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von Eimeo.

      „Was ich verlange?" rief Maita erstaunt, - „und fragt Ihr das noch? Ich bin das Weib dieses Mannes, das er schändlich verlassen, aber ich will es vergessen, wenn er reuig mit mir zu meinem Vater zurückkehrt. Ist er arm? wohl - es schadet nichts - wir haben Haus und Feld und Palmen, und die Brodfrucht ist so süß in Eimeo als in Tahiti - und süßer noch," setzte sie weich und fast wehmüthig hinzu, „denn sie ist ja das Brod der Heimath."

      „Und willst Du mit ihr zurückkehren, Patoi?"

      „Ich zurückkehren?" rief aber dieser, wie entrüstet über die Frage. „Bin ich nicht hier jetzt mit dem Segen der christlichen Kirche verheirathet an Alúa - Arowia's Tochter? - Hat nicht jener heilige Mann, der gerade jetzt hinter Deinem Stuhl steht, Mahova, unsere Hände ineinander gelegt, und kann das Band wieder zerrissen werden, das der neue und allein mächtige Gott geschlossen hat, weil die in den Staub getretenen und verbrannten alten Götter bei einem andern angerufen wurden?"

      Ein weher Schmerz zuckte durch Maita's Züge, aber sie erwiderte kein Wort mehr. Fest hüllte sie sich wieder in ihr Schultertuch, und unter den zusammengezogenen Augenbrauen funkelte ihr Blick nur düster, aber in verächtlichem Schweigen nach dem Verräther hinüber. Wohlgefällig hatte aber indessen der Missionär den Worten Patois gelauscht und mit dem /92/ Kopfe genickt, während Mahova, dem die Bewegung nicht entgangen, ausrief:

      „Er hat Recht, wahrlich, er hat Recht! Gegen den wahren Glauben müssen die Verbindungen mit den alten falschen Göttern in nichts zusammenfallen - gut gesagt, Patoi - Du darfst Dein christliches Weib nicht verlassen, um in den Unglauben zurückzukehren."

      Die Zuschauer hatten sich bis jetzt merkwürdig ruhig bei dem ganzen Verhör gehalten, und Alle waren mit der gespanntesten Aufmerksamkeit dem Verlauf gefolgt. Jetzt aber schienen doch einzelne Frauen nicht ganz mit dem eben gegebenen Urtheilsspruch einverstanden, und wenn sie auch nicht, dem weißen Missionär gegenüber, Maita's Partei zu ergreifen wagten, rief es doch von da und dort:

      „Aber weshalb hat Patoi seine Frau heimlich verlassen? Ist es recht, daß er sie ihren Eltern wegnimmt und allein auf der fremden Insel läßt? - Und darf ein Christ denn auch zwei Frauen haben?" rief eine Dritte - „in der heiligen Schrift steht nichts davon!"

      Ein paar alte Damen nahmen dagegen wieder die Partei des Mitonare, und nun ging der Lärm los, denn die Vertreter des armen fremden Weibes hatten es nicht mehr mit dem Mitonare selber, sondern mit ihres Gleichen zu thun, und denen waren sie im Zungenkampf immer gewachsen.

      Mahova kümmerte sich nicht darum. Er sprach angelegentlich mit dem Missionär, und indessen zog sich der Ring der Streitenden immer enger zusammen, so daß sie die Klägerin und den Verklagten schon fast dicht umgaben. - Das junge Weib achtete nicht darauf. Während Patoi die auf ihn einstürmenden Vorwürfe von sich abzuwenden suchte und sich immer wieder darauf berief, daß er Christ, daß er Mitonare geworden, und alle heidnischen Verbindungen deshalb abschütteln müsse, stand sie regungslos und unbewegt, und nur ihre Augen bohrten sich fest in den Verräther, daß er sich abwenden mußte, weil er dem Blick nicht begegnen, ihn nicht ertragen konnte.

      Da hob plötzlich Mahova den Arm.

      „Ruhe!" schrie er über das Toben hinaus - „zurück, Ihr Männer - zurück, Wahines, auf Euern Platz. Was habt /93/ Ihr da zu lärmen und zu zanken, wo das Gericht noch sitzt und die Häuptlinge und Kirchenältesten erst ihre Meinung sagen müssen? Bis jetzt habe ich nur gesprochen, jetzt hört auch, welches Urtheil die sprechen. Ihr habt gar nichts hinein zu reden, fort mit Euch!"

      Das Publikum schien allerdings nicht recht mit der Zurückweisung einverstanden, aber gesetzlich hatte Mahova, wie sie sehr gut wußten, Recht, und es blieb ihnen deshalb nichts weiter übrig, als eben zu gehorchen. Daß übrigens der weiße Mitonare mit dem, was Mahova gesagt, vollkommen einverstanden war, sahen die „Kirchenältesten" wohl. - Jener schien in der That den Ausspruch gethan zu haben, und sie dachten gar nicht daran, ihm feindlich entgegen zu treten. Was kümmerte sie auch die Fremde von Eimeo? Ihr Ausspruch lautete deshalb mit dem, was der Richter schon gesagt, vollkommen übereinstimmend, und der Urtheilsspruch über die arme Verrathene war gefällt: sie hatte keine Ansprüche an einen Christen, wenn sie nicht selber ihre alten Irrthümer abschwören wollte, und selbst dann sei Patoi jetzt gebunden, da Alúa, Arowia's Tochter, vor dem heiligen Altar sein Weib geworden. - Das Band könnte nicht zerrissen werden. Allerdings, setzten Einige von ihnen hinzu, habe Patoi darin nicht ehrlich gehandelt, aus seiner früheren Verbindung ein Geheimniß zu machen, aber strafbar sei er doch nicht, da die Mitonares keine heidnischen Formeln und Gebräuche anerkennten. Es sei eben eine Sünde seines früheren Lebens gewesen, und er müsse suchen, sich durch Buße und Gebet davon zu reinigen.

      Maita verzog bei diesem Urtheilsspruch keine Miene. Regungslos und wie aus Stein gehauen stand sie in der Mitte des bunten Kreises und schien die zu ihr gesprochenen Worte kaum zu hören. Zuletzt, als Alle geendet und selbst die lärmenden Eingeborenen sich nicht regten, weil sie die Antwort der Fremden hören wollten, sagte sie leise, aber doch mit vollkommen deutlicher Stimme:

      „Und was wird jetzt aus mir?"

      „Was aus Dir wird, Wahine?" wiederholte Mahova, aber doch wohl etwas gerührt von der schmerzlichen und stillen Resignation, die in den Worten lag - „kehre ruhig nach Eimeo /94/ zurück - es darf Dich keine Seele auf Tahiti kränken - oder wenn Du noch weilen willst, so sei willkommen. - Du findest eine Matte in Mahova's Hütte und Fisch und Brodfrucht genügend, um Dich zu sättigen. Vielleicht ist es doch noch möglich, Dich zu überzeugen, daß Du wirkliche Ruhe nur in dem wahren Glauben findest."

      „Wenn Euer Glaube so richtet, wie er jetzt gerichtet hat," sagte das junge Weib ruhig, „so kaun er nie der meine sein. Laßt mich in Frieden ziehen. - Aber Eins verlange ich von Euch - von Patoi," setzte sie mit gehobener Stimme hinzu, „und Ihr müßt es mir zusprechen, denn es verstößt weder gegen die Gesetze Eures neuen Gottes, noch hat es mit denen unserer alten Götter etwas gemein."

      „Und was ist es, Wahine?"

      „Patoi," sagte die junge Frau, und wieder suchte ihr Blick den abtrünnigen Gatten, „hat mich von Eimeo nach Tahiti gerudert und hier verlassen. Ob er daran recht gethan oder gesündigt, mag Euer Gott richten. - Er will hier bleiben - gut. Er hat mir das Herz gebrochen, aber ich werde nicht weiter klagen, auch nicht länger hier seinen Frieden stören mit seiner jungenFrau. Doch Eins verlange ich von ihm: er soll mich in seinem Canoe wieder hinüber an die Küste von Eimeo rudern - nicht an das westliche Ufer," setzte sie rasch hinzu, „in dessen Nähe mein Vater wohnt - nur hinüber nach Afareaita oder an irgend einen der nächsten Punkte, von dem aus ich meinen Weg zu Fuß fortsetzen kann. - Er mag dann zurückkehren. Nur wenige Stunden Arbeit sind es, die ich von ihm verlange - es ist nicht viel gegen das lange Leben, das ich jetzt allein verbrüten muß."

      Todesschweigen herrschte rings umher. Die Forderung war wunderlich, denn jedes andere Canoe hätte sie eben so gut hinüber gebracht. Jetzt aber brachen die Frauen, deren Herz noch immer auf die Seite der Mißhandelten trat, auf's Neue los. Das war, wie sie riefen, die geringste Strafe, die den Mann treffen konnte, der seine Frau verlassen hatte: daß er sie wieder an die Küste und in die Binnenwasser ihres eigenen Ufers bringen mußte, und er könne und dürfe das nicht weigern. /95/ Der Missionär und Mahova sprachen leise mit einander. Es schien dem ersteren selber nicht viel daran zu liegen, daß Maita, jetzt mit dem Mitgefühl für sie erweckt, und dabei eine starre Heidin, länger als nöthig hier auf Tahiti blieb, wo die Franzosen schon Viele in ihrem „Glauben" erschüttert und ihren alten Missionären abwendig gemacht hatten. Ja, wer wußte denn, ob nicht die Feranis selber am Ende die Sache in die Hand nähmen und dann einen ganz andern Urtheilsspruch fällten. - Es war ihnen in der Hinsicht Alles zuzutrauen und deshalb jedenfalls besser, daß die Fremde Tahiti so rasch als irgend möglich wieder verließ.

      Patoi selber schien der Vorschlag nicht sonderlich zu behagen; die hier gegen ihn herrschende Stimmung konnte ihm aber auch kein Geheimniß sein, und er wagte nicht, sie zu verschlimmern - wollte er doch zwischen den Bewohnern von Tahiti leben. Nur seine Bedenken konnte er nicht alle unterdrücken.

      „Du willst nur, daß ich Dich hinüber nach Eimeo rudern soll, Maita," sagte er, „um unterwegs mein Herz mit

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