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wil­den Träu­men. Müde und un­aus­ge­schla­fen ver­such­te ich noch bei­des zu tren­nen, als auch schon mein jun­ger Freund Wang Lee in der Tür stand. Er be­deu­te­te mir, dass ich ihm fol­gen soll­te. So schnell ich in mei­nem schlaf­trun­ke­nen Zu­stand konn­te, zog ich mich an und folg­te ihm dann in Rich­tung Haupt­tem­pel.

      Auf dem Platz vor dem Tem­pel wur­de ich nun wie­der mit et­was kon­fron­tiert, das ich schon aus dem Fern­se­hen oder an­de­ren mo­der­nen Me­di­en kann­te und den­noch nicht ein­deu­tig zu­ord­nen konn­te. Der Abt und ei­ni­ge an­de­re äl­te­re Mön­che führ­ten dort Übun­gen aus, die mich sehr an Tai Chi er­in­ner­ten und den­noch an­ders wirk­ten, als ich sie in Er­in­ne­rung hat­te. Die gleich­mä­ßi­gen und syn­chron aus­ge­führ­ten Be­we­gun­gen sa­hen wun­der­voll kraft­voll, ele­gant und be­ru­hi­gend aus. Mir fiel auf, dass ei­ni­ge die­ser Mön­che schon recht alt zu sein schie­nen und den­noch wirk­ten ihre Be­we­gun­gen jung und ele­gant.

      Ich hat­te ei­ni­ge die­ser Män­ner am Vor­tag in ih­rer ze­re­mo­ni­el­len Mönch­stracht ge­se­hen, doch nun hat­ten sie auch die­se lo­cker sit­zen­de, leich­te, graublaue Klei­dung an­ge­legt, die auch alle an­de­ren Be­woh­ner die­ses Klos­ters zu tra­gen schie­nen. Aber ob­wohl sie sich äu­ßer­lich nun nicht mehr von den an­de­ren un­ter­schie­den, strahl­te die­se Grup­pe et­was aus, das man mehr fühl­te, als man es sah. Eine Aura der Ruhe und Kraft um­gab sie und je­des Ge­sicht spie­gel­te in­ne­ren Frie­den wie­der. Be­son­ders der Abt zog mei­nen Blick ma­gisch an. Die Leich­tig­keit, mit der er die­se schwung­vol­len Be­we­gun­gen aus­führ­te, schi­en im kras­sen Ge­gen­satz zu sei­nem Al­ter zu ste­hen. Eine un­bän­di­ge Kraft ging von ihm aus und man kam nicht um­hin, die­sem Mann Re­spekt zu zol­len.

      Als wir die Grup­pe die­ser Män­ner er­reicht hat­ten, un­ter­brach der Abt sei­ne Übun­gen und ging mit uns ei­ni­ge Schrit­te zur Sei­te. Er be­deu­te­te den an­de­ren fort­zu­fah­ren, und nach­dem er ei­ni­ge Wor­te mit mei­nem jun­gen Be­glei­ter ge­spro­chen hat­te, gab er mir mit Wor­ten und Zei­chen zu ver­ste­hen, dass ich das, was er mir vor­führ­te nach­ah­men soll­te. Ich ver­such­te es, doch bei mir sah das bei Wei­tem nicht so leicht und ele­gant aus. Mei­ne Be­we­gun­gen wa­ren un­gleich­mä­ßig und eckig, sie kos­te­ten mich zu viel Kraft und Schweiß, denn ich ver­stand mei­nen Kör­per noch nicht und konn­te mei­nen Geist nicht frei­ma­chen.

      Auch mei­ne At­mung war den Be­we­gun­gen nicht an­ge­passt und so kam es, dass ich mich mehr an­streng­te als nö­tig war, und durch die­se un­ge­wohn­te Be­tä­ti­gung mei­ne Kraft schnell nachließ. Nach­dem Wang Lee be­merk­te, dass ich nicht von al­lein mei­ne Feh­ler er­kann­te und kor­ri­gier­te, un­ter­brach er, er­mun­tert durch ein Kopf­ni­cken des Ab­tes, sei­ne Übun­gen und ver­such­te mir be­greif­lich zu ma­chen, was ich falsch mach­te. Er führ­te, auf dem lin­ken Bein ste­hend, mit den Ar­men und dem rech­ten Bein, eine Be­we­gung zum Kör­per hin aus und at­me­te da­bei ein. An­schlie­ßend ver­harr­te er einen Au­gen­blick in der er­reich­ten Po­si­ti­on und at­me­te dann bei der Be­we­gung vom Kör­per weg wie­der aus. Er führ­te mir noch ei­ni­ge die­ser Be­we­gungs­ab­läu­fe vor und nahm da­bei sei­nen Sprach­un­ter­richt wie­der auf. Es ge­lang ihm, bei­des gut zu kom­bi­nie­ren und er brach­te mir in die­sem Zu­sam­men­spiel mit sicht­li­cher Freu­de Wor­te wie ein­at­men, aus­at­men, Arm, Faust, Bein und Fuß bei.

      Auf dem Ge­sicht des Ab­tes er­schi­en ein herz­li­ches Lä­cheln und nach­dem er Wang Lee kurz in die Au­gen ge­schaut hat­te, wur­den des­sen Wan­gen rot vor Ver­le­gen­heit. An­schei­nend war dies ein großes Lob für den jun­gen Mönch und ich woll­te dem Abt zei­gen, dass er ein gu­ter Leh­rer war und gab mir be­son­ders viel Mühe, ru­hig und gleich­mä­ßig im Ein­klang mit mei­nen Be­we­gun­gen zu at­men.

      Nach ei­ni­ger Zeit, mei­ne Arme und Bei­ne wur­den lang­sam schwer von der un­ge­wohn­ten Be­tä­ti­gung, er­tön­te ein Gong. Der Abt brach sei­ne Übun­gen ab, nick­te mir und Wang Lee zu, und ging, ge­folgt von den an­de­ren Mön­chen, in den Tem­pel. Wang Lee for­der­te mich auf ih­nen zu fol­gen, doch ich gab ihm zu ver­ste­hen, dass ich mich nicht wohl fühl­te, so ver­schwitzt und un­ge­wa­schen wie ich war, und dass ich mich erst ein­mal rei­ni­gen woll­te. Für einen kur­zen Au­gen­blick glaub­te ich Ent­täu­schung und Un­ver­ständ­nis in sei­nen Au­gen zu se­hen, doch freund­lich und ge­dul­dig be­schrieb er mir mit Ges­ten, dass au­ßer­halb des Klos­ters ein Was­ser­lauf vom Ge­bir­ge her­ab­kam, den ich zum Wa­schen nut­zen konn­te und so war ich mir am Ende nicht mehr si­cher, ob ich mich nicht ge­täuscht hat­te.

      Nach­dem Wang Lee den an­de­ren schnell in den Tem­pel ge­folgt war, ging ich in Rich­tung Klos­ter­ein­gang. Gleich au­ßer­halb der Mau­ern fiel mir ein Tram­pel­pfad auf, der in der Rich­tung ver­lief, die mir mein neu­er Freund an­ge­deu­tet hat­te. Nach­dem ich die­sem eine Wei­le ge­folgt war, hör­te ich das Plät­schern des Was­sers, das sich sei­nen Weg durch den Fels bahn­te. Der Pfad en­de­te am obe­ren Teil ei­nes Was­ser­be­ckens, das un­ge­fähr zehn Me­ter breit und fünf­zehn Me­ter lang war. Ein klei­ner Steg führ­te dort ins Was­ser und en­de­te di­rekt am Zu­fluss des Be­ckens. Der zir­ka einen Me­ter brei­te Bach stürz­te an die­ser Stel­le etwa ein­ein­halb Me­ter hin­ab ins Was­ser­be­cken. Das Was­ser war sau­ber und käl­ter, als ich es bei die­sen Um­ge­bung­stem­pe­ra­tu­ren er­war­tet hat­te. Bald soll­te ich auch er­fah­ren, dass an dem klei­nen Was­ser­fall das Trink­was­ser ge­holt und am Ran­de des Ste­ges die Wä­sche ge­wa­schen wur­de.

      Ich schau­te mich kurz um, ob je­mand in der Nähe sei und zog mich dann kurz ent­schlos­sen aus, um mich zu wa­schen. Dies ge­stal­te­te sich aber schwie­ri­ger, als ich ge­dacht hat­te, da der Rand des Was­ser­be­ckens fast an al­len Stel­len steil, zwei bis drei Me­ter bis zum Grund der Be­ckens ab­fiel. Doch in der Nähe des Ab­flus­ses fand ich eine Stel­le, die wie eine Platt­form in ei­nem Me­ter Tie­fe ge­nü­gend Platz zum Ste­hen bot.

      Ich stieg in das un­ge­wohnt kal­te Was­ser und so­fort zog sich mei­ne Haut zu­sam­men. Mir stock­te kurz der Atem, doch der Drang mich zu rei­ni­gen war stär­ker als der Wunsch, das Was­ser so­fort wie­der zu ver­las­sen. In Er­man­ge­lung von Sei­fe oder an­de­ren Hilfs­mit­teln wusch ich mich lan­ge und gründ­lich. Als ich aus dem Was­ser stieg, be­merk­te ich das nächs­te Pro­blem. Ich hat­te ja kein Hand­tuch, wie soll­te ich mich jetzt ab­trock­nen? Ich streif­te das Was­ser so gut es ging mit mei­nen Hän­den von der Haut und ließ den Rest durch die Son­ne trock­nen. Aber das pel­zi­ge Ge­fühl und der selt­sa­me Ge­schmack im Mund stör­ten mich im­mer noch und ich über­leg­te, wie ich das be­sei­ti­gen könn­te. Beim An­blick ei­nes Bu­sches kam mir dann ein Ge­dan­ke. Ich brach einen klei­nen saf­ti­gen Zweig ab, fran­s­te ein Ende aus und nutz­te es wie eine Zahn­bürs­te. Es war zwar lang­wie­rig, aber am Ende der Pro­ze­dur fühl­ten sich mei­ne Zäh­ne wie­der glatt und sau­ber an. Nach­dem ich mich dann an­ge­zo­gen hat­te, fühl­te ich mich sehr er­frischt und trat den Rück­weg ins Klos­ter an.

      Als ich den Tem­pel­vor­hof er­reich­te be­merk­te ich, dass sich die Mön­che an­schei­nend im­mer noch im Haupt­tem­pel auf­hiel­ten und vor­sich­tig, um nicht zu stö­ren, ging ich hi­n­ein. Lang­sam und lei­se ließ ich mich in der Nähe des Ein­gangs nie­der und schau­te mich auf­merk­sam um. Im sel­ben Mo­ment wuss­te ich, dass ich nicht so un­be­merkt ge­blie­ben war, wie ich ge­dacht hat­te. Als ich nach vorn sah, blick­te ich di­rekt in die freund­li­chen Au­gen des Ab­tes, und bei ei­nem Blick zur Sei­te konn­te ich, nicht weit ent­fernt von mir,

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