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Marion stellte sich ans Fenster, blickte hinaus auf die Wiese und dachte zunächst erst einmal nach.

       »Ich habe heute den Test gemacht, hatte ihn mir vorsichtshalber in Deutschland schon einmal besorgt. Irgendwie kam mir mein Körper verändert vor und das Ausbleiben der Regel, nachdem die letzte Periode davor sehr abgeschwächt war, stimmte mich nachdenklich.«

       Karsten verstand nicht viel von solchen Dingen und darum nickte er auch nur.

       »Ich habe mir einen Termin für nächste Woche zur Untersuchung in Heilbronn geben lassen. Dann wird es einen Ultraschall geben und der genaue Geburtstermin kann so errechnet werden. Mein Zyklus war in den letzten Monaten etwas durcheinander. Ich hatte es auf die Aufregung der bevorstehenden Reise geschoben.«

       Ihre Worte wirkten auf sie selbst nicht überzeugend, doch spürte Karsten nichts davon. Für ihn hörte sich das alles plausibel an. Sie aber war völlig verunsichert und konnte sich ihren Zustand noch nicht erklären. Ein einziges Mal mit Karsten hatte solche Folgen? Da hegte sie den gleichen Gedanken wie er, denn als er telefonisch davon erfuhr, schien es ihm auch absolut irreal.

       »Lass uns noch wenige Tage hier am See verbringen, damit Finn noch etwas Spaß hat. Dann fliegen wir wie geplant in vier Tagen zurück.«

       Nüchtern hatte Karsten diesen Vorschlag unterbreitet, ehe seine Ehefrau auf die Idee kam, vorzeitig abzureisen.

       Sie war damit einverstanden und so konnten sie die Zeit nutzen, um sich ein wenig zu erden und vielleicht bei einigen Spaziergängen in Ruhe über ihre Zukunft zu sprechen.

       Gemeinsam gingen sie in die Küche, um das Essen vorzubereiten. Stillschweigend arbeiteten sie Hand in Hand. Ihre Köpfe waren nach einem langen ausführlichen Gespräch nun gefüllt genug und das musste erst einmal sacken.

       Es war aber auch der Moment nun gekommen, dass Karstens Gedanken wieder abschweiften und zwar in Richtung Britt. Er vermutete, dass sie Hals über Kopf nach Deutschland zurückreiste um allem hier aus dem Wege zu gehen.

       Hatte sie ihm nicht am Stein gesagt, dass er nun in sein Leben zurückgehen sollte und dass es zwischen ihnen nun keinerlei Kontakt mehr geben würde?

       Er sah es ein, denn jegliche Berührungspunkte würden ständig diese Wunde aufreißen und sie zurückkatapultieren in ihre Gefühlswelt zueinander. Zudem wäre es nicht gut, denn er musste all seine Kraft aufbringen, um nun für seine größer werdende Familie da zu sein.

       Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, surrte sein Handy.

       Erschrocken griff er zur Hosentasche und nahm etwas zittrig das Gerät aus dieser. Noch bevor er die hereingekommene Nachricht gelesen hatte, erkannte er bereits, dass Britt ihm eine SMS gesendet hatte.

       Unsicher schaute er Marion an, die das Surren auch gehört hatte. Sie gab ihm ein Zeichen, dass er ruhig gehen solle, denn sie konnte sich bereits denken, dass Britt etwas geschrieben hatte.

       Ihr war nach wie vor klar, dass sie sich in dieser Hinsicht nichts vormachen dürfte. Von der Entwicklung, dass sich beide wieder aus Vernunftgründen getrennt hatten, ahnte sie nichts. Auch wenn Karsten ihr eben im Gespräch mehrmals versucht hatte zu erklären, dass er nun ausschließlich für seine Familie da sein würde, so hatte sie genug Einfühlungsvermögen, kannte sich selbst zu genüge, wenn Sehnsucht nach einem anderen Menschen mit ins Spiel kam.

       Dankbar für ihr Verständnis ging Karsten wieder in den Wintergarten und setzte sich ans Fenster. Es tat ihm gut nun mit sich und diesen Worten, die er gleich von Britt lesen würde, alleine zu sein.

       Ehrlich gesagt, hatte er nicht mehr damit gerechnet, dass sie sich noch einmal bei ihm melden würde. So atmete er tief durch und öffnete schon etwas hoffnungsvoll ihre Nachricht.

       Mehrmals las er diese SMS und jedes Wort von ihr wirkte wie ein Peitschenhieb auf seinem Haupt. Betroffen schüttelte er immer wieder mit dem Kopf, denn er hatte insgeheim eigentlich damit gerechnet, dass er irgendwo zwischen ihren Zeilen erlesen konnte, dass es nicht zu Ende war.

       Doch wäre nicht genau solch eine Reaktion ihrerseits fatal gewesen und sie würde wieder nur die Geliebtenrolle bekleiden?Für ihn stand fest, dass er ihr das niemals mehr antun wollte.

       Marion wunderte sich nicht darüber, dass Karsten nicht mehr in die Küche zurückkehrte und sie mochte auch nicht nachschauen, wie es ihm ergangen war. Sie wusste es auch so.

       Karsten hatte das Handy ausgeschaltet und verließ innerlich erfroren das Haus. An die Küchenarbeit dachte er nicht mehr, sondern einfach nur daran, dass er Abstand benötigte.

       So ging er in den Garten und schaute sich gedankenverloren um. Er sah uns alle noch auf der Wiese stehen und machte direkt kehrt, denn eine erneute Auseinandersetzung mit Lars würde jetzt seine Kräfte übersteigen.

       Er hatte seinen Kampfgeist verloren und auch den höllischen Spaß, wenn sie sich in den letzten Monaten in die Haare bekommen und dieses dann sehr übertrieben ausgenutzt hatten, um sich gegenseitig den Garaus zu machen. Eilig verließ er den Garten.

       Verdammt noch mal, schoss ihm in den Sinn. Egal wohin ich jetzt hier gehe, alles erinnert mich an Britt. Das halte ich echt nicht aus. Sie hat das Richtige getan, weg, weit weg von all diesen Erinnerungen. Tief in Gedanken lief er ohne Ziel los.

      Sven

       Sven besann sich langsam, dass es keinen Sinn mehr machen würde, weiter Luftlöcher in Richtung Allee zu starren.

       So drehte er sich herum und sah mir ins Gesicht. Nichtssagend - und doch erkannte ich seine Gedankengänge. Mir konnte er nichts vormachen und das schien er auch zu bemerken.

       Was mir nicht gefiel war, dass Ava wortlos auf ihrem Absatz kehrt gemacht hatte und in Richtung See gegangen war.

       Doch wer war ich, dass man mich fragen würde, was ich dachte?

       Ich denke, dass mittlerweile selbst der Letzte hier in dieser Truppe meine Intuition erkannt hatte, und darum meine Meinung tunlichst umschiffte, weil das der einfachere Weg war, als mit einer Selbstkonfrontation umgehen zu müssen.

       Hätte man mich nicht gebeten, über all den Wahnsinn der letzten Monate zu berichten, hätte ich mich bestimmt nicht mit all diesen Charakterköpfen auseinandergesetzt und würde auch nicht wissen, wer wie tickt.

       Doch nun war es eben so. Ich schaute mir die Leute an und schon wusste ich, wohin die Reise ging.

       Ich bewunderte mich nicht um meine Fähigkeit, im Gegenteil. Mir wäre lieber, ich wäre nicht der große Hellseher, der das Schiff schon sinken sah, bevor es aus dem Hafen ausgelaufen war.

       Sven stand also vor mir und erwartete er jetzt von mir eine Antwort oder einen Routenplan für weiteres Vorgehen?

       »Ich weiß es nicht Sven. Nein ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist. Doch eines kann ich dir mit Gewissheit sagen, ich bin außen vor. Meine Aufgabe besteht nur noch darin, dass ich den Mittsommerroman schreiben werde. Das war Britts Wunsch und den werde ich ihr erfüllen.«

       »Klasse Hanna, das wird ein toller Roman mit einem echt schönen Ende. Wäre da nicht ein Happyend für dich angenehmer?

       In diesem Buch wird dein letzter Blick auf ein wegfahrendes Auto, welches mächtig Staub aufwirbelt, gerichtet sein. Eine Frau, die alles hinter sich lässt, uns zurücklässt und niemand weiß, wohin es sie treiben wird.«

       Etwas belustigt schaute ich mir diesen schwedischen Gott, wie Flo ihn immer genannt hatte, an und grinste sogar.

       »Wenn ich dich so ansehe wirkst du auf mich ganz so, als hätte sie dich gerade verlassen. Kann es sein, wenn ich einmal so direkt sein darf, dass du mit Britt am Stein ein Zusammentreffen der besonderen Art hattest?«

       Meine Blicke durchbohrten ihn und er musste dieses fühlen, denn sie drangen bis in seine letzte Zelle ein.

       Ich war zudem bekannt dafür, dass ich immer alles bis auf den Grund analysierte.

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