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ruhig seinen Gesang fortsetzte, nach der Fremden umgedreht, und während Patoi - eben wohl nicht angenehm überrascht, einen Schritt zurücktrat, drängte das junge Wesen an seiner Seite, das er aber jetzt plötzlich losgelassen, gegen die Fremde vor und rief zornig:

      „Was willst Du von ihm, Wahine? Ich bin sein Weib."

      „Sein Weib?" lachte da höhnisch die Fremde. - „Und gestatten Euch Eure Mitonares, Patoi, zwei Frauen auf den Inseln zu nehmen? - Aber nein! fort von ihm, Du Falsche - Du lügst - hier steht sein Weib, dem er vor den Schädeln unserer Voreltern Treue geschworen. – Eita anei oe a faarue i ta oe vahina?1 frugen ihn die Priester, und er antwortete eita. Das Zuckerrohr in dem geheiligten Mirozweig hat unsere Häupter berührt und zwischen uns gelegen - und hundertmal log er mir vor, wie glücklich er sich an meiner Seite fühle."

      „Patoi?" rief das junge Weib entsetzt, indem sie fort von seiner Seite trat. Patoi aber, der mit finster zusammengezogenen Brauen die Anschuldigung gehört, hatte indessen Zeit bekommen sich zu sammeln, und den Arm ausstreckend, sagte er finster:

      „Geh fort von hier, Frau - ich kenne Dich nicht - ich weiß nicht, woher Du kommst, noch wo Deine Eltern /79/ wohnen, oder ob Dich die Brandung an den Strand gespült - geh fort! Diese hier ist mein Weib, mir von einem heiligen Mitonare angetraut. Was gehen mich die Schädel Deiner Vorfahren an - ich bin ein Christ!"

      Die ganze Gestalt des jungen Weibes zitterte und bebte, als die kalten Worte dessen, der sie verrathen, zu ihren Ohren drangen. Unwillkürlich erhob sich ihr Arm - ihre Augen blickten stier auf ihn - ihre Lippen theilten sich, und mit fast heiserer Stimme preßte sie die Laute vor:

      „Du kennst mich nicht, Patoi? Du kennst die Frau nicht, die Du in Deinem Canoe von Eimeo hier herübergebracht - der Du vorgelogen, daß Deine Eltern hier in Tai arabu große Besitzungen hätten, und die Du dann heimlich - niederträchtig verlassen, daß sie sich an fremden Thüren ihre Brodfrucht betteln und mühsam zurück den Weg suchen mußte, der sie ihrer Heimaths-Insel näher brachte?"

      „Sagt sie die Wahrheit, Patoi?" rief aber auch jetzt das junge Weib erschreckt, indem sie den Arm des Mannes faßte - „sagt sie die Wahrheit?"

      „Nein," erwiderte Patoi kalt, „sie lügt - sie ist nicht mein Weib. Welcher Mitonare hat unsere Hände zu dem heiligen Bunde ineinander gelegt, der nie mehr getrennt werden kann? - frage sie!"

      „Oro's Zorn über Deine Mitonares!" zischte aber jetzt die Fremde zwischen den zusammengebissenen Zähnen durch - „daß sie Atua verderbe und vernichte und das Land Pomare's rein von ihnen fege! Was kümmern sie mich, was hast Du mit ihnen zu thun?"

      „Sie ist wahnsinnig!" rief Patoi den jetzt immer mehr heranpressenden Eingeborenen zu. - „Die bösen Götter sprechen aus ihr. Ich habe nichts mit ihr zu thun - ich bin ein Christ."

      „Und Du willst nicht mit mir zurückkehren nach Eimeo?" rief die Fremde, und das bleiche, schöne Antlitz derselben bekam einen fast dämonischen Ausdruck. - „Du willst Deinen Schwur, den die Götter gehört, brechen und Dein Weib verstoßen?"

      „Du bist nicht mein Weib!" sagte der Eingeborene finster, /80/ indem er den Arm seiner jungen Frau ergriff, „komm, Alùa, laß uns gehen. Sie ist rasend.“

      „Ha, falscher Abtrünniger!" rief da das junge fremde Weib, indem es sich hoch und stolz emporrichtete - „kannst Du den Blick des Wesens nicht ertragen, das Du so schändlich hintergangen und betrogen? Aber selbst die Feranis, die mordend in unser Land kamen, haben Gesetze und strafen den Schuldigen, und sogar Deine Mitonares müssen Dich verdammen, wenn sie erfahren, wie Du einen Schwur gebrochen. Halt! laßt ihn nicht fort!" schrie sie aber laut über die jetzt von allen Seiten herbeidrängende Menge der Neugierigen hin - und selbst die Sänger hatten ihr Quartett unterbrochen - „Wo ist Euer Häuptling, daß ich ihn spreche und meine Klage vorbringe? Da steht der Verbrecher - eines Eidbruchs schuldig, und ich will zwischen Euch treten und es beweisen."

      Patoi hatte allerdings versucht, sich der ihm unbequem werdenden Anklage zu entziehen, indem er mit seiner jungen Frau der Zornigen aus dem Wege ging. Aber schon der herbeiströmende Menschenschwarm machte das unmöglich, denn wie das überall so ist, drängte von rechts und links Alles herzu, was sich nur in der Nähe befand, und selbst aus der Seitenstraße liefen die Eingeborenen heran, um zu sehen und zu hören, was es da gäbe. Patoi sah sich denn solcher Art bald von der Menschenmasse eingeschlossen, und da die Polynesier gerade so neugierig sind, wie unser eigener Volksstamm - besonders die Frauen, die lieben Geschöpfe - so suchte Alles zu ihm zu gelangen, um zu erfahren, was da eigentlich vor sei, und selbst die fremde Frau, um die sich besonders die Mädchen schaarten, sollte erzählen.

      „Gut! gut!" rief da Patoi - nur in dem Wunsche, jetzt hier weg zu kommen und seine Frau aus dem Bereich einer weiteren Enthüllung dieser Sache zu bringen, - „hier ist nicht der Platz, ich will Euch vor dem Richter Rede stehen - bestimmt die Zeit - was hab' i ch zu fürchten, ich bin ein Christ. - Gebt Raum da, Freunde - gebt Raum! Patoi wird sich sicher stellen, wenn man ihn ruft - Ihr wißt, wo er zu finden ist," - und damit drängte er sich durch die ihm jetzt wirklich Raum gebende Menschenmasse hindurch, um nur /81/ erst einmal seine eigene Hütte, oder die seiner Frau zu gewinnen. Es kamen immer mehr Menschen, besonders viel Fremde hier zusammen, und denen wollte er doch, so rasch als möglich, aus dem Wege gehen.

      2.

      Ein Häuptlings-Gericht auf Tahiti.

      Patoi verließ nun allerdings den Strand von Papetee und war bald in dem Schatten der Orangen- und Brodfruchtbäume verschwunden, aber desto mehr drängte jetzt das neugierige Insulaner-Volk um die fremde Frau her, und vorzüglich die Mädchen hatten bald einen festen Kreis um sie gebildet und schienen entschlossen, der Sache, um welche es sich hier handle, auf den Grund zu kommen.

      Das junge schöne Weib zeigte aber nicht die geringste Lust, sich hier in einen Straßenklatsch einzulassen; das Herz war der Armen auch wohl zu schwer. Mit sichtbarer Mühe hatte sie die Thränen zurückgezwungen, die ihr in die Augen steigen wollten, und sie sagte ernst, aber nicht unfreundlich:

      „Was wollt Ihr von mir? was soll ich Euch sagen? - er hat mich aus dem Hause meiner Eltern fortgelockt und den heiligen Schwur gebrochen, der uns für ewige Zeiten binden sollte. Ich bin auch nicht die einzige Verrathene hier," setzte sie düster hinzu. „Die Fremden haben Sünde und Verbrechen in dies Land getragen, daß sie sich ausbreiteten, wie die Guiaven am Strand, und ihre Wurzeln frech in jede Heimath schlugen. Es ist das jetzt eine Gewohnheit geworden, was sonst die Rache der Götter und die Strafe der Häuptlinge auf sie niedergezogen hätte. Doch laßt mich! ich will sehen, ob noch Recht und Gerechtigkeit unter diesen Palmen herrscht, oder ob die neue Lehre mit der neuen Sünde Hand in Hand geht. /82/ Ich verlange nichts als mein Recht, und das muß mir werden. Wo wohnt der Häuptling?"

      ,,Komm, Wahine!" sagte einer der jungen Burschen, der sich zu ihr durcharbeitete - „ich will Dich zu ihm führen. Aber wie heißt Du und wo kommst Du her? Du bist fremd hier."

      „Ich heiße Maita und stamme von Eimeo2 - aber die Palmen meines Vaters liegen drüben gegen Sonnenuntergang."

      „Und hast Du keine Freunde auf Tahiti?"

      „Keinen, als den, der jetzt mein schlimmster Feind geworden," sagte das junge Weib düster. - „Nie im Leben habe ich vorher mein Heimathland gekreuzt, oder mein Canoe aus den Riffen hinausgelenkt - bis der Falsche kam, der mich hinweglockte - aber fort! Wo ist das Haus des Häuptlings? Laßt mich mit ihm sprechen."

      „So komm," sagte der junge Bursche wieder und ergriff ihre Hand, die sie ihm überließ, und während ihr die Uebrigen den Weg frei ließen, dann aber sich ihr anschlossen und ihr folgten, bogen sie ebenfalls rechts ein in die eigentliche indianische Stadt, um dort die Hütte des „Richters" aufzusuchen, denn die Fremde gedachte nicht die Hülfe der weißen Feranis anzurufen, um den Schuldigen zu strafen. Gegen ihre eigenen Gesetze hatte er gesündigt, und der eigene Häuptling des Districts oder der Insel sollte deshalb auch entscheiden.

      Diesen fanden sie allerdings nicht daheim - die Mitonares hatten eine Versammlung, der er, da er den Eingeborenen selber das Evangelium predigte, beiwohnen mußte. Es war auch eine gefährliche Zeit

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