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Platz zwei meiner kleinen Antwort-Hitliste lag Michael Lentz mit dem Rat: »Bei Unschlüssigkeit, ob der zum Aufstehen angemessene Körperzustand erreicht ist, in einem unter dem Bett liegenden Buch lesen.« Ja nun, aber wie? Hat der Mann ein Glasbett? Liegt er, samt Buch, lesend unter seiner Lagerstatt?

      Falls jemand übrigens unschlüssig ist, was er lesen sollte … Warum nicht mal wieder Max Frisch und seine Tagebücher, darin die Frage: »Wieso haben die Intellektuellen, wenn sie scharenweise vorkommen, unweigerlich etwas Komisches?«

      B

      BETÄUBUNGLÄRM

      Gelegentlich erreichen mich deutsche Übersetzungen von Reiseprospekten, die in einem so süßen Deutsch abgefasst sind, dass man sofort aufbrechen möchte (→ Aufstellungsort des Seins). Zum Beispiel die Gemeinde Santa Teresa Gallura auf Sardinien (das schickte Frau H. aus Erlangen), welche ihren Gästen schreibt: »Netter Gast, Willkommen zu Santa Teresa Gallura. Wir hoffen, daß die verhaltenen Auskünfte diese Broschüre ihr nützlich zurückkommen können. Santa ist Teresa Gallura eine kleine Mitte, wenig weniger weniger von fünftausend Einwohner …«

      Dort, in Santa Teresa Gallura, befindet sich übrigens an einer Tankstelle ein Autostaubsauger, von dessen Existenz mich eine andere Leserin, Frau von K. aus Icking, unterrichtete. Sie las auf einem Schildchen dessen Gebrauchsanweisung: »Nur Stadtpulver können eingesaugt werden.« Frau von K. saugte Sand und Muscheln, was der Sauger erstaunlicherweise aber alles klaglos aufnahm und dem in seinem Inneren befindlichen Stadtpulver (oder im Falle von Santa Teresa Gallura, 4681 Einwohner, vielleicht eher: Städtchenpulver) hinzufügte.

      Oder hier, das sandte eine Leserin, deren Brief ich leider verschlampt habe, ein ins Deutsche übertragenes Gedicht über die Isola Maggiore im Trasimenischen See:

      » Es gibt keine Verkehrsampel,

      Zebrastreifen und Schutzmann

      mit dem Taschenbuch,

      keine Auto-Mopeds

      Betäubunglärm.

      Ist deiner Kopf zu schwer,

      oder eilig Klapf dir deines

      Herz, oder ist der Strick zu

      viel gespannt ? – Komme

      hier: es gibt jedes Mittel.«

      Unübertroffen aber ist ein Text, in dem Anfang der neunziger Jahre der damalige Fremdenverkehrsdirektor des slowenischen Thermalbades Dolenjske Toplice, ein leider verstorbener Herr namens Pjut, seine Heimat pries. Herr S. aus Eichenau schickte mir die sentimental-poetischen Zeilen, in denen nicht nur die Schönheit Weißkrains (das ist die Gegend, in der die Thermen Dolenjske Toplices sich befinden) vor unserem geistigen Auge erscheint, sondern auch die Größe und Ausdrucksfähigkeit der deutschen Sprache jenseits aller grammatischen Korrektheit und Verständlichkeit. Pjut schrieb: »Hier leben die Leute, denen sind die Woerter: das Has, die Unfreundlichkeit, Hochmut, Aufgeblasenheit, und vielleicht noch die Ungastlichkeit – fremdlich … In Weisskrain die Traurigkeit, ueble Laune und aenliche Sache ausdunsten, weil die sind nicht in Zusammenhang mit Gesang und Jauchzen … Weinsfruehlung kann nur in seine Brust werden wo – wegen guten Tropfen – die Arme Reiche, unglueckliche glueckliche, Feinde Freunde und die Narren Vernunfte entstehen. Behalten sie da um alles – was sie schon vergessen haben dass noch existiert – zu einsaugen.«

      Und (dies wirklich abschließend) falls Sie je das Hotel The Tea Factory in Sri Lanka besuchen, das früher wirklich einmal eine Teefabrik war, stellen Sie sich auf Folgendes ein, übersandt von Herrn F. aus München: »Erst das Hotel als ein Tee Fabrik gebaut das war in gute Kondition das Hochgeschwindigkeit blaste Wind zu halten. Das Wind fliest brancht naturalich fur grune Tee Blatter trocken die erste Processe der Orthodox Tees. Manche Gueste denken das Larm kommt aus das Wind und stort Mann ind er Nacht weitermehr whrend der Mittelnacht konnte Mann trommlen un dlante Texte singen hores von Nachbare Bauern dass sie Wild Tiere wie Wild Schweine und Wilde Buffelows. Die Gemuse und Kartofel Anbau zerstoren kommen farn zu haltenversuchen. Wenn Sie finden dies alles zu Schdafen stort konnen Sie an die Rezeption wenden und kostenlos Wattepfropfe kriegen.«

      BEUTELTROPFEN

      Falls Sie einmal in London-Heathrow landen und zwecks Weiterflug nach Gatwick transportiert werden möchten, vergessen Sie auf keinen Fall diese Information von British Airways, eingesandt von Frau P. aus Langenbach: »Wenn Sie mit britischen Fluglinien reisen und bereits eine verschalende Karte für Ihren vorwärts Flug haben, benutzen Sie unseren schnellen Beuteltropfen-Service, um Ihre Beutel niederzulegen.«

      Das Wort »Beuteltropfen« verstand ich nicht, ich gab es also bei Google ein und landete so auf www.articlestreet.com, wo ich eingehend über französische Leuchter informiert wurde und eine Reihe von hochinteressanten neuen Wörtern lernte, ich zitiere auszugsweise:

      »Wenn Sie einen Leuchter in Ihrem Haus hängen, das Sie schönes und praktisches etwas erwerben und ein Gegenstand, der ein Fokus für den Raum wird. Alle weiteren Dekorationen rotieren um ihn. Es wird ein sprechenpunkt, das Mittelstück … Die Art des Leuchters, der mit Franzosearbeit ist, ist mehr geöffnet mit seiner strukturellen hauptsächlichunterstützung, die nicht durch Ketten oder einen Stamm aber eher durch einen Rahmen oder einen Rahmen mit den hübsch gebogenen Armen geliefert wird, häufig vergoldet und mit Tropfen oder Kerzen im Mitteraum … Das ironwork auf französischen Leuchtern bis zum den 1900s war superbly verfeinert und attraktiv. Der Stamm konnte die Blätter und Stiele haben, die weg von ihm stützende Kristalltropfen, Blumen und Korne kräuseln. Für alle Girlanden und Beuteltropfen ist Glasarme, volle Panoplie anderer Elemente, der französische Leuchter unterscheidend nie schwer oder gedrängt und immer, anziehend…«

      Das finde ich nun wieder großartig von British Airways. Dass sie für die wenigen Besitzer französischer Leuchter, die unter Mitnahme ihres Leuchters nach Heathrow fliegen und von dort aus Richtung Gatwick weiterreisen müssen, einen solchen Service anbieten!

      Wenn ich aber sagen sollte, woran mich der Beuteltropfen-Service in Wahrheit noch erinnert: Es ist der Brief von Herrn S. aus Unterschleißheim, der schrieb, er grübele seit Längerem »über die Aufforderung an den Zapfsäulen der Tankstellen, man solle ›Blasenfrei zapfen‹. Die ›Zapfpistole‹ ließ sich ja nicht beeinflussen, Blasen zu bilden oder nicht«. Aber gerade jetzt, schreibt S., da er »überlege, ob es nicht doch eine Anspielung auf die Probleme älterer Männer ist, scheint die Aufforderung zu verschwinden«.

      Stattdessen aber gibt es ja nun den Beuteltropfen-Service, vielleicht gerade auch für ältere Herren.

      Noch später verstand ich dann, dass der »Beuteltropfen-Service« eigentlich ein Bag Drop Service ist. Man kann dort also seine Tasche abgeben, droppen, aber Bag heißt eben nicht nur »Tasche«, sondern auch »Beutel« und Drop nicht nur abgeben, sondern auch »Tropfen«, und so ist es im Grunde ja auch viel schöner, rätselhafter, weiterführend.

      BIERMÖRDER

      Wir sitzen beim Frühstück, und Luis fragt: »Wovon gibt es eigentlich mehr: Wörter oder Menschen?«

      Das sind Fragen, die mir gefallen. Wenn ich mir zehn Gründe überlegen müsste, warum es schön ist, Kinder zu haben, dann wäre einer der ersten drei Punkte auf dieser Hitliste: dass sie einem solche Fragen stellen.

      Paola sagt: »Das ist eine sehr gute Frage, Luis.«

      »Ja, aber die Antwort«, sage ich.

      Es entsteht eine Pause. Dann sage ich: »Kommt darauf an, ob du nur jeweils das einzelne Wort meinst, oder ob man die Wiederholung eines Wortes mitzählt. Also, wenn ich ›Wolkenkuckucksheim, Wolkenkuckucksheim, Wolkenkuckucksheim‹ sage, sind das drei Wörter, oder ist es eines?«

      »Ist egal«, sagt Luis.

      »Ist es nicht«, sage ich. »Wenn es drei Wörter sind, ist die

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