Скачать книгу

die Au­gen und schau­te auf die be­ten­den Mön­che. Es war schon be­wun­derns­wert wie die­se Men­schen in sich und ih­rem Glau­ben ruh­ten. Warum konn­te das bei mir nicht so sein, warum war mein Glau­be so schwach und ober­fläch­lich?

      Lang­sam ver­such­te ich, die Ver­bin­dung zu Gott wie­der auf­zu­bau­en, denn eins war für mich si­cher, es gab oder gibt den einen Gott! Wie er aus­sieht, wo er ist oder in wel­cher Form er exis­tiert, das war un­wich­tig, nur sei­ne Ge­gen­wart und die Ver­bin­dung zu ihm zähl­ten. Die­se Er­kennt­nis brach­te mich so sehr zur Ruhe, dass ich bei­na­he nicht be­merkt hät­te, dass die Ge­be­te der Mön­che ver­stummt wa­ren und sich ei­ner nach dem an­de­ren er­hob.

      Als ich die Au­gen öff­ne­te und auf­stand, sah ich in das lä­cheln­de Ge­sicht des Ab­tes. Un­be­merkt von mir, war er mit Wang Lee he­r­an­ge­tre­ten. Er mus­ter­te mich, be­fühl­te mei­ne Arme und stieß leicht mit sei­nen Fin­gern in mei­nen Bauch. Ich war nicht dar­auf vor­be­rei­tet ge­we­sen und krümm­te mich nach die­ser leich­ten Be­rüh­rung. Nach­denk­lich be­trach­te­te mich der Abt einen Au­gen­blick und wech­sel­te dann ei­ni­ge Wor­te mit Wang Lee. Die­ser nick­te zu­stim­mend und for­der­te mich dann auf ihm zu fol­gen. Er führ­te mich zu dem Platz, der ne­ben den Un­ter­künf­ten lag und auf dem die Mön­che schon wie­der trai­nier­ten. Et­was ab­seits von den an­de­ren be­gan­nen wir mit ei­nem Kraft­trai­ning, das mei­ne Arme, Bauch- und Brust­mus­ku­la­tur stär­ken soll­te. Er mach­te mir ver­schie­de­nes vor, ließ es mich dann nach­ma­chen und im­mer dann, wenn ich auf­hö­ren woll­te, weil ich dach­te es gin­ge nicht mehr, muss­te ich noch so lan­ge wei­ter­ma­chen, bis es wirk­lich nicht mehr ging. Auch wies er mich im­mer wie­der dar­auf hin, dass mei­ne Atem­tech­nik nicht gut war und dass das rich­ti­ge At­men sehr wich­tig sei. Bei all die­sen Übun­gen nahm er auch noch sei­nen Chi­ne­sisch-Un­ter­richt wie­der auf, doch nur in den kur­zen Pau­sen, in de­nen er mir die nächs­te Übung vor­führ­te.

      Nach ei­ni­ger Zeit, ich war völ­lig durch­ge­schwitzt und bei ei­ni­gen Be­we­gun­gen hin­der­te mich mei­ne zu enge Hose, ging er mit mir zu mei­ner Schlaf­stel­le und hielt mir die Klei­dung hin, die noch vom Vor­tag im Zim­mer lag. Als ich nicht gleich zu­griff, zeig­te er mir, dass ich so aus­ge­stat­tet viel mehr Be­we­gungs­frei­heit hät­te und auch nicht so schnell schwit­zen wür­de. Das wa­ren Vor­tei­le, die mich über­zeug­ten und ich be­gann mich um­zu­zie­hen. Beim Bin­den der Bän­der, die Schu­he und Strümp­fe hiel­ten, hat­te ich Pro­ble­me und erst durch die Hil­fe Wang Lees be­kam ich das in den Griff.

      Nach die­ser kur­zen Un­ter­bre­chung setz­ten wir das Trai­ning fort und ich war fast am Ende mei­ner Kraft, als um die Mit­tags­zeit wie­der ein Gong er­tön­te. Auf dem Weg in einen Teil des Klos­ters, den ich bis­her noch nicht kann­te, be­gann mein Ma­gen ge­wal­tig zu knur­ren, denn ich hat­te seit dem Vor­tag nur Was­ser zu mir ge­nom­men und nach den An­stren­gun­gen des Vor­mit­ta­ges hat­te ich wirk­lich Hun­ger.

      Wir er­reich­ten die ‚Kü­che‘, die mich sehr an die des Lo­kals er­in­ner­te, in dem wir am Vor­tag ge­ges­sen hat­ten. Sie war nur um ei­ni­ges grö­ßer, da ja auch mehr Men­schen zu ver­sor­gen wa­ren, aber an­sons­ten fast gleich aus­ge­stat­tet. Auch die Kat­zen, die sich in der Nähe auf­hiel­ten, um et­was ab­zu­stauben, fehl­ten nicht.

      Es gab wie­der Reis mit ei­ner Ge­mü­se­so­ße, aber kei­ner­lei Fleisch und wie ich spä­ter er­fuhr, er­nähr­ten sich die Mön­che auf­grund ih­res Glau­bens rein ve­ge­ta­risch. Der Kampf mit den Stäb­chen, den ich am Vor­tag auf­ge­nom­men hat­te, setz­te sich an die­sem Tag fort. Doch Wang Lee half mir sehr, den Um­gang mit den Ess­stäb­chen zu er­ler­nen. Ich hat­te schon ei­ni­ges ge­ges­sen, als es in mei­nem Bauch zu ru­mo­ren be­gann. An­schei­nend ver­trug ich die­se un­ge­wohn­te Nah­rung doch noch nicht so recht. Aber der Hun­ger war groß und ich aß al­les, was ich be­kom­men konn­te.

      Nach dem Es­sen be­ga­ben sich die Mön­che wie­der in den Tem­pel, um zu be­ten. Ich folg­te ih­nen, dank­bar für die Ru­he­pau­se und ver­such­te mich zu ent­span­nen. Nach ei­ner Wei­le schlug das un­ge­wohn­te Es­sen wie­der durch. Doch wo­hin soll­te ich ge­hen, ich hat­te bis jetzt noch kei­ne Toi­let­ten be­merkt. Schnell be­gab ich mich vor die Klos­ter­mau­ern und ei­ni­ge Me­ter seit­lich in einen klei­nen Wald. Dort scharr­te ich mit ei­nem Ast ein klei­nes Loch, das ich nach mei­ner Not­durft wie­der mit Erde über­deck­te. Er­leich­tert aber im­mer noch mit Bauch­weh ging ich zu der Koch­stel­le und ver­such­te dem Koch, der eben sei­ne Mahl­zeit zu sich nahm, be­greif­lich zu ma­chen, dass ich ger­ne so einen Tee hät­te, wie ihn mir Wang Lee am Vor­tag ge­bracht hat­te. Es dau­er­te recht lan­ge, bis er mich ver­stand, doch dann be­rei­te­te er mir den glei­chen Tee zu. Die Wir­kung war wie­der über­wäl­ti­gend und ich be­dank­te mich sehr beim Koch. Die­ser schi­en sich über den Dank und das Lob sehr zu freu­en, lä­chel­te mich freund­lich an und be­deu­te­te mir, dass ich je­der­zeit zu ihm kom­men kön­ne , wenn ich et­was be­nö­tig­te.

      Da ich mich nun wie­der bes­ser fühl­te, ging ich zu­rück zum Tem­pel und kam ge­ra­de zu der Zeit dort an, als die Mön­che ihre An­dacht be­en­de­ten. Wang Lee schi­en mich schon ge­sucht zu ha­ben, denn sein Ge­sicht hell­te sich auf, als er mich kom­men sah. Freund­lich wink­te er mich zu sich he­r­an und er­kun­dig­te sich, mit vie­len Ges­ten und Um­schrei­bun­gen, wo ich ge­we­sen sei. Ich schil­der­te ihm mein Pro­blem und ver­such­te ihm be­greif­lich zu ma­chen, dass ich beim nächs­ten Mal ger­ne die Toi­let­te auf­su­chen wür­de. Nach ei­ner Wei­le hat­te er mich ver­stan­den und führ­te mich wie­der in den Wald au­ßer­halb des Klos­ters. Nach ei­ner kur­zen Stre­cke sag­te mir schon der Ge­ruch, dass wir uns der ge­such­ten Stel­le nä­her­ten. Als wir dann zu der Stel­le ka­men, über­leg­te ich mir doch, ob ich es nicht auf mei­ne Wei­se wei­ter prak­ti­zie­ren soll­te. Wir hat­ten eine läng­li­che Gru­be er­reicht, in die an­schei­nend alle Klos­ter­be­woh­ner ihre Not­durft ver­rich­te­ten. Am Rand der Gru­be war ein Quer­holz zum Fest­hal­ten an­ge­bracht und Schwär­me von Flie­gen und an­de­ren In­sek­ten sorg­ten mit Si­cher­heit da­für, dass man sich be­eil­te. Wie ich spä­ter er­fuhr, wur­de von Zeit zu Zeit die be­ste­hen­de Gru­be zu­ge­schüt­tet und eine neue an­ge­legt. Der Ge­dan­ke die­sen Ort zu nut­zen wi­der­streb­te mir, doch wie hat­te ein Of­fi­zier wäh­rend mei­ner Wehr­dienst­zeit ein­mal zu mir ge­sagt: ›Der Mensch ist ein Ge­wohn­heits­tier und du wirst stau­nen, an was man sich al­les ge­wöh­nen kann!‹

      Nach die­ser Ex­kur­si­on fuh­ren wir mit un­se­rem Kraft­trai­ning fort, aber wir merk­ten im­mer mehr, dass es mit mei­ner Aus­dau­er und mei­nem Lun­gen­vo­lu­men nicht sehr gut aus­sah.

      Au­ßer­dem be­gann ich auch noch dar­über nach­zu­grü­beln, warum ich mir das über­haupt an­tat und schlag­ar­tig ließ mei­ne Leis­tung noch mehr nach. Wang Lee ver­such­te, mich wie­der zu mo­ti­vie­ren, doch so recht ge­lang ihm das nicht und schließ­lich wuss­te er sich nicht mehr an­ders zu hel­fen und ging mit mir zum Abt.

      Nach­dem wir ihn in ei­nem klei­nen Sei­ten­raum des Haupt­tem­pels, wo er da­mit be­schäf­tigt war eine Schrift­rol­le mit selt­sa­men chi­ne­si­schen Schrift­zei­chen zu be­schrei­ben, ge­fun­den hat­ten, schil­der­te Wang Lee ihm das Pro­blem. Der Abt nick­te und schau­te mich an, als ob er nichts an­de­res er­war­tet hät­te. Dann wink­te er mich zu sich he­r­an, for­der­te mich zum Set­zen auf und nahm mei­ne Hän­de in die sei­nen. So­fort spür­te ich wie­der die­se un­heim­li­che Ener­gie, die von ihm aus­ging. Nach­dem ich dann dem Drang nach­ge­ge­ben hat­te,

Скачать книгу