Скачать книгу

dass Timothy Männer mag. Oder zumindest mit ihnen schläft.

      Und auch wenn Letzteres gut klang, war er nicht hergekommen, weil er mehr wollte?

      Jason sah ihn immer noch nicht an und Adam hatte keine Ahnung, was er als Nächstes tun sollte.

      Sorg dafür, dass er sich wohlfühlt. Verjag ihn nicht.

      »Weißt du, in meiner Heimat«, begann Adam, »ist es für Männer nicht... tabu, etwas schön zu finden. Wir suchen nach Schönheit. Schätzen sie wert. Feiern sie. Das macht uns nicht...« Er hätte beinahe schwul gesagt. Doch das Wort blieb ihm in der Kehle stecken. Er konnte es nicht aussprechen. Konnte es nicht, weil er schwul war. Er war von seinem Zuhause und seiner Familie, die er liebte, dem Land, das ihm so am Herzen lag, und der Verantwortung, die ihm in die Wiege gelegt worden war, davongelaufen. Er hatte all das hinter sich gelassen, um ein schwules Leben zu führen, in dem er vielleicht – vielleicht – die Liebe mit einem anderen Mann finden würde. Könnte er jetzt auch nur irgendwie so tun, als wäre es etwas Schlechtes, schwul zu sein?

      Nein.

      »Wo ich herkomme, kann ein Mann bemerken, wie schön die Augen eines anderen Mannes sind. Es macht ihn nicht... weniger männlich.«

      »Aber... Ich bin schwul«, sagte Jason.

      Adam erstarrte einen Augenblick. Wie erstaunlich. »Welch angenehme Überraschung.«

      Ein winziges Lächeln zupfte an Jasons Mundwinkeln. Er hatte einen schönen Mund. »Angenehm?«, fragte Jason.

      Adam nickte und sein Herz schlug schneller. »Si. Meine Heimat ist so weit entfernt. Und ich hatte Angst, weißt du? Ich habe gehört, dass Amerika ein gutes Land für Homosexuelle ist. Man kann heiraten. Das geht, wo ich herkomme, nicht. Ihr habt den Gay Pride. So etwas hatten wir noch nie. Keine Parade. Keine Feier mit Patti LaBelle und Ariana Grande und RuPaul. Ihr produziert Serien wie Unbreakable Kimmy Schmidt mit Titus Andromedon, der ist zum Schreien komisch.«

      Jasons hübsche blaue Augen weiteten sich.

      »Aber ich sehe auch, dass manche der Politiker hier homosexuelle Männer und Frauen nicht mögen, selbst wenn ihr eigener Sohn, ihre eigene Tochter oder Schwester schwul oder lesbisch ist. Dass ihr Fast-Food-Ketten habt, die Hühnchen verkaufen und schwule Mitarbeiter feuern. Und Verrückte mit Maschinengewehren, die Dutzende Menschen in Nachtclubs umbringen. Das sind sehr widersprüchliche Botschaften, si? Weißt du?«

      Jetzt wurden Jasons Augen noch größer und Adam war sich nicht sicher, ob das gut war.

      »Vielleicht habe ich zu viele Akte in einer Komödie untergebracht?«, fragte er.

      »Hä?«, machte Jason offensichtlich verwirrt.

      »Kennst du diese Redewendung nicht? Fare troppi atti in commedia. Zu viele Akte in eine Komödie packen. Verstehst du?«

      Jason wirkte nicht so, als hätte er verstanden.

      »Normalerweise hat ein Stück drei Akte«, fuhr Adam fort. »Wenn man zu viele davon hat, ist das, als würde man versuchen, zu viel auf einmal zu sagen. Als Mann, der in einem fremden Land ist, einem Land mit guten und schlechten Dingen, hätte ich einfach sagen sollen« – jetzt wagte er es und griff nach Jasons Hand – »dass es eine angenehme Überraschung ist, diese Quiche als Einweihungsgeschenk zu bekommen. Und herauszufinden, dass mein neuer Nachbar schwul ist. Das freut mich außerordentlich. Ich hoffe, dass wir Freunde werden. Es wäre schön, einen schwulen Freund zu haben. Besonders einen mit so schönen Augen.«

      Der letzte Satz war vielleicht etwas zu dick aufgetragen, doch so war er nun mal. Er ging oft ein paar Schritte zu weit. Sein Vater schüttelte dann den Kopf, sein Bruder rollte mit den Augen und seine Mutter zuckte mit den Schultern und sagte: »Er ist, wer er ist.« Und die Leute liebten ihn dafür.

      Aber was würde Jason sagen?

      Dann schenkte Jason ihm ein umwerfendes Lächeln, das ihm den Atem raubte. Vielleicht, dachte Adam, war er auch gerade weit genug gegangen.

      »Vielleicht sollten wir jetzt essen? Ich hoffe, es ist nicht kalt geworden, während ich geredet habe.«

      »Na ja... Wir könnten sie immer noch in die Mikrowelle stellen.« Adam hörte das Zögern in Jasons Stimme.

      »Tut mir leid, ich habe noch keine Mikrowelle. So magia. Greif zu!«

      Und genau das taten sie.

      Die Quiche war nicht zu kalt und schmeckte sehr gut, aber nicht ganz so, wie er erwartet hatte. Da Jason Sahne erwähnt hatte, hatte er mit etwas Süßerem gerechnet.

      »Schmeckt sie dir nicht?«

      Adam löste seinen Blick vom Teller und richtete ihn auf Jasons tiefblaue Augen. Sie wirkten besorgt. Oh nein! Hatte er es schon wieder getan? »Nein! Nein!«, sagte Adam. »Sie ist delizioso!«

      Jasons Blick wurde wieder warm.

      »Sie ist nur ein wenig... salziger, als ich es erwartet habe. Wir essen morgens normalerweise nichts Herzhaftes.« Er nahm einen weiteren Bissen. Die Kombination aus Eiern, Käse, Artischocken und der perfekten Menge an Spinat war wirklich ausgezeichnet. »Das erinnert mich an ein Gericht, das wir torta salata nennen. Das ist sehr ähnlich.«

      »Nur weniger salzig?«, fragte Jason.

      Adam biss sich auf die Unterlippe. »Ah. Nein. Wir würden sie nur nicht zum Frühstück essen.«

      »Was isst du normalerweise?«

      »Süßes«, antwortete Adam lächelnd. »Cornettos oder Crostatas oder Donuts.«

      Jason blickte ihn neugierig an.

      »Cornettos sind so ähnlich wie Croissants, aber kleiner, weniger buttrig und mit einem Guss, der geriebene Orangenschale enthält. Eine Crostata ist eine Tarte, die mit Marmelade gefüllt ist. Und Donuts sind...«

      »Ich glaube, ich weiß, was Donuts sind. Sofern sie in Italien nicht anders sind als hier. So wie die Briten ihre Cookies Biscuits nennen.«

      Adam lachte. Es fühlte sich gut an, zu lachen. »Ja. Ich habe Donuts bei Walmart gesehen. Dort gibt es einfach alles! So etwas habe ich noch nie erlebt.«

      Jason verdrehte die Augen.

      »Was?« Hatte er schon wieder etwas Falsches gesagt? Was war nur mit seinen diplomatischen Fähigkeiten passiert? Wenn das zu Hause passiert wäre, wäre sein Vater nicht erfreut gewesen.

      »Egal. Das ist ein Thema für einen anderen Tag.« Jason lächelte.

      Adam beschloss, es dabei zu belassen. Er mochte Jasons Lächeln. Dann nahm er einen weiteren Bissen. »So etwas würden wir mittags essen. Eier, Bacon, Würstchen...«

      »Und Pasta?«

      »Natürlich!«

      »Und tarta...«

      »Torta salata«, verbesserte Adam.

      »Die wie Quiche ist, nur...« Sein Tonfall und das Funkeln in seinen Augen verrieten, dass Jason ihn aufzog.

      »Eine meiner Nannys hat mal gesagt, dass man damit gut die Reste aus dem Kühlschrank verarbeiten kann. Das hätte die Köchin nie gesagt!« Die Erinnerung brachte ihn schon wieder zum Lachen. Durchhängender Boden hin oder her, er fühlte sich gut. Wann hatte er gelernt, sich an so kleinen Dingen zu erfreuen?

      Wann hatte er das letzte Mal einem anderen schwulen Mann an einem Tisch gegenübergesessen? Besonders einem, der auch wusste, dass er schwul war? Die Antwort lautete: vor sehr langer Zeit.

      »Die Köchin hat nie Reste serviert. Sie hat sie weggeworfen.«

      »Weggeworfen?« Jetzt machte Jason wieder große Augen.

      Ja. Denn sie servierte der königlichen Familie ausschließlich die hochwertigsten Gerichte. Er hatte ganze Vorspeisen im Müll gefunden, weil sich falsche Bläschen gebildet hatten oder sie ein klein wenig zu braun geworden waren. Als Kind hatte es ihn immer mehr gestört und er hatte seinen Vater mehr als einmal deswegen angesprochen. »Außerhalb

Скачать книгу