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Wenn die Nacht wach ist. Ana Catarina Lopes
Читать онлайн.Название Wenn die Nacht wach ist
Год выпуска 0
isbn 9783748591801
Автор произведения Ana Catarina Lopes
Жанр Языкознание
Серия Nachtreihe
Издательство Bookwire
In meinem Kopf macht es tatsächlich Klick, als ob die Puzzleteile plötzlich ein Ganzes ergeben, oder als ob ein Licht über meinen Kopf angegangen wäre. So wie bei den Cartoons. Und ich kann mich nicht einmal bewegen. Er muss es mir ansehen, denn er lächelt mich an warmherzig an. Jay, mein bester Freund, ist ein Nachtschatten! Konnte dieser Gedanke mal ganz kurz einrasten? Ich hätte nie gedacht, ihn jemals hier in der Schattenwelt zu sehen. Ok, seine wir mal ehrlich, ich hätte mich hier in dieser Situation auch selbst nicht vorstellen können, geschweige denn ihn jemals als Schattenwesen zu wissen.
Wie hatte er es nur all die Jahre geschafft unbemerkt etwas anderes zu sein als menschlich und wie hatte ich es bloß versäumt es zu erkennen! War die rosarote Brille dann doch stärker? Oder ich musste ernsthaft dumm sein! Ok. Ich bin ja nur siebzehn in diesem Leben. Zeit für Fehler sind ok. Diese Unwissenheit kann ich mir selbst nicht einmal verzeihen. Wie? War? Das? Möglich?
Jay löst sich von der Steinmauer und kommt langsam auf mich zu, verbeugt sich vor mir wie bei einer Königin. Ich weiß nicht was das gerade sein soll und lege in guter Manier meinen Kopf schräg, während ich ihn anschaue.
>>Hallo Mandy. << Er erhebt sich und lächelt mich dabei an. >>Ich versuche mal deine Frage zu beantworten. Es ist ja nicht so, dass du nicht bereits dahintergekommen bist. <<, grinst er mich an. >>Also ja, ich bin ein Vampir. << Sein Gesicht nimmt nun einen strengen Ausdruck an, während er mir fest in die Augen sieht. >>Du bist nicht dumm! Wage es ja nie wieder, nicht einmal für eine Sekunde, zu glauben, dass du dumm sein könntest! Du hast es bisher nicht herausgefunden, weil ich sehr gründlich und aufmerksam gewesen bin. Ich wollte nicht, dass du erfährst, was ich bin. << Er zieht mich in seine Arme. >>Du wärst mit diesem Wissen nur noch mehr in Gefahr als du es bisher warst. Aber jetzt, sagen wir mal so, müssen wir uns etwas genauer, und zwar unter vier Augen unterhalten, damit ich dir etwas beichten kann. <<
Was muss er mir den jetzt noch beichten? Ich verstand erst nicht, was er damit meinte bis ich mich umsehe und erkennen muss, dass sowohl Lessa als auch Simonius immer noch in unserer Nähe sind und gebannt jedes Wort von uns verschlingen. Bei Lessa habe ich eher das Gefühl, dass sie nicht nur Jays Worte verschlingt. Dieses kleine Mädchen hat es echt faustdick hinter den Ohren. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihre Mutter sie ständig beaufsichtigen muss. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, will sie ihm die Kleider vom Leib reißen und dass obwohl sie ganz bestimmt nicht in dem Alter ist. Waren Meerjungfrauen nicht auch Sirenen? Ich sollte mich vielleicht in nächster Zeit schlauer machen. Immerhin könnte hier eine Konkurrentin zum Ausstechen bestehen… Nicht, dass ich darüber nachdenken müsste. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum.
>>Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen! Ich gehöre bereits dir! << Hat er das gerade laut gesagt? Ok! Was habe ich hier gerade verpasst? Irgendwas stimmt hier doch ganz und gar nicht. Habe ich vielleicht meine Gedanken laut gesagt? Oh, bitte nicht. Die Röte steigt mir bereits ins Gesicht und obwohl ich nicht leicht ersichtlich rot werde, merke ich, dass man mir gleich meine Verlegenheit ansehen wird. Ich bin mir doch sicher, dass ich meine Gedanken gar nicht laut ausgesprochen habe und vorhin hatte ich auch nicht laut gefragt und dennoch hatte mir Jay geantwortet. MOMENT! Ich drehe mich wütend zu ihm hin.
>>Du hörst meine Gedanken?!!!!! <<
Jay lächelt nicht verlegen, nickt mir zu und zeigt, dass meine Vermutung stimmt.
>>OK! Nein! Nein und nochmal nein, mein Freundchen! Das ist alles nicht OK!!!<< Dabei blicke ich ihn finster an.
Mandy Schöne! Du hast dir ab sofort deine Gedanken so zu ordnen, dass Jay das nicht mehr mitbekommt! Jetzt rede ich schon in der dritten Person mit mir selbst. Die Stufen zum Verrücktsein stehen immer höher. Ich versuche mir selbst zu helfen, aber das scheint alles für die Katz zu sein, denn jetzt lacht mich Jay definitiv aus und das auch noch aus vollem Halse! So das ganze Programm, weil er sich dabei auch noch sein Bauch halten muss. Ja, das ist wohl ein Auslachen.
Das reicht, also drehe ich mich zur Menge, die nicht mehr nur aus Simonius und Lessa besteht. >>Also Leute, die Show ist vorbei. << Und scheuche sie mit meinen Händen weg, doch Simonius und Lessa bleiben trotzdem noch stehen. Also richte ich mich an Simonius. >>Danke Simonius, ich komme nun alleine klar. Und Lessa? << Dabei blicke ich sie an. >>Hast du vielleicht nicht etwas Besseres zu tun? <<
Sie schnaubt. >>Als eurem „nichtexistierenden“ Gespräch<< Sie macht tatsächlich Anführungszeichen in der Luft. >>der teilweise mental durchgeführt wird? Wohlgemerkt, nachdem klargestellt ist, dass du die Seherin dieser Burg bist? Eigentlich schon. Ich könnte mit der Wasserversorgung oder in der Küche helfen, aber das hier ist um ein Vielfaches spannender! << Sie grinst mich unschuldig an und Simonius hatte sich bereits aus dem Staub gemacht. Was mache ich jetzt mit diesem kleinen viel zu neugierigem Mädchen? Habe ich jetzt wirklich auch noch Lessa zusätzlich am Hals? Ich schüttle nur den Kopf. Ich weiß nicht, was ich tun soll, bis Jay mit seiner neunmalklugen Antwort parat kommt.
>>Doch nicht am Hals, Liebes! An der Backe eher! << Das ist also die Stimme aus dem Off, die auch eher als Jay Morgen bekannt ist.
>>Danke vielmals für deine Hilfe! Erkennst du nicht, dass wir so unser Gespräch nicht abhaken können? Oder willst du gar nicht mehr mit mir reden? << Ich kann auch zuckersüß.
>>Doch! Ich finde es süß, wie du es versuchst, aber immer noch zu gütig bist. << Damit geht Jay auf Lessa zu und kniet sich vor ihr nieder, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein >>Lessa du weißt, dass du wie jeder andere hier Rechte und Pflichten hast und auch was passiert, wenn du eine deiner Pflichten vernachlässigst, richtig? <<
>>Ja, aber… << Sie zieht einen Schmollmund, der sie nur noch niedlicher macht.
>>Kein Aber! Was würde dir deine Mutter dazu sagen? Du bist doch bestimmt erst fünfzig Jahre alt. << Was?
>>Einundfünfzig seit einer Woche! << Meine Augen werden kugelrund nach Lessas Aussage voller Stolz. WTF! Wie bitte? Sie soll einundfünfzig Jahre alt sein?! Das kann nicht sein, dann müsste ich ein Besen auffressen!
Jay bedenkt mich kurz mit einem komischen Blick und versucht einen Lacher durch ein Husten zu verschleiern, darin ist er aber nicht so gut, bevor er sich wieder Lessa zuwendet. Einen Blick nach dem Motto: Glaub mir oder nicht, du wirst es noch sehen! Ich kenne diesen Blick. Er setzte ihn immer wieder ein, wenn ich im Universitätslabor annehme es werde ein ganz bestimmtes Ergebnis herauskommen und er mir bereits im Voraus gesagt, dass meine Annahme so was von falsch ist. Als Belohnung dafür, dass er Recht hatte, holte er sich immer einen Kuss von mir ab. Diese blieben nur nie harmlos, sondern wandelten sich in etwas Leidenschaftliches. Es ging jedoch nie weiter als das.
>>Ja, gut. Ich gehe ja schon. Mandy dürfen wir uns trotzdem immer noch duzen? << Der hoffnungsvolle Blick spricht Bände.
>>Ja, natürlich! << Ich lächle sie an.
>>Jupi!!!<< Sie springt einmal mit der Faust in die Luft und rennt auch schon davon. Ich blicke ihr nach. Wie um alles in der Welt sollte dieses kleine süße Mädchen einundfünfzig Jahre alt sein?!
>>Es liegt daran, dass sie kein Mensch ist. Die Entwicklung ist bei allen Wesen unterschiedlich. << Jay legt mir eine Hand auf den Rücken, während auch er Lessa nachblickt. >>Entweder liegt es daran, dass sie sich erst langsamer entwickeln kann, oder es hat vielmehr damit zu tun, dass sie so viel mehr Zeit sich so zu entwickeln, wie es sein soll. Immerhin ist die kleine Lessa unsterblich. Man muss Zeit für Fehler und Spaß bekommen! In der Menschenwelt ist sie nur fünf Jahre alt. Daher ist sie so, wie sie eben ist. << Er zuckt mit den Schultern als hätte er gerade nicht meine Welt erschüttert.
Jay lächelt wieder. Er scheint äußerst amüsiert zu sein, dass ich so verwirrt bin mit all dem Ganzen hier. Ich schaue hoch in den blauen wolkenlosen Himmel,