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Oberst Fitzwilliam nicht dessen freundliches Wesen, aber an Bildung schien er ihm weit überlegen.

      Weswegen Darcy aber fast ebensooft zu Besuch kam, das war bedeutend schwieriger zu erraten. Der Unterhaltung und Gesellschaft zuliebe tat er es sicher nicht, denn er sprach oft eine Viertelstunde lang kein einziges Wort; und wenn er etwas sagte, dann erweckte er den Eindruck, als ob er es nur tat, um nicht unhöflich zu erscheinen, und nicht etwa deshalb, weil es ihm vielleicht Freude machte. Innerlich beteiligt an der Unterhaltung schien er nie zu sein. Mrs. Collins konnte nicht klug aus ihm werden. Sie kannte ihn zwar nicht genügend, um zu wissen, dass er sonst anders war, aber seines Vetters gutmütiger Spott über seine Langweiligkeit ließ sie das immerhin vermuten. Und da sie hoffte, dass sein verändertes Wesen den Grund in einer Verliebtheit und diese Verliebtheit wiederum ihren Grund in der Person ihrer Freundin Lizzy habe, machte sie sich mit allem Ernst daran, sich darüber Gewissheit zu verschaffen. Sie beobachtete Darcy, so oft sie auf Rosings war, und sie beobachtete ihn, wenn er nach Hunsford kam, und verglich dann sein Benehmen dort mit dem in ihrem eigenen Hause, aber richtig daraus klug wurde sie nicht. Er ließ zwar ihre Freundin kaum aus den Augen, aber seinen Gesichtsausdruck dabei zu deuten erschien ihr als ein höchst zweifelhaftes Unterfangen; bald deutete sein offener, ruhiger Blick auf beherrschte Bewunderung und im nächsten Augenblick schien er wieder völlig geistesabwesend zu sein.

      Ein paarmal hatte sie Elisabeth gegenüber von der Möglichkeit gesprochen, er könne für sie eine besondere Vorliebe haben. Aber Elisabeth hatte sie nur ausgelacht; und Mrs. Collins meinte danach, es sei wohl am klügsten, das Thema nicht weiter zu verfolgen, sonst könne man Gefahr laufen, Hoffnungen zu erwecken, die mit einer Enttäuschung endeten. Denn sie zweifelte nicht einen Augenblick daran, dass die Abneigung ihrer Freundin wie Rauch zergehen würde, sobald es ihr zum Bewusstsein komme, dass sie sein Herz erobert habe. Einer von den freundschaftlichen Plänen, die Charlotte für Elisabeths Zukunft schmiedete, sah auch eine Heirat mit Oberst Fitzwilliam vor. Er war ohne Zweifel der nettere von den beiden Vettern; seine Bewunderung für die Freundin war ganz offensichtlich, und seine gesellschaftliche Stellung machte ihn zudem noch zu einer guten Partie. Zu bedenken war allerdings für Mrs. Collins auch, dass Darcy als Patronatsherr in kirchlichen Fragen einen Einfluss besaß, wie Fitzwilliam ihn niemals erreichen würde. Und Mrs. Collins war nun einmal jetzt die Gattin eines Pfarrers.

      Dreiunddreissigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Mehr als einmal begegnete Elisabeth auf ihren ziellosen Spaziergängen kreuz und quer durch den Park Mr. Darcy. Sie empfand das als einen weiteren Beweis für die Bosheit des Zufalls, der Darcy ausgerechnet dorthin führen musste, wo sonst kein Mensch zu gehen pflegte. Das störte sie; sie wollte ihm nicht begegnen, und deshalb gab sie ihm mit aller Deutlichkeit zu verstehen, dass sie sich diese Wege mit besonderer Vorliebe aussuche.

      Und nun lief er ihr da immer wieder in den Weg. Das konnte nur entweder absichtliche Bosheit oder auch eine Art freiwilliger Buße sein; denn es blieb jedesmal nicht bei ein paar höflichen Fragen, er hielt es stets für unerlässlich, sie bis nach Hause zu begleiten. Er sagte nicht viel, und sie nahm sich nicht die Mühe, ihm genau zuzuhören oder gar selbst etwas zu reden; aber bei ihrem dritten Zusammentreffen fiel es ihr doch auf, dass er recht merkwürdige und unzusammenhängende Fragen stellte: wie es ihr in Hunsford gefalle, weswegen sie immer allein spazieren gehe, was sie von Mr. und Mrs. Collins halte und ob sie wohl glücklich miteinander seien. Und als er von Rosings sprach, erhielt sie den Eindruck, als ob er erwarte, dass sie bei ihrem nächsten Besuch in Kent dort wohnen werde. Seine Worte waren gar nicht anders zu verstehen. Ob er wohl dabei an Fitzwilliam dachte? Er musste etwas Ähnliches meinen, wenn er überhaupt etwas meinte. Das beunruhigte sie ein wenig, und sie fühlte sich richtig erleichtert, als sie endlich vor dem Gartentor des Pfarrhauses anlangten.

      Eines Tages, als sie während ihres Spaziergangs einen Brief von Jane las, der offenbar in sehr gedrückter Stimmung geschrieben war, hörte sie wieder Schritte sich nähern, und als sie aufsah, erblickte sie nicht Darcy, sondern Fitzwilliam, der ihr entgegenkam. Sie steckte den Brief sogleich fort und zwang sich zu einer heiteren Miene: »Ich wusste gar nicht, dass Sie auch gern hier spazierengehen.«

      »Ich habe mir soeben — wie jedes Jahr — den ganzen Park genau angesehen und wollte meinen Weg im Pfarrhaus enden lassen. Wollen Sie noch sehr viel weitergehen?«

      »Nein, ich wäre sowieso bald umgekehrt.«

      Sie ging den Weg, den sie gekommen war, mit ihm zusammen zurück.

      »Wollen Sie wirklich schon Sonnabend abreisen?« fragte Elisabeth.

      »Ja, falls Darcy sich nicht wieder anders besinnt. Ich richte mich ganz nach ihm und lasse ihn tun, was ihm Spass macht.«

      »Und wenn er auch nicht alles so tut, dass es ihm Spass macht, so hat er doch jedenfalls das Vergnügen, bestimmen zu dürfen. Ich kenne niemanden, dem es mehr Vergnügen macht, zu tun oder zu lassen, was er will, als Mr. Darcy.«

      »Ja, er liebt es sehr, seine eigenen Wege zu gehen«, erwiderte Oberst Fitzwilliam. »Aber das ist ja der Wunsch eines jeden. Er kann ihn sich nur leichter als andere befriedigen, weil er reicher ist als die meisten. Ich spreche aus eigener Erfahrung; denn Sie werden wissen, dass ein jüngerer Sohn sich daran gewöhnen muss, seine Wünsche zu unterdrücken, weil er von jemand anderem abhängig ist.«

      »Ich weiß nur, dass der jüngere Sohn eines Grafen meiner Meinung nach sich weder an das eine noch an das andere zu gewöhnen braucht. Ernstlich — was verstehen Sie unter unterdrückten Wünschen und unter Abhängigkeit? Dass Sie aus Geldmangel nicht überallhin reisen können, wohin Sie gerade wollen, oder sich nicht gleich alles kaufen können, wozu Sie Lust haben?«

      »In dieser Beziehung kann ich mich allerdings nicht beklagen, aber es gibt ja noch schwierigere Fragen, die das Fehlen eines eigenen Vermögens mit sich bringen kann. Zum Beispiel dürfen jüngere Söhne nicht heiraten, wen sie wollen.«

      »Falls sie nicht zufälligerweise eine reiche Frau lieben, was ja sehr häufig der Fall zu sein scheint.«

      »Die Art unserer Erziehung macht uns zu sehr vom Geld abhängig, und ich kenne nicht viele Menschen in meiner Stellung, die es sich leisten können, ohne jede Rücksicht auf die Vermögensfrage zu heiraten.«

      »Zielt das auf mich?« dachte Elisabeth und errötete bei dem Gedanken. Aber sie beherrschte sich und fragte in scherzendem Ton: »Sagen Sie bitte, wieviel kostet denn im allgemeinen der jüngere Sohn eines Grafen? Falls der ältere Bruder nicht gerade sehr kränklich veranlagt ist, dürfte der Preis sich wohl auf nicht unter fünfzigtausend Pfund stellen?«

      Er antwortete ebenfalls mit einem Scherz, und damit war der Fall erledigt. Um die Pause, die danach eintrat, zu unterbrechen, bevor er auf den Gedanken kommen konnte, sie fühle sich von dem Gesagten betroffen, bemerkte sie gleich darauf: »Ich nehme an, Ihr Vetter hat Sie nur aus dem Grunde mit hergebracht, um jemanden zu haben, den er herumkommandieren kann. Ich wundere mich nur, weshalb er eigentlich nicht heiratet; denn dann würde er doch ständig einen Menschen um sich haben, an dem er seine Herrschsucht auslassen kann. Aber vorläufig begnügt er sich vielleicht mit seiner Schwester; denn da er ihr alleiniger Vormund ist, darf er wohl für sie schalten und walten, wie es ihm gefällt?«

      »Nein«, entgegnete Oberst Fitzwilliam, »in dieses Vergnügen muss er sich mit mir teilen. Ich trage zur Hälfte die Verantwortung für Miss Darcy mit.«

      »Ach, wirklich? Und sind Sie ein strenger Vormund? Macht Ihr Schützling Ihnen viel Kummer? Junge Damen in ihrem Alter sind oft nicht ganz leicht zu behandeln, und wenn sie eine richtige Darcy ist, so wird sie wohl recht häufig ihre eigenen Wege gehen wollen.«

      Sie bemerkte, dass er sie ernsthaft ansah, während sie sprach, und die Art, in der er sogleich fragte, wie sie darauf komme, dass Miss Darcy ihm Kummer bereiten könne, bewies ihr die Richtigkeit ihrer Vermutung.

      »Oh, Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen«, meinte sie zu seiner Frage, »ich habe noch nie etwas Schlechtes über sie gehört; sie ist bestimmt das liebenswerteste

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