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welcher von ihrem westlichen

       Teile nach dem östlichen führt, hinabgegangen und hatten dort bei dem Vorderfuße das Hama#ïl liegen sehen. Anstatt es

       nun gar nicht anzurühren, weil sie doch keine Muhammedaner waren, und sich auch gewiß denken konnten, daß es einem

       oben auf der Sphinx befindlichen Pilger gehören werde, hatten sie es sogar aus dem Futterale gezogen, geöffnet und

       durchblättert. Inzwischen hatte der fremde Schech, der ein sehr kühner Kletterer ist, seine Wette gewonnen, und wir

       stiegen von der Sphinxherunter [Sphinx herunter], was, wie du weißt, an ihrem Hinterkörper geschieht. Dort trafen wir mit

       dem wieder nach hier gekommenen Amerikaner zusammen. Als der Schech sein Hama#ïl in den Händen dieses Mannes

       sah, war er zunächst so erschrocken, daß er kaum sprechen konnte; bald aber verwandelte sich der Schreck in Zorn. Er

       riß es ihm aus der Hand und fragte, ob er im Menahouse wohne, wo man Wurst und Schinken esse. Als der Gefragte mit

       einem Ja antwortete, mußte die Heiligkeit des Hama#ïl für vernichtet gelten. Du kannst dir nun die Wut des Schechs

       denken, welcher den Amerikaner am liebsten vernichtet hätte. Dieser war aber nicht etwa so klug, zu schweigen, sondern

       er verteidigte sich und nannte das Hama#ïl ein Lügenbuch.«

       »Er kann aber doch nicht arabisch sprechen!«

       »Der Dolmetscher war bei ihm, den du auf dem Dschebel Mokkatam mit ihm und mir gesehen hast. Er ist vom Hotel

       weg zu ihm gefahren, um ihn abzuholen und mitzunehmen.«

       »Und dieser Mensch war so unvorsichtig, das Wort Lügenbuch zu übersetzen, ohne ein anderes, weniger

       beleidigendes an seine Stelle zu nehmen?«

       »O, er hat noch ganz Anderes übersetzt! Ich kann dir nicht Alles so ausführlich erzählen, wie es geschehen ist, denn

       ich habe schon jetzt zu viel Zeit versäumt und will dir nur noch sagen, daß der Amerikaner es in seinem Zorne gewagt hat,

       dem Schech das Hama#ïl wieder zu entreißen und unter schlimmen Ausdrücken, welche auch übersetzt worden sind, ihm

       vor die Füße zu werfen.«

       »Unmöglich!«

       »Es ist wahr. Ich stand dabei und habe es selbst auch gesehen. Der Schech riß das Messer heraus, um ihn zu

       erstechen; die Tochter wollte sich dazwischen werfen; der junge Chinese riß sie zurück und hat den Stich in den Arm

       bekommen. Der fremde Scheich wollte wieder stechen, und seine Leute griffen auch nach ihren Messern. Es wären

       wenigstens drei Menschenleben zu Grunde gegangen, wenn nicht der Scheich el Beled (* Dorfschulze.) von el Kafr

       eingeschritten wäre. Diesem ist von der Regierung die Aufsicht über das Gebiet der Pyramiden übertragen worden, und

       er mußte sich sagen, daß die Ermordung von Christen, die überdies noch Ausländer sind, für ihn und die Bewohner

       seines Dorfes von sehr schlimmen Folgen sein werde. Aber es kostete ihm sehr viel Ueberredung, bis die Fremden ihre

       Messer wieder einsteckten, doch verlangten sie Sühne, und zwar blutige Sühne, weil eine solche Behandlung eines

       Hama#ïl ein größeres Verbrechen ist, als selbst ein zehnfacher Mord sein würde. Diese Sühne soll auch sofort und ohne

       Zeitverlust gegeben werden, und darum drangen sie auf das Zusammentreten einer Dschemma (**

       Gerichtsversammlung.) , welche den Fall ohne Zögern zu besprechen und das Urteil zu fällen habe.«

       »Sind die Beisitzer dieser Dschemma bereits gewählt?«

       »Nein. Es werden lauter Fremde sein, und von den Hiesigen darf nur der Schech el Beled beitreten. Dieser hat einen

       seiner Leute heimlich nach Kairo um Hilfe geschickt. Bis diese kommt, will er versuchen, die Verhandlung

       hinauszuziehen; aber ich glaube nicht, daß ihm dies gelingen wird.«

       »Ich auch nicht. Die Fremden scheinen den Fall nach dem Gesetz der Wüste behandeln und von der hiesigen Polizei

       nichts wissen zu wollen. Ja, es kann zwischen dieser und ihnen sehr leicht zum Kampfe und Blutvergießen kommen!«

       »Daran dachte ich auch, und darum bin ich zu dir geeilt, um dich zu holen. Du wirst diese Sache auf gutem Wege zu

       enden wissen!«

       »Ich? Wie kommst du zu dieser Idee?«

       »Ich habe dir ja schon gesagt, daß mir der alte Ibrahim Effendi mehr von dir erzählt hat, als du denkst. Ich bitte dich um

       Hilfe. Wirst du sie den Chinesen verweigern?«

       »Du sprichst nur von ihnen, obgleich ihnen direkt keine Gefahr droht. Für den Amerikaner bittest du nicht?«

       »Nein! Er mag bekommen[,] was er verdient hat! Ich habe ihn auf dem Mokattam verschont; hier aber darf er keine

       Schonung finden!«

       Da legte ich ihm die Hand auf die Schulter, sah ihm ernst in die Augen und sagte langsam, indem ich jedes Wort

       betonte:

       »Du bist Sejjid Omar, aber du bist kein guter Mensch! Und wer kein guter Mensch ist, der kann auch kein guter

       Anhänger des Propheten sein! Ich wollte dich jetzt mitnehmen, weil du mir helfen solltest, dem Amerikaner beizustehen.

       Du kannst aber hierbleiben!«

       Ich tat, als ob ich gehen wolle; da rief er aus:

       »Sihdi, nimm mich mit! Ich will dir beweisen, daß die Güte eines Moslem größer sein kann als sein Wunsch nach

       Rache. Brauchen wir Waffen?«

       »Nein, sondern nur Klugheit und Entschlossenheit. Unsere Pferde sind nicht mehr gesattelt?«

       »Nein. Reiten wir denn?«

       »Ja, doch haben wir keine Zeit, vorher zu satteln. Ich kenne die Gesetze der Wüste sehr genau. Diese fremden

       Beduinen werden sich von dem Schech el Beled nichts vormachen lassen. Sie sind auf den Zusammentritt der

       Dschemma bloß deshalb eingegangen, weil sie derartige Szenen lieben; das Urteil aber wird auf den Tod des

       Amerikaners lauten, und sie werden es ausführen, ohne sich um die Meinung irgend eines anderen Menschen, sei es

       auch der Khedive von Aegypten, zu bekümmern. Wo wird diese Versammlung abgehalten?«

       »Ein wenig oberhalb der Sphinx.«

       »So wird der Missionar diese Stelle nicht lebend verlassen, wenn wir ihn nicht herausholen. Da er zu Fuß nicht

       entkommen kann, sondern von ihnen eingeholt würde, reiten wir. Merke dir diese Tür, welche hinaus in das Freie führt!

       Sie ist von Wichtigkeit. Ich lasse sie um eine Lücke offen, und der Schlüssel bleibt von innen stecken.«

       »Warum, Sihdi?«

       »Das erfährst du unterwegs. Jetzt komm!«

       Ich muß bemerken, daß wir sehr schnell sprachen und daß diese Unterredung also nicht halb so lange währte, als

       wenn man sie vom Papiere liest. Ein Hama#ïl ist ein in der Stadt Mekka geschriebener und unter gewissen

       Feierlichkeiten erworbener Kuran, der nur an solche Pilger verkauft wird, welche nachweislich allen Verpflichtungen

       getreulich nachgekommen sind. Es gilt als das köstlichste Andenken an die Pilgerschaft, wird für heilig gehalten und darf

       nie mit irgend Etwas in Berührung kommen, was dieser Heiligkeit nicht angemessen ist. Mr. Waller hatte nach den

       Begriffen derer, in deren Händen er sich befand, unbedingt

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