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Das Friedrich-Lied - 2. Buch. Henning Isenberg
Читать онлайн.Название Das Friedrich-Lied - 2. Buch
Год выпуска 0
isbn 9783847612025
Автор произведения Henning Isenberg
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Das Angevinische Reich verlor endgültig seine festländischen Besitzungen. Im Innern war Johann auf einem Tiefpunkt angelangt. Er hatte seinem Land über Jahre die Saat genommen, um seinen Krieg gegen die Capetinger zu führen. Nun forderte der englische Adel ein Zwangsedikt, das unter dem Namen „Magna Charta“ bekannt werden sollte.
Der geschlagene Welfenkaiser seinerseits hatte sich nach Cölln geflüchtet und harrte dessen, was ihm bevorstand.
Während die geschlagenen Heere nach Osten flohen und die Mannen um Waleran Limbourgh erreichten, schickte der siegreiche Philipp August den zerbrochenen Reichsadler, der vor kurzem noch die kaiserliche Standarte gezierte hatte, in die staufische Pfalz Hagenau. In den folgenden Tagen brachten mehrere Boten die Kunde, dass die Franzosen nach der gewonnenen Schlacht in einem einmaligen Siegeszug nach Paris gezogen seinen. Mit sich führten sie an die einhundertzwanzig gefangene Adelige des geschlagenen deutschen Heeres, unter welchen sich unter anderem Ferrand von Flandern, Rainald von Dasseln, Bernhard von Horstmar und Conrad von Dortmund sowie ein unbekannter Ritter namens Balduin von Gennep, von dem noch zu reden sein wird, befanden.
„
Da haben wir es!“, brauste Waleran auf.
„
All die Grafen werden diesem Kind aus Apulien, diesem Gewächs des Papstes ihre Aufwartung machen. Und wir werden es auch. Dieser Starrkopf von Otto. Hätte er sich mit dem Papst nicht überworfen, könnten wir unsere Gebietsgewinne der letzten Jahre sichern. …So müssen wir uns auf eine neue Partie einstellen.“
Er drehte sich zum Fenster und blickte eine Weile hinaus. Dann sagte er – nun gefährlich ruhig, „der Niederrhein mit Cölln und Holland muss beieinander gehalten werden. Koste es, was es wolle.“
Friedrich spürte den frischen Luftzug auf seinem Gesicht. Ernte, dachte er. So riecht es, wenn das Korn gedroschen und das Heu gewendet wird. Mauern, dachte er. Er liebte diesen kühlen, modrigen Duft und dessen Mischung mit dem Atem der Felder. Er musste auf irgendeiner Burg sein. In welchem Himmel mag ich angekommen sein, dachte er. Zeit zu erwachen. Ist das Wesen noch da? Aufmerksam spürte er nach. Ja, sie ist hier. Er spürte die Aura direkt neben sich. Und er wollte das Wesen, das ihn durch alle Zeitebenen, die er durchschritten, begleitet hatte, endlich sehen. Doch er konnte die Augen ja nicht öffnen. Versuch es, sprach seine innere Stimme zu ihm.
Und plötzlich war es so hell um ihn, dass er die Augen augenblicklich wieder schließen musste.
Mit einem ruckartigen Atem schreckte Sophie auf.
„
Mh!“
Ein Freudenschrei entfuhr ihr.
Friedrich spürte die Hand wieder auf seiner Stirn. Dann spürte er Lippen, die seine Lippen berührten. Dann kam ein feuchtes Tuch, das seine Lippen beträufelte. Wieder die Lippen. Weich und voll Liebe. Er wollte sie nicht gehen lassen. Er wollte die Schönheit dieses Augenblicks behalten. Er erwiderte den Kuss. Er küsste und wurde geküsst. Er öffnete die Augen und sah; sah braune Augen, die er kannte, das schwarze Haar, dessen Duft er so oft herbeigewünscht hatte, Lippen, die er seit der ersten Begegnung begehrte.
Seine Lippen wollen das Gesehene in Worte fassen. Doch seine Stimmbänder versagten ihm ihren Dienst.
Tränen fielen auf seine Wangen und wurden sogleich von freudigen Küssen wieder aufgenommen. Über und über übersäte Sophie sein Gesicht mit ihrer Liebe.
Die Lage in deutschen Landen wurde von Tag zu Tag bedrohlicher. Von Süden her zogen die Heerscharen der staufischen Vasallen nach Norden. Doch noch war die Zeit nicht reif. Zu viele Welfenanhänger hatten noch zu viele Krieger unter Waffen. Noch war kein Durchkommen im welfischen Norden. Die Staufer mussten sich in Geduld üben, so wie auch Friedrich. Drei Wochen waren seit Bouvines vergangen und Friedrich hatte das Krankenlager verlassen. So gut er konnte, bereitete er die Abreise aus Limbourgh vor.
Der Weg sollte Waleran nach Cölln führen. Sophie und er wollten die Reise in die Grafschaft Isenberghe nur gemeinsam antreten. Heinrich, der nach Altenberghe zu seiner Frau und seinen Söhnen zurückreisen wollte, würde sie ebenfalls begleiten.
In den letzten Augusttagen des Jahres zwölfhundertvierzehn setzte sich die Reisegesellschaft um Waleran, Heinrich und Friedrich von Limbourgh aus in östlicher Richtung in Marsch.
Endlich saß er wieder im Sattel. Er schaute auf glänzendes Fell und sog den würzigen Duft der Rösser ein. Er spürte den leichten Zug, den der warme Wind auf seine Wangen legte. Glücklich schaute er zu Sophie hinüber. Sie lachte und er streckte seine Hand aus, um die ihre kurz zu drücken.
Zum ersten Mal beobachtete Friedrich bei Waleran einen menschlichen Zug, als er bei seinem Abschied vor Cölln, Friedrich seine geliebte Tochter übergab. Schweren Herzens bog Walram auf der alten Römerstraße in nördlicher Richtung nach Cölln ab. Und wenig später, bei Altenberghe, verabschiedeten sie sich von Heinrich. Friedrich und Sophie setzten ihren Weg über den Helinki-Weg fort.
Nun war Sophie von keinem Wesen ihrer eigenen Familie mehr umgeben. Augenblicklich wurde sie dieses unbekannten Verlassenseins gewahr. Hilflos und traurig weinte sie stumm den Trennungsschmerz in sich hinein. Friedrich verstand ihre Trauer und wich nicht von ihrer Seite. Er berührte sie liebevoll, wann immer sich die Gelegenheit bot.
Die Gruppe von etwa sechzig Rittern und Gefolge wuchs zu einer stattlichen Karawanserei an, als sich eine fünfzehnköpfige Gruppe von flandrischen Tuchhändlern, die auf dem Weg nach Münster war, dem kleinen Heer anschloss. Sophies Trauer verflog schnell, ob der vielen Stoffe und Farben, die die Händler mit sich führten.
Die Reise durch das bergische Land begann Sophie sogar zu gefallen, zumal sie die Sonne wärmte und Grillen in den Wiesen zirpten, Vögel zwitscherten und große Vögel über den Auen ihre Kreise flogen.
Die Fürsten einen … – gar nicht so leicht, jeder wird wohl sehen müssen, dass ihm seine Reichslehn und Privilegien bestätigt werden, dachte Friedrich, und die Vogteien… Zu Hause werde ich wohl als erste die Dokumente zu durchforsten haben, um sie später durch wen auch immer bestätigen ... – was ist das?
Er schlug mit seinem Lederhandschuh nach dem, was ihn im Nacken und an den Ohren zu kitzeln begonnen hatte.
„
Ach, Sophie“, brummte er halbverärgert als er den Unhold ausgemacht hatte, der ihn aus den Gedanken aufgeschreckt hatte und blitzte sie aus den Augenwinkeln an. Doch hatte sie bemerkt, dass seiner Stimmung nur noch wenig fehlte, um sie aus finsterer Versunkenheit in ungeteilt geltende Aufmerksamkeit für sie zu verwandeln.
„
Friedrich, erzähl mir ein bisschen von deiner Mutter“, bettelte sie kokett.
„
Oh, ich hoffe, sie wird dir gefallen. Viele Menschen haben zunächst Respekt vor ihrem herrscherischen Wesen. Doch das sind ihre strengen religiösen Wurzeln. Ich wette, dir fällt es leicht dieses Eis zu brechen.“
„
Ich sollte vielleicht etwas Nettes zum Anziehen haben, wenn ich ihr vor die Augen trete, meinst du nicht, Friedrich?!“
Friedrich schaute sich verdutzt zu den zwei Wagen um, die neben ein paar Möbeln überwiegend mit Sophies Kleidungsstücken beladen waren.
„
Oh, das…!“, wollte Friedrich einsetzen. Doch Sophie wartete seine Ausführungen nicht ab.
„
Begleitest du mich zu den Händlern?“, fragte sie und ließ sich, ohne seine Antwort abzuwarten, an das Ende des Zuges zurückfallen.
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute Friedrich zu Cedric hinüber, der den Blick hilflos erwiderte. Dann wendete Friedrich Agravain und trottete seiner jungen Frau hinterher.
Am Abend erreichen sie Berghe. Obwohl sie Isenberghe in drei oder vier Stunden hätten erreichen