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außen aufrechterhalten wollten, Geld brauchten und Steuern auflegen mussten, wodurch sie ihre Sicherheit und das unbedingte Vertrauen der Bürgerschaft verloren, die, wenn sie schon Vorteil von dem Wechsel nicht hatte, das patrizsche Regiment zurückwünschte.

       Das verhängnisvolle sechzehnte Jahrhundert zeigte Lübeck vor dem Sinken noch einmal in vollem Mittagsglanz. Im Bund mit dem schwedischen Reichsrat, an dessen Spitze Sten Sture stand, begann es den Krieg gegen Dänemark. Kaiser Maximilian, hochsinnig für die alte Reichsgewalt eintretend, nahm sich seiner nie säumigen Stadt an und forderte die deutschen Fürsten und Seestädte auf, Dänemark keine Hilfe zu leisten; als Landesherr der Niederlande untersagte er den Holländern die Fahrt durch den Sund. Die getreuen wendischen Städte Wismar, Rostock, Stralsund und Lüneburg unterstützten ihre Führerin mit einer Anzahl von Kriegsschiffen. Unter den lübischen Patriziern tat sich besonders der Kaufmann Cord König hervor, der mit selbstausgerüsteten Kaperschiffen 40 dänische Handelsschiffe wegnahm. Da das große dänische Admiralsschiff, der ENGEL, von der lübischen MARIA wohl zum Weichen gebracht, aber nicht erobert wurde, erboten sich 16 Bürger, in kurzer Frist ein noch größeres Schiff bauen zu lassen, und hielten Wort. Das neue Schiff wurde zu Ehren des schwedischen Reichsvorstehers GUBENATOR genannt. In der Seeschlacht bei Bornholm wurde die überlegene nordische Flotte in die Flucht geschlagen und im Anschluss an die holländische Flotte bei der Halbinsel Hela zerstört. Froh des glänzenden Erfolges ging die vornehme Lübecker Politik den Frieden zu Malmö ein, der die Sieger zur Zahlung von 30.000 rheinischen Gulden verpflichtete, um den friedlichen Handelsverkehr wieder aufzunehmen. Schon im folgenden Jahr aber kam in Dänemark wieder einmal ein ehrgeiziger Fürst zur Regierung, der sein Reich zu einer Macht im Norden machen wollte, indem er alle Widerstände und Hemmungen überwände; im Inneren den unbotmäßigen Adel mit Hilfe der Bürger und die den dänischen Handel niederdrückende Hanse, draußen die aufständischen Schweden.

Grafik 272

      Christian II. (* 1. Juli 1481 in Nyborg; † 25. Januar 1559 in Kalundborg) war von 1513 bis 1523 König von Dänemark und Norwegen sowie von 1520 bis 1523 König von Schweden.

       Der bald ausbrechende Krieg führte zu dem Wunsch nach Verhandlungen, die in Schweden stattfinden sollten; der Reichsrat stellte dem König, es war Christian II., zu seiner Sicherheit mehrere Geiseln, unter denen sich ein junger Mann aus edlem schwedischen Geschlecht, Gustav Wasa, befand. Christian II., der Schwager Kaiser Karls V., ein Mann, der wohl große Entwürfe planen konnte, aber ohne große Gesinnung war, verkündete in plötzlicher, treuloser Wendung die Fortführung des Krieges, die Geiseln als Gefangene auf einem Schiff mit sich fortführend. Es war im Herbst des Jahres 1519, als in Lübeck ein schwedischer Bauer auftauchte und Zuflucht suchte; es war Gustav Wasa, dem es geglückt war, verkleidet zu entfliehen. Er fand freundliche Aufnahme; jener Cord König, der so großartig in den letzten Krieg eingegriffen hatte, lud den edlen Flüchtling in sein Haus ein. Die lübische Regierung hätte sich jetzt den König von Dänemark, der die Auslieferung des Wasa verlangte, verpflichten können; aber wenn sie überhaupt gezweifelt hatte, so währte es nicht lange.

      Seine feindliche Absicht gegen die Hanse hatte der König schon bewiesen, indem er verschiedene Nationen durch Verleihung von Handelsvorrechten heranzuziehen versucht hatte; der Konflikt musste jetzt oder später zum Ausbruch kommen. Wohl mag man auch annehmen, dass die Persönlichkeit des jungen schwedischen Edelmanns als eine Bürgschaft des Glücks auf die Ratsherren wirkte, die behutsam abwogen und rechneten, aber denn doch Gefühl für das Große hatten. Als nach dem Tod des schwedischen Reichsvorstehers Sten Sture der Adel dem Dänenkönig die Hauptstadt ausgeliefert hatte, erregte das Stockholmer Blutbad Abscheu gegen Christian II. und Rachedurst.

Grafik 270

      Gustav I. Wasa (oder – damals eigentlich „Gustav Eriksson“; * 12. Mai 1496; † 29. September 1560 in Stockholm) war von 1521 bis 1523 Reichsverweser und vom 6. Juni 1523 bis 29. September 1560 König von Schweden.

       An der Spitze schwedischer Bauern siegte Gustav Wasa, der die Rückkehr in seine Heimat gewagt hatte, über das dänische Heer, legte sich vor Stockholm und bat die lübischen Freunde um Hilfe. Sie waren darauf vorbereitet und dazu gewillt. Inzwischen hatte sich Christian II. zu seinem Schwager Karl V. begeben, um die für ihn gefährliche Hilfeleistung abzuwenden. Er soll damals den Kaiser gebeten haben, ihm das Städtlein Lübeck abzutreten, damit er einen Absteigeplatz an der Küste habe, und der Kaiser soll gleich dazu bereit gewesen sein; da habe ein Bürgermeister von Köln den Kaiser darüber aufgeklärt, dass Lübeck eine mächtige Stadt des Reichs und das Haupt der Hanse wäre. Der spanische Kaiser, seinem Großvater Maximilian unähnlich, ließ sich durch seinen Schwager bereden und verbot den Lübeckern das Bündnis mit seinen alten Freunden, den Dithmarschen, die Beziehungen zu Schweden, die Feindseligkeiten gegen Dänemark. Es gelang jedoch dem Bürgermeister Nikolaus Brömser und dem Ratsherrn Lambert Wittinghof, die der Rat alsbald nach Brüssel absandte, den jungen Monarchen zu belehren, so dass er das unbedachte Verbot zurücknahm. Dem Reichsregiment in Nürnberg, das dringend zum Frieden mahnte und mit der Acht drohte, gab Lübeck eine stolze Antwort, in der es zu bedenken gab, wie Basel und andere Städte vom Reich abgekommen wären.

       Es waren im ganzen 34 Schiffe, zu denen später noch 11 von Danzig gestellte hinzukamen, die, geführt von den Lübecker Ratsherren Joachim Gercke und Hermann Falcke, Schweden zu Hilfe heranrückten. Außerdem leistete Lübeck den Schweden dadurch einen großen Dienst, dass es den Beitritt Herzog Friedrichs von Schleswig-Holstein in das Kriegsbündnis vermittelte. Am guten Ausgang seiner Sache verzweifelnd, verließ Christian II., wie einst Waldemar II., sein Reich, und Gustav Wasa, vorher zum Reichsvorsteher, nun zum König gewählt, zog in Stockholm ein. Die abziehende dänische Besatzung übergab die Stadtschlüssel den lübischen Ratsherren, Bernd Bomhower und Hermann Ploennies, den Anführern der Schiffe, die bei der Belagerung mitgewirkt und den dänischen Entsatzversuch abgeschlagen hatten. Sie überreichten die Schlüssel dem einst in Lübeck geschützten Flüchtling Gustav Wasa, in Wahrheit ihrem König. Ein großer, ergreifender Augenblick; die Sonne des Ruhms, die der hochgemuten Stadt oft leuchtete, stand über ihrem Scheitel.

      Schon aber verfärbte sich der Himmel und verkündete unterirdisches Grollen das Erdbeben, das das Römische Reich zerreißen sollte. In Lübeck forderte die Bürgerschaft die Einführung der neuen Lehre, das Patriziat wollte, treu der alten Politik, vor allem das gute Einvernehmen mit dem Kaiser erhalten. Endlich musste doch der Rat der Bürgerschaft, an deren Spitze Jürgen Wullenwever, ein geborener Hamburger, trat, Zugeständnisse machen, und die beiden Bürgermeister, Nikolaus Brömser und Hermann Ploennies, aus dem letzten Krieg bekannte Namen, verließen die Stadt, deren neue Richtung nach innen und nach außen sie missbilligten.

Grafik 388

      Jürgen Wullenwever (* vor 1488 in Hamburg; † 24. September 1537)

       Jürgen Wullenwever wurde Bürgermeister und beherrschte das Gemeinwesen. Der leitende Gedanke seiner Politik, Holland zu bekämpfen, das mit Glück die Hanse zu verdrängen begann, die überraschende Wendung, dass er den gefangenen Christian II. befreite, um ihn im Kampf auszuspielen, das alles war groß und kühn, um eine Note verwegener, als die Lübecker vorzugehen pflegten, wie auch seine Vorliebe für eindrucksvoll prächtiges Auftreten von ihrem zurückhaltenden Wesen abwich. Dass das großangelegte Unternehmen missglückte, lag, abgesehen von der Allgemeinen Lage, an der mangelnden Unterstützung, vielleicht auch an der Schwächung Lübecks durch den inneren Zwiespalt und das Fehlen des altgewohnten Regiments. Hermann Ploennies starb in seiner Vaterstadt Münster, während Nikolaus Brömser, inzwischen vom Kaiser in Brüssel zum Ritter geschlagen, von Wismar ehrenvoll zurückgeholt wurde. Wullenwever trat freiwillig von seinem Amt e zurück und wurde nicht angegriffen; aber auf den Lübecker Patriziern ist der Verdacht haften geblieben, dass sie bei seiner Gefangennahme durch den Erzbischof von Bremen, dessen Gebiet er unvorsichtigerweise betrat, die Hand im Spiel hatten. Der Bruder des Erzbischofs, der vor keiner Gewalttat zurückschreckende Heinrich von Braunschweig, bemächtigte sich der Person des verhassten Protestanten und Demokraten, machte ihm den Prozess und ließ ihn grausam hinrichten, wobei die Lübecker mitwirkten,

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