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DER UNSINN DES LEBENS. Bachus Bogner
Читать онлайн.Название DER UNSINN DES LEBENS
Год выпуска 0
isbn 9783742749529
Автор произведения Bachus Bogner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Die Hölle ist in jedem von uns. Hahaha.“
„Wenn Sie so weitermachen schicke ich Ihnen nächste Woche ein Dutzend deutscher Schlagerstars.“
„Oh Gott, nein!“
„Zum Teufel, ja! Ich werde Sie jetzt noch einmal fragen: Waren Sie in Wunibald?“
„Nein. Ich schwöre bei Gott und meinen zwei Schwänzen, dass ich mit dieser Sache nicht das Geringste zu tun habe.“
„Na gut. Ich glaube Ihnen.“
Gott legte auf. Sein gefallener Engel schien ihm ehrlich zu sein. Seine Schwänze waren ihm sicher zu wichtig, um sie wegen eines Dorfpfarrers zu verlieren. Doch wenn Luzifer nicht in Wunibald war, wer dann? Wer war in Wunibald? Der Allmächtige war nicht allwissend. Er war ziemlich ratlos. Fritz nicht. Zwar wusste er auch nicht wer in Wunibald war, doch genügte es ihm vollkommen zu erfahren, dass Wunibald in Winifred war. Den dies beweisenden Brief hatte er rein zufällig auf dem Nachtkästchen entdeckt, als er auf der Suche nach etwas zum Abwischen mit seinen klebrigen Fingern an einem Umschlag haften blieb. "Für Wini von Wuni“, stand darauf und allein an der Handschrift konnte Fritz erkennen, dass es sich beim Verfasser um den, als Pfarrer und Vorstand des Ringervereins herrschenden Oberhintergrindelfinger, Wunibald Wutke handeln musste. Ein diabolisches, ja nahezu teuflisches Grinsen durchzog das, von hartnäckigen Pickeln übersäte und vom ersten Flaum über der Oberlippe verzierte, Gesicht des künftigen Privatdetektives. Ein Pfarrbrief war das sicher nicht. Zumindest kein Offizieller. Fritz las den Brief nicht. Nicht vor Ort, denn im Gegensatz zu den männlichen Hintergrindelfingern, gingen die Weiblichen nach der Kirche stets direkt nach Hause und deshalb drängte die Zeit. Witwe Winifred war bereits unterwegs. Wütend und traurig ging sie schneller als sonst. Er hatte sie nicht einmal angesehen. Er wollte selbst jetzt noch nicht zu ihr stehen. Er hatte nicht einmal den Mut, ihr das ins Gesicht zu sagen. Er würde sich wieder einmal mit seinen Ringerfreunden volllaufen lassen, statt mit ihr Liebe zu machen. Liebe (heterosexueller Natur) predigte er vormittags in der Kirche. Abends brüllte er: „Reiss ihm die Gedärme raus!“ in die Arena. Für die meisten Katholiken stellte das damals zwar keinen Widerspruch dar, doch Winifred begann langsam sich wegen des Geisteszustands des Geistlichen zu sorgen. Zwar schlicht vom Gemüte war sie doch mit einer hohen emotionalen Intelligenz gesegnet und hatte außerdem große Erfahrung im Umgang mit Geisteskranken. Ihr verstorbener Gatte war ein schwerer Neurotiker, der nicht auf die Toilette gehen konnte ohne sich vorher dreimal mit der Faust auf den Kopf zu schlagen und dabei Jummi Jummi zu schreien. Die Zahl drei und die Worte Jummi Jummi übten generell eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. So sah er sich außer Stande morgens sein Grundstück zu verlassen, ohne vorher seinen Hund, den er ebenfalls Jummi Jummi nannte, dreimal am Schwanz gezogen zu haben, was regelmäßig zu kleineren Bissverletzungen führte. Im Wirtshaus bestellte er stets drei Bier gleichzeitig mit der Begründung, er trinke für seine Zwillingsbrüder Jummi und Jummi in Übersee, je eines mit. Als er einmal nur zwei Bier orderte und der Wirt ihn etwas verlegen fragte, ob denn ein Jummi gestorben wäre, gab er zur Antwort: „Nein, aber ich habe mir das Saufen abgewöhnt.“ In Wirklichkeit wollte er natürlich seine Neurosen loswerden. Tragischerweise gelang das nicht. Zum Verhängnis wurde ihm letztendlich das dreimalige Bohren mit dem Finger in der Steckdose, zu dem er gezwungen war, bevor er den Lichtschalter betätigen konnte. Eines Tages hörte Winifred daraufhin nicht das gewohnte Jummi Jummi, sondern ein zischendes Zssst, Zssst. Und seitdem leuchtet ihrem Waldemar das ewige Licht. Das behauptet jedenfalls Witwentröster Wunibald, der ihr ein sehr einfühlsames Gedicht zum Thema Auferstehung schrieb:
"Waldemar komm doch heraus,
setz dich zu unserem Leichenschmaus.
Erheb dich von den Toten
und lausche meinen Zoten.
Für Christen ist der Tod ja nicht unendlich,
die Auferstehung selbstverständlich.
Drum kriechen heut' bejubelt vom Kirchenchor
aus ihren Gräbern die lebenden Toten hervor.
Gesalbt und geheiligt im Gotteshaus
predigt der Pfarrer ihren Kadavern die Würmer heraus.
Die Bibel zitierend,
darin kann man es lesen,
wer fleißig betet,
der muss nicht verwesen.
So kann und so wird es ewig weitergehen,
doch nur wenn man glaubt,
das muss man verstehen."
Winifred glaubte fest daran, doch verstehen konnte sie an jenem Sonntag vieles nicht mehr. Sie war verzweifelt. Zu allem Überfluss lief ihr jetzt auch noch der Bengel vom alten Steiner über den Weg. Auch mit dem schien irgendetwas nicht zu stimmen. Sein Blick hatte immer so etwas Verschlagenes, Hinterlistiges an sich. Außerdem war er an seinen Ohrläppchen eindeutig als Perversling zu identifizieren. „Wenn bei einem Mann die Ohrläppchen spitz zulaufen und etwas nach vorne geneigt sind, dann halte dich fern von ihm. Männer mit solchen Ohrläppchen sind pervers und heimtückisch mein liebes Kind!“, hatte ihr Vater, ein Biologieprofessor, ihr immer wieder eingeschärft. Und der musste es schließlich wissen. Als ehemaliger Leiter der Villa Beffert in Hannover, war er ein absoluter Fachmann für germanische Volks- und Rassenkunde und somit prädestiniert für die Entschlüsselung körperlicher Eigenheiten und deren Auswirkungen auf den Geisteszustand. Oder auch umgekehrt. „Manchen wachsen vom Lügen lange Nasen. Bei anderen werden die Fingerknöchel weiß. Masturbation führt bei Kelten zu einem krummen Penis, bei Slawen zu einem Schrumpfkopf und bei Asiaten zu Akne. Da sind die Rassen durchaus unterschiedlich. Auch beim Schwulsein. Kommt ein Afrikaner nach gleichgeschlechtlichem Sexualverkehr noch mit einer leichten Grippe davon, so muss sich ein Germane allein für das Küssen eines anderen Germanen, mit einem langwierigen Genitalherpes herumschlagen.“, dozierte der Altnazi. Und Winifred lauschte. „Was du alles weißt Vater!“, pflegte sie dann zu sagen und glaubte jedes Wort. Was nicht verwunderlich war, denn selbst Adolf Hitler hatte damals die Karriere des Professors mit den markanten Ohrläppchen mit größtem Interesse verfolgt, wie ihm Gauleiter Weichmann Leiserbacher stets versicherte. „Ausgezeichnet Herr Eseler! Ihre Studie über Stalins Ohrläppchen hat dem Führer die Augen geöffnet. Sie haben großen Anteil daran, dass wir nächste Woche die Russen angreifen. Gratuliere Herr Direktor. Immer weiter so!“ Und Pferdinand Eseler machte weiter bis an sein Lebensende. Zwar wurde er nach dem Krieg von den Alliierten etwas getadelt, doch dauerte es nicht lange bis man ihm an der Universität der, von Hintergrindelfing nur einen Katzensprung entfernten, dreitausend Einwohner Metropole Obermaunzing, eine neue Stelle als Professor zuwies. So konnte er sein umfangreiches Wissen, noch bis in die späten 70er Jahre hinein, an die schlauesten Köpfe der Region weitergeben. Für die Kirche war er jedoch ein Spinner und seine Theorien wurden als fantastischer Unfug abgetan. „Ein guter Katholik weiß, dass man vom Schwulsein nicht Genitalherpes bekommt, sondern in die Hölle muss!“, fühlte sich Pfarrer Wunibald bemüßigt eines Sonntages klar zu stellen. Darum war Winifred auch häufig hin und her gerissen, im Glauben an die Weisheiten ihres Vaters einerseits und jenen ihres Geliebten andererseits. Bei der Sache mit den Ohrläppchen war sie sich jedoch sicher. Fritz musste ein Perverser sein. Ein Voyeur oder Exhibitionist. Ein Sodomist. Ein Sadist oder Masochist. Ein Nekrophiler. Ein Pädophiler. Oder noch schlimmer: „Ein Schwuler!“, ging es ihr durch den Kopf, als ihr der Höschenfetischist an jenem Vormittag begegnete und sie übertrieben freundlich grüßte.
„Grüß Gott Frau Wundracek! Welch herrlicher Tag! Finden Sie nicht auch?“
„Der Tag des Herrn, junger Mann. Ich habe dich heute gar nicht in der Kirche gesehen.“
„Ich musste mich um die Wäsche kümmern, weil meine Mutter krank ist.“
„Verstehe. Was fehlt ihr denn?“
„Grippe.“, log Fritz in dem Wissen, dass sich die beiden Damen hassten und nur übereinander aber niemals miteinander redeten.
„Ich hoffe sie wird bald wieder gesund.“, log Winifred in dem Wissen, dass