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Auffassung nicht in die Öffentlichkeit.

      So wurde auch in der Presse davon nicht weiter berichtet. Man sah keinen spektakulären Fall, der einer weiteren Meldung Nährstoff gegeben hätte.

      5. Carla Frentzen

      Prof. Dr. Hohenfels verglich am Computer das Diagramm mit den zeitlichen Daten der Behandlung des Nervs. Es ließ sich dieses Mal genau bestimmen. Immer wenn eine Reizung des Nervs an Marlenes Backenzahn erfolgte, floss ein wesentlich höherer Strom durch die hintere linke Gehirnhälfte von Karena. Ebenso ging ihr Puls für diese Zeit um drei bis vier Schläge in die Höhe. Weiterhin war ein etwas höherer Feuchtigkeitsfluss der Achseldrüsen zu messen. Für ihn waren das eindeutige Beweise dafür, dass es eine telepathische Übertragungen gegeben hatte, und somit die Gedankenübertragung von Mensch zu Mensch existent ist.

      Bisher waren keine empirischen Belege für die Existenz von Telepathie und keine allgemein anerkannten wissen-schaftlichen Theorien, die sie erklären würden, bekannt.

      Hohenfels hatte nun einen Beweis, den er jedoch nicht nutzen konnte. Er hatte sich strafbar gemacht und ein Menschenleben auf dem Gewissen.

      Er dachte jedoch nicht weiter an ein Schuldeingeständnis, sondern sagte sich: Wenn es in der Medizin keine Experimente mit solchen Verlusten gegeben hätte, wären sehr viel mehr Menschen an Krankheiten, die heute heilbar sind, gestorben.

       Hätten Ärzte und Forscher im Mittelalter nicht Leichen obduziert, obwohl es verboten war und sie Gefahr liefen, als Hexer verbrannt zu werden, wäre die Pest heute noch weit verbreitet.

       Hätten die vielen Verwundeten der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht hergehalten, um Beine und Arme zu entfernen, so wäre wohl die Lehre von Muskeln, Knochen und Blutbahnen nicht so ausgereift, wie sie heute ist.

      Hohenfels kam zu dem Schluss, dass die moderne Medizin ihre Kenntnisse aus sozusagen illegalen Versuchen aufbaue. Nichts weiter als das machte Hohenfels auch.

      Er ging diesen Gedankenweg und fühlte sich somit frei von jeglicher Schuld. Aber es fehlten ihm Nachweise, ohne die er nie anerkannt werden würde. Er musste einen verwertbaren Beweis finden. Und dieser musste legal sein. Das wiederum war schwierig. Sehr schwierig. Er zermarterte sich den Kopf, kam aber zu keinem Ergebnis.

      Dann fiel ihm seine alte Jugendliebe Carla Frentzen ein. Heute Dr. Carla Frentzen, die er in seiner Studienzeit in der Mensa der Uni kennen gelernt hatte. Carla Frentzen hatte damals schon die gleichen Gedanken wie er, was Telepathie betraf. Er sollte sie anrufen und einen Termin vereinbaren. Sie war, wie er von einem gemeinsamen Freund erfahren hatte, seit geraumer Zeit wieder in Deutschland. Genauer gesagt, in München. Zuvor war sie jahrelang an verschiedenen Universitäten in den USA tätig. Sie lehrte zuletzt in Stanford, in der ersten akademischen Institution in den Vereinigten Staaten, in der auch außersinnliche Wahrnehmung und Psychokinese im Labor erforscht wurde. Allerdings war ihr Hauptgebiet das der Astronomie, für die sie leidenschaftlich Untersuchungen der Objekte im All vornahm.

      Werner Hohenfels griff zum Telefon. Doch dann zögerte er. Würde sie ihn überhaupt anhören? Er dachte nach und stellte Pro und Kontra gegenüber. Er war mit ihr ein paar Mal im Bett gewesen und hatte sich dann einfach nicht mehr gemeldet. Die Tochter eines Uniprofessors nahm seine ganze Zeit in Anspruch und laugte ihn, in sexueller Hinsicht gesehen, förmlich aus. Aber Carla Frentzen hatte auch keine Anstrengungen unternommen, die ihm eindeutig vermittelten, dass sie ernsthaft an ihm interessiert war. So stand es für ihn unentschieden.

      Es war einen Versuch wert. Er wählte ihre Nummer. Der Anrufbeantworter erklärte ihm, dass sie nicht gewillt sei, ans Telefon zu gehen.

      »Na gut. Du bist nicht da. Rufe mich bitte zurück. Ach so, hier ist Werner. Werner Hohenfels, wenn du dich noch an mich erinnerst.«

      Er hinterließ seine Handynummer und legte auf.

      Dr. Carla Frentzen war da. Sie hörte Hohenfels Worte mit. Er hatte sie damals sitzen lassen und sie hatte lange gebraucht, um diese Schmach zu überwinden. Vorher hatte sie ihn mit diesem geilen, blonden Flittchen, der Tochter des Professors, im VW entdeckt. Sie trieben es so sehr, dass die Scheiben von innen angelaufen waren. Frentzen war wochenlang verletzt und beleidigt. Dann jedoch hatte sie ihn aus ihrem Gedächtnis gestrichen.

      Nun war sie Anfang 50, hatte zwei gescheiterte Ehen hinter sich und war froh, in keiner Beziehung zu stecken, die ihr Freiheiten raubte.

      Ihre erste Ehe ging zu Ende, als sie ihren Mann mit einer Kollegin im heimischen Ehebett erwischte. Frentzen wollte am Abend den Vortrag eines Physikers und Naturwissenschaftlers besuchen. Da der Vortrag aber durch die Erkrankung des Referenten ausfiel, kehrte Frentzen früher als erwartet zurück. Als sie im Flur eindeutige Stöhngeräusche hörte, war ihr sofort klar, dass es sich hierbei nicht um ein verletzungsbedingtes Wehklagen ihres Mannes handelte. Sie löste den Schlüssel von ihrem Bund und warf ihn auf den Boden. Sie schaute nicht einmal ins Schlafzimmer hinein. Ihr war es egal, wen er da gerade unter sich hatte. Dann drehte sie sich um und verließ die Wohnung, um nie wieder zurückzukehren. Dass ihr Mann, nackt wie er war, aus dem Bett sprang, als er die Tür ins Schloss fallen hörte und auf dem Schlüssel ausrutschte, hatte sie nie erfahren. Er hingegen verletzte sich gewaltig, als er auf seinen Penis fiel, der aufgrund seines Zustandes Verletzungen gegenüber sehr empfänglich war.

      Frentzens zweite Ehe ging zu Bruch, als sie von ihrem Mann beim Fremdgehen erwischt wurde. Sie hatte kurz nach ihrer ersten Scheidung wieder geheiratet und von der großzügigen Abfindung eine Eigentumswohnung gekauft. Ihr zweiter Mann Helmut, der Campingfreund und Hobbyangler war, hatte sie in einer traurigen Zeit getröstet, was ihr guttat. Doch er entwickelte sich im Laufe der Zeit immer mehr zu einem Spießer und kontrollierte sie ständig. Sie suchte bald des Öfteren, wenn sie auf Reisen war, hier und da ein Abenteuer. Ihren Scheidungsgrund fand sie in einem Studenten, den sie auf nicht alltägliche Weise kennen gelernt hatte. Als sie von einer Studienreise, die sie in die Sternwarte auf La Palma, das astronomische Observatorium am Roque de los Muchachos führte, zurückkam und in der Uni Frankfurt einen Vortrag halten sollte, geschah ihr ein Missgeschick. Sie goss sich einen Becher mit Milchkaffee über die Bluse. Sie suchte die Toilette auf und zog die Bluse aus. Den Blazer, der von dem Kaffee nichts abbekommen hatte, zog sie wieder an und knöpfte alle Knöpfe zu. Einen Seidenschal um den Hals gelegt, steckte sie in den Ausschnitt des Blazers. Als sie sich im Spiegel von vorne betrachtete, erschien ihr alles ok.

      Sie betrat kurz darauf das Rednerpult und begann ihre neuesten Erkenntnisse aus dem weiten Feld der Astronomie vorzutragen.

      Das Pult befand sich, nicht wie üblich bei solchen Vorträgen in der Mitte des Saales, sondern auf der rechten Seite. Hätte Carla Frentzen ein Männerjackett angehabt, wäre den Studenten sicherlich nichts aufgefallen. Da sich aber die Knöpfe eines Damenblazers immer, im Gegensatz zu einer Herrenjacke, auf der linken Seite befinden, hatten zwei Studenten, die in günstiger Sichtlage weit vorne saßen, einen optimalen Blick auf Frentzens Busen. Hinzu kam, dass die Knopfabstände relativ weit auseinanderlagen und bei jeder Bewegung zwischen den Knöpfen eine große, gut einsehbare Lücke entstand.

      Als die beiden Studenten miteinander tuschelte und ihre Blicke sich auf Frentzens Brust konzentrierten, unterbrach sie ihren Vortrag mitten im Satz und stellte den beiden eine Frage: »Was meine Herren ist denn so lustig an meiner Rede?«

      Etwas irritiert schauten sie sich an. Einer fand dann stammelnderweise zu einer Antwort: »Nein. Bitte … Das sieht jetzt nicht richtig aus. Sie verstehen das falsch. Es ist nichts komisch.«

      »Und warum konzentrieren Sie sich dann nicht auf mich?«

      »Aber das machen wir doch. Sogar sehr.«

      »Und warum stören Sie meinen Vortrag und tuscheln andauernd?«

      »Das wollen Sie jetzt nicht wirklich wissen.«

      Frentzen wurde ärgerlich. Der Junge sah zwar verdammt gut aus, genau genommen zum Anbeißen,

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