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und Lübecks Volkssagen von H. Asmus nennen,

       waren wenig zu benutzen, weil das meiste darin

       zu eigenmächtig ausgeschmückt, fast novellistisch erweitert

       ist. Vornehmlich galt es auch, die spät erst gemachte

       Sage links liegen zu lassen, welche die Reisehandbücher,

       besonders die den Rhein betreffenden, so

       häufig bieten.

       Außerdem fand ich noch mancherlei Beschränkung

       geboten. Die zahlreichen Sagen von geraubten Hostien,

       geschlachteten Christenkindern und dergleichen

       durch Juden habe ich mit Absicht nicht aufgenommen.

       Wenn sie auch nicht alten Haß nähren helfen, so

       verletzen sie doch und widerstreiten so gleichsehr

       dem christlichen wie dem ethischen Prinzip.

       Dieses Sagenbuch soll im besten Sinne ein Volksbuch

       sein und werden, daher ist die Fassung keine altdeutsch-

       mythologisch-gelehrte, um so mehr ist dennoch

       auf das hochwichtige mythologische Element in

       den deutschen Volkssagen mit allem Fleiße Rücksicht

       genommen worden, wie es noch im Bewußtsein des

       Volkes lebendig ist. Was aber dem deutschen Volksbewußtsein

       in der Gegenwart, ja selbst dem deutschen

       Lande allzufern liegt, wie die Stammsagen von Ostund

       Westgoten, Vandalen, Hunnen, Longobarden,

       Herulern, Gepiden usw., das habe ich hier unberücksichtigt

       gelassen.

       Sparsam war ich mit Absicht in Aufnahme mythischer

       Heldensage, die in alt- und mittelhochdeutschen

       Gedichten gefeiert wird; auch sie ist noch immer nicht

       klar in das Volksbewußtsein getreten, die Literatur

       und die Schuldoktrin haben sie noch nicht mit dem

       Leben der Gegenwart vermittelt, und besonders zeigt

       letztere zu solcher Vermittelung noch keine rechte

       Neigung. Ebenso sparsam war ich in Aufnahme der

       Heiligensage (Legende) und endlich in der Gespenster-

       und Hexensage, die sich allenden wiederholt.

       Die letztere namentlich hat J.W. Wolf in seinen Niederländischen

       Sagen mit wahrer Vorliebe behandelt.

       Trefflich ist auch dessen Sammlung deutscher Mär-

       chen und Sagen, Leipzig 1845, insonderheit für Niederdeutschland.

       In gleicher Weise sammelte E. Meyer

       für Schwaben auf das fleißigste und dankwerteste,

       und es konnte seine Sammlung vorzugsweise für das

       mythologische Gebiet in Schwaben der meinigen zur

       Benutzung dienen.

       Wenn bei einigen Stoffen das Gebiet der Sage fast

       verlassen wurde, so geschah dies einesteils, um auch

       die Übergänge anzudeuten, wo Märchen und Sage

       sich begegnen und geschwisterlich umschlingen, so

       bei Nr. 333, Die Spinnerin im Mond, bei Nr. 385,

       Die Zwergensage, mit der auch im Kindermärchen

       vorkommenden Namensauskundschaftung, und bei einigen

       andern, wo die märchenhafte Färbung vorwaltet,

       andernteils aus andern bestimmten Gründen. So

       war bei Nr. 470, Das Mysterium, daran gelegen, doch

       endlich einmal dies fernliegende dramatische Rätsel,

       diese großartigste deutsche Opera seria alter Zeit,

       über welche die Literatur der Schauspielkunst bis

       heute noch nichts Rechtes beizubringen wußte und die

       Mitteilungen der thüringischen Chroniken so äußerst

       dürftig beschaffen sind, dem Auge etwas näher zu

       rücken, um zu zeigen, wie dieses Mysterium denn eigentlich

       beschaffen war, und damit neben der Sagenkunde

       der Sittenkunde zu nützen, denn beide müßten

       eigentlich stets Hand in Hand gehen. Ob diese, wie

       ich fest glaube, auf thüringischem Boden, wohin die

       fehlerhafte dialektische Schreibart deutet, geborene

       Mysterie älter oder jünger wie die, mit deren Bruchstücken

       Karl Ludwig Kannegießer seine Gedichte der

       Troubadours, Tübingen 1852, eröffnet, ist hier nicht

       der Ort zu untersuchen. Mone erwähnt ihrer in seinen

       altdeutschen und mittelalterlichen Schauspielen nicht.

       Dieses ernste Singspiel war voll dramatischen Lebens,

       voll Pomp und Herrlichkeit, voll Leidenschaft,

       voll erschütternder Wirkung, voll plastisch-mimischer

       Bildergruppen und ganz gewiß wunderbar schön,

       wenn auch ohne Virtuosentriller, ohne Ballett und

       ohne Tamtam.

       Wie im allgemeinen zu vermeiden ist, allzu Fremdländisches

       in heimische Kreise zu ziehen, so ist auch

       zu vermeiden, das Heimische zu verwirren und nicht

       Zusammengehörendes zu verschmelzen. So hat in unsern

       Zeiten die Poesie mit ihrer berechtigten Freiheit

       den Tannhäuser mit dem Wartburgkrieg in Verbindung

       gebracht, in Gedichten, in Dramen, in der Oper.

       Die Sage wie auch die Chroniken kennen diese Verbindung

       nicht, so wenig wie die Geschichte der Poesie

       sie kennt. Der Wartburgkrieg und die Tannhäusersage

       liegen geschichtlich ziemlich weit auseinander.

       Die erwähnte berechtigte Freiheit der Poesie aber

       darf sich die letztere dennoch von keinem nehmen

       oder verkümmern lassen; ihr muß es freistehen und

       wird es ewig freistehen, Sagenstoffe zu erfassen, zu

       schmücken, zu verherrlichen, nur darf von dem, der

       solches tut, gefordert werden, daß er dazu berufen sei.

       Mir erscheint in dieser Beziehung die Sage wie ein

       alter gleichzeitig kolorierter Holzschnitt auf Pergament

       oder ein Miniaturbild. Der Unberufene, der solche

       Bilder zu verschönern gedenkt, wird mit breitem

       Pinsel des Bildes edle Züge und Farben verwaschen,

       der Berufene wird mit feinem Pinsel dunklere Stellen

       mit leichtem, dauerbarem Golde höhen. Da jede Sage

       mehr Dichtung als Wahrheit ist, so haben die Dichter

       eigentlich an sie mehr Anrecht als die Forscher und

       die Wissenschaft, denn die Poesie gleicht dem Sternenhimmel

       über der dunkeln Erde. –

       In Berücksichtigung der vielen Sagen innewohnenden

      

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