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was du bist!« schreit Stuff. »Dekadent bist du!«

      »Ach was«, sagt Tredup verächtlich. »Du redest eben wie ein Blinder von der Farbe! Wenn du verheiratet wärst, würdest du auch anders reden. Dich hat eben keine gewollt.«

      »Keine gewollt!« knurrt Stuff empört. »Willst du nun eigentlich mit mir ausgehen oder nicht?«

      »Ich mit dir? Du mit mir! Du hast mich aufgefordert!«

      Sie bleiben stehen, grade auf der Brücke, und sehen einander herausfordernd an.

      Links liegt der Teich, in den die Blosse mündet, rechts rauscht auf dem Wehr leise und eindringlich das Wasser. Es ist dunkel hier unter den Bäumen. Ein paar Gaslaternen werfen ihren Schein auf die Fahrbahn, malen glimmende zitternde Reflexe auf die schwarze Fläche des Teichs. Im Hintergrunde leuchtet die bunte Lichtreklame über dem Eingang zur Grotte.

      »Ich dich aufgefordert«, sagt Stuff verächtlich. »Ich dich!« Und plötzlich wütend: »Willst du, daß ich dich ins Wasser schmeiße?! Du Lump, du! Du Verräterchen!«

      Tredup sieht auf Stuff, auf die leere Straße, die ins Dunkel der Baumgänge sich verliert. Er schiebt seinen Arm wieder in den Stuffs. »Komm man, Stuff, was machst du für Geschichten? Da ist die Grotte.«

      Und Stuff erinnert sich plötzlich, daß er von diesem Manne was wollte. Irgendwie hatte es mit der Kripo zu tun und mit diesen verfluchten Bildern. Oder grade nicht mit den Bildern. Er weiß es nicht mehr recht. Es wird ihm einfallen, wenn er erst vor seinem Bier sitzt.

      Und nun geht drüben auch die Tür zur Grotte auf. Jazzmusik klingt in die Sommernacht. Die Wasser rauschen plötzlich leiser.

      Stuff faßt den Tredup fester: »Komm, mein Junge. Jetzt wollen wir aber tüchtig einen heben. Ich habe einen schrecklichen Durst.«

       6

      Nach zwei Stunden sitzen die beiden noch immer in der Grotte. Sie haben stramm getrunken und Stuffs Gesicht glüht dunkelrot gedunsen, Tredup ist blaß und muß häufig raus.

      Stuff, der dicke, illusionslose Stuff, kaut noch immer an einer Bemerkung von Tredup, die ihn ins Herz getroffen hat: daß ihn keine gewollt habe. Darum ist er jetzt dabei, Tredup von seinen Siegen zu erzählen, seinen früheren Siegen.

      »Ich sage dir, Tredup, da ist keine Bank im Stadtpark und kein Gebüsch, wo ich nicht mal ein Mädchen gehabt habe. Und der dunkle Bürgermeistergang ... ach, ich muß dir erzählen, wie ich da einmal überrascht worden bin ...«

      Und er erzählt seine Geschichte, verweilt bei den Details und schließlich: »Das waren damals noch Mädchen, Tredup. Nicht solche verhungerten Spatzen wie heute! Und die schöne weiße Wäsche, die im Dunkeln leuchtete! Wenn ich heute diese beige und lila Schinkenbeutel sehe, ist der ganze Reiz weg.«

      »Was ich fragen wollte«, beginnt Tredup zerstreut. »Du hast da vorhin was von Verräter gesagt. Richtig: Verräterchen. Hast du damit die Bilder gemeint?«

      »Laß das, Tredup. Laß das!« ruft Stuff gerührt. »Wir sind alle keine Engel. Wenn bekannt wäre, was ich alles ausgefressen habe, ich säße Jahre und Jahre im Zuchthaus.«

      »Es wird halb so schlimm sein. – Glaubst du, daß noch jemand was davon weiß, daß ich die Bilder verkauft habe?«

      »Halb so schlimm! Ich sage dir, Tredup, in Stettin, auf der Kleinen Lastadie, in einem Hinterhaus, wohnt eine Frau, wenn die reden wollte und meinen Namen wüßte! Da war damals ...«

      Stuff verliert sich und Tredup findet Zeit, zu fragen: »Glaubst du, daß die Bauern von meinen Bildern wissen? Da ist seit ein paar Tagen einer ...«

      »Zum ersten Male bin ich mit der Henni bei ihr gewesen. Henni wollte und wollte nicht. Ich sollte sie nicht heiraten, ich sollte kein Geld zugeben, sie würde das Kind schon alleine großziehen. Ich gehe natürlich doch mit ihr hin. Wir kommen rein. – Ich hatte der Henni gesagt, mit meiner Liebe wäre es aus, wenn sie es nicht täte. ›Laß mir das Kind, Männe‹, hat sie geflennt.

      Wir kommen rein, nur so eine Wohnküche, weißt du, zwei große Söhne von ihr. Die gehen raus, weißt du, wie wir kommen, ohne ein Wort. Sie ist so eine kleine gelbe Person, früher Hebammenschwester gewesen. Hat schon ein paarmal deswegen Zuchthaus gehabt. Man braucht gar nichts zu sagen, sie weiß sofort Bescheid. ›Legen Sie sich mal da über den Tisch!‹ Und zu mir: ›fünfundzwanzig Mark.‹«

      Stuff schnauft und sieht vor sich hin.

      »Na, es geht ganz schnell. Sie macht es mit Wasser und einer Spritze, nur der richtige Zeitpunkt muß es sein. Zwei Tage oder vierundzwanzig Stunden später ist das Kind da. Keiner hat's bei der Henni gemerkt. Sie hat es nachts abgemacht und am nächsten Tage ihren Dienst getan. Dienstmädchen.

      Aber wie sie mir davon erzählt hat, Tredup, ich träume heute noch nachts davon. ›Ich habe nachgesehen, ehe ich es weggeworfen habe‹, sagt sie. ›Es wäre ein Mädchen gewesen.‹ Ich habe geheult, Tredup, richtig geheult, wie sie mir das gesagt hat.«

      »Na, das ist sicher schon lange her«, horcht Tredup.

      »Gar nicht so lange«, prahlt Stuff. »Und seitdem bin ich noch dreimal bei der Frau gewesen. Und einmal habe ich auch eine dazu gebracht, daß sie falsch geschworen hat ...

      Ja, wir sind Schweine, Tredup, wir alle sind Schweine. Am Tage läuft man so rum und macht denselben Schweinkram wie die andern, aber nachts, wenn man lange in den Lokalen gesessen hat und der Pint steigt einem grade nicht zu Hirn, da sieht man, was man für ein Schwein ist: ich, du, alle.«

      »Stuff«, sagt Tredup plötzlich entschlossen, ganz bleich vor Erregung. »Stuff, mir geht immer einer nach.«

      »I wo, das bildest du dir ein.«

      »Es ist, glaube ich, wegen der Bilder ...«

      »Wegen welcher Bilder? Ach so, wegen der Bilder? Nee, das ist erledigt, da geschieht dir nichts. Lieber gehst du aber am Montag, wenn die Bauern demonstrieren, nicht dazwischen. Aber sonst, da geschieht nichts.«

      »Nein, nein, so ist das nicht. Es ist auch die Bombe losgegangen beim Präsidenten.«

      »Wegen der Bilder? Du Idiot!« lacht Stuff. »Wegen der Steuern ist die losgegangen, daß die Regierung Angst kriegt. Und die haben auch schon die Hosen randvoll, da sei man sicher.«

      »Und es geht mir doch einer nach.« Tredup beharrt. »Nicht schon damals. In den letzten Tagen erst.«

      »Weiß jemand vielleicht was von dem Gelde? Wieviel hast du übrigens gekriegt?«

      »Dreihundert. – Nein, da weiß niemand von.«

      »Also fünfhundert. Du hast viel davon ausgegeben?«

      »Zehn Mark!«

      »Und deine Frau?«

      »Weiß auch nichts. Das Geld ist nicht im Haus.«

      »Dann sage da man lieber rechtzeitig jemandem, wo das Geld ist. Es kann einem schließlich mal was passieren.«

      »Siehst du, du glaubst es auch! Siehst du! Nein, das erfährt niemand, das ist eingegraben. Und wenn du mich totschlägst, ich verrate es nicht.«

      »Schwätz nicht. Du bist ja besoffen. Wer soll dich totschlagen?«

      »Nun, der Kerl von der Illustrierten, der mit dir bei mir war, nachts. Oder der mir immer nachläuft.«

      »Wer läuft dir denn immer nach?«

      »So ein kleiner Dicker. Mit krausem Haar. Schwarz.«

      Stuff fällt plötzlich was ein: »Sag mal, kennst du Perduzke?«

      »Perduzke? Nein. Wer soll das sein?«

      »Höre mal, Tredup«, sagt Stuff und lehnt sich über den Tisch. »Hast du vielleicht in letzter Zeit was ausgefressen? Irgend etwas Großes, meine ich, nicht so etwas Kleines mit der la main, wenn du allein im Laden bist, Annoncen werben.«

      »Du bist

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