ei­gent­lich war es auch egal, ob ich ins Tal ge­hen oder ih­nen fol­gen wür­de. Viel­leicht wür­de sich ja auch al­les auf­klä­ren, wenn ich ih­nen folg­te, denn ir­gend­wie schi­en mei­ne An­we­sen­heit ja nicht ganz un­ver­mu­tet für sie zu sein. Also setz­te ich mich zö­gernd in Be­we­gung. Er­freut lä­chelnd lie­fen sie ne­ben mir her. Bald hat­ten sie wie­der die­sen gleich­mä­ßi­gen, weit aus­grei­fen­den Schritt er­reicht, den ich vor­her schon bei ih­nen be­wun­dert hat­te. Am An­fang konn­te ich ih­nen noch fol­gen, ob­wohl ich schon fast in einen Lauf­schritt ver­fal­len muss­te, um mit­zu­hal­ten, doch spä­ter muss­ten sie ih­ren Schritt ver­lang­sa­men, da ich auf die Dau­er die­ses Tem­po nicht hal­ten konn­te.

      Der Weg führ­te in vie­len Win­dun­gen ste­tig berg­auf bis er einen Berg­sat­tel er­reich­te. Von da an ging es wie­der ab­wärts und ich konn­te Atem schöp­fen. Nun hat­te ich auch wie­der die Kraft, um mich um­zu­schau­en.

      Das Ge­bir­ge setz­te sich in alle Rich­tun­gen, nur un­ter­bro­chen von Tä­lern, Bach- und Fluss­läu­fen, fort. In hö­he­ren La­gen, wei­ter weg vom Was­ser, wur­de die Land­schaft kar­ger, die Ve­ge­ta­ti­on we­ni­ger üp­pig als in dem Flus­stal, aus dem wir ka­men. Der Weg schlän­gel­te sich ins nächs­te Tal hin­ab und nach­dem wir ihm ein Stück ge­folgt wa­ren, wur­de der Blick auf ein hö­her ge­le­ge­nes Sei­ten­tal frei. Mei­ne bei­den Be­glei­ter blie­ben ste­hen und deu­te­ten, be­glei­tet von ei­ni­gen Wor­ten, auf einen be­bau­ten Be­reich, der aber lei­der noch zu weit weg war, um ge­nau­e­res zu er­ken­nen.

      Wir setz­ten un­se­ren Weg, der nun in das Sei­ten­tal hi­n­ein führ­te, fort. Nach ei­ni­ger Zeit er­kann­te ich, dass es eine Tem­pel- oder Klos­ter­an­la­ge sein muss­te, der wir uns nun nä­her­ten.

      Un­ser Weg führ­te an ei­nem Ge­län­de vor­bei, das nur mit Pa­go­den in un­ter­schied­li­cher Grö­ße be­stan­den war. Teil­wei­se nah­men die­se nicht ein­mal zwei Qua­drat­me­ter Grund­flä­che ein, wa­ren aber meh­re­re Me­ter hoch. Es gab aber auch wel­che, die schon fast wie ein mehr­stö­cki­ges Haus wirk­ten. Vom Weg aus ge­lang­te man über eine klei­ne Trep­pe auf das hö­her ge­le­ge­ne Ter­rain. Gleich am An­fang stan­den klei­ne, eher säu­len­ähn­li­che Ge­bil­de, doch ein paar Schrit­te wei­ter folg­ten ei­ni­ge, die si­cher­lich fünf oder sechs Me­ter hoch wa­ren. Die­se Pa­go­den wa­ren aus fla­chen Zie­geln er­baut und hat­ten im­mer wie­der rund­um lau­fen­de Sim­se. Die­se wirk­ten wie klei­ne Vor­dä­cher die nach oben hin in im­mer kür­ze­ren Ab­stän­den ein­ge­fügt wa­ren. Doch kei­ne Pa­go­de glich der an­de­ren, die eine hat­te nur zwei sol­che Vor­dä­cher und die nächs­te schon fünf. Bei der einen wur­de der Um­fang nach je­der die­ser Un­ter­bre­chun­gen ge­rin­ger, bei der nächs­ten blieb der Um­fang bis zum Ab­schluss gleich. Ei­ni­ge wa­ren qua­dra­tisch, an­de­re sechs­eckig oder rund. Die größ­ten hat­ten meist klei­ne Türm­chen oben­drauf und die klei­ne­ren, etwa drei Me­ter ho­hen, nur eine klei­ne Plat­te als Ab­schluss der Dach­spit­ze. Es gab Be­rei­che, in de­nen nur ein bis zwei Me­ter Ab­stand zwi­schen die­sen Pa­go­den war, aber auch im­mer wie­der freie­re Flä­chen, die mit klei­nen Bäu­men be­stan­den wa­ren. Es war ein rich­ti­ger Wald aus Pa­go­den.

      Ich war im­mer lang­sa­mer ge­wor­den, um das al­les in mich auf­neh­men zu kön­nen, doch mei­ne bei­den Füh­rer dräng­ten mich wei­ter. Nach ei­ner kur­zen Stre­cke er­reich­ten wir das Klos­ter­ge­län­de.

      Wir be­tra­ten den in­ne­ren Be­reich durch ein mit Schnit­ze­rei­en und ver­gol­de­ten Or­na­men­ten ver­zier­tes Tor. Über­all wa­ren mir un­ver­ständ­li­che Sym­bo­le, Schrift­zei­chen und für ein eu­ro­päi­sches Auge selt­sam an­mu­ten­de Fi­gu­ren an­ge­bracht. Die vor­herr­schen­den Far­ben wa­ren rot und blau, und bei ei­ni­gen Fi­gu­ren ent­stand der Ein­druck, dass sie je­den Ein­tre­ten­den stän­dig im Blick be­hiel­ten.

      Auf dem Klos­ter­hof, den wir jetzt be­tra­ten, wa­ren ei­ni­ge Mön­che mit Fe­gen be­schäf­tigt. Sie schau­ten auf, be­ka­men bei mei­nem An­blick große Au­gen und be­gan­nen mit­ein­an­der zu tu­scheln. So, wie sie sich ver­hiel­ten, hat­ten sie si­cher­lich noch kei­nen Eu­ro­pä­er ge­se­hen.

      Wir gin­gen auf ein großes Ge­bäu­de zu, das die Front die­ses Plat­zes do­mi­nier­te. Eine brei­te Trep­pe, die von ei­nem mit Or­na­men­ten ver­zier­ten stei­ner­nen Ge­län­der be­grenzt war, führ­te auf eine rund um das Ge­bäu­de lau­fen­de Ter­ras­se. Die­se wur­de eben­falls von ei­nem hüft­ho­hen, stei­ner­nen Ge­län­der be­grenzt. Am Ende der Trep­pe be­fand sich ein über­dach­ter Durch­gang. Von zwei qua­dra­ti­schen, ro­ten Säu­len ge­tra­gen, über­spann­te ein mit blau­en Dach­zie­geln ge­deck­tes, schön ge­schwun­ge­nes Dach den Durch­gang.

      Auf den Ecken thron­ten, wie am Ein­gang­stor, Wäch­ter­fi­gu­ren. Rechts vorn war ein grim­mig aus­se­hen­der Krie­ger mit ei­nem er­ho­be­nen Schwert in je­der Hand zu se­hen. Auf der da­hin­ter­lie­gen­den Ecke war ein Dra­che mit aus­ge­brei­te­ten Flü­geln und weit vor­ge­streck­tem

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