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es lange dauern?“

      Ihre Fragen begannen ihn zu wurmen. Laura hatte einfach nicht die Begabung, allein zu sein. Er fühlte sich von ihr an die Kette gelegt. Er verbrachte seit Jahren fast jeden Abend zu Hause und empfand es geradezu als befreiendes Abenteuer, wenn er einmal geschäftlich verreisen musste. Aber selbst dieses kleine Vergnügen hatte Laura ihm in letzter Zeit vergällt, weil sie auf die Idee gekommen war, ihn auf seinen Reisen zu begleiten. Es machte ihr nichts aus, die entstehenden Unkosten selber zu tragen. Die Kinder wurden währenddessen von dem Hausmädchen versorgt.

      „Ich weiß es nicht.“

      „Doch gewiss nicht länger als bis zwölf?“

      „Ich habe keine Ahnung. Ich kann nicht vor den anderen gehen“, erwiderte er ungeduldig. „Das sähe lächerlich aus. Man würde glauben, ich stehe zu Hause unter dem Pantoffel.“

      „Du könntest Kopfschmerzen vortäuschen“, meinte Laura. „Oder so etwas.“

      „Ich habe niemals Kopfschmerzen“, sagte er und knipste das Licht aus. „Meine Kollegen wissen das.“

      Er war wütend auf Laura. Was erwartete sie von ihm? Warum gönnte sie ihm nicht einmal ein paar Stunden Freiheit? Tatsache war, dass er sich auf das Betriebsfest freute. Plötzlich kam ihm die Idee, nach dem Fest noch in die Villa Preysing, dem Münchner Luxusbordell, zu fahren. Der Gedanke belebte und erregte ihn. Ja, er würde sich nehmen, wonach ihm verlangte, er wollte sich wieder einmal austoben und die Dinge tun, die ihm in diesem Zimmer und in diesem Bett verwehrt blieben.

      „Gute Nacht“, sagte er und schob seine Hand zwischen die Beine. Sein Penis hatte sich beim Gedanken an die Villa Preysing mit Blut gefüllt.

      „Gute Nacht, Liebster“, seufzte Laura. „Es war so schön...“

      2

      Dr. Paul von Falkenhayn lächelte leer und klatschte, nachdem der Vorstandsvorsitzende seine Rede gehalten und das kleine Tanzorchester zum Spielen aufgefordert hatte. Diese faden, abgestandenen Witzchen, dieses alberne, demokratische Gehabe! Dabei wusste jeder, wie hart der Chef war. Wenn einer nicht spurte, flog er. Unnachsichtig.

      Jetzt tanzte er mit einem der weiblichen Lehrlinge, begleitet vom Applaus seiner vielen Angestellten. Noch ein Stückchen Demokratie. Und hinterher würde er vermutlich zu seinem Vorstandskollegen sagen:

      „Haben diese Mädchen noch nichts von der Existenz desodorierender Hautpflegemittel gehört?“

      Der Blick von Paul huschte hinüber zu Michelle Trautenberg. Sie saß mit einem hageren, brünetten Mädchen und zwei jüngeren Männern aus ihrer Abteilung an einem Tisch. Einer der Männer erhob sich und forderte Michelle zum Tanzen auf. Paul von Falkenhayn senkte die Lider, als sein Blick sich mit dem von Michelle kreuzte. Sie hatte offenbar bemerkt, dass er sie anstarrte.

      Er ärgerte sich. Warum benahm er sich wie ein unreifer Pennäler? Warum hatte er ihrem Blick nicht gelassen standgehalten, mit einem feinen, schwachen Lächeln, das dem Mädchen signalisierte, wie hinreißend er sie fand?

      Der junge Mann, der mit ihr tanzte, war redlich bemüht, ein Gespräch in Gang zu bringen, aber Michelle zeigte deutlich, wie wenig ihr daran gelegen war. Sie schaute erneut zu Paul. Diesmal hielt er ihrem Blick stand, er lächelte sogar ein wenig. Dann griff er verwirrt nach seinem Glas, um seine plötzliche Freude überspielen zu können.

      Michelle hatte ihn länger gemustert, als es die Situation erforderte. Er fragte sich, was sie über ihn dachte und wie sie ihn in diesem Augenblick einstufte. Für sie war er einer der Chef der Marketingabteilung. Da sie nicht dieser Abteilung angehörte, konnte sie sich von einem Flirt kaum Vorteile für sich versprechen, es sei denn, sie betrachtete ihn lediglich als Mann, als möglichen Liebhaber.

      Unsinn! Sie brauchte sich unter den knapp achthundert Anwesenden nur umzusehen, um festzustellen, dass es unter ihnen mindestens achtzig oder neunzig Männer gab, die jünger und attraktiver waren als er. Hm, dachte er. Jünger vielleicht, aber nicht unbedingt attraktiver. Er hatte sich durch Schwimmen, Tennis und Fitnessstudio in Form gehalten, und die Tatsache, dass er sich seiner Abteilung manchmal für Werbefotos als Dressman zur Verfügung stellte, ließ erkennen, dass er eine durchaus markante Erscheinung war.

      Michelle trug eine lange schwarze Hose und einen knapp sitzenden, silbrig schimmernden Abendpullover, der die Qualität ihrer jungen, prallen Brüste deutlich zur Geltung brachte.

      Paul atmete rascher, als er sich vorstellte, wie diese Brüste sich wohl anfühlen mochten. Michelle schaute ihn erneut an. Es hatte fast den Anschein, als erriete sie seine Gedanken. Sie lächelte ein wenig.

      Er lächelte zurück. Michelles Tänzer drehte seine Partnerin herum, so dass Paul ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte, aber er lächelte weiter, seltsam erregt und beglückt.

      Du bist verrückt, dachte er im nächsten Moment. So ein Augenflirt hat nichts zu bedeuten. Natürlich fühlte sich das Mädchen durch die Tatsache geschmeichelt, dass ein älterer, für die Firma recht bedeutsamer Mann ihr seine Bewunderung zeigte, aber das würde sie nicht davon abhalten, auch mit anderen zu flirten und sich schließlich von einem jüngeren Mann nach Hause bringen zu lassen.

      Er, Doktor Paul von Falkenhayn, hatte keine Ahnung, aus welchen Verhältnissen sie stammte und wo sie wohnte, ob allein, mit einem Mann zusammen oder noch bei den Eltern. Es war ihm auch gleichgültig. Michelle war und blieb ein Traum. Niemand konnte ihn daran hindern, weiter zu träumen.

      Die Stimmung wurde rasch gelöst und sogar turbulent. Der Chef stürzte sich in das Tanzgewühl und sorgte dafür, dass auch die anderen Herren der Geschäftsleitung sich in Firmendemokratie übten. Paul erhob sich und forderte Lisa Bartensleben zum Tanz auf.

      Lisa war Mitte Dreißig und diente dem Vorstandsvorsitzenden als Sekretärin. Sie galt als kühl und tüchtig. Sie lächelte gern und viel, aber ihr Lächeln blieb dabei geschäftsmäßig routiniert, es gehörte zu ihrer stets modischen, gepflegten Erscheinung.

      Paul hielt Lisa für eine ehrgeizige Frau, die ihre Weiblichkeit dem beruflichen Erfolgen geopfert hatte. Er glaubte, dass ihr Sex-Appeal, den sie ohne Zweifel in reichem Maße besaß, nur als taktische Waffe benutzt wurde, um ihre Stellung im Hause abzusichern. Nein, Lisa Bartensleben interessierte ihn nicht, aber während er mit ihr tanzte, stellte er plötzlich verwundert fest, dass etwas von seiner reserviert-ablehnenden Haltung abzubröckeln begann.

      Lisa tanzte anschmiegsam, elegant. Die Art, wie sich ihr biegsamer Körper auf seine Schritte einstellte, hatte für ihn etwas Erregendes. Er registrierte erschreckt, dass als Folge von Lisas Tanzstil in seiner Hose Bewegung entstand.

      Um Himmels willen! Lisa durfte auf keinen Fall spüren, wie sehr ihn der schlanke Körper der Frau aufzuputschen vermochte. Er war verheiratet! Innerhalb der Betriebsgemeinschaft musste er das Bild eines seriösen, glücklich verheirateten Mannes aufrechterhalten.

      Er löste sich ein wenig von ihr, sehr, sehr behutsam, um sein Manöver nicht peinlich wirken zu lassen.

      „Die Musik ist fabelhaft, nicht wahr“, meinte Paul. „Der Chef hat mit der Band eine gute Wahl getroffen. Soviel ich hörte, waren die Jungs nicht billig.“

      „Es war mein Vorschlag“, erwiderte Lisa. „Sie tanzen gut, Paul.“

      „Danke“, meinte er. „Sie machen mich fast verlegen. Wenn ich Ihnen das Kompliment zurückgebe, klingt das wie eine billige Retourkutsche, aber es macht tatsächlich Spaß, mit ihnen zu tanzen.“

      „Tanzen Sie viel?“

      „Nein. Sie kennen doch Laura. Sie geht ungern aus.“

      „Ich bewundere Ihre Frau. Sie ist für mich die perfekte Schönheit einer Frau, verbunden mit einer dezenten Eleganz.“

      „Danke“, sagte er und dachte gleichzeitig, wie schön es wäre, wenn von Laura behauptet wäre, sie sei das schärfste Stück der Stadt. Dezente Eleganz! Das war ganz schön, damit konnte man sich sehen lassen, aber es verhalf

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