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kommt."

      „Er kommt? Wer? Der Rosenthal?"

      „Nein - der Affenwirth."

      „Der Affenwirth?" rief die Löwenwirthin wirklich erschreckt von ihrem Stuhl emporspringend, „zu mir?"

      „Er kommt jedenfalls hier in's Haus herein, und zu wem anders soll er wollen?"

      „Der Pechtels?" sagte die Frau noch immer erstaunt.

      „Da kommt er schon über den Hof," flüsterte die Base, drückte die Thür wieder zu und that, als ob sie Niemanden gesehen hätte und nur ihrer Arbeit nachgehen wolle, bis sie der Affenwirth selber anrief und nach etwas frug.

      Wenige Minuten später klopfte es an der Wirthin Thür, /65/ und der Frau fehlte fast der Athem zu antworten. Aber sie brachte doch ein halblautes „Herein" über die Lippen, und als sich gleich darauf die Thür öffnete, stand Pechtels, den Hut in der Hand, auf der Schwelle und sagte freundlich: „Stör' ich, Frau Roßberg?"

      „Nein," erwiderte die Frau, aber wieder kaum verständlich; es kam ihr gar so sonderbar vor, daß der Affenwirth jetzt zu ihr in die Stube trat, ohne daß sie eigentlich einen besondern Zweck mit ihm hatte - und was wollte er nur?

      „Frau Roßberg," sagte der Wirth, während er noch immer an der Thür stehen blieb, bis sie ihn durch eine Bewegung mit der Hand nöthigte, näher zu kommen. „Sie sind vielleicht erstaunt über meinen Besuch - aber ich hätte etwas mit Ihnen zu sprechen."

      „Bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen?"

      „Danke Ihnen," sagte er, während er seinen Hut auf die Commode legte und sich selber einen Stuhl vorschob.

      „Und womit kann ich Ihnen dienen?" Die Frau war merkwürdig artig heute, denn es that ihr wohl, daß er sich nicht auf die letzte Zeit bezog.

      „Ich wollte Ihnen nur anzeigen," sagte Pechtels, „daß der Krämer, der Rosenthal, den wir neulich in Karthago trafen, heute hier in die Ansiedelung gekommen ist und - heute und morgen hier bleiben will."

      „Ich weiß, daß er gekommen ist," sagte Frau Roßberg.

      „Ja," meinte Pechtels, „Sie wissen aber nicht, was es für ein unausstehlicher Schwätzer ist, und so sorgsam ich bis jetzt unser - Geheimniß gehütet habe, so dürfen wir kaum hoffen, daß Rosenthal eben die nämliche Rücksicht nimmt."

      Frau Roßberg zuckte die Achseln. „Und was läßt sich dagegen thun? Wir Beide sind jedenfalls unschuldig an dem fatalen Mißverständniß, und ich habe schon an unsern Consul geschrieben, der dann das Weitere verfügen wird, um den aus Versehen geschlossenen Act wieder aufzuheben."

      Pechtels schwieg eine Weile und sah nachdenkend vor sich nieder, endlich sagte er leise:

      „Ich hatte Ihnen noch einen andern Vorschlag machen wollen, muß aber natürlich vorher Ihre Meinung darüber hören." /66/ „Und welcher wäre das?"

      „Sie wissen, Frau Roßberg," begann da der Wirth wieder, „in welchem unerquicklichen Streit wir eine ganze Weile gelebt haben -"

      „Und wer trug daran die Schuld?" sagte die Frau scharf.

      „Zum größten Theil ich selber," erwiderte Pechtels ruhig. „Daß ich das nämliche Schild wie Sie bekam, war allerdings nicht meine Absicht gewesen, und der erbärmliche Stümper von Maler hat das Kunstwerk zu verantworten. Da Sie aber dagegen eiferten, war es eine Art von - ich will es gern eingestehen - ungeschicktem Trotz von mir, es beizubehalten, und daß ich das bereue, habe ich Ihnen schon seit einigen Tagen bewiesen. Der „goldene Affe" existirt nicht mehr."

      „Existirt nicht mehr?"

      „Nein, ich habe ihn verbrannt und - werde gar kein Schild mehr führen."

      „Sie wollen Ihr Wirthshaus aufgeben?" frug Frau Roßberg rasch.

      „Das hängt von Umständen ab," sagte Pechtels, „aber Eins möchte ich Ihnen sagen, Frau Roßberg, und Sie recht freundlich bitten, es sich genau zu überlegen. Wir haben uns verfeindet gehabt, ohne uns gegenseitig zu kennen, jetzt hat' uns das Schicksal auf so wunderliche Weise versöhnt, ich wenigstens hege nicht mehr den geringsten Groll gegen Sie und habe ja auch in der Hauptsache schon nachgegeben. Wie wär's, wenn wir den albernen Friedensrichter in Karthago - nicht Lügen straften?"

      Die Frau sah ihn erstaunt an, sie begriff nicht gleich, was er meinte; Pechtels aber fuhr fort:

      „Sie haben ein hübsches Besitzthum in der Ansiedelung, ich ebenfalls. Sie sind etwa zwei oder dreiunddreißig Jahre alt (Frau Roßberg war sechsunddreißig und fühlte sich geschmeichelt), ich habe gerade so viel und noch ein paar mehr in den Vierzigen. Ebenso verstehen wir Beide die Wirthschaft und können bei Vereinfachung derselben den doppelten Nutzen ziehen. Außerdem bin ich ein halbwegs guter Mensch, ich trinke und spiele nicht, über meinen Charakter können Ihnen meine Leute Auskunft geben, es fällt nie ein hartes Wort /67/ zwischen uns vor. Umstände haben wir außerdem nicht mit unserer Hochzeit, die ganze Sache ist schon pränumerando abgemacht, und es liegt jetzt allein in unseren Händen, einer sehr unangenehmen Rederei und wahrscheinlich auch dem Spott der ganzen Nachbarschaft zu entgehen. Wir sind einmal verheiratet, Frau Roßberg, und ob wir's bleiben, liegt jetzt in Ihrer Hand. Ich," setzte er mit etwas leiserer Stimme hinzu, denn es war ihm, als ob er draußenan der Thür eine Bewegung gehört hätte, „biete Ihnen hiermit, wie es Pflicht des Mannes ist, feierlich meine Hand an. Wollen Sie sie ausschlagen, gut, dann bitte ich Sie nur, daß die Sache unter uns bleibt, und ich verspreche Ihnen noch außerdem, Sie nicht mehr mit dem goldenen Affen zu ärgern. Denken Sie aber günstig darüber, so geben Sie mir morgen Antwort. Ich will Sie nicht drängen, und bis dahin halt' ich Rosenthal ruhig, wenn ich auch nicht länger für ihn einstehen möchte. Also morgen früh um zehn Uhr hol' ich mir Antwort!" - und ohne der Frau auch nur Zeit zu lassen, ein einziges Wort zu erwidern, stieß er die Thür rasch auf, aber auch zu gleicher Zeit draußen gegen einen harten Gegenstand, dem ein lauter Schmerzensschrei folgte.

      „Bitte tausendmal um Entschuldigung," sagte Pechtels, als er hinaustrat und die alte Kathrine da stehen sah, die sich den Kopf hielt und laut stöhnte, „wie unglücklich, daß Sie gerade da stehen mußten, haben Sie etwas verloren?"

      „Ich suchte den Schlüssel, der heruntergefallen war."

      „Thut mir wirklich leid, aber ich hatte keine Ahnung."

      „Oh Du großer Gott, mein Kopf!"

      „Legen Sie ein kaltes Messer auf, dann giebt's keine Beule," sagte Pechtels und schritt quer über den Hof hinüber, seinem eigenen Hause wieder zu.

      Ich will den Leser nicht mit dem Schluß hinhalten.

      An dem nämlichen Abend steckte Frau Roßberg den Brief, den sie an den Consul in Cincinnati geschrieben hatte, nicht in den Kasten der Postoffice, die der Händler schräg gegenüber hielt, sondern in den Feuerherd, und als am nächsten Morgen - denn Rosenthal hatte nicht länger schweigen können - ein Gerücht durch die kleine Ortschaft lief, das Pechtels und Frau /68/ Roßberg in außerordentlich nahe Verbindung brachte, ging der Erstere wieder hinüber, um sich seine Antwort zu holen, und daß dieselbe nicht ungünstig ausgefallen, zeigte sich schon an dem nämlichen Tage. Alle Kunden, die im „goldenen Affen" vorsprachen, wurden hinüber in den „goldenen Löwen" gewiesen - Rosenthal fiel mit seiner Neuigkeit förmlich in den Sand, und am nächsten Tage lud Pechtels die Nachbarn und Alles, was vorsprach, zu einem solennen Mittagessen in den Löwen ein, wonach er dann so ruhig Besitz und Führung der neuen Wirthschaft übernahm, als ob die Vereinigung schon seit Jahren vorbereitet und nicht eigentlich das Resultat eines reinen Zufalls gewesen wäre.

      Und die Ehe war wirklich, unter so wunderlichen Anspielen sie begonnen, eine glückliche, ja als Mrs. Pechtels, jetzt Mutter eines vielversprechenden jungen Pechtels, einst davon sprach, das abscheuliche Schild mit dem gelben Ungethüm von der Thür zu nehmen, um es mit einem besseren zu vertauschen, nahm Pechtels sen. entschieden die Partei der Carricatur eines Löwen.

      Das Schild war es ja doch eigentlich gewesen, was sie Beide zusammengeführt, und schon aus Dankbarkeit hätte er es nun und nimmer

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