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Begriffe der Psychologie. Rainer Maderthaner
Читать онлайн.Название Begriffe der Psychologie
Год выпуска 0
isbn 9783846357156
Автор произведения Rainer Maderthaner
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Bindungsstil siehe S. 420 ff.
Der Bindungsstil ist ein besonders wichtiges Vorhersagekriterium psychischer Gesundheit einer Person. Die »Bindungstheorie« von Bowlby (1969, 1973, 1980) betont die evolutionäre Bedeutung des Bindungsbedürfnisses ab der Geburt bis ins Erwachsenendasein und beschreibt die Folgen positiver und negativer Bindungserfahrungen in der frühen Kindheit in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Feinfühligkeit der primären Bezugsperson (meist Mutter). Mary Ainsworth entwickelte ein standardisiertes Beobachtungsverfahren zur Identifizierung von bestimmten Verhaltensmustern, wie Kinder im Alter von 11 bis 20 Monaten auf eine Trennung von der Mutter reagieren (Ainsworth et al., 1978). siehe → Bindungsverhalten.
Bindungsverhalten siehe S. 420
Mary Ainsworth entwickelte ein standardisiertes Beobachtungsverfahren zur Identifizierung von bestimmten Verhaltensmustern, wie Kinder im Alter von 11 bis 20 Monaten auf eine Trennung von der Mutter reagieren (Ainsworth et al., 1978). In diesen Bindungsmustern (→ Bindungsstilen) drückt sich zum einen das Bindungsverhalten gegenüber vertrauten Personen aus und zum anderen eine Repräsentation der erlebten Beziehungen (»Inneres Arbeitsmodell« nach John Bowlby), einschließlich einer Repräsentation von sich selbst und den anderen (Selbstwertgefühl und Vertrauen; s. Zimmermann et al., 1995; Gallo & Smith, 2001).
binokulare Tiefenhinweise siehe S. 140
Eine lebenswichtige Wahrnehmungsfunktion ist die Transformation zweidimensionaler Netzhautbilder in eine dreidimensionale Interpretation der Wahrnehmungswelt. Aus der Wahrnehmungsforschung wissen wir, dass für die räumliche Interpretation von visuellen Eindrücken sowohl spezielle Hinweisreize in den flächigen Bildern als auch Rückmeldungen aus dem Wahrnehmungsvorgang herangezogen werden. → Monokular sind dabei jene Indikatoren, die auch einäugig wirksam werden, während die binokularen Tiefenhinweise nur über beide Augen zustande kommen. Ein physiologischer Mechanismus, der sich nur für die Einschätzung naher Distanzen (etwa bis zu zwei Metern) eignet, ist das Ausmaß der → Konvergenz der Augenachsen in Richtung eines fixierten Objekts. Je stärker die Augenachsen von der parallelen Ferneinstellung in eine konvergierte Naheinstellung überwechseln müssen, als desto näher wird das Objekt empfunden. Ein zweiter Hinweis auf die räumliche Tiefe eines Objekts stammt von den unterschiedlichen Perspektiven beider Augen bzw. von den in beiden Augen unterschiedlichen Netzhautbildern für nahe Gegenstände, was auch als → retinale Disparität oder als »binokulare Querdisparation« bezeichnet wird. Die etwas unterschiedlichen linksäugigen und rechtsäugigen Abbildungen naher Gegenstände werden vom Gehirn für die Berechnung einer Räumlichkeitsinterpretation genützt, was am Beispiel sogenannter »magischer Bilder« eindrucksvoll demonstriert werden kann. Diese und andere → optische Täuschungen lassen sich durch den Versuch des Wahrnehmungssystems erklären, flächige Darstellungen unter Heranziehung von Tiefenhinweisen räumlich zu interpretieren.
Binomialverteilung siehe S. 73
Die besondere Bedeutung der → Normalverteilung (oder »Gauß’schen Glockenkurve«) und der (mit ihr verwandten) Binomialverteilung in der Statistik ist darauf zurückzuführen, dass beide als Idealformen zufallsbedingter Verteilungsprozesse angesehen werden. Bei empirischen Variablen wird angenommen, dass sich ihre Werte aus einer wahren Komponente und einer zufälligen Fehlerkomponente zusammensetzen.
Biofeedback siehe S. 194
Als Biofeedback bezeichnet man die zumeist elektronische Registrierung und optische oder akustische Rückmeldung von physiologischen Reaktionen (z. B. Herzschlag, Blutdruck, Muskelspannung). Damit werden im physiologischen System Funktionsveränderungen trainierbar, die sonst nicht willkürlich steuerbar sind.
biologische Perspektive siehe S. 50
Bei dieser Forschungsausrichtung werden psychologische Phänomene hauptsächlich durch die Funktionsweise der Gene, des Gehirns, des Nervensystems oder anderer biologischer Systeme erklärt.
biologischer Rhythmus siehe S. 109
Viele Lebensprozesse werden vom Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst, sodass sich im Laufe der Evolution auch beim Menschen eine Art »innere Uhr« herausgebildet hat. Dieser → zirkadiane Rhythmus (Biorhythmus) reguliert die Wachheit des Organismus in Phasen von »zirka« einem Tag (lat. »dies«: Tag), genauer 24–25 Stunden (»Chronobiologie«). Die kleinen individuellen Abweichungen des → Biorhythmus vom realen 24-Stunden-Tagesrhythmus werden durch die verantwortlichen Steuerungszentren im Gehirn (Suprachiasmatische Kerne, Hypothalamus, Zirbeldrüse) aufgrund von Lichtwahrnehmungen und Tagesrhythmus (z. B. Essintervalle) korrigiert (Birbaumer & Schmidt, 2006). Bei regulärem Biorhythmus sinken in der Nacht die Körpertemperatur, die Atemfrequenz, die Herzrate, die Sauerstoffaufnahme und der Appetit, hingegen nehmen die Ausschüttung von Wachstumshormonen, die Schmerzempfindlichkeit, die Reaktionszeit und die Fehleranfälligkeit des Verhaltens zu.
biologischer Speicher siehe S. 210
Da zu speichernde Erfahrungen und Wissensinhalte umso größere Lebensrelevanz besitzen, je häufiger sie in Erlebnisfolgen vorkommen, lösen dichte Wiederholungen von Erfahrungen einen raschen Lernprozess aus. Tatsächlich lässt sich sowohl bei einfachen als auch bei komplexen Lernvorgängen (z. B. Silbenlernen, Addieren, mathematisches Beweisen, schriftstellerische Fertigkeit) der erzielte Lernfortschritt mittels einer positiven Potenzfunktion beschreiben (0,0 < Exponent < 1,0; Anderson, 2000). Dieses → Potenzgesetz des Lernens (»power law of learning«; Newell & Rosenbloom, 1981) besagt, dass erste Wiederholungen von gleichartigen Erfahrungen relativ schnell zur Einprägung führen und die nachfolgenden immer langsamer. In analoger Weise sollte die Löschung von »statistisch unnützen« Einprägungen erfolgen, das sind solche, die nicht durch besondere Speicherfaktoren, wie zum Beispiel durch Aktivierung oder Emotionalität gefestigt werden. Tatsächlich lässt sich bei vielen Lerninhalten auch der Vergessensprozess annähernd durch eine Potenzfunktion charakterisieren – nun aber mit negativem Exponenten (→ Potenzgesetz des Vergessens). Der biologische Speicher hat also die Tendenz, alles wieder zu löschen, was nicht permanent in seiner Lebensrelevanz bestätigt wird. Anderson (2000, 233) sieht die Ursache für diese schnelle Vergessensbereitschaft in der evolutionären Anpassung des Gedächtnissystems an die jeweilige »statistische Struktur der Realität«. Als Indiz für diese Annahme führt er die Themen in den Headlines von Zeitungen an, deren Wahrscheinlichkeit, an einem bestimmten Tag in der Zeitung vorzukommen, sich relativ exakt über die (negative) Potenzfunktion ihres Erscheinens in vorangegangenen Zeitungsausgaben errechnen lässt.
biopsychosozialer Ansatz siehe S. 401
Da unter Umständen auch »normale« Alltagsbedingungen oder bestimmte Extremsituationen zu außergewöhnlichen bzw. speziellen Bewusstseinszuständen (z. B. durch Hyperventilation, Alkoholgenuss, Fieber) oder irrationalen Verhaltensweisen führen und auch diagnostische Fehlinformationen vorliegen können, müssen nach dem sogenannten biopsychosozialen Ansatz schon bei der Diagnose, besonders aber bei der näheren Analyse von psychischen Störungen sowohl biologische, psychische als auch soziale Situationsbedingungen mitberücksichtigt werden.
Biorhythmus siehe S. 109
Viele Lebensprozesse werden vom Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst, sodass sich im Laufe der Evolution auch beim Menschen eine Art »innere Uhr« herausgebildet hat. Dieser → zirkadiane Rhythmus (Biorhythmus) reguliert die Wachheit des Organismus in Phasen von »zirka« einem Tag (lat. »dies«: Tag), genauer 24–25 Stunden (»Chronobiologie«). Die kleinen individuellen Abweichungen des Biorhythmus vom realen 24-Stunden-Tagesrhythmus werden durch die verantwortlichen Steuerungszentren im Gehirn (Suprachiasmatische Kerne, Hypothalamus, Zirbeldrüse) aufgrund von Lichtwahrnehmungen und Tagesrhythmus (z. B. Essintervalle) korrigiert (Birbaumer & Schmidt, 2006). Bei regulärem Biorhythmus sinken in der Nacht die Körpertemperatur, die Atemfrequenz, die Herzrate, die Sauerstoffaufnahme und der Appetit,