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was ich nicht verstehe?“, fragt Gott.

      „Sag an“, sag ich.

      „Warum arbeitet ihr euch daran noch ab?“, fragt Gott.

      „Wer wir?“, frag ich.

      „Ihr Ladys“, sagt Gott. „Ihr könntet so froh sein, dass ihr wählen dürft und selbst entscheiden könnt, ob und wann ihr Kinder bekommt, ob und wen ihr heiraten wollt, welchen Beruf ihr haben wollt. Ihr könntet Bundeskanzlerin werden oder Kapitänin auf einem Seenotrettungsboot. Und dann lasst ihr euch in der Kirche auf die hinteren Plätze verweisen.“

      „In der Kirche sitzen immer alle zuerst auf den hinteren Plätzen“, sag ich.

      „Ja, ja“, sagt Gott ungeduldig. „Ich weiß. Das ist übrigens ziemlich nervig. Aber echt mal, ihr könnt so viel mehr sein als die drei Aggregatzustände, die die Jungs für euch vorgesehen haben.“

      „Häh?“, frag ich.

      „Die Intelligenz eines Menschen erkennt man daran, wie sie ihre Fragen stellt“, sagt Gott.

      „Na du bist heute ja mal ein Sonnenschein“, sag ich. „Was für Aggregatzustände?“

      „Jungfrau, Braut und Mutter“, sagt Gott. „Mehr gibt’s da doch nicht für euch, so offiziell.“

      „Ey, es gibt auch voll berühmte Frauen in der Kirche, die echt was erreicht haben“, sag ich. „Katharina von Siena, Theresa von Avila …“

      Gott macht ein Geräusch zwischen Husten und Lachen.

      „Da weiß man echt nicht, ob man lachen oder weinen soll“, sagt Gott. „Wenn es danach geht, wer in solchen Aufzählungen vorkommt, dann gab es in den letzten 2000 Jahren in der Kirche ungefähr fünf Frauen! Und ihr feiert es ab, wenn mal versehentlich eine sechste ausgegraben wird.“

      Gott holt sich ein neues Alt aus dem Kühlschrank.

      „Nachlegen!“, sag ich.

      „Jaja“, sagt Gott und setzt sich zurück auf den Tisch.

      „Meinst du echt, wir sollten sie vor die Wand fahren lassen?“, frag ich.

      „Ich weiß nicht, ob ihr eine Wahl habt“, sagt Gott, „wenn ihr bei einem großen Tanker den Kurs ändern wollt, ohne auf die Brücke zu dürfen. Um es mal einfach auszudrücken, ihr seid echt voll co-abhängig von diesem Männerzirkus in Frauenkleidern.“

      Gott fischt einen zerbrochenen Keks aus der fast leeren Packung, die auf dem Tisch liegt.

      „Vielleicht hat das was mit der religiösen Muttersprache zu tun“, sag ich. „Versuch mal erst, aus einer Sprache auszuziehen.“

      „Wie meinst du das?“, fragt Gott kauend.

      „Katholisch ist die Sprache, in der ich mit dir reden kann“, sag ich. „Und das lass ich mir nicht wegnehmen.“

      „O.k.“, sagt Gott. „Das ist ein Geltungsbereich.“

      Gott steht auf und legt tatsächlich ein Alt nach in den Kühlschrank. Ich gucke anerkennend, das tut Gott nämlich nur sehr selten.

      „Aber die Welt ist so groß und es gibt so viel zu entdecken“, sagt Gott und nimmt den letzten Schluck aus der Flasche. „Und ich rede mit dir auch echt gern über anderes als immer nur über mich und meine Kirche.“

      Unter dem Fenster fängt ein Straßenmusiker an zu spielen. Gott hält inne.

      „Das ist aber schön“, sagt Gott und stellt die Flasche ab. „Komm, das will ich mir aus der Nähe anhören.“

      Gott ist so schnell, dass ich mich beeilen muss, um hinterherzukommen, nachdem ich die Tür zugezogen habe. Unten steht tatsächlich ein Flügel, den der Pianist mit einem umfunktionierten Tandem transportiert hatte. Wir hören zu, wie er bekannte Melodien improvisiert. „Das Leben ist so schön“, sagt Gott nach einer Weile leise. „Weißt du, ich wünsch mir für euch eigentlich nichts mehr, als dass ihr das Leben lieben könnt.“

      „Manchmal wäre es halt gut, wenn wir mehr davon wüssten, dass du an unserer Seite bist“, sag ich.

      „Dann macht euch doch gegenseitig Mut“, sagt Gott. „Bildet Banden! Tanzt, tretet in eine Partei ein oder redet wenigstens mit anderen mal über das, was euch wirklich wichtig ist. Und feiert einfach, egal wo. Da bin ich dann auch dabei, da hab ich nämlich voll Lust drauf.“

      „Aber es wäre doch auch schön, wenn wir damit auch in deiner Kirche Platz hätten“, sag ich.

      „Jo“, sagt Gott. „Dann besorg dir mal einen großen Vorrat an richtig, richtig guten Bohrköpfen zum Wechseln.“

      „Du meinst, für ein richtig, richtig dickes Brett?“, frag ich.

      „So ist es“, sagt Gott. „Und bitte, wenn du schon dabei bist, sage deinen Leuten, dass es keinen Spaß macht, immer nur mit ‚Herr‘ angesprochen zu werden. Sie möchten mal ein bisschen kreativer werden, sie haben es schließlich mit mir zu tun.“

      „Puh“, sag ich. „Du hast vielleicht Nerven.“

      „Ja“, sagt Gott. „Weil ihr meine Ladys seid und zu meinem Team gehört. Ihr macht das schon.“

      „Meinst du?“, frag ich.

      „Aber so was von“, sagt Gott. „Mach’s mal gut, ich muss weiter. Danke für das Alt.“

      „Bitte, gern“, sag ich. „Bis bald mal wieder. Und Amen.“

       Revolutionärin Maria

      Der Ökumenische Christinnenrat lädt an Katholikentagen, Evangelischen und Ökumenischen Kirchentagen jeweils zum Frauengottesdienst ein. Beim Evangelischen Kirchentag in Berlin 2017 stand dieser Gottesdienst unter dem Thema „Maria“.

      Ich habe gerade meinen Teller nach einem ziemlich späten Abendessen in die Spüle gestellt, da klingelt es. Vor der Tür steht Gott mit einem Sixpack Altbier unter dem Arm und sagt: „Guten Abend, ich würde gerne mit dir über mich sprechen.“

      „Ach Gott“, sag ich und halte die Tür auf. „Du bist es. Komm rein. Ich hoffe, Du machst das nicht bei anderen, die müssen ja denken, du hast nicht mehr alle Dornen an der Hecke.“

      „Hehe, kleiner Scherz am Rande“, sagt Gott, setzt sich auf den Küchentisch und macht sich ein Bier auf.

      „Hast du in letzter Zeit eigentlich mal was von Maria gehört?“, fragt Gott und gibt mir auch eins.

      „Nein“, sag ich, „warum?“

      „Ach“, sagt Gott, „ich hab den Eindruck, sie könnte mal wieder mehr von sich reden machen. Mir fehlt ein bisschen die Frauenpower in meinem Laden.“

      „Na hör mal“, sag ich, „das ist doch wohl dein eigener Job, oder nicht?“

      Gott nimmt einen Schluck Bier und guckt verlegen.

      „Willst du mir sagen, dass deine Leute das immer noch nicht auf der Kette haben, dass du kein Typ bist?“, frag ich. „Prost übrigens.“

      „Hrmpf“, sagt Gott.

      „Oh“, sag ich.

      „Genau“, sagt Gott.

      „Mensch Gott“, sag ich, „du hast es aber auch nicht leicht mit deiner Kirche.“

      „Nein“, sagt Gott. „Aber das Gute am Gottsein ist ja, dass ich weiß, dass das nicht immer so bleiben wird.“

      „Also du und deine Kirche, das ist

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