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Verbrechen, Elend und Seuchen aufgedunsenes Geschwür, dem Hein Seemann nicht ohne Grund den wenig schmeichelhaften Kosenamen ‚Schanker-Hill‘ gegeben hatte. Neben vielen anderen südamerikanischen Gestaden war Kolumbien als heißes Pflaster verschrien. Bereits auf Reede, im Fluss, hatten Piraten unser Kabelgatt geknackt und tausend Liter Schiffsfarbe gestohlen.

      Die politischen Verhältnisse hatten der Gewalt einen erheblichen Stellenwert eingeräumt. ‚Violencia‘ war kolumbianischer Alltag. ‚Bandoleros‘ trieben auf eigene Faust ihr Unwesen, oder sie fanden einen Job entweder bei der linken Guerilla, bei den rechten Todesschwadronen, oder – mittlerweile – bei der Drogenmafia. Korruption, Violencia und die erbarmungslose Chancenlosigkeit des kleinen Mannes, es war eigentlich fast egal, von welcher Seite in Kolumbien die Schüsse fielen. Sie waren, und sind meist tödlich – und außer dem Weltrekord in Sachen Drogenanbau ist das Land seit jeher auch rekordverdächtig bei Mord und Totschlag!

      Was Wunder also, dass da oben auf dem Schanker-Hill ein kernig als Westernheld ausstaffierter Sheriff patrouillierte: Bodyguard der Bar- und Bumsbesitzer, Gorilla für Gäste, Zuhälter, Puffmütter und das Heer der Nutten. Ein Söldner, der zur Gaudi der Seelords filmechte Szenen lieferte, wenn er die Kaschemmen stiefelstampfend und sporenklirrend betrat und seinen Colt gegen die Decke leer ballerte, oder einer peinlichen Wandbemalung das Auge ausschoss. Es hieß, dass diese ‚Pistoleros‘ in regelmäßigen Abständen branchenüblich und stilgerecht abgestochen oder umgenietet wurden.

      Trotz solch martialischer Show von ‚Law and Order‘ wurde in den dunklen Gassen geraubt und gefleddert. Das Wechseln der Kneipe, der kurze Weg von einer Pinte zur nächsten, konnte mit einem Schlag über die Rübe enden. Ich sah manchen Seemann wutentbrannt sein Handgelenk reiben: die Uhr war weg!

      „Ich bin nur eben vom Nachbarpuff rübergekommen!“, schimpfte einer der ausgeplünderten Matrosen. „Nur ´n paar Meter, ´n paar Schritte! Da waren vier, fünf Jungs. Kinder. Rotzfreche Bengels, flachsen mit mir herum, blödeln, kreisen mich ein, und in null Komma nichts hattense aber auch alles gezottelt!“

      „Jaja!“, lachte da ein anderer Janmaat und zitierte versonnen den albernen schweinischen Stammtisch-Schnack: „Geld im Eimer, Uhr ist weg, an den Fingern Mösendreck, und im Herzen Trippersorgen: das ist Seemanns Montagmorgen!“

      Lange, bevor diese kolumbianischen Kinder-Desperados in der Weltöffentlichkeit Beachtung fanden – etwa die ‚Gamines‘ der Hauptstadt Bogotá -, hatten sie an Örtlichkeiten wie Schanker-Hill ihr Unwesen getrieben. Kinder, die im Kampf ums Dasein zu Banditen geworden waren.

      Indes, was ficht den Seemann die Weltpolitik, die Machenschaften der Mächtigen an! Dort oben beim Wasserturm wollte man das Leben kosten und nicht die Welt verändern, man wollte nachholen, was man auf langen Seetörns versäumt zu haben glaubte, man wollte sich an der prallen Titte des sündigen Lebens säuisch satt trinken! Man gab der einen oder anderen elendigen Bettlergestalt einen Peso, oder scheuchte sie weg wie die ‚Chuchos‘, die räudigen Gassenköter. Und wenn man, ohne ausgeraubt worden zu sein und ohne sich einen weggeholt zu haben, über die Runden gekommen war, na, dann konnte man echt nicht murren!

      Ich weiß nicht mehr, wie lange unser Frachter in Buenaventura lag. Ich weiß nur noch, dass wir alle leuchtende Augen hatten. Die ersten Nächte verbrachte ich in diesem von Lämpchen und Heiligen bewachten Kabuff, direkt neben der Musikbox, die ununterbrochen fetzte oder schluchzte. Vielleicht war das eine feinfühlige Vorschrift, denn die Wände zwischen den einzelnen Brunftboxen waren so niedrig und dünn, dass ein einziges sittenloses Röhren und Kichern die luftigen Rattenverschläge durchtost hätte.

      Ein älterer Fahrensmann, der mit seinem Sohn zur See fuhr, erzählte mir von einem Landgang in Indonesien, wo auch er den sanften Verlockungen eines Mädchens erlegen war: „Ich bin da in so ´nem windigen Verschlag mit der Lütten inne gang, da grunzt und rammelt nebenan einer so unverschämt, dass ich gegen die Bambuswand brülle: ‚He, Seemann! Gleich fällt uns beiden die Bude auf ´n Arsch bei deinem Gedöns!‘ – Sofort war der Kerl mucksmäuschenstill. Ich denk schon, der hat sich davongemacht mit seinem Vogel, da hör ich’s flüstern: ‚Vadder, bist du’s?‘...“

      Tja, eine plärrende Musikbox hätte die peinliche Begegnung zwischen Vater und Sohn am nächsten Morgen – „Sag bloß Mudder nix!“ – überflüssig gemacht...

      Zurück nach Kolumbien. Dort oben unterm Wasserturm konnte es einem natürlich auch passieren, wenn man an einem Nachmittag das verrufene Viertel längs schlenderte, die letzten Cujambels soeben verjubelt hatte und sich allmählich mit dem Gedanken des Abschiednehmens anfreundete, dass eine der reiferen Vollblutweiber auf einen zukam, lächelte, einen an der Hand nahm und zu sich in einen schummerigen Verschlag schleppte. Jegliches Argumentieren, dass man blank sei und nur noch drei Pesos für ein Taxi zurück zum Schiff besitze, wurde mit verspielten Zärtlichkeiten weggewischt, mit erwachender Leidenschaft erstickt. - „Simpatico“, hieß es dann nur.

      Ach ja! Das alte Zauberwort ‚Simpatico‘...

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