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Figurationen, so bestehen diese ebenfalls über unterschiedliche Medien, deren Produktion und Aneignung hinweg. Dies betrifft nicht nur klassische Medien der Massenkommunikation, sondern mit WIKILEAKS, TWITTER und Blogs ebenso Medien des Social Webs. Wir haben es aber auch mit kommunikativen Figurationen von global agierenden sozialen Bewegungen zu tun, die sich über das Internet und Mobiltelefon organisieren und gleichzeitig traditionelle Massenmedien zu nutzen wissen, um zum Beispiel ihre politischen Ziele als Teil globaler Medienevents zu inszenieren.

      Mit fortschreitender Globalisierung der Medienkommunikation sind gegenwärtige kommunikative Figurationen in hohem Maße vielfältig. Manche – wie beispielsweise die kommunikativen Figurationen, die eine nationale Medienöffentlichkeit ausmachen – sind territorial bezogen. Sie bewegen sich nicht einfach nur (weitgehend) in den Grenzen von Nationalstaaten, sondern artikulieren diese mit. Andere kommunikative Figurationen wiederum sind konstitutiv für Phänomene, die gerade nicht in einem solchen Rahmen fassbar sind: kommunikative Figurationen der bereits erwähnten Diasporas, populärkulturellen Vergemeinschaftungen, sozialen Bewegungen usw. Zu denken ist in diesem Zusammenhang aber auch an die kommunikativen Figurationen, die für einzelne Orte kennzeichnend sind wie beispielsweise den der globalisierten Stadt. Hier werden weitere kulturelle Bezüglichkeiten geschaffen, wie auch kulturelle Hybridisierungen entstehen, die empirisch durch zum Teil sehr eigene Spezifika gekennzeichnet sind.

      Solche Beispiele machen deutlich, dass sich das Konzept der kommunikativen Figuration in hohem Maße eignet, die in diesem Aufsatz für die betrachteten drei Diskursfelder umrissenen Forschungsfoki und -agenden der transkulturellen Kommunikation in eine praktische Kommunikations- und Medienforschung umzusetzen. Bezogen auf die in Tabelle 1 (S. 37) dargestellten Punkte lässt sich dies wie folgt zuspitzen:

       Transkulturelle Konnektivität und Kommunikationsbeziehungen: Das Konzept der kommunikativen Figuration bezieht sich nicht auf Fragen einzelner Medien, sondern setzt seinen Akzent auf die (medienvermittelte) kommunikative Artikulation verschiedener soziokultureller Entitäten. Hierdurch eignet es sich in hohem Maße zum Erfassen vielschichtiger kulturspezifischer wie transkultureller Konnektivitäten bzw. Kommunikationsbeziehungen sowie von deren Relevanz für die kommunikative Konstruktion von Wirklichkeit.

       Transkulturalisierung und Hybridisierungsprozesse: Das Konzept der kommunikativen Figuration eignet sich dazu, Hybridisierungsprozesse auf handhabbarer Ebene zu erfassen. Auch »dritte Räume« und »Kontaktzonen« konstituieren sich in bestimmbaren kommunikativen Figurationen, ebenso wie Prozesse der »Transkulturation« in kommunikativen Figurationen greifbar werden.

       [41]Transkulturelle Vergleiche und Mehrebenen-Untersuchungen: Das Konzept der kommunikativen Figuration ist skalierbar, d. h., auf Phänomene sehr unterschiedlicher Ebenen beziehbar, und liegt damit jenseits eines in der transkulturellen Medienund Kommunikationsforschung immer wieder kritisierten impliziten Ansatzpunkts national-territorialer Vergleiche und Bezugsgrößen. Hierdurch eignet es sich auch für komplexe vergleichende Mehrebenen-Untersuchungen.

      Durch eine Betrachtung von kommunikativen Figurationen erreicht man also eine weitere empirische Konkretisierung des Ansatzes der transkulturellen Kommunikation, nämlich im Hinblick auf die Analyse der Gesamtheit von für die kommunikative Artikulation einer Entität (Familie, Diaspora, Öffentlichkeit usw.) relevanten Muster von Kommunikation, die es in einer vergleichenden Analyse zu erfassen gilt. In der Erhebungs- und Auswertungsmethode kann eine Analyse kommunikativer Figurationen sehr unterschiedlich angelegt sein, je nachdem, um welche Art von Entität es sich handelt. Um hier nochmals die genannten Beispiele zu verwenden: Für die Analyse der kommunikativen Figuration einer Öffentlichkeit bietet sich beispielsweise die Kombination von Inhaltsanalysen, Befragungen von Medienschaffenden und Rezipierenden an, für die Analyse der kommunikativen Beziehungen einer Diaspora bieten sich Kommunikationsnetzwerkanalysen an oder für die Auseinandersetzung mit den kommunikativen Figurationen von Familien (virtuelle) Ethnografie und teilnehmende Beobachtung. Der Kernpunkt einer Figurationsanalyse ist also nicht das Erhebungs- und Auswertungsinstrument, sondern die Erschließung der grundlegenden Muster dieser kommunikativen Artikulation in ihrer Gesamtheit. Zu einer transkulturellen Medien- und Kommunikationsforschung wird eine solche Figurationsanalyse dann, wenn sie die Dialektik der kulturellen Grenzüberschreitungen und Grenzziehungen auf spezifische Weise erfassbar macht.

      An dieser Stelle ist es gleichwohl wichtig, im Blick zu haben, dass kulturelle Phänomene Mehrebenen-Phänomene sind. Eindrücklich zeigt sich dies in Kreislaufvorstellungen von Kultur, wie sie sich mit den Cultural Studies in der kulturanalytischen Medien- und Kommunikationsforschung verbreitet haben. Wichtig war hierbei das Encoding/Decoding-Modell von Stuart Hall (1980; 1994b; 1999), mit dem dieser – u. a. angeregt durch den Kreislauf des Warenkapitals von Karl Marx – das Phänomen des Fernsehens im Spannungsverhältnis von Encoding und Decoding verortet. Weiter ausdifferenziert wurde eine solche Perspektive dann durch Richard Johnson (1986), der den Kreislauf der Kultur durch vier Instanzen vermittelt sah: erstens die Produktion einzelner Kulturprodukte, zweitens diese selbst als Texte betrachtet, drittens deren Interpretation und viertens schließlich die Kultur als Lebensweise. In ganz ähnlichem Sinne haben auch Paul du Gay et al. (1997: 3) Kultur im Rahmen eines Kreislaufs beschrieben. Als zentrale kulturelle Prozesse dieses Kreislaufs haben sie die Repräsentation, die Identität, die Produktion, den Konsum und die Regulation von Kultur begriffen.

      [42]Abbildung 3: Kreislauf der Medienkultur

      Quelle: eigene Darstellung

      Solche Überlegungen aufgreifend können wir sagen, dass sich in einem Kreislaufzusammenhang Artikulationsebenen von Medienkultur ausmachen lassen. Dies ist erstens die der Produktion, die die Strukturen, Praktiken und Prozesse der »Hervorbringung« von Kulturprodukten beschreibt. Zweitens ist dies die der Repräsentation, d. h. der »Darstellung« von Kultur in Kulturprodukten. Eine dritte Artikulationsebene ist die der Aneignung, also des Prozesses des aktiven »Sich-Zu-Eigen-Machens« von Kultur als Lokalisierung im Alltag. Diese drei Ebenen bilden insofern den Kern von Medienkultur, als es sich hierbei um diejenigen handelt, die in einem klassischen Verständnis den Kommunikationsprozess als solchen ausmachen. Daneben erscheint es aber noch wichtig, zumindest zwei weitere Ebenen im Blick zu haben, nämlich die der Identifikation und Regulation. Bei der Identifikation handelt es sich um die Artikulationsebene von Kultur, die den (fortlaufenden) Prozess der Artikulation von Identität auf Basis vermittelter kultureller Muster und Diskurse beschreibt. Regulation hingegen bezeichnet die Einflussnahme nichtproduzierender Institutionen und Formationen (bspw. Politik) auf Kultur.

      Bezieht man solche Überlegungen zurück auf den Begriff der kommunikativen Figuration, geht es darum, entlang dieser Artikulationsebenen und der sich in ihnen konkretisierenden Machtverhältnisse die kommunikativen Figurationen transkultureller Kommunikation zu erfassen. Gemäß unserer bisherigen Argumente heißt dies für die Beschäftigung mit transkultureller Kommunikation zweierlei: Einerseits interessiert entlang der unterschiedenen Artikulationsebenen die kommunikative Beziehung[43] zwischen den verschiedenen Medienkulturen. Welche kommunikativen Figurationen der Produktion aber auch Regulation bestehen zwischen verschiedenen Medienkulturen? Inwiefern schaffen verschiedene Medienprodukte oder herausgehobene Medienereignisse eine transkulturelle Beziehung zwischen ihnen? Welche alltagsweltlichen Kulturbeziehungen werden in den kommunikativen Figurationen der Medienaneignung geschaffen?

      Haben wir aber im Blick, dass eine Beschäftigung mit transkultureller Kommunikation auch bedeutet, sich mit dem Prozess der Transkulturation innerhalb von nur scheinbar stabilen Kulturen auseinanderzusetzen, geht es auch um eine Auseinandersetzung mit kommunikativen Figurationen in den verschiedenen Medienkulturen. Hier mögen dann andere Fragen interessieren: Inwieweit wird Transkulturation in den Praktiken der Medienproduktion greifbar? Wie ist in der kommunikativen Figuration von scheinbar nationalen medialen Repräsentationen Transkulturalität eingeschrieben? Was zeichnet die kommunikative Figuration einer Diaspora bezogen auf Transkulturalitäts-Erfahrungen aus?

      Solche Fragen verdeutlichen, dass die Figurationen transkultureller Kommunikation hochgradig komplexe und auch widersprüchliche Zusammenhänge sind. Eine Hilfe ist es deshalb, diese kommunikativen Figurationen entlang der unterschiedlichen

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