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Dieses Schicksal hatte ein Gesicht, beziehungsweise es hatte eine Stimme und die musste ausgerechnet meine sein.

       Ich, die Hiobsbotschaftsüberbringerin, ich, die den schönsten Moment der Beiden nach langen Monaten des harten Kampfes um ihre Liebe, schieße genau in dieser Sekunde mit meinem Telefonat dazwischen.

       Ja, ich wollte nur warnen bevor sich die Beiden vollends ineinander verloren, doch es war bereits geschehen.

       Meine Nachricht sollte Britt genau davon abhalten, denn mir war klar, wenn sie die neueste Entwicklung erfahren würde, bricht alles in ihr zusammen.

       Nichtsahnend wieweit die Unglücklichen fortgeschritten waren, berichtete ich ihr, dass Flo, nein also dass Marion guter Hoffnung sei.

       Ich habe nie so gelitten wie in dem Moment, nachdem ich es ausgesprochen hatte, denn ich spürte direkt - es war zu spät.

       Es war der Klassiker eines Liebesfilms schlechthin. Ein Schlag ins Gesicht war ein Nichts dagegen.

       Innerhalb der nächsten Stunde geschah dann Folgendes - Karsten kam gesenkten Hauptes zurück, registrierte mich nicht und war direkt ins Haus zu seiner Frau gegangen.

       Ich hatte danach einen Gesandten geschickt, Sven, Britts große Jugendliebe, um sie zu holen. Nur er war der Mensch, den sie jetzt um sich ertragen würde. Das spürte ich einfach.

       Er hatte sie kurz darauf zurückgebracht. Beide schweigend, doch in Svens Gesicht erkannte ich etwas, was mich beunruhigte und mich immer noch beunruhigt.

       Meine Idee gerade ihn zu schicken, fand ich nicht mehr gut, denn auch da spürte ich jetzt eine Entwicklung, die vernichtend werden könnte für ihn, aber auch für Ava, seine Partnerin.

       Britt war in das andere der beiden Häuser geeilt und wir ließen sie gewähren.

       Keine Geste und kein Wort unsererseits würden sie jetzt trösten. Es war der Moment gekommen, an dem ich wie erstarrt dastand und regungslos dem immer kleiner werdenden Punkt nachschaute.

       Es war aber auch der Moment, in dem ich Sven kurz fest an den Oberarm packte und ihm mit Augenkontakt vermittelte, sie fahren zu lassen.

       Ja, ich hatte seine Aufdemsprungstellung bemerkt, doch was hätte er retten können, wenn er ihr mit dem anderen Auto gefolgt wäre? Nichts, rein gar nichts.

       Zum Glück sah er es ein und wir beide schauten weiter kollektiv zur Allee und niemand von den anderen bemerkte es in der eigenen wohlverdienten Freude hier in diesem Garten am See.

       Sven und ich glaubten uns alleine in diesem Schmerz, doch es gab noch jemanden, der still am Fenster gestanden hatte und dem sich weiter entfernenden Auto entsetzt hinterherschaute.

       Flo, nein Karsten, einen Flo, den gab es nun nicht mehr.

       Ein Karsten würde nun seinen Weg in das Zimmer seiner Frau antreten und somit auch den Weg zurück in sein bisheriges Leben.

      Britt

       Tränen in ihren Augen verschleierten den Blick und es fiel ihr schwer das Fahrzeug zu lenken und nicht vom Weg abzukommen.

       Kein klarer Gedanke war mehr möglich, denn das, was sie heute erlebt hatte, überschritt eine Schmerzgrenze, welche sie mit Wucht ins Abseits katapultiert hatte.

       Nach einem fast hoffnungslosen Kampf, der am Ende für nur eine einzige Minute ein erfüllendes Gefühl bereitgehalten hatte, war alles innerhalb Sekunden wieder zerstört worden.

       Sie musste fort – weg - weit weg von allem und so war sie ins Haus gerannt, hatte ihre sieben Sachen gepackt und war ohne ein Wort des Abschieds davongelaufen.

       Den Wagen lenkte sie durch die staubige Allee und im Rückspiegel sah sie mich noch schemenhaft, mich, ihre beste Freundin Hanna und Sven, ihre große Jugendliebe.

       Empathisch wie sie war, spürte sie den Schock, den auch wir erlitten hatten und sie sah, dass wir bewegungslos ihrem Fahrzeug hinterherstarrten.

       Planlos schlug sie den Weg zunächst nach Gustavsberg ein und fuhr anschließend viel zu schnell wie ferngelenkt in Richtung Stockholm.

       Einfach nur noch nach Hause, nach Deutschland, nach Wesel, zurück in ihr Haus.

       In ihrem Kopf hämmerte es als würde sie sich mitten in einem Paukenkonzert befinden.

       Ihre maßlose Enttäuschung darüber, dass Flo trotz der tiefen Liebe zu ihr, zeitgleich auch mit seiner Frau seinen ehelichen Pflichten nachgegangen war, hatte sie so schockiert, dass sie selbst jetzt noch kaum atmen konnte.

       Ja, natürlich hatte er sich damals von ihr zurückgezogen.

       Vermutlich war er genau in der Zeit erst wieder aufbauend in seiner Ehe gewesen und außerdem stellte sich hier eine weitere andere Situation, als nur primär die ihrer Enttäuschung, dar.

       Jöran - denn auch sie war eine feste neue Beziehung eingegangen mit einem anderen Mann. Heiraten wollte sie, ihren Weg mit ihm gemeinsam gehen. Es gab in ihrem Leben keinen Flo mehr. Hatte sie dieses wohlweißlich vergessen jetzt in ihrem Schmerz?

       Also standen sich beide in Nichts nach, sondern es hatte einen gleichberechtigten Neuanfang auf beiden Seiten gegeben.

       Langsam sortierten sich ihre Gedanken und als sie an diesem Punkt angekommen war, bekam ihr Schmerz eine ganz andere Facette.

       Hatte der Mut, nun miteinander leben zu wollen, endlich die Oberhand bekommen, da schlug ihnen genau in diesem Moment das Schicksal mit Wucht die Türe vor der Nase zu. Und das endgültig.

       Das war nun ihre Aufgabe, die sie zu bewältigen hatte. Diese Akzeptanz, dieses zu erkennen, dass es keinen Weg zu ihm zurückgeben würde.

       Von weitem sah sie bereits den Flughafen und sie lenkte das Fahrzeug zur Autovermietung. Kurze Zeit später gab sie am Schalter die Fahrzeugpapiere und den Schlüssel ab. Sie sprach die Bitte aus, Frau Hanna Lindqvist-Sörensson anzurufen, sie zu bitten, das Fahrzeug wieder abzuholen. Dazu gab sie meine Anschrift unseres Ferienhauses an, damit der Datenabgleich auch stimmig war.

       Als dieses alles erledigt war, drehte sie sich herum damit sie eilig zum Terminal kam, um sich den nächsten Flug nach Düsseldorf zu sichern.

       »Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie so einfach anspreche,«, meinte ein Herr, der schon eine Weile hinter ihr am Schalter gestanden hatte.

       Erstaunt sah Britt den Unbekannten an, nichts ahnend, welches denn sein Anliegen war.

       »Zunächst möchte ich mich kurz vorstellen.« Ganz old school kam er ihr vor, so vornehm und elegant aussehend, ebenso aber auch seine Aus-drucksweise.

       Vom Alter her schätzte sie ihn auf Anfang vierzig und darum verwunderte sie sein Auftritt noch mehr.

       »Christian van Steenfelde ist mein werter Name.«

       Ach du liebe Güte, zuckte sie irgendwie zusammen, was mag er nur von mir wollen? Ob dieses eine Masche war, eine Frau kennenlernen zu wollen?

       Britt war mittlerweile äußerst voreingenommen Fremden gegenüber, was mich natürlich nicht wunderte, bei dem, was sie so alles erlebt hatte in den letzten Monaten.

       Zudem passte es gar nicht in diesem Moment, nicht nur zeitlich gesehen, dringend einen Flug zu buchen, sondern sie war einfach nicht in der Verfassung eine Kommunikation zu führen. Erst recht nicht mit solch einem komischen van… soundso.

       Trotzdem gebot es ihre Erziehung, kurz zuzuhören, welches Anliegen er denn hatte.

       Je mehr sie seinen Worten, die nun folgten, lauschte, desto mehr schüttelte sie den Kopf.

       »Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, doch zufällig stand ich hinter Ihnen hier am Schalter der Autovermietung. Diese Adresse, die Sie da gerade genannt haben, kommen Sie zufällig auch von dort?«

       «Ich wüsste jetzt nicht, was Sie das angeht,« , etwas zu patzig

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