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Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel
Читать онлайн.Название Traum oder wahres Leben
Год выпуска 0
isbn 9783738004960
Автор произведения Joachim R. Steudel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ich deutete ebenfalls eine leichte Verbeugung an und schaute unsicher zu ihnen auf. Der ältere der beiden stellte, von Gesten begleitet, offenbar eine Frage an mich. Ich hatte den Eindruck, dass es nur wenig anders klang als ihre ersten Worte, vielleicht ein anderer Dialekt war, doch auch das konnte ich nicht verstehen.
Langsam fasste ich mich.
›Entschuldigung, ich habe Sie leider nicht verstanden. Sprechen Sie auch Deutsch oder Englisch?‹
Nach einer kurzen Pause:
›Do you speak English?‹
Keine Antwort, nur ratlose Blicke.
›Wer sind Sie? Wo bin ich hier? Wie bin ich hierhergekommen?‹
Wieder keine Antwort.
›Das gibt’s doch gar nicht, bin ich denn hier im falschen Film? Wieso versteht mich denn keiner? Was ist denn bloß los hier?‹
Wie so oft in letzter Zeit war ich ratlos, unsicher und zu keiner vernünftigen Handlung fähig, doch die beiden schienen das zu spüren. Sie verständigten sich kurz mit einem Blick und forderten mich dann mit Gesten und beruhigenden Worten auf, ihnen zu folgen. Sie zeigten immer wieder auf den Weg, der in die Berge führte, und der ältere der beiden legte sanft seine Hand auf meine Schulter und drückte mich vorsichtig in diese Richtung.
Was wollten sie bloß von mir? Hatten sie mich etwa gesucht? Was war denn nur geschehen, seit ich mir die Schlinge um den Hals gelegt hatte? Die Schlinge, ja, natürlich! Ich fuhr mir mit der Hand an den Hals und tastete nach Spuren des Seiles, doch ich fühlte nichts als glatte Haut.
Mein Handeln muss für sie völlig unverständlich gewesen sein. Aber was sollte es, sie verstanden mich ja anscheinend sowieso nicht und eigentlich war es auch egal, ob ich ins Tal gehen oder ihnen folgen würde. Vielleicht würde sich ja auch alles aufklären, wenn ich ihnen folgte, denn irgendwie schien meine Anwesenheit ja nicht ganz unvermutet für sie zu sein. Also setzte ich mich zögernd in Bewegung. Erfreut lächelnd liefen sie neben mir her. Bald hatten sie wieder diesen gleichmäßigen, weit ausgreifenden Schritt erreicht, den ich vorher schon bei ihnen bewundert hatte. Am Anfang konnte ich ihnen noch folgen, obwohl ich schon fast in einen Laufschritt verfallen musste, um mitzuhalten, doch später mussten sie ihren Schritt verlangsamen, da ich auf die Dauer dieses Tempo nicht halten konnte.
Der Weg führte in vielen Windungen stetig bergauf bis er einen Bergsattel erreichte. Von da an ging es wieder abwärts und ich konnte Atem schöpfen. Nun hatte ich auch wieder die Kraft, um mich umzuschauen.
Das Gebirge setzte sich in alle Richtungen, nur unterbrochen von Tälern, Bach- und Flussläufen, fort. In höheren Lagen, weiter weg vom Wasser, wurde die Landschaft karger, die Vegetation weniger üppig als in dem Flusstal, aus dem wir kamen. Der Weg schlängelte sich ins nächste Tal hinab und nachdem wir ihm ein Stück gefolgt waren, wurde der Blick auf ein höher gelegenes Seitental frei. Meine beiden Begleiter blieben stehen und deuteten, begleitet von einigen Worten, auf einen bebauten Bereich, der aber leider noch zu weit weg war, um genaueres zu erkennen.
Wir setzten unseren Weg, der nun in das Seitental hinein führte, fort. Nach einiger Zeit erkannte ich, dass es eine Tempel- oder Klosteranlage sein musste, der wir uns nun näherten.
Unser Weg führte an einem Gelände vorbei, das nur mit Pagoden in unterschiedlicher Größe bestanden war. Teilweise nahmen diese nicht einmal zwei Quadratmeter Grundfläche ein, waren aber mehrere Meter hoch. Es gab aber auch welche, die schon fast wie ein mehrstöckiges Haus wirkten. Vom Weg aus gelangte man über eine kleine Treppe auf das höher gelegene Terrain. Gleich am Anfang standen kleine, eher säulenähnliche Gebilde, doch ein paar Schritte weiter folgten einige, die sicherlich fünf oder sechs Meter hoch waren. Diese Pagoden waren aus flachen Ziegeln erbaut und hatten immer wieder rundum laufende Simse. Diese wirkten wie kleine Vordächer die nach oben hin in immer kürzeren Abständen eingefügt waren. Doch keine Pagode glich der anderen, die eine hatte nur zwei solche Vordächer und die nächste schon fünf. Bei der einen wurde der Umfang nach jeder dieser Unterbrechungen geringer, bei der nächsten blieb der Umfang bis zum Abschluss gleich. Einige waren quadratisch, andere sechseckig oder rund. Die größten hatten meist kleine Türmchen obendrauf und die kleineren, etwa drei Meter hohen, nur eine kleine Platte als Abschluss der Dachspitze. Es gab Bereiche, in denen nur ein bis zwei Meter Abstand zwischen diesen Pagoden war, aber auch immer wieder freiere Flächen, die mit kleinen Bäumen bestanden waren. Es war ein richtiger Wald aus Pagoden.
Ich war immer langsamer geworden, um das alles in mich aufnehmen zu können, doch meine beiden Führer drängten mich weiter. Nach einer kurzen Strecke erreichten wir das Klostergelände.
Wir betraten den inneren Bereich durch ein mit Schnitzereien und vergoldeten Ornamenten verziertes Tor. Überall waren mir unverständliche Symbole, Schriftzeichen und für ein europäisches Auge seltsam anmutende Figuren angebracht. Die vorherrschenden Farben waren rot und blau, und bei einigen Figuren entstand der Eindruck, dass sie jeden Eintretenden ständig im Blick behielten.
Auf dem Klosterhof, den wir jetzt betraten, waren einige Mönche mit Fegen beschäftigt. Sie schauten auf, bekamen bei meinem Anblick große Augen und begannen miteinander zu tuscheln. So, wie sie sich verhielten, hatten sie sicherlich noch keinen Europäer gesehen.
Wir gingen auf ein großes Gebäude zu, das die Front dieses Platzes dominierte. Eine breite Treppe, die von einem mit Ornamenten verzierten steinernen Geländer begrenzt war, führte auf eine rund um das Gebäude laufende Terrasse. Diese wurde ebenfalls von einem hüfthohen, steinernen Geländer begrenzt. Am Ende der Treppe befand sich ein überdachter Durchgang. Von zwei quadratischen, roten Säulen getragen, überspannte ein mit blauen Dachziegeln gedecktes, schön geschwungenes Dach den Durchgang.
Auf den Ecken thronten, wie am Eingangstor, Wächterfiguren. Rechts vorn war ein grimmig aussehender Krieger mit einem erhobenen Schwert in jeder Hand zu sehen. Auf der dahinterliegenden Ecke war ein Drache mit ausgebreiteten Flügeln und weit vorgestrecktem