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Republikaner von einst, die sich dem alten Feinde Dänemark verkauften, weil sie sich einen verbotenen Vorteil nicht nehmen lassen wollten. Die Patrizier, die nicht mehr die früheren Gefahren wagten, nicht mehr die frühere Verantwortung trugen und doch die erste und herrschende Klasse sein wollten, wurden zu einer hemmenden Belastung für ihr Land. Auch waren es die alten Namen nicht mehr, die Jahrhunderte hindurch Freund und Feind mit Ehrfurcht genannt hatte, die Namen der Stolzen, die klug bescheiden ablehnten, als Kaiser Karl IV. sie schmeichelnd „Ihr Herren von Lübeck“ anredete.

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      Lüneburg

       Lüneburg

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      Wenn man von Hamburg nach Lüneburg fährt, sieht man kurz vor dem Ziel aus Feldern und Bäumen vorschauend ein freundliches Dorf mit einer großen, eigentümlich zusammengebuckelten Kirche, deren Türme nicht höher als ihr Dach sind: das ist Bardowik.

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      Bardowik

      Einst war es eine reiche, ansehnliche, von Heinrich dem Löwen beschirmte Handelsstadt, die der zürnende Fürst später, weil sie ihn, als er, vom Kaiser geächtet, Aufnahme suchte, nicht nur die Tore verschlossen, sondern verhöhnt hatte, bis auf den Grund zerstörte. Nur die Kirchen, darunter der Dom, blieben übrig, über dessen eines Portal Heinrich einen hölzernen Löwen setzte mit der Unterschrift Leonis Vestigium, des Löwen Spur.

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      Der Untergang Bardowiks wurde das Glück Lüneburgs, auf welches die Vorteile des älteren Marktes übergingen. Die Ilmenau nämlich, an welcher beide Städte liegen, war eher schiffbar als die Elbe und Bardowik war dadurch zu einem Knotenpunkt geworden, von dem aus die Waren teils zu Wasser, teils zu Lande nach allen Richtungen transportiert wurden. Was Lüneburg vor Bardowik voraus hatte, war eine zweite Gabe der Natur außer dem Fluss: eine Salzquelle, die überall früh zuerst die Aufmerksamkeit der Tiere, dann die eines jungen, in der Wildnis jeden Vorteil benutzenden Volkes auf sich zu ziehen pflegte.

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      Die erste urkundliche Erwähnung Lüneburgs vom 13. August 956 durch König Otto I.

       Schon zur Zeit Karls des Großen gab es einen Ort Lüne, und Hermann Billung, der Slawenbesieger, stiftete das Kloster St. Michael auf dem Kalkberg, an dessen Fuß die Salzquelle entspringt. In der Michaelskirche wurden die welfischen Herzöge bestattet, darunter zwei Söhne Heinrichs des Löwen. Beim Tod seines ältesten Sohnes Heinrich, der in Lüneburg infolge eines Sturzes vom Pferd jung starb, schenkte der Vater den Benediktinern des Klosters die Abtsmühle zum Seeltrost. Das Grab Wilhelms, des Älteren, des jüngsten in der Verbannung in England geborenen Sohnes Heinrichs des Löwen, musste einer Stiftung zufolge jährlich am Todestag mit Kerzen und Blumen geschmückt werden, was bis zum Jahr 1532 ausgeführt wurde. Auch die nach der Zerstörung des Jahres 1371 unterhalb des Kalkberges neu auferbaute Michaelskirche wurde Begräbnisstätte der Fürsten. Von den Grabmälern der alten Kirche ist nur das Ottos des Strengen und seiner Gemahlin Mechtildis von der Pfalz übriggeblieben.

      Nach der Zerstörung von Bardowik nun ließen sich viele von den dortigen Bewohnern im benachbarten Lüneburg nieder und vermehrten nicht nur die Volkszahl, sondern gaben auch dem Ort, der sich bisher noch nicht recht entfaltet hatte, einen neuen Antrieb. Es füllte sich damals der Raum zwischen dem alten Modesdorp, der Siedelung, deren Mittelpunkt die Johanniskirche war, und der Altstadt unter dem Kalkberg durch eine neue Anlage mit einem Markt, wo später das Rathaus entstand. Heinrich der Löwe, zu dessen Eigengut Lüneburg gehörte, wachte so eifersüchtig über dem Gedeihen seiner Stadt, dass er die neuentdeckte Salzquelle zu Oldesloe bei Lübeck verschütten ließ, um Lüneburg vor dem Wettbewerb zu schützen.

       Der unschätzbare Born, aus dem so viele ihre Nahrung zogen, entwickelte sich zu einer Anlage, die fast ein Ort für sich war. Um den Sod herum lagen eng zusammengedrängt 54 Siedhäuser oder Kotten, und zwar so tief unter der Erde, dass nur die Dächer hervorragten. Sie hatten Namen alten Klanges, z. B. Eying und Berding, die auf längst verschwundene Geschlechter hinweisen und die mit den Namen langobardischer Fürsten verwandt sein sollen.

      Von dem Großen Sod unterschied man den Gottessod, in welchem das wilde, nämlich das süße Wasser zusammenlief. In der frühesten Zeit wurde das Wasser mit großen Eimern, seit der Mitte des 16. Jahrhunderts mit Druckpumpen und hundert Jahre später mit Saugpumpen gehoben. In Bewegung gesetzt wurden die Pumpen durch die sogenannten Sodeskumpanen, erst seit 1782 durch ein Gestänge, das ein Wasserrad der Ratsmühle trieb. Das Sammelbecken für die ausgeschöpfte Sole hieß Küntje; daneben gab es noch eine Kanzel, wo der Sodmeister bei Übernahme seines Amtes eine Anrede an die Sodeskumpanen über ihre Pflichten hielt. Der ganze Kreis von Baulichkeiten war von einer Mauer umschlossen, die vier Tore und mehrere Türme hatte. Das geschah wohl, um die kostbare Anlage zu schützen; aber man erkennt daran auch die Vorliebe des Mittelalters für geschlossene Bildungen. Als man für Luft, Licht und Weiträumigkeit schwärmte, am Ende des 18. Jahrhunderts, wurde die Schutzmauer mit den Türmen niedergelegt. Zwischen einem der Tore und der Salzbrüderstraße lag der altheilige Gerichtsplatz Up den Stenen.

       Die Salzquellen gehörten ursprünglich den welfischen Herzögen, allmählich aber gingen die Einkünfte daraus durch Schenkung oder Kauf an andere über, und zwar zumeist an Geistliche, die auf diese Weise ihr Geld anlegten. Geistliche Besitzer von Salzanteilen waren z. B. die Äbte der Klöster Hersfeld, Walkenried, Amelunxborn, Dobberan, Loccum, Riddagshausen, die Pröpste der Domkapitel von Verden, Braunschweig, Hamburg, Bardowik; man nannte sie insgesamt die Sülzprälaten. Da diese entfernt und zerstreut wohnenden Herren den Betrieb nicht selbst führen konnten, verpachteten sie die Besiedung der Sülze an Lüneburger Herren, die zum Entgelt dafür, dass sie für alles zum Betrieb Notwendige sorgten, die Hälfte des Ertrages bekamen und außerdem noch das, was über den durchschnittlichen jährlichen Betrag, der gemäß der Zahl der Kotten und Pfannen berechnet und festgestellt war, produziert wurde. Da der Überschuss gewöhnlich mehr als das Doppelte betrug, machten die Pächter ein gutes Geschäft. Sie, die Sülzherren, bildeten das Patriziat Lüneburgs, aus welchem der sich selbst ergänzende Rat hervorging.

       Wie überall wurde das Regiment in der Weise geführt, dass das Patriziat allein die Geschäfte besorgte, was schon dadurch geboten war, dass in den ersten Jahrhunderten die Regierenden keine Entschädigung erhielten, also wohlhabend sein mussten. Sie waren in Lüneburg vernünftig genug einzusehen, dass Einmütigkeit und Zufriedenheit die sicherste Grundlage des Gedeihens der Stadt bildete, und nützten wenigstens in der älteren Zeit ihre vorteilhafte Stellung nicht allzusehr für sich aus und befragten auch bei wichtigen Gelegenheiten die Bürgerschaft, insbesondere die Innungen, um ihre Meinung. Dementsprechend war die amtliche Bezeichnung des Stadtkörpers: „De rad unde de menheit“ oder „Use rad ud use borgere“. Zu den vornehmsten Geschlechtern gehörten die Viskule, Abbenborg, Garlop, vom Sande, van der Salten, Thode, Floreke, Springintgut, Semmelbecker, van der Molen. Ackerbau wurde in Lüneburg wenig betrieben; der Wohlstand beruhte auf dem Salz und denjenigen Gewerben, die mit dessen Gewinnung oder Betrieb in Verbindung standen, wie z. B. die Herstellung der Tonnen, die Herbeischaffung des Holzes, dem Transport durch Schiffer und Fuhrleute. Gehandelt wurde außer mit Salz mit Heringen. Seit dem Jahr 1273 bestand der Brauch des sogenannten Köpefahrens: der neugewählte Sülzmeister musste ein mit Steinen gefülltes Fass, durch das eine Achse gesteckt war, zu Pferde in scharfem Trab durch die Stadt ziehen; es sollten dadurch Kraft und Kühnheit des Mannes erprobt werden, wie ja damals von den Geschlechtern wie auch von den Handwerkern Wehrhaftigkeit und Kampfbereitschaft erwartet wurden. Durch die Teilnahme reitender Trompeter und der älteren, gleichfalls berittenen Sülzmeister wurde dem Vorgang ein festlich-fröhlicher Charakter gegeben.

       Das Verhältnis zu den Landesherren, den braunschweigischen Herzögen, war lange Zeit sehr gut. Sie folgten dem Beispiel Heinrichs des Löwen, indem

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