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vermeldete der Chef der Grenzacher Polizeistation, Meinrad Wappel, seine neusten Erkenntnisse an Kommissar Krüger.

      „Dass der Wagen schon seit ein paar Tagen da herumsteht, ist uns natürlich gleich aufgefallen. Ohne die vielen Befragungen, die wir durchführen mussten, wäre alles viel schneller gegangen“, führte er aus. „Der Besitzer, Stefan Hehlen aus Frankfurt, ist nicht auffindbar. Sieht also ganz so aus, als ob wir einen Verdächtigen haben.“

      Krüger räusperte sich. „Einen Verdächtigen?“

      „Ja“, bestätigte Wappel, „nach dem Mord ist er untergetaucht. Soweit ich ermitteln konnte, ist er vermögend. Der Mann dürfte sich schon irgendwo in der Südsee an den Strand gelegt haben.“

      Nach kurzem Nachdenken entschloss sich Krüger, nicht darauf einzugehen. „Danke Herr Kollege“, sagte er nur, „wir werden Ihren Bericht in die Untersuchung einbeziehen.“

      „Internationale Zielfahndung“, ließ Wappel fallen.

      Krüger sah ihn entgeistert an, „was meinen Sie damit?“

      „Na, diesen Hehlen, den muss man suchen, das ist doch klar!“

      Krüger seufzte. „Sind Sie mit den Befragungen der Anwohner durch?“

      „Nein, aber das ist doch nicht mehr notwendig, jetzt wo klar ist, wer der Täter ist“, antwortete Wappel leicht genervt.

      Jetzt platzte Krüger der Kragen. „Sie fahren mit den Befragungen fort, liefern nur Fakten. Deren Beurteilung überlassen Sie gefälligst uns. Haben Sie das verstanden, Herr Kollege Kriminalmeister?“

      Wappel sah ihn entgeistert an, dann begriff er. Die Herren Kommissare wollten seinen Erfolg als den ihren verkaufen. So wie immer. Er machte die Arbeit, die sonnten sich in den Ergebnissen. Anstelle der verdienten Beförderung ließen die ihn in Grenzach versauern.

      „Haben Sie verstanden?“, wiederholte Krüger eine Spur schärfer.

      Wappel nickte. „Vollständig, Herr Kommissar!“

      „Dann machen Sie sich bitte an die Arbeit, ich habe zu tun!“

      Wappel stapfte aus Krügers Büro. Dieser sah ihm kopfschüttelnd nach, danach bestellte er Nina zu sich.

      Mit spitzen Fingern schob er ihr den Hefter zu, den Wappel gebracht hatte. „Schreiben Sie bitte einen neuen Bericht, übernehmen Sie aber nur die Tatsachen“, sagte er zu ihr, „danach schauen wir das gemeinsam an.“

      ***

      Nina kämpfte sich durch die Seiten. Das Wesentliche, ein Fahrzeug, dessen Besitzer verschwunden war, parkte seit Tagen in der Nähe des Rheins. Immerhin eine saubere Identifikation der Person. Der Rest bestand aus wirren Vermutungen, die zusammengefasst den Verschwundenen als wahrscheinlichen Täter bezeichneten.

      Stefan Hehlen, neunundvierzig, ledig, selbständiger Makler aus Frankfurt am Main, nicht als vermisst gemeldet. Keinerlei Einträge im Polizeiregister. Ein Foto des Mannes war an die Akte angeheftet. Ob sich Wappel die Mühe gemacht hatte, das Bild der Heimleiterin oder dem Pfarrer zu zeigen, war nicht vermerkt.

      ***

      Krüger ließ das Fahrzeug abholen, Nina machte sich auf den Weg nach Grenzach. Der Pfarrer hielt es für möglich, dass Hehlen an der Beerdigung teilgenommen hatte, wollte sich jedoch nicht festlegen.

      Schließlich saß Nina wieder Frau Schultheß gegenüber, die das Foto achselzuckend betrachtete. „Tut mir leid, Frau Böhringer, ich kann Ihnen nicht helfen.“

      „Das macht nichts“, versuchte Nina, zu trösten. „Wie ist das abgelaufen, nachdem Linda verstorben war? Wer hat wen benachrichtigt? Waren Sie es selbst?“

      Die Heimleiterin schüttelte den Kopf. „Nein, das macht Schwester Ingrid, das gehört zu ihren Aufgaben.“

      Nina sah sie fragend an. „Ist sie anwesend?“

      „Möchten Sie mit ihr sprechen?“

      „Ja, bitte!“

      Schwester Ingrid erschien als traditionell wirkende Krankenschwester mit weißem Häubchen, unter dem sich graue Haare erkennen ließen. Eine dunkle Brille mit eckigen Gläsern rundete das Bild ab.

      Die Brille ist furchtbar, dachte Nina spontan. Jemand sollte ihr sagen, dass es auch modische Gestelle gibt.

      Frau Schultheß stellte sie vor, und Schwester Ingrid führte Nina zu einem winzigen Kabuff, offenbar ihr Büro.

      Schon auf dem Weg erklärte Nina, was sie wissen wollte.

      „Ja, ich habe Frau Schneider angerufen“, bestätigte Schwester Ingrid, „habe sie jedoch nicht erreicht, nur einen Anrufbeantworter. Sie hat jedoch gleich zurückgerufen, es waren höchstens zehn Minuten vergangen.“

      „Wissen Sie die Nummer noch?“

      Zum ersten Mal huschte ein Lächeln über das Gesicht der Schwester. „Nein, Frau Böhringer, auswendig nicht!“

      Sie schob eine Schrankfront zur Seite. Für Türen war in dem winzigen Raum kein Platz. Dahinter wurde ein alphabetisch geordnetes Register sichtbar. „Hier sind die Daten aller Bewohner hinterlegt, für jeden zugänglich. In einem Notfall muss das schnell gehen“, erklärte sie.

      „Ist die Liste oder das Blatt von Linda noch da?“, wollte Nina wissen.

      „Möglich.“ Schwester Ingrid zog ein Blatt Papier hervor. „Ja, da ist es!“

      Genau wie Lukas Schneider vermutet hatte, war eine zweite Nummer mit einem anderen Stift vermerkt.

      „Kann ich das mitnehmen?“

      Ingrid zog die Brauen hoch. „Mitnehmen…“, wiederholte sie.

      „Eine Kopie würde genügen“, schwächte Nina ab.

      Die Schwester nickte. „Das sollte kein Problem sein, wenn die Chefin einverstanden ist.“

      „Haben Sie sonst noch jemanden verständigt? Die zweite Nummer angerufen, zum Beispiel?“, fragte Nina weiter.

      „Nein.“

      „Könnte es sonst jemand getan haben?“

      „Was getan, die alte Nummer angerufen, meinen Sie?“

      Nina bestätigte.

      „Dazu gab es keinen Grund. Meine Schicht hatte gerade angefangen, und bis die Ablösung erschien, lag Linda schon aufgebahrt in der Kapelle. Ihr Zimmer stand bereits leer, als ich ging.“

      „Dann ist es eher unwahrscheinlich“, stellte Nina fest.

      „Sehr unwahrscheinlich. Angehörigen eine Todesnachricht mitzuteilen ist nicht jedermanns Sache“, antwortete Ingrid.

      Nina nickte verständnisvoll. Sie gab die Nummer an Grünwald durch, noch bevor sie den Rückweg antrat.

      ***

      Wie Grünwald schnell herausfand, gehörte der Anschluss zu einer Adresse in Freiburg. Darunter war allerdings keine Erna Schneider gemeldet. Offiziell wohnte sie immer noch bei ihrem Mann in Emmendingen, einige Kilometer nördlich von Freiburg.

      Am späten Nachmittag suchte Nina mit Erwin Rohr und einem Techniker die Wohnung auf, die im dritten Stock eines grauen Mehrfamilienhauses lag.

      Der Briefkasten mit der Aufschrift S. Schneider quoll über. Ein Zeichen, dass schon einige Tage keiner zu Hause gewesen war.

      Nachdem sie einige Male geklingelt hatten, öffnete Rohr die Tür. Das einfache Schloss der Wohnung bot kaum Widerstand.

      Die Rollläden waren herabgelassen, nur zwischen den Lamellen sickerte etwas Licht in die Räume.

      „Hallo, hier ist die Polizei, ist jemand da?“

      Nachdem auch dieser Ruf ohne Wirkung verhallt war, traten sie ein.

      Der Flur führte direkt

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