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stand: »Dialogannahme«. So etwas wird seit einer Weile von fast jedem Autohaus angeboten (wovon man sich im Internet leicht überzeugen kann), und man sollte nicht lange grübeln, warum ausgerechnet Kfz-Mechaniker Dialoge annehmen, sondern einfach seine alten, nicht mehr benötigten Dialoge dort vorbeibringen.

      Weiß der Himmel, was sie damit tun, vielleicht werden sie in Radios eingebaut oder in Navigationssysteme.

      DRAHTHUHN

      Jeder kennt das: Man sitzt in einem Restaurant irgendwo im Ausland, möchte etwas essen, nimmt die Speisekarte zur Hand (→ Ausgemachtenudeltucke, Fischtageszeitung, Huhntorte). Links sieht man die Speisen in der Landessprache verzeichnet, rechts in einer Sprache, bei deren Anblick man sich sagt: Kommt mir irgendwie bekannt vor. Sieht aus wie die Sprache, die ich selbst spreche, ist aber unverständlich. Mutet an wie Deutsch, ist aber kein Deutsch. Klingt jedoch, wenn man es leise vor sich hinmurmelt, schöner. Wie viele Leser haben mir schon von ihren Reisen reizendste deutsche Übersetzungen auswärtiger Speisekarten mitgebracht!

      Da wäre Frau J. aus Stephanskirchen, die am Gardasee ein Gericht namens »Carpaccio von der Fischklinge« (Carpaccio di pesce spada) entdeckte, ein weiteres unter dem Titel »Geschnittene Kälte des Pferdes« (Tagliata fredda di cavallo). Oder hier, Herr R. aus Berlin, er verzehrte in Harrachov/ Tschechien eine »Rübezahl Nadel«, das war ein Fleischspieß. In Ungarn fand Frau G. aus Starnberg auf verschiedenen Speisekarten »Drahthuhn«, welches sich als »Truthahn« entpuppte; auf Mallorca gab es »Huhnklumpen«, nämlich Chicken McNuggets. Frau W. aus Gronsdorf wurde auf einem Campingplatz bei Grosseto eine Speise mit der Bezeichnung »Du entgehst zum gitterrost« angeboten, auf Italienisch waren das Scampi alla griglia. Dazu muss man wissen: scampare heißt »entgehen«, scampi bedeutet »du entgehst« – wobei das Interessante ist, dass nicht erwähnt wird, wem »du« (wer denn überhaupt?) entgehst, wohl aber wohin: alla griglia, zum Gitterrost, dem Schicksalsort so vieler Scampi. Kann man da wirklich von »entgehen« reden, jedenfalls wenn »du« ein Tiefseekrebs wärest? Man grübelt lange.

      Zum Besten im Genre zählt die Nachricht von Herrn U. aus Falkensee, der in der polnischen Stadt Torun (zu deutsch: Thorn) ein Restaurant namens Magyar Etterem Hungaria besuchte, wobei Hungaria keineswegs »großer Appetit« bedeutet, sondern »Ungarn«. Hier fand U. ein Gericht namens »Schweinefleisch Dänemark«, eine Seite weiter sogar »Dänemark ohne Fleisch«. U. hatte polnische Verwandte bei sich, die erklärten, das polnische danie bedeute »Gericht«, sein Plural sei dania, was »Dänemark« heiße. Also seien dania z wieprzowiny einerseits »Schweinefleischgerichte«, andererseits »Schweinefleisch Dänemark«. Und vegetarische Speisen (»ohne Fleisch« also) sind »Dänemark ohne Fleisch«. U. schreibt: »Allein die Möglichkeit, als Deutscher in einem ungarischen Restaurant in Polen »Dänemark« bestellen zu können, begeistert mich. Solche Chancen verdanken wir der europäischen Einigung.«

      Und wenn auch die Türkei einmal der EU beiträte? Dann wäre unser Glück perfekt, denn hier kommt nun der absolute Höhepunkt des Themas, die Rezepte auf der einerseits türkischen, andererseits irgendwie deutschsprachigen Internetseite turkiyeninrehberi.com auf die mich Herr K. aus Mittenwald hingewiesen hat. Dort wird (sehen Sie nach, wenn Sie es nicht glauben) unter anderem die Zubereitung so wunderbarer wie selten-seltsamer Speisen erläutert: Kunsti Erwürgt Salat, Schenkel der Frau Kofte, Feiger Fischteich, Hühnchen und Gemüse stopften sich voll, Pilaf mit Leber und Wahnsinnigen, Aufregung Kebabi, Auf und Ab Geback, Enträtselte Schweiß-Geback sowie, ist es denn die Möglichkeit!?: Atem Mit Pilz.

      Solche Gerichte sind, das wird jeder Verständige einsehen, nicht mit normalen Mitteln zuzubereiten. Wir finden daher im Rezeptteil Maßnahmen wie folgende:

      »Hacken Sie die Rakete, bevor alle Zutaten mischen.«

      »Breiten Sie sich über den Salat gleichmäßig.«

      »Vermischen Sie sich mit Hackfleisch.«

      »Füllen Sie sich mit Mischung, Verständigen Sie sich in einem Kochtopf nebeneinander.«

      »Kochen Sie Die Salat-Blätter freundlich.«

      »Nehmen Sie den Halblamm-Hieb, biegen Sie es und Krawatte(Band) mit Seil, Platz in einem Brett.«

      »Verständigen Sie sich auf einem eingefetteten Backen-Bettuch.«

      »Machen Sie die feigen geistigen Leiste-Fähigkeiten hout Knochen, und teilen Sie sich in vier.«

      »Waschen Sie sich und Blutgeschwür in zwei Schalen des Wassers, bis sie ziemlich weich sind.«

      »Peitschen Sie den Käse.«

      »Zerquetschen Sie oder schleifen Sie die pistachio Wahnsinnigen.«

      »Falte-Ecken von Geback über Zentrum, leicht drückende Ecken, um auf Robbenjagd zu gehen.«

      »Waschen Sie sich und trocknen Sie die Auberginen.«

      »5 Minuten vor dem Ende der kochenden Zeit, Fügen Sie die Erbsen und den schwarzen Pfeffer, Decke mit einer Serviette hinzu, und reisen Sie nach 20 Minuten ab

      Falls Sie nach Ihrer Abreise noch kochen möchten, hier ein Komplettrezept, jenes für »Senf-Steak-Leiste« nämlich:

      »Schmutzflocke der Knoblauch und Senf auf zur Leiste. Gestellt in zum Ofen dann Schmutzflocke brät das feine weiße Mehl auf Leiste es dann. Dienen Sie durch Senf-Wurst. Guter Apetite.«

      DUDEUTSCHLAND

      Das Ruck- und Racker-Gerede nahm kein Ende mehr, gerade hatte es in Bild noch geheißen »Wir sind Papst«, da begann 2005 die große Kampagne Du bist Deutschland.

      Muss man denn alles selbst machen?, dachten nicht wenige von uns.

      Du bist Deutschland. Verlage, Fernsehanstalten, alle hatten sich untergehakt, überall in Duzland stellten sie Anzeigenplatz im Wert von dreißig Millionen bereit.

      Dreißich Milljonen, is dit mehr wie hundat mal hundat, Vatta?

      Ja, mein Sohn, und außerdem gibt es noch heute die offizielle Internet-Seite Du-bist-Deutschland.de, auf der hatte ein anonymer Sprachkünstler das Manifest »Du bist das Wunder von Deutschland« veröffentlicht, vielleicht haben den Text auch Nena, Horst Köhler und Maharishi Yoga gemeinsam geschrieben, man weiß es nicht.

      Jedenfalls beginnt das Manifest folgendermaßen: »Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen. Der Windstoß, der durch seinen Flügelschlag verdrängt wird, entwurzelt vielleicht ein paar Kilometer weiter Bäume.«

      Wenn das so ist, möchte man angesichts der immer zahlreicher werdenden Naturkatastrophen sagen: Vielleicht könnten die Herren Schmetterlinge mal ein bisschen vorsichtiger sein?

      Aber Achtung: Das ist eine Metapher, du verstehn, Deutschland? Metaffa. Will bedeuten: kleine Ursache, große Wirkung. Du, kleiner Mann, der du Deutschland bist, zu dem wir also unsere Dreißig-Millionen-Kampagne hinuntertröten, kannst Erhebliches bewirken, wenn du dich ein bisschen zusammenreißt. In der Sprache des Manifests: »Du bist von allem ein Teil. Und alles ist ein Teil von dir.« So weit wäre noch alles in Buddha, aber nun kommt’s langsam dicke. Denn manifest heißt eigentlich »handgreiflich«, und deswegen schreiben die Manifest-Autoren: »Deutschland hat genug Hände, um sie einander zu reichen und anzupacken. Wir sind 82 Millionen. Machen wir uns die Hände schmutzig. Du bist die Hand. Du bist 82 Millionen.« Das ist die Stelle, an der man, erstens, sich fragt, warum eigentlich nur immer Pete Doherty in den Entzug muss. Zweitens möchte man Jack Nicholson zitieren, wie er in Besser geht’s nicht sagt: »Wer in Metaphern spricht, kann mir mal den Schritt shampoonieren.«

      Aber! Wir sind noch nicht am Ende, Deutschland, auch wenn du jetzt deine 164 Millionen schmutzigen Hände über deinen 82 Millionen Köpfen zusammenschlägst.

      Wir sind nicht am Ende!

      Denn da war ja noch die Sache mit den Flügeln. Und den Bäumen. Darauf muss man zurückkommen,

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