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The Literary Mind. The Origins of Thought and Language. Oxford: Oxford University Press.

      Venuti, Lawrence (ed.). (2012): The Translation Studies Reader [3rd edn.]. London: Routledge.

      Verdonk, Peter (2002): Stylistics. Oxford: Oxford University Press.

      Wales, Katie (2001): A Dictionary of Stylistics. [2nd edn.] London: Longman.

      Young, David (tr.) (2010): Paul Celan. From Threshold to Threshold. Washington D.C.: Marick Press.

      Sprachgefühl und das Übersetzen von Kinderliteratur

      Wolfgang Pöckl (Innsbruck)

      Abstract: Translation of children’s literature is generally considered, often even by the translators themselves, a relatively undemanding and hence low prestige activity. Therefore it usually does not play a role in translator training.

      Young German-speaking readers often notice, however, that children in the books they read do not speak “their” language. This can be due to the fact that the translator does not have the experience of how children of a certain age speak in everyday life. But German translators have to keep in mind that German is a pluricentric language. This means that the translation will not be satisfactory for all children of the German speech community. The magic formula could be intralingual translation but this is not only an economic question. Translators are not at all used to translating from one standard into another and have to appeal to their linguistic instinct. This is a constantly creative activity as long as they lack routine in this form of translation.

      Keywords: Children’s literature, pluricentric languages, empathy, intralingual translation, linguistic instinct (Sprachgefühl).

      1 Das Kinderbuch – ungeliebtes Kind der Übersetzer?

      Mehrmals und in verschiedenen Ländern wurde ich in den vergangenen Jahren Ohrenzeuge von Gesprächen zwischen Übersetzerinnen, die sich ihren Lebensunterhalt vor allem als Freiberuflerinnen verdienen, über die jeweilige Auftragslage. Dabei ist mir aufgefallen, dass oft berichtet wurde, man sei gerade mit einem Kinderbuch beschäftigt, was an sich nicht verwunderlich ist, da die Übersetzungstätigkeit auf diesem Sektor außerordentlich intensiv ist. Was mich dagegen überrascht hat, war, dass diese Auskünfte praktisch immer von einem resignativen Unterton begleitet waren: Die Auftraggeber hätten im Moment leider nichts Interessanteres, aber ein Kinderbuch sei besser als nichts, und so füge man sich wohl oder übel in sein Übersetzerschicksal. Doch welche Gründe kann es geben, dass das Übersetzen von Literatur für Kinder als dermaßen unattraktiv empfunden wird?

      Zunächst muss man natürlich bedenken, dass solche Aufträge selten umfangreich sind. Kinderbücher haben weniger Text als Romane für Erwachsene. Üblicherweise hat man sich auch noch an Illustrationen zu orientieren, die ja nur in den seltensten Fällen für fremdsprachige Ausgaben modifiziert oder gar ersetzt werden (dürfen). Solche zusätzlichen Erschwernisse kann man aber selten in Rechnung stellen, so dass die Verdienstmöglichkeiten bei einem einzelnen Titel naturgemäß beschränkt sind.

      Ein weiteres Motiv für den geringen Enthusiasmus ist die weit verbreitete – und anscheinend auch von ÜbersetzerInnen selbst vielfach geteilte – Auffassung, das Übersetzen von Kinderbüchern sei wenig anspruchsvoll. Selbst Kultbücher wie Der kleine Prinz, seit kurzem gemeinfrei, werden von Übersetzern offenbar als ‚Kinderspiel‘ betrachtet. So beschrieb Hans Magnus Enzensberger seine Neuübersetzung des französischen Klassikers als „eine Sache für die linke Hand“. Einen großen Kulturauftrag scheint er nicht empfunden zu haben: „Das wirft man den Leuten mit Kindern jetzt mal hin, und dann können die damit machen, was sie wollen“ (Felicitas von Lovenberg, online).1

      Aus Übersetzungen für die linke Hand ist wenig Prestige abzuleiten. Im Curriculum von ÜbersetzerInnen nehmen solche Publikationen demnach keinen bedeutenden Rang ein. Gegenteilige Lippenbekenntnisse bleiben Randbemerkungen der Fachliteratur. So schrieb Hans Joachim Störig im Vorwort zur ersten deutschen Anthologie übersetzungstheoretischer Äußerungen:

      Im Bereich der literarischen Übersetzung […] gibt es Zweige, die ihre eigenen Probleme haben und hier insoweit nicht behandelt werden. Dazu gehören die Probleme der Filmsynchronisation. Dazu gehören Kinderbücher: Es gibt nur noch eines, das schwerer ist als ein gutes, zum Klassiker bestimmtes Kinderbuch zu schreiben – so ist gesagt worden –, nämlich ein gutes Kinderbuch gut zu übersetzen. (Störig 1963: XVIf.)

      2 Kategorien von Kinderliteratur

      Der Ausdruck Kinderliteratur ist in zweifacher Hinsicht mehrdeutig. Er ist einerseits unscharf als Gegenbegriff zur „richtigen“, zur Erwachsenenliteratur. Heute differenziert man – sinnvollerweise – gelegentlich zwischen Kinder- und Jugendliteratur, ohne dass die Grenze zwischen diesen beiden Kategorien scharf gezogen werden könnte. Als logische Konsequenz werden Kinder- und Jugendliteratur denn auch wieder fast immer in einem Atemzug genannt und wissenschaftlich behandelt (vgl. z. B. das deutsche Referenzwerk von Wild 1990).

      Neben der Einteilung, die primär auf das Alter abzielt, ist noch eine andere Kategorisierung zu berücksichtigen. Es gibt das idealtypische Kinderbuch, von Erwachsenen für Kinder geschrieben und illustriert, in dem etwa lebensweltliche Bereiche thematisiert werden (Stadt, Baustelle, Bauernhof; Lebensformen in fremden Ländern etc.). Nicht selten aber findet man auf dem Buchmarkt Publikationen mit intendierter Doppeladressierung. Damit meine ich nicht – was unter diesem Terminus auch manchmal verstanden wird – die unleugbare Tatsache, dass im Verlagswesen Kinderbücher oft durch die Brille von Erwachsenen beurteilt werden, weil sie es ja sind, die die Bücher kaufen und daher ihren Geschmack bedient sehen wollen. Als doppelt (bzw. mehrfach) adressiert bezeichne ich hier – in Übereinstimmung mit der üblichen Verwendung des Ausdrucks – solche Produkte, die sich vorgeblich (ausschließlich) an Kinder richten, aber auch von älteren Leserinnen und Lesern – Jugendlichen oder Erwachsenen – auf einer anderen Ebene mit Vergnügen und Gewinn gelesen werden können. Das weltweit verbreitetste und in die größte Zahl an Sprachen bzw. Varietäten übersetzte Beispiel dieser Art ist der schon erwähnte Kleine Prinz, in dem sich der Erzähler ja explizit an Kinder wendet und z. B. die Phantasielosigkeit der „grandes personnes“ (ein kindersprachlicher Ausdruck für „adultes“, ‚Erwachsene‘) tadelt.

      Die Mehrfachadressiertheit ist zweifellos auch das Erfolgsrezept der Petit-Nicolas-Serie des französischen Autors René Goscinny und seines Illustrators Jean-Jacques Sempé (in deutscher Übersetzung: Der kleine Nick):

      Ecrites sous forme de courts récits dans lesquels se mêlent l’humour et la tendresse de l’enfance, les aventures du Petit Nicolas mettent en scène un petit garçon dans un environnement urbain pendant les années 1960. Le personnage y livre ses pensées intimes grâce à un langage enfantin créé par Goscinny et les thèmes sont avant tout ceux de l’enfance (la camaraderie, les disputes, les rapports avec la maîtresse d’école, les premières amourettes, …) mais Goscinny y décrypte également le monde complexe des adultes : l’éducation, les disputes familiales, les rapports entre voisins, la relation du père avec son patron, etc.1

      Das spanische Pendant Manolito, auf das ich noch zu sprechen kommen werde, funktioniert ganz analog, hatte aber aus kulturideologischen Gründen nicht denselben Erfolg, wird jedoch gleichwohl als Schullektüre für den Fremdsprachenunterricht im Reclam-Verlag angeboten (Lindo 2010; 2013). Damit ist klar, dass Nicolas und Manolito zunächst für gleichaltrige Leserinnen und (wohl vor allem) Leser als Identifikationsfiguren wirken (zumindest insofern, als sie die Probleme des Protagonisten kennen und teilen); als fremdsprachliche Schullektüre lösen die Texte beim postpubertären Lesepublikum aber vermutlich eher ein Gefühl der Überlegenheit aus („ja, so war ich auch einmal; vieles erinnert mich an meine kleinen Geschwister“ etc.); Erwachsene könnte die Lektüre dagegen zum Überdenken und zu einer Relativierung ihrer Erziehungsprinzipien, wo nicht generell ihrer Einstellung zum Alltagsleben anregen.

      Eine dritte, zahlenmäßig (besonders unter translatorischem Gesichtspunkt)

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