ТОП просматриваемых книг сайта:
Wenn Liebe langsam wächst. Axel Adamitzki
Читать онлайн.Название Wenn Liebe langsam wächst
Год выпуска 0
isbn 9783753187204
Автор произведения Axel Adamitzki
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Lungenkrebs ... Ihre Mutter hat Lungenkrebs. Im Endstadium.«
Laura sackte zusammen. Äußerlich und auch innerlich, wie es schien. Damit hatte sie ganz sicher nicht gerechnet.
Gräfin von Heimenstein, Lauras Mutter, war Anfang fünfzig, sie war immer aktiv gewesen. In den letzten Jahren, die Laura noch zu Hause verbracht hatte, war ihre Mutter es, die das Gut geleitet hatte. Sie hatte Arbeitsanweisungen gegeben, Termine gemacht - sie hatte die Geschicke des Gutes bestimmt. Allein! Graf von Heimenstein, Lauras Vater, hatte schon damals mehr und mehr unter einer gewissen Vergesslichkeit gelitten. Ein Umstand, der sich sicherlich nicht gebessert haben dürfte.
Dr. Berg sah Laura an und legte ihr rücksichtsvoll die Hand auf den Oberarm.
Er war seit ewigen Zeiten der Anwalt der gräflichen Familie. Er hatte miterlebt, wie sich der Graf und die Gräfin über die Geburt ihres ersten und einzigen Kindes gefreut hatten. Er hatte voller Freude mit angesehen, wie aus dem kleinen Fratz ein junges Mädchen und schließlich ein hübscher Teenager geworden war. Und die Nachricht, die er jetzt überbringen musste, überbracht hatte, tat ihm selbst ausnehmend weh.
»Ihre Mutter würde Sie gerne noch einmal sehen.«
Laura von Heimenstein schüttelte unmerklich den Kopf. Wie es schien, wollte sie das Gehörte nicht wahrhaben, wehrte sie sich gegen die schreckliche Realität. Lungenkrebs! Im Endstadium!
Und sie begann zu zetern. Sinnlos, wie sie selbst zu wissen schien.
»Ich kann hier heute nicht weg. Wir haben morgen eine Lesung und da muss ich noch vieles vorbereiten. ... Übermorgen kann ich kommen.«
Worte, schrill. Voller Ohnmacht.
»Das erste Mal, dass ein namhafter Schriftsteller in diese Kleinstadt kommt. Man erwartete einen reibungslosen Ablauf. Von mir!«
Voll Mitgefühl sah Dr. Berg sie an. Er wusste, ihre Worte entsprachen nicht ihrem Gefühl für ihre Mutter.
Doch die Zeit drängte.
»Ich fürchte, ... übermorgen wird zu spät sein.«
Laura von Heimenstein begann zu zittern.
»Bitte, reden Sie nicht so. Übertreiben sie nicht.«
Dr. Berg schüttelte dezent den Kopf.
Und noch bevor Laura etwas sagen konnte, stand plötzlich der Direktor des Kaufhauses neben ihr. Er hatte durch die beiden Mitarbeiterinnen der Buchabteilung mitbekommen, dass es hier einen Besucher aus Lauras Vergangenheit gab.
Er und der Personalchef waren die Einzige, die wussten, dass Laura von Heimenstein eine Komtess war. Beim Einstellungsgespräch hatte sie darum gebeten, ihren Titel verschweigen zu dürfen. Die beiden Männer hatten ihren Wunsch respektiert. Ihr starkes Engagement – ohne ihren Titel - beeindruckten sie schließlich sehr.
Der Direktor schien sehen zu wollen, ob alles in Ordnung war. Als er Lauras blassen Gesichtsausdruck vernahm, war ihm klar, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.
»Was ist los, Frau von Heimenstein?«
Seine Stimme klang voller Unruhe und Aufmerksamkeit.
Laura erzählte. In kurzen Worten. Lungenkrebs! Endstadium! Und endlich ... endlich! ... ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Sie begann zu weinen, bitterlich zu weinen, sah die beiden Männer mit tränengefüllten Augen an und war augenblicklich nur noch das kleine Mädchen - voll Angst um das Leben der Mutter.
Der Direktor begriff sofort.
»Sie können nicht bleiben. Ihre Mutter, Ihr Vater, sie brauchen Sie.«
»Aber wir haben doch morgen die Lesung!?«
»Lassen Sie das nur unsere Sorge sein. Sie müssen sich jetzt um Ihre Mutter kümmern. Und wenn sie alles erledigt haben, dann melden Sie sich bitte noch einmal bei mir.«
Dem Direktor schien klar zu sein, dass Laura von Heimenstein nicht mehr in sein Kaufhaus zurückkehren würde. Aber sie hatte frischen Wind in diese Abteilung gebracht und dafür war er ihr dankbar.
Laura sah den Direktor an und schien für einen Moment erleichtert. »Ich danke Ihnen.«
Und an Dr. Berg gerichtet sagte sie: »Ich packe hier schnell zusammen und dann müssen wir eben noch in mein Appartement, ich brauche ein paar Sachen.«
Dr. Berg nickte. Er war einverstanden. Und auch erleichtert.
»Ich warte draußen auf Sie, Komtess.«
Rasch hatte Laura ihre Sachen zusammengepackt, war mit Dr. Berg in ihr Appartement gefahren, hatte sich dort umgezogen, eine Reisetasche gepackt, sich noch einmal in der Wohnung umgesehen und war dann schon auf dem Weg zu ihrer Mutter.
Nahezu wortlos saßen sie die drei Stunden im Auto nebeneinander, Laura von Heimenstein und Dr. Berg.
Von Minute zu Minute wurde die junge Frau unruhiger, als ihr ein Gedanke durch den Kopf ging. Sie blickte kurz zu Dr. Berg hinüber, der konzentriert hinter dem Lenkrad saß, und sah dann auch wieder nach vorn.
»Woher wussten Sie, wo Sie mich finden würden?«
Dr. Berg zögerte.
»Ein Privatdetektiv ... Letzten Samstagabend kam er mit der Nachricht, dass er sie wohl gefunden hat. Er war sich zu fünfundneunzig Prozent sicher.«
Laura von Heimenstein nickte, sie hatte verstanden ... ein Privatdetektiv. Was für ein Aufwand!
Bäume, Felder und Ortschaften ließ sie an sich vorbeigleiten, blicklos und stumm. Ihre Mutter war krank. Schwerkrank.
Würde Laura sie noch einmal in den Arm nehmen können?
2
Nachdem Dr. Berg die Autobahn verlassen hatte, saß Laura noch immer gedankenversunken auf dem Beifahrersitz und nahm nichts von der heimatlichen Landschaft wahr. Ihr Herz wollte nicht aufgehen, sie dachte an ihre Mutter, an die schreckliche Krankheit und an das scheinbar Unvermeidliche, an den Tod. Und sie wollte es noch immer nicht wahrhaben.
Als sie das Krankenhaus endlich erreicht hatten, folgte Laura dem Anwalt ihrer Eltern, der den Weg gut kannte. Der Geruch von Nüchternheit, Mullbinden und Pfefferminztee ließ alles in ihr erstarren. Die erschütternden Worte ... Lungenkrebs! ... Endstadium! ... wurden zögerlich zur Realität. Zu einer schrecklichen Realität.
»Guten Tag, Herr Doktor«, sagte Dr. Berg, nachdem sie die richtige Abteilung erreicht hatten und den zuständigen Arzt in seinem Zimmer antrafen. »Darf ich Ihnen Laura Komtess von Heimenstein vorstellen!«
»Gut, dass Sie endlich da sind. Ich fürchte, es geht zu Ende.«
Die Worte des Arztes klangen schonungslos. Ohne Umschweife. Was für ein Holzklotz. Obendrein war er erstaunt, dass die Gräfin es noch so lange geschafft hatte, dass sie noch lebte - doch behielt er das für sich.
»Würden Sie mich bitte zu ihr bringen.«
Lauras Worte klangen beherrscht. Sie wollte keine Zeit mehr verlieren.
Der Arzt nickte und ging vor.
Gemeinsam durchschritten sie einen langen, hellerleuchteten Gang, bis sie an eine Glastür ankamen.
Schon von außen konnte Laura ihre Mutter sehen. Angeschlossen an unzählige Apparaturen lag sie reglos mit geschlossenen Augen in ihrem Krankenbett.
Verhalten öffnete Laura die Tür und betrat das Krankenzimmer ... das Sterbezimmer ihrer Mutter. Der Arzt wendete sich ab und ließ die Komtess mit ihrer Mutter allein.
Laura blieb einen Moment stehen und betrachtete schmerzvoll ihre Mutter. Sie schluckte trocken,