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Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel
Читать онлайн.Название Traum oder wahres Leben
Год выпуска 0
isbn 9783738079319
Автор произведения Joachim R. Steudel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Ja, woher weißt du das?«
Sie schüttelte den Kopf, verschwendete aber keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken.
»Ich habe keine Ahnung. Ich weiß es einfach.«
Nachdem sie auch ihre Tasse bis zum Rand gefüllt hatte, setzte sie sich und sah sinnend auf den Tisch.
»Mir ist, als wäre es schon immer so gewesen. Als hätte ich schon über viele Jahre deine Gewohnheiten studiert. Ich war mir sicher, dass ein solches gemeinsames Frühstück, einer deiner größten Wünsche ist.«
Günter nahm ihr gegenüber Platz und suchte den Blickkontakt. Er wollte in ihren Augen sehen, ob sie die Wahrheit sprach oder nur gut geraten hatte. Sarah wich ihm nicht aus, und es erschien Günter, als hätte er diese Augen noch niemals gesehen. Sie wirkten unergründlich tief und erzeugten eine gewisse Beklemmung bei ihm. Er zuckte zusammen und dachte: fast wie die Augen Kazukos. Beschämt senkte Günter seine Lider, denn er war versucht, in ihre Gedanken einzudringen.
War das noch dieselbe Frau, die er vor wenigen Tagen mit Selbstmordgedanken getroffen hatte? Es schien kaum möglich, denn ihm gegenüber saß eine selbstbewusste Persönlichkeit, und er konnte ihre kraftvolle Aura sehen. Sein Blick wanderte über den Tisch und blieb an der Kerze hängen. Die kleine Flamme zauberte wieder ein Lächeln auf sein Gesicht, und kurz bevor die eingetretene Stille die Stimmung zerstörte, griff er zu einem Brötchen und sagte:
»Du hast recht, ein solches Frühstück habe ich schon lange vermisst. Wenn man allein ist, fällt es oft sehr spartanisch aus, und trübsinnige Gedanken gewinnen schnell die Oberhand.«
Beim Essen sprachen sie nur über belanglose Dinge. Sarah entschuldigte sich, weil sie in seinen Schränken nach Geschirr und anderem gesucht hatte, doch Günter winkte nur ab und erkundigte sich, bei welchem Bäcker sie gewesen sei. Bei der Erörterung solcher alltäglichen Themen langten beide kräftig zu. Doch als sie gesättigt waren und sich mit frisch gefüllten Kaffeetassen gegenübersaßen, suchte Günter wieder den Blickkontakt.
»Warum hast du mir verschwiegen, dass du Tai-Chi beherrschst?«
Sarah lachte leise auf, schlürfte, ohne den Blick zu lösen, an ihrem heißen Kaffee und antwortete:
»Zum einen habe ich bei unserem bisherigen Zusammensein noch nicht viel sagen können, denn ich wollte in deine Geschichte eintauchen. Und zum anderen wusste ich es bis zum heutigen Morgen auch noch nicht.«
Mit ungläubigem Blick lehnte er sich, die Tasse in der Hand, zurück. Er hatte keinen Grund, an der Wahrheit ihrer Worte zu zweifeln, und doch erschienen sie ihm kaum glaubhaft.
»Das sah aber anders aus. Die Grundlagen sind da, nur eine gute Anleitung scheint dir zu fehlen. Dennoch waren die Bewegungen gut mit der Atmung koordiniert. Auch die Abläufe waren wie die meinen, exakt so ...«
Günter verschüttete fast den Kaffee bei dem Gedanken, der ihm eben gekommen war. Zum zweiten Mal an diesem Tag blickte er die junge Frau mit ungläubigem Staunen an. Sie schien seine Gedanken zu erraten, denn sie sagte:
»Ja, ich denke auch, dass du mir beim Erzählen deiner Geschichte mehr von dir gegeben hast, als dir bewusst war. Nachdem ich die Frühstücksvorbereitungen abgeschlossen hatte, wollte ich mich im Garten in die Sonne setzen und auf dich warten. Doch ich hatte das Gefühl, dass etwas fehlt zum Start in den Tag, und ohne darüber nachzudenken, begann ich mit den Übungen. Ich konnte mich fallen lassen, und alles ging wie von allein. Bis du kamst und mir bewusst wurde, was ich tat.«
Nachdenklich nahm Günter einen großen Schluck aus der Tasse.
»Konntest du eben meine Gedanken lesen?«, fragte er mit einem Stirnrunzeln.
»Nein, jedenfalls nicht bewusst. Ich hatte nur irgendwie den Eindruck, dass du genau das dachtest.«
Sie horchte in sich hinein und sagte zögernd:
»Aber vielleicht könnte ich es, wenn ich wollte ... Doch will ich das wirklich?«
Sinnend sahen sie sich an, und Günter wollte eben eine weitere Frage stellen, als das Telefon sich meldete. Unwillig wendete er den Kopf, doch erst beim dritten Klingeln erhob er sich.
»Entschuldige bitte. Ich werde seit einiger Zeit sehr selten angerufen und wenn doch, ist es meist wichtig.«
Nachdem er sich mit knappen Worten gemeldet hatte, lauschte er gespannt seinem Gesprächspartner. Sarah konnte dessen aufgeregte Stimme hören, verstand aber kein Wort. Günters Züge veränderten sich. Er wirkte betroffen, fast bestürzt und antworte in Arabisch. Sarah konnte den Blick nicht von ihm wenden. Dieser Mann offenbarte immer mehr Geheimnisse, und die wollte sie auf jeden Fall ergründen. Verschwommene Bilder nahmen in ihrem Geist Gestalt an. Beruhten sie auf einem unerklärlichen Wissen, oder waren es Produkte ihrer Fantasie?
Nach einiger Zeit beendete Günter das Gespräch und sinnend starrte er an die Wand. Doch das währte nur kurz. Er wählte aus dem Kopf eine endlos erscheinende Nummer und begann ungeduldig hin und her zu laufen. Nach dem Zustandekommen der Verbindung blieb er mit dem Gesicht zur Terrasse stehen. Eine hitzige, in Arabisch geführte Debatte, folgte. Als er etwas ruhiger wurde und sich umdrehte, fiel sein Blick auf Sarah. Günter stockte kurz, drehte sich wieder um und schloss das Gespräch mit wenigen Sätzen ab.
Nachdem er den Hörer auf die Basisstation gelegt hatte, strich er sich mit der Hand übers Gesicht und wandte sich an Sarah:
»Es tut mir leid, ich hatte dich für einen Moment völlig vergessen.«
Weil Sarah bemerkte, dass sie ihn immer noch wie ein Wundertier anstarrte, senkte sie beschämt den Blick. »Schon in Ordnung. Das Gespräch schien ja wirklich wichtig gewesen zu sein.«
»Ja, für mich war die Information sehr wichtig und deshalb muss ich auch so schnell wie möglich nach Ägypten.«
Sarah riss die Augen auf.
»Du willst fort? Jetzt, aber warum? Ich muss doch noch so vieles wissen, ich …«
Günter konnte die Bestürzung in ihren Augen erkennen, auch er fühlte sich bei dem Gedanken nicht wohl, den Kontakt für unbestimmte Zeit abzubrechen. Doch schnell hatte er eine Lösung gefunden.
»Hast du für die nächsten Wochen irgendwelche Verpflichtungen?«
»Nein, meine«, sie suchte nach dem richtigen Wort, »Arbeit erfolgte auf Honorarbasis, und ich habe seit