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die erfolgreiche Bekämpfung der Anopheles (Fiebermücken) diese Malaria-Anfälligkeit zumindest in den tropischen Küstengebieten praktisch gänzlich beseitigt hat, das mag gut möglich sein. Wahrscheinlich haben aber auch bessere Hygiene und Arzneimittel sowie Schutzimpfungen bei Seefahrern und Landmenschen, ganz abgesehen von der Modernität der heutigen Mannschaftsunterkünfte an Bord, die Geisel Malaria langsam zum Aussterben gebracht. In diesem Zusammenhang noch eine „Untat“ meinerseits auf dieser meiner ersten großen Reise. Unsere Malaria-Erkrankten wurden, wohl vorschriftsmäßig, sehr kurz in Aufnahme von Flüssigkeit gehalten. Der nächtliche Wachgänger-Flötentörn musste u. a. einmal stündlich nach den Kranken schauen, gegebenenfalls bei einer sichtbaren Verschlechterung im Zustand eines Kranken davon den Bordarzt unterrichten. Die Malaria selbst ist außer hohem Fieberbefalls des Opfers kaum ernstlich gefährlich. Aber etwaige Folgeerscheinungen, Komplikationen können es unter Umständen sein, z. B. das Schwarzwasserfieber mit seinerzeit oft oder meist tödlichem Ausgang dieses Leidens. Kurzum, ein ernstlich an Malaria erkrankter Leichtmatrose bittet mich auf einem meiner nächtlichen Inspektionsgänge um einen kühlen Schluck Wasser. Unwissend um etwaige Folgen und beseelt von kameradschaftlichem Mitgefühl bringe ich ihm das Verbotene. Am kommenden Morgen ist der Mann in bedenklicher Verfassung. Die Nachforschung der hohen Obrigkeit fördert mühelos mein unsinniges Tun zutage. Ich muss zum Kapitän, Mr. Small, um mir eine Riesenzigarre mit anschließender Gewissenswäsche und möglicher Verantwortlichkeit im hoffentlich nicht eintretenden Ernstfall abholen. Gottlob stand der Kranke sein Leiden durch, und ich war wieder einmal um eine Erfahrung reicher. Immerhin auch das wieder ein herrlicher Aspekt für meine Zukunft: Daheim fast ein zartes, wenn auch leichtes Mädchen zertrümmert, zumindest maßgeblich daran beteiligt, nun fast einem Kameraden, wenn auch in Unvernunft, den Weg in den Seemannshimmel geebnet, mein lieber Spitz, so kann es einfach nicht weitergehen. Viele Jahre später soll ich angeblich wiederum einen Mann abgesoffen haben, wenn auch nicht direkt durch Einfüllen von zuviel Flüssigkeit, aber auf meinen Wunsch hin stellte man ihm die Flaschen hin, woraus er sich selber im Übermaß bediente. Ich scheine wirklich nicht unter glücklichen Sternen ins irdische Jammertal gekommen zu sein. Meine Vorgesetzten auf GABOON haben mir im Übrigen diesen schlimmen Vorfall nicht weiter angekreidet, mir vielmehr bei Abmusterung in Hamburg gute Zeugnisnoten ausgestellt. Da mein Sampan kurz vor dem Weihnachtsfest in Hamburg eingetroffen war, fuhr ich für die Festtage zu den Eltern nach Ostpreußen. Diese wohnten jetzt nach dienstlicher Versetzung meines Vaters in Angerburg, einer Kleinstadt mit etwa 8.000 Einwohnern, etwa in der Mitte Ostpreußens gelegen. Angerburg galt im Volksmund als nördliche Eingangspforte zur Landschaft Masuren mit ihren 1.000 Seen diverser Größe, von denen der Mauersee dicht an der Stadt der zweitgrößte war. Angerburg hatte eine landschaftlich schöne Umgebung, war sonst eine wenig reizvolle Klein- und gleichzeitig Kreisstadt mit entsprechendem gesellschaftlichem Gepräge einer solchen. Wer bereits einmal einen Blick in die weite Welt getan hatte, dem konnte genannter Ort kaum imponieren, schon gar nicht jemandem ohne irgendwelche früheren Bindungen an das Städtchen und seine Bewohner. Außer der Freude des Wiedersehens mit den Meinen und gemeinsam verlebter Festtage gab es für mich also nichts, was mich zu einem längeren Verweilen in A. hätte einladen können. Vater und mein ebenfalls in Urlaub daheim weilender Bruder reichten mich wohl als weit gereisten Mann hier und da bei ihren Bekannten herum, aber mir kamen die Menschen dort unter dem bei mir nachhaltigen Eindruck der größeren, innerlich noch nicht verdauten Welt wie klein karierte Pfahlbürger vor, und die ostpreußische Landschaft schien mir trotz all ihrer Weite in ihrer nun im Winter auf den stillen Betrachter besonders intensiv ausstrahlenden melancholischen Stimmung eng und verlassen. Welche Bedeutung dieses Angerburg nebst Umwelt einmal in Zukunft für mich haben sollte, das wusste ich derzeit natürlich nicht. Mein Vater hätte es im Übrigen gern gesehen, wenn ich nach allen meinen in etwa acht Monaten „draußen“ gesammelten, eher negativen Erfahrungen mein ihm unbegreifliches Fernweh aufgesteckt und beruflich irgendetwas Handfestes in Angriff genommen hätte. Aber was konnte das bei immer höher steigender Arbeitslosenzahl im Deutschen Reich außer einem noch möglichen Studienbeginn denn sein? Alle Beamtenlaufbahnen standen fast einzig und allein den Versorgungsanwärtern von Reichswehr und Polizei offen, die damalige freie Wirtschaft der Weimarer Republik stagnierte, die Zahl der Konkurse in ihrem Bereich nahm rapide zu, die Weltwirtschaftskrise hatte ihre Geburtsstunde oder tat, anders gesagt, den sie einleitenden Paukenschlag.

      Leichtmatrose (OS) auf SS „POLZELLA“ alias „ESSEX COUNTY“

      Ergo schnürte ich gegen Ende Januar 1927 erneut mein Bündel‚ um wieder in die unbestimmbare Weite außerhalb der heimatlichen Grenzen zu ziehen. Das nächste Schiff ließ diesmal wider Erwarten nicht lange auf sich warten, Anfang März musterte ich in Hamburg als Leichtmatrose (OS) auf dem englischen SS „POLZELLA“, einem Trampschiff mit Heimathafen London an. Mit einiger Seefahrterfahrung wäre ich vermutlich von besagtem Pott nach kurzer Visite gleich wieder abgestiegen, aber damals fand ich wahrscheinlich sein verworfenes „Image“ geradezu erregend und eher unbekannte Abenteuer versprechend, als ein „Linienreiter“. Tatsächlich war POLZELLA, im nachhinein gesehen mein erbärmlichster See-Untersatz, hässlich, heruntergewirtschaftet, unhygienisch, verbaut, unkomfortabel sogar nach damaligen humangültigen Gesichtspunkten und Normen, sie bewegte sich außerdem wie eine Laus vorwärts, bzw. ihre Maschine hatte hochgradiges Asthma. Dass ihr Unterleib hernach im einzig angelaufenen Ladehafen Bahia Blanca / Argentinien à cto mehrwöchiger Warte-Ankerzeit mit Bewuchs gänzlich verkrautete, war zweifellos weder ein ihr zusätzlich anzulastender Schönheitsfehler, noch ein angeborenes Gebrechen, aber es ließ wiederum ihren Laufschritt noch kürzer als zuvor werden und ihre Gangart der einer Raupe gleichen. Trotz aller Mängel konnte man dieses Zerrbild von Schiff vielleicht noch gerade für ein Butterbrot an einen neuen Eigentümer verkaufen und die Mannschaft sozusagen gratis dazu‚ wir gingen jedenfalls unter dem Namen POLZELLA nur von Hamburg nach North Shields, nahmen dort als Ballast Kohlen in Luk 3, 4 und auf Deck und erhielten für unseren Wellenreiter den neuen stolzen Namen „ESSEX COUNTY“. Aber damit wurde ja der Kahn nicht besser als zuvor, noch weniger und karger vielmehr das, was man allgemein unter dem Begriff der Beköstigung von Seeleuten versteht, und die war an sich schon damals auf Engländern ein Kreuzworträtsel. Im Übrigen fuhren unter der neuen Reedereiflagge bei 32 Köpfen Besatzung Vertreter von 17 Nationen mit einziger Verständigungsmöglichkeit im Englischen, ganz abgesehen von den diversen Nationalitäten der ebenfalls, seit längerer Zeit vermutlich, eingeschifften unzählbaren Ratten. In welchem Kauderwelsch sich letztere untereinander verständigten, kann ich nicht sagen, ich weiß nur, dass diese mehr oder weniger geschätzten Nager an Bord nach Sonnenuntergang überall und nirgendwo präsent waren und das Rattenfangen während der ganzen Folgezeit der Mannschaft liebste Freizeitbeschäftigung blieb. Aber irgendwie lässt es sich ja auch mit Ratten zusammen leben, denn anders hätte ich wohl nicht mehr meine Weisheiten der Nachwelt überliefern können. Wirkliche Angst vor den Ratten hatten wahrscheinlich nur unsere drei Bordkatzen und vielleicht, aber nur vielleicht, der Terrier, ein Produkt aus einer Unzahl von Kreuzungen, den der dänische Bootsmann von seinem letzten Hamburger Landgang mit an Bord brachte in der edlen Absicht, das Selbstbewusstsein der vom Arbeitsstress geplagten Katzen durch den vermutlich zu erwartenden Tatendrang dieses Köters wieder auf Vordermann zu bringen. Immerhin waren wir Mannen der ESSEX COUNTY einsichtig genug, die Überforderung unserer echten Haustiere einerseits anzuerkennen, den Vielbeschäftigten andererseits von uns aus volle Unterstützung mit ausgeklügelten Jagdprogrammen zu geben. Ratten von beachtlicher Größe und in heller Überzahl können durchaus, einmal in die Enge getrieben, ernsthafte Gegner auch für den Menschen sein. Unsere figürlich zierlichen Katzen, wahrscheinlich „made in Italy“, wussten längst, was eine Konfrontation mit den frechen, gewieften Nagern heißt, nachts krochen sie daher lieber unter die Bettdecken der ruhenden sailors - und sahen und hörten nichts. Der Terrier, soweit er diese Bezeichnung überhaupt verdiente, blieb an Deck. Im Laufe der Zeit stank er nämlich wie ein Skunk, und angesichts des üblichen undefinierbaren Miefs in einem Massenlogis verzichtete jeder auf eine weitere Duftkomponente im Raum. Wir in Rauheit geschulten Seemänner waren im Übrigen im Umgang mit den Ratten auch nicht gerade zart. Die in Fallen gefangenen Viecher wurden zur Abschreckung ihrer Artgenossen mit Petroleum übergossen und verbrannt, die Kadaver dann ihren Brüdern und Schwestern zum Begräbnis überantwortet. Das soll angeblich die beste Abwehrmethode sein, sie soll sogar Ratten zum Verlassen ihrer

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