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ehe die Ruhe wieder hergestellt war. Die Menge wurde noch durch eine Aufregung gestört, welche verhinderte, dass Jeder feinen Platz wie der einnahm. Messire Peter von Craon benutzte dies, um boshaft gegen Madame Valentine zu bemerken, dass ihr Gemahl, der vielleicht allein den Aufenthalt verringern könnte, wenn er an ihre Seite zu rückkehrte, ihn im Gegenteil verlängere, indem er mit der Königin plaudere und so die Sänfte, die das Signal zum Wiederaufbruche geben sollte, ab hielt, sich in Marsch zu setzen. Madame Valentine versuchte bei diesen Worten gleichgültig zu lächeln, aber ein halb unterdrückter Seufzer rang sich dabei aus ihrer Brust und strafte ihre Zunge Lügen; denn, sagte sie mit einer Stimme, deren Zittern sie vergeblich zu verbergen suchte: »Messire Peter, wes halb macht Ihr diese Bemerkung nicht gegen den Herzog selbst, da Ihr doch dessen Vertrauter seid?« »Ich werde mich hüten, es ohne Euern besondern Befehl zu tun, Madame; seine Rückkehr beraubt mich des Vorrechtes, das feine Abwesenheit mir gibt: allein über Sie zu wachen.«

      »Mein einziger und wahrer Hüter ist der Herr Herzog von Touraine, und da Ihr nur meinen Befehl abwartetet, so eilt, ihm zu sagen, ich wünschte, dass er zurückkehre.«

      Peter von Craon verneigte sich und überbrachte dem Herzoge die Worte der Madame Valentine. In dem Augenblicke, als sie Beide zu ihr zurückkehrten, ertönte unter der Menge ein gellender Schrei; ein junges Mädchen war in Ohnmacht gefallen. Dies Ereignis war etwas zu gewöhnliches bei solchen Fällen, als dass die hohen Personen, mit denen wir uns beschäftigen, darauf nur im Geringsten hätten achten sollen. Sie kehrten daher, ohne auch nur die Augen nach jener Gegend zu wenden, wo das Ereignis stattgefunden hatte, auf ihren Platz, neben der Herzogin von Touraine zurück. Als hätte der Zug nur hierauf gewartet, setzte er sich sogleich in Bewegung, aber bald fand er einen neuen Grund, Halt zu machen.

      Vor dem Tor des Châtelet von Paris war ein Gerüst erbaut; es stellte ein hölzernes Schloss dar, war aber so bemalt, als wäre es aus Stein, und an dessen Flügeln fanden zwei Wachthäuschen mit vollkommen gerüsteten Schildwachen. Der große Saal des untern Geschosses fand den Blicken der Zuschauer offen, als wäre die Mauer nach der Straße eingerissen worden. In diesem Saale stand ein Bett, das so reich und prachtvoll geschmückt war, wie das des Königs in seinem Hôtel Saint Paul; in diesem Bett, welches das Lager der Gerechtigkeit darstellte, befand sich ein junges Mädchen, als die heilige Anna.

      Um dies Schloss hatte man so viel schöne grüne Bäume gepflanzt, dass sie einen schattigen Wald bildeten, in welchem eine Menge Hafen und Kaninchen umherliefen, während zahlreiche Vögel aller Farben von Zweig zu Zweig hüpften. Die Menge wunderte sich hierüber sehr, denn sie fragte sich, wie man sonst so wilde Tiere in diesem Grade hätte zähmen können. Das Staunen stieg aber noch bedeutend, als man aus diesem Walde einen schönen weißen Hirsch hervortreten sah, der so groß war, wie die, welche im Garten des Königs sich befanden, und so künstlich gearbeitet, dass man ihn für lebend halten musste, denn ein Mensch, der darin verborgen war, bewegte seine Augen, öffnete seinen Mund und ließ seine Beine gehen. Sein Geweih war vergoldet, auf dem Halse trug er eine Krone, welche der königlichen ähnlich war, und auf der Brust hing ihm ein azurblaues Schild mit drei goldenen Lilien, das Wappen des Königs und Frankreichs. Schön und stolz trat so das edle Tier gegen das Lager der Gerechtigkeit vor, nahm mit dem rechten Vorderlaufe das Schwert, das Symbol derselben, hob es in die Luft und ließ es erzittern. In diesem Augenblicke traten aus dem entgegengesetzten Teile des Waldes ein Löwe und ein Adler hervor, die Symbole der Kraft, und diese wollten ihm mit Gewalt das heilige Schwert entreißen; aber zwölf junge, weißgekleidete Mädchen, in der einen Hand einen goldenen Rosenkranz, in der andern ein blankes Schwert tragend, traten jetzt aus dem Wald und umgaben, als Symbole der Religion, den Hirsch, wie zu dessen Verteidigung. Nach einigen vergeblichen Versuchen kehrten der Adler und Löwe besiegt in den Wald zurück. Der lebende Wald, welcher die Gerechtigkeit verteidigte, öffnete sich jetzt, und der Hirsch neigte anmutig die Knie vor der Sänfte der Königin, und diese liebkoste ihn, wie sie bei den Hirschen zu tun pflegte, die der König in dem Garten seines Hôtels hatte. Diese Anordnung fanden sowohl die Königin als die Herren ihres Gefolges sehr sinnreich.

      Indessen war die Nacht angebrochen, denn seit Saint Denis hatte man nur im langsamen Schritt vorwärts kommen können, und die verschiedenen Schauspiele während des Weges hatten den Marsch sehr verzögert; endlich nahte man sich, doch der Kirche von Notre Dame, wohin die Königin sich begeben sollte. Nur der Pont- au- Change blieb noch zu überschreiten, und man glaubte nicht, dass bis dahin irgendetwas Neues erdacht werden könnte, als man plötzlich ein wunderbares Schauspiel er blickte. Ein Mensch, wie ein Engel gekleidet, er schien an dem Dach der Türme von Notre Dame; er trug in jeder Hand eine prächtige Fackel, und ging auf einem so feinen Seile, dass man es kaum erkennen konnte. Er stieg über die Dächer der Häuser herab, und schien wie durch Wunder durch die Luft zu gleiten, bis er sich auf einem der Häuser, welche die Brücke bekränzten, niedersetzte. Als die Königin ihm gegenüber war, verbot sie ihm, aus Furcht vor irgendeinem Unglücksfalle, auf dem Wege zurück zu kehren, auf welchem er gekommen war er aber wusste wohl, aus welchem Grunde dieser Befehl entsprang, achtete nicht darauf, und ging rückwärts das Seil hinan, um der Königin nicht den Rücken zuzuwenden. So erreichte er die Höhe des Turmes der Kathedrale und verschwand durch eben die Öffnung, durch welche er herausgekommen war. Die Königin fragte, wer dieser leichte, gewandte Mensch wäre, und man sagte ihr, dass es ein Genueser von Geburt und Meister in dieser Art von Spielen sei. Während dieser letzten Darstellung hatten sich die Vogelhändler in großer Menge auf der Straße der Königin versammelt; sie hatten in Käfigen eine Menge Sperlinge und ließen diese fliegen, als die Königin vorüber kam. Dies war ein alter Gebrauch, der auf die Hoffnung anspielte, welche das Volk bei jeder neuen Regierung hat: dass sie nämlich neue Freiheiten mit sich bringen werde. – Der Gebrauch ist verschwunden, die Hoffnung geblieben.

      In der Kirche von Notre Dame fand die Königin auf den Stufen des Altars den Bischof von Paris, bekleidet mit Mitra und Stola, dem Helm und Harnisch unters Heilandes; rings um ihn her stand die hohe Geistlichkeit und die Deputierten der Universität, welche ihr Titel als älteste Tochter des Königs berechtigte, der Krönung beizuwohnen. Die Königin stieg aus der Sänfte, und ebenso auch die Damen ihres Gefolges; die Ritter sprangen von den Pferden, übergaben diese ihren Pagen oder Stallmeistern, und begleitet von den Herzögen von Touraine, von Berry, von Burgund, und von Bourbon, trat sie in die Kirche ein, während der Bischof und die Geistlichkeit laut das Lob Gottes und der Heiligen Jungfrau sangen.

      Dem großen Altare gegenüber angelangt, kniete Madame Isabelle ehrfurchtsvoll nieder, und nachdem sie ihr Gebet gesprochen, schenkte sie der Kirche von Notre Dame die goldene Krone, welche die Engel am zweiten Tor von Saint Denis ihr aufs Haupt gesetzt hatten. Messire Johann de la Rivière und Messire Johann le Mercier überreichten ihr dafür eine noch schönere, prachtvollere, der ähnlich, welche der König trug, wenn er auf einem Thron Sitzung hielt. Der Bischof fasste sie bei der Lilie, in die ihre Spitze auslief, die vier Bischöfe hielten sie mit der Hand, und setzten sie leise auf die Stirn der Madame Isabelle. In diesem Augenblicke ertönten lauten, allgemeinen Freudengeschrei, denn jetzt erst war Madame Isabelle wirkliche Königin von Frankreich.

      Die Königin und die Herren verließen hierauf die Kirche und bestiegen ihre Sänften, Zelter und Rosse wieder. An beiden Seiten des Zuges trugen sechshundert Diener brennende Fackeln, so dass es in den Straßen hell war, als fände die Sonne am Himmel.

      Die Königin wurde zu dem Palaste von Paris geführt, wo sie der König erwartete, an seiner Rechten die Königin Johanna, an seiner Linken die Herzogin von Orleans. Vor ihm angelangt, verließ die Königin ihre Sänfte und kniete vor ihm nieder, wie sie in der Kirche getan; dadurch wollte sie andeuten, dass sie Gott als ihren Herrn im Himmel, wie den König als ihren Gebieter auf Erden anerkenne, Der König hob sie auf und umarmte sie. Das Volk schrie: »Weihnacht!« denn es glaubt, indem es seine Herrscher so einig, so jung, so schön erblickte, dass die beiden Schutzengel Frankreichs die Rechte und die Linke Gottes verlassen hätten.

      Die Herren beurlaubten sich hierauf von dem König und der Königin, um sich in ihre Hôtels zurück zu ziehen; nur die blieben bei ihnen, welche zu ihrem Hofstaate gehörten. Das Volk harrte noch vor dem Palaste aus und schrie so lange Weihnacht, bis der letzte Page hinter dem letzten Ritter eingezogen war. Dann schloss sich das Tor, die Fackeln zerstreuten sich oder verlöschten allmählich, Und die Menge verlief sich durch die

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