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Villa Heckel. T. D. Amrein
Читать онлайн.Название Villa Heckel
Год выпуска 0
isbn 9783738056327
Автор произведения T. D. Amrein
Жанр Языкознание
Серия Aus der Reihe Krügers Fälle
Издательство Bookwire
Inzwischen hatten sie sämtliche Schönheitsstudios in Basel und Umgebung abgeklappert, ohne jeden Erfolg.
Die Obduktion hatte diverse Hinweise geliefert, so war der Frau vor längerer Zeit die Gebärmutter entfernt worden. Deshalb ließ sich auch nicht mehr feststellen, ob sie jemals Kinder zur Welt gebracht hatte. Das Alter korrigierte der Pathologe auf knapp fünfzig Jahre. Das Skelett wies keine verheilten Brüche auf, nichts ließ auf irgendwelche Beschwerden wie Gelenkprobleme oder Haltungsschäden schließen. Routinemäßig waren Röntgenbilder des Gebisses verschickt worden, bisher genauso erfolglos wie alles andere.
Die Ohrstecker waren laut einem Experten von ausgezeichneter Qualität, kaum unter zehntausend Franken zu haben, pro Stück. Leider hatte sich der Meister, der sie angefertigt hatte, nicht verewigt. Nur die Materialpunzen waren vorhanden. Dass ihr der Schmuck nicht entwendet wurde, konnte daher rühren, dass der Verschluss sehr kompliziert gestaltet war und sich nicht einfach so öffnen ließ.
Sie schien Ringe oder Armbänder getragen zu haben, entsprechende helle Stellen hatte Doktor Diener festgestellt. Die Schmuckstücke dazu fehlten.
Der Bikini stammte aus England. Eine weit verbreitete Marke, die man fast auf der ganzen Welt kaufen konnte. Dieses Modell war allerdings nicht mehr in Mode. Ein schwaches Indiz, dass sie das Ding nicht selbst oder zumindest nicht freiwillig angezogen hatte.
Der Eisennagel, ein absolut normales Teil, praktisch auf jeder Baustelle zu finden, brachte sie auch nicht wirklich weiter. Es schien bei entsprechendem Zeitaufwand möglich zu sein, den Hersteller zu ermitteln, nach genauer Analyse des Stahls sowie der Pressform. Aber ob das helfen würde? Diese Nägel wurden überall verkauft, ohne dass es jemanden interessierte, woher sie stammten.
Erwin Rohr beschäftigte sich intensiv damit, wie ihr der Nagel ins Herz gestochen worden sein könnte. Einfach aufsetzen und einschlagen, wie bei einem Stück Holz, erschien unwahrscheinlich. Der Hammer hätte Spuren hinterlassen, an den Rippen oder auf der Haut. Trotzdem lag der Nagelkopf vollständig auf der Haut auf, eine leichte Aufschlagstelle darunter konnte Diener nachweisen.
Der Stift, genau zwischen zwei Rippen eingedrungen, hatte die Wunde praktisch abgedichtet. Es dürfte nur wenig oder gar kein Blut geflossen sein, stand dazu in Dieners Bericht.
Nagelpistolen, die mit Druckluft arbeiten, waren frei verkäuflich, erforderten jedoch spezielle Nägel, die sich zu Paketen zusammenfügen ließen. Außerdem war die Länge solcher Nägel auf etwa achtzig Millimeter begrenzt. Einen handelsüblichen hundertzwanziger Nagel konnte man nicht verwenden. Außer, jemand hatte sich so ein Ding umgebaut oder gebastelt, das für Holz nicht funktionierte, jedoch als Mordwaffe geeignet war.
Rohrs Fazit: Eigentlich eine ausgezeichnete Idee. Ein Ding, das beim Opfer kaum Argwohn auslöste, für die Polizei, die jede Art Schusswaffen irgendwie kannte oder zuordnen konnte, jedoch völliges Neuland bedeutete, löste bei allen Beteiligten ein unheimliches Gefühl aus. Das war, als ob jemand, der mit einem scheinbar harmlosen Schirm zum Spaß drohte, dann auch in der Lage war, abzudrücken. Dazu noch der Nagel anstelle der Kugel. Einfach widerlich.
Jetzt war es an der Zeit, die Suche auf das angrenzende Ausland auszudehnen. Die Leiche konnte ohne Weiteres auf der deutschen Seite des Rheins in den Fluss gelegt worden sein. Gruber vermutete, dass es sich beim Täter um jemanden handeln könnte, der nicht über besonders gute Ortskenntnisse verfügte. Im Wehr Birsfelden, dem letzten auf dem Weg, wäre die Tote bestimmt hängen geblieben.
Der Platz musste auf jeden Fall unterhalb des Rheinfalls liegen. Diese Passage hätte deutliche Spuren hinterlassen.
Am wahrscheinlichsten jedoch befand sich die Stelle zwischen Augst und Birsfelden, eine Strecke von gerade mal sechs Kilometern. Theoretisch war es möglich, dass die Leiche eine Schleuse unbemerkt hätte passieren können, praktisch schien es jedoch eher unwahrscheinlich.
Bis das offizielle Rechtshilfegesuch wirksam wurde, beschlossen Gruber und Betschart, die fragliche Strecke durch die Wasserschutzpolizei absuchen zu lassen. Die deutschen Kollegen durften dabei auch ohne Auftrag mithelfen. Das war gegenseitig üblich, vor allem, wenn Personen vermisst wurden.
Nur ein Strohhalm, aber besser als nichts.
***
Nina Böhringer schrak auf, als sich Krüger hinter ihrem Rücken räusperte. „Woran arbeiten Sie zur Zeit?“, wollte er wissen.
„An diesem Fall, Wolfgang Heckel“, antwortete sie treuherzig.
„Fall? Das ist kein Fall, Frau Böhringer, da gibt es nichts zu tun!“
Krüger war ziemlich laut geworden. Dauernd musste er Berichte nachfragen, die noch nicht geschrieben waren, und diese Göre beschäftigte sich mit einem natürlichen Todesfall!
Zu allem Überfluss erschien auch noch Rohr mit den Fotos, die sie zum Entwickeln ins Labor gegeben hatte. Von der Leiche und der Wohnung. Die hatte sie geschossen, während der Arzt die Leichenschau durchgeführt hatte.
„Also wirklich, Frau Böhringer, Sie sind hier zum Arbeiten, nicht um in der Arbeitszeit private Ermittlungen anzustellen. Dass Sie dann auch noch das Labor damit beschäftigen, das geht absolut nicht. Wenn das der Polizeirat erfährt, dann können Sie ihre Sachen gleich wieder packen!“
Erwin Rohr zog sich dezent zurück, ohne etwas zu sagen. Nina zitterte. Gleich würde sie anfangen zu weinen, das war deutlich zu erkennen.
Jetzt wurde Krüger das Ganze doch peinlich. „Ist doch wahr“, brummte er, „haben Sie sonst wirklich nichts zu tun?“
„Nein“, antwortete sie schniefend.
„Wie, nein?“, fragte Krüger, fassungslos.
„Schauen Sie mal“, Krüger bemühte sich um einen väterlichen Ton, „die Stapel da drüben, die müssen bearbeitet werden, zum Teil sind wir Tage im Verzug.“
Krüger stutzte, Grünwald und Sieber schienen sich plötzlich in Luft aufgelöst zu haben. Anfangs waren die beiden noch da gewesen, das hatte er gesehen.
„Die geben mir doch nichts“, schluchzte Nina.
Die darauffolgende Besprechung wurde ziemlich unangenehm. Nicht für Nina, die hatte Krüger in die Kantine geschickt.
***
Zuhause erzählte Krüger Elisabeth davon.
„Ganz typisch, deine Machos“, stellte sie fest, „deshalb sind Frauen oft benachteiligt, weil sie außen vor gelassen werden.“
„Ich war sehr deutlich. Du wärst bestimmt stolz auf mich gewesen, wenn du es gehört hättest“, lobte er sich selbst.
So leicht wollte sie es ihm dann doch nicht machen. „Wenn du das von Anfang an klargestellt hättest, ja, dann…“
„Habe ich“, wehrte sich Krüger, „ich habe sie nett vorgestellt, um eine gute Zusammenarbeit gebeten, was hätte ich denn sonst noch tun sollen?“
„Vielleicht mal nachfragen?“, schlug sie vor.
Klar tappte er in die Falle. „Sie hat natürlich schon wenig Ahnung. Am Anfang ist sie keine große Hilfe, da ist man manchmal schneller, wenn man es selbst macht“, ließ er hören.
Ihre Empörung war auch ein wenig gespielt, aber so eine Gelegenheit konnte sie sich nicht entgehen lassen. „Jetzt verteidigst du schon wieder diese zwei Neandertaler. So ganz richtig für voll könnt ihr eine Frau nicht nehmen, was? Immerhin hat sie die Auswahl gewonnen! Sie war doch nicht die Einzige, die den Job wollte, oder?“
„Nein, sie war die Beste, mit Abstand“, gab Krüger zu.
„Na, also, da hast du es wieder. Nicht die Leistung zählt, es ist nur das Geschlecht!“
„Du meinst also, ich soll sie besonders fördern, so wie Michélle?“
„Ja, warum nicht?“
Krüger versprach es, und sie gab sich damit zufrieden.
***