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      Zum Glück hatte sein Vater nachgegeben. Oder war einen Kompromiss eingegangen. Ihm war bewusst, dass die Köchin ihnen nichts servieren würde, das nicht fotografiert und in einem Kochmagazin abgedruckt werden konnte. Aber von da an wurde das übrig gebliebene Essen abwechselnd an die Angestellten im Palast verteilt. Als wäre das ganze Jahr über Boxing Day. Die Leute liebten ihn dafür. Menschen, die auf solches Essen bisher nur flüchtige Blicke hatten werfen können, verspeisten es nun recht regelmäßig.

      »Nun ja, früher hat sie das getan. Jetzt nicht mehr.«

      Er hatte seine Nanny mehr als einmal dazu gebracht, ihm ein Stück von ihrer torta salata zu bringen. Einmal hatte sie nur aus Käse, Fleisch und Basilikum in einer Kruste bestanden. Delizioso!

      »Wie auch immer, so etwas gibt es zum Mittagessen und süße Teilchen zum Frühstück –«

      »Und dazu Kaffee, so stark wie ein Elefant und so süß wie du«, sagte Jason, bevor er hektisch blinzelte, sich eine Hand vor den Mund schlug und ein weiteres Mal errötete.

      Adam brach in Gelächter aus, unfähig, sich nicht darüber zu freuen. Wenn Jason jetzt nur noch sein Kaffee schmecken würde... Schade, dass er es nicht tat.

      Jason schluckte, sein Adamsapfel hüpfte. »Ich... Ah...«

      »Es ist okay«, sagte Adam. Er ergriff die Chance und berührte Jasons Hand erneut. Zu seiner Überraschung drehte sein neuer Nachbar sie sofort um, sodass Adams Finger auf Jasons Handteller zum Liegen kamen. Ein wundervoller kleiner Stromstoß durchzuckte ihn, der – schon wieder eine Überraschung – direkt in seinen Schwanz fuhr. Aber beabsichtigte Jason überhaupt, diese Wirkung auf ihn auszuüben? Er kannte sich mit amerikanischen Gepflogenheiten nicht aus. Er hatte sich mit Botschaftern und Würdenträgern aus ganz Europa getroffen, aber selten mit jemandem aus den Vereinigten Staaten. Vielleicht konnten Männer in Amerika das in der Öffentlichkeit tun? »Denk daran«, fuhr er fort. »Wir sind jetzt Freunde. Es gibt keinen Grund, dich zu schämen.«

      Dann zog er seine Hand zurück und widersetzte sich dem Drang, leicht über diese weiche Hand zu streichen. Aber Gott, er wollte es!

      »Möchtest du noch ein Stück?«, fragte Adam dann, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte.

      Jason schüttelte den Kopf. »Ich hab noch vier zu Hause.« Er deutete über das Geländer der Veranda hinweg zu seinem Haus. Es war in einem hübschen Mintgrün gestrichen. Die Farbe war viel angenehmer als die seines eigenen Hauses. »Außerdem verdiene ich damit meinen Lebensunterhalt. Ich serviere Frühstück und Mittagessen und habe auch eine Menge gebrauchter Bücher auf Lager.«

      »Wirklich?« Eine weitere angenehme Überraschung.

      »Sicher«, antwortete Jason. »Wenn du Zeit hast, komm gern jederzeit vorbei. Wenn ich gerade kein Essen anbiete, gibt es immer noch Bücher.«

      »Ich liebe Bücher! Hier sind meine Regale leer, bis auf zwei Exemplare.« Das war entzückend, was für ein Zufall. Während er nach Büchern stöberte, hätte er einen Vorwand, um mit diesem schönen jungen schwulen Mann zu sprechen. Wer wusste schon, was passieren würde? Und dabei hatte er sich Sorgen gemacht, hier keine anderen schwulen Männer zu finden.

      In diesem Moment erinnerte er sich an Timothy den Handwerker, der einen Sixpack vorbeibringen und sich mit ihm das Baseball-Spiel ansehen wollte. Gott. In dem Moment, als er Jason begegnet war, war jeder Gedanke an ein Stelldichein mit Timothy verflogen. Jason war nicht nur gut aussehend und süß – er hatte ihm ein Einweihungsgeschenk gebracht, was in Monterosia keine Tradition hatte –, sondern las auch noch. Timothy dachte, dass Rom in Frankreich lag. Dann kam ihm eine Idee.

      »Jason, magst du dieses Baseball?«, fragte er, drückte gedanklich die Daumen und hoffte.

      Jason zuckte leicht mit den Schultern. »Klar. Hier kann man nicht viel unternehmen, außer sich die Badgers anzusehen. Sie sind auch nicht mal schlecht. Warum?«

      »Der Handwerker... Er will vorbeikommen und sich mit mir das Spiel ansehen. Er bringt einen Sixpack mit. Ich habe den Verdacht, dass er mehr will, und glaube, dass ich nicht interessiert bin. Wenn ich einen Freund dabeihätte, würde das vielleicht... wie sagt man? Die Situation entschärfen?«

      Jason riss die Augen auf. Das schien eine seiner Angewohnheiten zu sein – eine süße.

      Entspann dich, Adam. Du wirst die Liebe nicht innerhalb von achtundvierzig Stunden finden, nachdem du an einen Ort gezogen bist, wo du nach ihr suchen kannst. So funktioniert das Leben nicht.

      Aber sein Atem stockte trotzdem, als er auf eine Antwort wartete.

      »Na ja... klar.«

      Er atmete fast explosionsartig aus. Gott, hatte Jason es bemerkt?

      Jason lachte leise. »Also willst du nicht allein mit Tim Jeske festsitzen, hm? Kann ich nachvollziehen. Zu einer anderen Zeit und an einem anderen Punkt in meinem Leben allerdings...«

      Adam hielt inne, wartete darauf, dass Jason seinen Gedanken beendete. Dann verstand er. »Oh! Ist er ein alter Liebhaber?«

      »Ich weiß nicht, ob wir uns je geliebt haben. Ich war sein Geheimnis, weil er nicht wollte, dass die Leute wissen, dass er auf Männer steht. Oder zumindest darauf, Sex mit ihnen zu haben. Wir waren auf der Highschool und ich habe mich Hals über Kopf in ihn verknallt, aber es war nur Sex. Er sagt, dass er nicht schwul ist. Ein... ein bisschen bi vielleicht. Das sagte er zumindest. Aber für einen Mann, der nur ein bisschen bi ist, ist seine Libido nie abgekühlt. Na gut, er war nie passiv. Aber mannomann, hat er es geliebt, mir einen zu blasen...« Jason riss die Augen auf und schlug sich schon wieder eine Hand vor den Mund. Dieses Mal wurde er buchstäblich scharlachrot.

      Adam zwang sich, nicht laut loszulachen. Das würde Jason vielleicht nur noch verlegener machen. Stattdessen nickte er. »Ich verstehe.« Aber was er unbedingt fragen wollte, war: Gibst du immer noch gerne Blowjobs? Er tat es allerdings nicht. Seine Erziehung hielt ihn davon ab, so derb zu sein.

      Dann traf ihn die Erkenntnis – beinahe so fest, dass er aufkeuchte –, dass er so derb sein konnte, wenn er wollte. Nicht, weil es in dieser Situation angebracht wäre. Nein, er fand, es würde die Atmosphäre zunichtemachen, die sie aufgebaut hatten. Aber einfach, weil er zum ersten Mal wirklich frei war.

      Im schlimmsten Fall ging Jason und sprach nie wieder mit ihm – was zugegebenermaßen ziemlich schlimm wäre. Aber es gäbe keinen weltbewegenden Skandal. Keinen Aufschrei in der Presse. Keinen Grund für seinen Vater, ihn entsetzt über sein Tun aufzusuchen. Nichts, das seiner Familie oder seinem Besitz schaden würde. Er hatte die Freiheit, etwas Geschmackloses zu tun.

      Für einen Moment glaubte er, deswegen tatsächlich weinen zu müssen.

      »Alles in Ordnung?«, fragte Jason und natürlich weiteten sich seine Augen. Waren sie zuvor schon so schön gewesen?

      Adam lächelte aus dem Innersten seiner Seele heraus. »Ja«, sagte er. »Alles ist in bester Ordnung. Ich kann mich nicht erinnern, je so... mich je so...« Frei gefühlt zu haben? Was würde Jason denken, wenn er das sagte? Dass er seltsam war? »Mir geht es gut.«

      Jasons Lächeln kehrte zurück. »Gut.«

      Sie blickten einander an und es kam ihm vor wie eine Ewigkeit. Adam wollte den Moment nicht ruinieren, indem er etwas sagte.

      Das Klingeln eines Telefons unterbrach ihr einvernehmliches Schweigen.

      Jason blickte auf sein Handy hinab. »Meine Schwester«, sagte er und nahm ab.

      »Hey, Daphne«, sagte er. Und schon wieder weiteten sich seine Augen. »Oh, Mist! Ich bin gleich da!« Er sprang auf die Füße. »Nein, ich mein’s ernst. Weniger als eine Minute. Ich bin in der Nähe.« Er legte ohne ein weiteres Wort auf. »The Briar Patch! Ich hätte längst öffnen sollen. Die Leute warten draußen!« Wieder deutete er auf das mintgrüne Haus. »Ich hab die Zeit total vergessen.«

      Er sah sich um.

      »Hier«, sagte Adam und stand auf. »Da ist ein Tor.« Er ging hinüber und öffnete es für seinen neuen

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