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Stimmen für mich keine konkret akustische Qualität wie eine tatsächlich von außen kommende Stimme, jedoch klingen sie anders als meine und drücken sich auch anders aus, als ich es tue), das Wahrnehmen von Dingen, die „nicht da“ sind (für unseren Körper und Gehirn schon), die Flashbacks, und (erkennbaren) Switches.

      Es gibt verschiedene Grade der Abspaltung und somit auch Unterschiede, wie komplex wir, also Persönlichkeitsanteile und -Subsysteme, ausgebildet sind. Ob wir weitestgehend eigenständig handeln können, klar zu trennen sind, ob wir amnestisch zueinander stehen. Wir werden auch wegen unserer „Aufgabenbereiche“ und der Fähigkeit, komplex oder sinnvoll geplant zu handeln, nach dem Modell der strukturellen Dissoziation in zwei Hauptkategorien unterschieden: Anscheinend Normale Persönlichkeitsanteile (ANP) und Emotionale Persönlichkeitsanteile (EP) (Van der Hart et al.). Unter anderem ist die Komplexität und Schwere der Abspaltung abhängig von der individuellen Fähigkeit zu dissoziieren, den Voraussetzungen und Fähigkeiten, um vehemente und schwer ertragbare Emotionen zu regulieren und auszuhalten. Ferner spielen das Alter, in dem die Traumatisierungen erfahren werden, die Bedeutung, die wir dem Ereignis zuschreiben, die Heftigkeit, Unberechenbarkeit und andauernde Wiederholung eines Traumas eine Rolle. So haben wir, wenn die Dissoziationen nicht nur akute Abwehr sind – wie etwa durch Abspaltung das Schmerzempfinden ausschalten oder ein einzelnes Trauma tragen, in dem sie gefroren sind –, sondern als chronisch verwendeter Überlebensmechanismus grundlegend unsere Persönlichkeitsstruktur formen, eigene Aufgaben, Wahrnehmung und Sensibilität, Werte, Bedürfnisse, Eigenschaften und Fähigkeiten, unterschiedliches Körper- und Schmerzempfinden, Alter, Geschlecht, Symptomatiken und Stimmungen (können uns in diesen manifestieren – manche von uns haben eine Essstörung oder Anfälligkeit für Migräne ect., andere nicht). Kein Anteil kann umgebracht oder vernichtet werden, und es geht nicht darum, andere zu kontrollieren, sondern uns durch (Kennen)Lernen und Zusammenarbeit zu ent-wickeln. Es geht um mehr Integration, damit wir wissen wie und vor was wir uns schützen müssen, sogenannte internen Kommunikation, damit der aktuelle Kontext klar ist, wichtige Informationen verteilt werden und wir Menschen wiedererkennen und ihre Rolle, in der sie zu uns stehen. Wir haben uns so verwickelt, um Extremsituationen zu meistern. An sich ist genau das passiert, was hätte passieren sollen – unser Gehirn hat für Überleben gesorgt. Unsere Anpassungen waren also im Moment des Traumas lebensnotwendig, sind aber langfristig gesehen meist dysfunktional oder schädigend.

      Dadurch, dass wir alle eigene Erfahrungen, unterschiedliche Erinnerungen an bzw. durch die polaren Sichtweisen, verschiedene Auffassungen von der Autobiografie haben und auch unsere Stärken wie Schwächen verschieden verteilt sind, haben wir alle auch unterschiedliche Trigger, Auslöser. Sie können entweder Wechsel oder Flashbacks, Intrusionen, Panikattacken auslösen, was genaugenommen auch eine Form von interner Kommunikation ist. So gibt es manche Themenbereiche für die einzelne/einige Anteile zuständig sind, die dann auch nur diese Erinnerungen daran tragen. Das heißt, dass manche Anteile in bestimmten traumatischen Erfahrungen entstanden und festgehalten sind, wodurch sie, wenn sie getriggert werden, immer noch so fühlen und handeln wie damals, wohingegen sich der Rest des Systems nicht, oder einzelne vielleicht aus anderer Perspektive, daran erinnern kann, bzw. gar nichts von ihrer Existenz weiß.

      Manche sind auch nur für bestimmte Verteidigungsstrategien zuständig, welche sie, wenn sie getriggert werden, ausführen, egal ob sie heute noch angemessen sind oder nicht. Teilweise sind diese Strategien relativ primitiv und entsprechen eben nicht den aktuellen Zuständen. Das können entweder die traumatisch bedingten, „tierischen“ Strategien zum Überleben sein (Kämpfen-Flüchten-Erfrieren-Unterwerfen). Oder es sind Möglichkeiten, das Trauma und alles, was dazugehört, außerhalb des Bewusstseins zu halten, jegliche potenziellen Trigger zu vermeiden, was dann uns „ANPs“ (im Folgenden „Alltagsionäre“) zugeschrieben wird. In den Zeiten der Gewalt war es überlebensnotwendig, dass wir Wahrnehmungen der Welt geschaffen haben, durch die manche Anteile in der Illusion leben konnten, dass alles in Ordnung sei. Teilweise wurden diese Illusionen auch einzelnen Anteilen absichtlich auferlegt, damit wir nach außen verlässlich diese „heile Ordnung“ wiedergaben. Es kann Kinderanteile geben, die als sehr unauffällige, zufrieden scheinende Kinder auftreten, weil sie, wortwörtlich, in ihrer eigenen Watte-Welt leben, oder welche, die sich stets ins Spielen vertiefen, um den Rest der Welt auszuschalten. Sie scheinen eher zurückhaltend, ängstlich oder auch „zu sensibel“ (weil unbewusst ja Angst-Terror herrschte), aber sonst leise, glücklich und zufrieden. Das ist, wenn wir die Zeit betrachten, in der wir uns täglich in Gefahr befanden, keine verwerfliche Art, es irgendwie zu überstehen, und macht deutlich, warum es funktionierte, ohne aufzufallen.

      So sind oft einzelne Anteile für einen gewissen Bereich im Alltag zuständig, den sonst niemand übernehmen oder zumindest nicht so gut erfüllen kann.

      Erfahrungen prägen uns, wir lernen aus ihnen. Das ist bei allen Lebewesen so. Und wenn wir, aufgrund unserer jeweiligen Trigger, immer in bestimmten Situationen an die Front gerufen werden, formen wir uns natürlich dementsprechend, und im Falle chronischer Traumatisierung verändert sich auch das ganze System. So werden wir bereits vor ersten bewussten Kontakten mit anderen dissoziierten Anteilen, obwohl wir nichts Konkretes von ihnen wissen, beeinflusst oder entwickeln uns auf bestimmte Art in bestimmten Bereichen. Weil nämlich manche Bereiche von bestimmten Anteilen besetzt und diese für andere dadurch verhindert werden. So kann es sein, dass wir z. B. keine enge Beziehung eingehen, weil bestimmte Anteile uns davon abhalten oder Versuche, Bindung herzustellen bzw. zu halten, zum Scheitern gebracht werden, da Beziehung und das sich Öffnen für sie immer Missbrauch oder Verlust bedeutet hat. Das passiert jahrelang, ohne dass wir wissen, wer wie und warum mitmischt, wodurch sich das Gefühl falsch zu sein und die Überzeugung, diese echten sozialen Interaktionen „nicht zu können“, sehr stark halten. Doch es ist auch so, dass manche von uns tatsächlich eine andere Sprache sprechen (wörtlich und metaphorisch) und sich in neuen Kontexten, die nicht von Machtgefällen geprägt sind, nicht zurechtfinden. Prinzipiell gibt es keine Regeln oder Richtigkeit für dissoziative Persönlichkeitssysteme, ebenso, wie es keine Regeln oder Richtigkeit für integrations-typische Menschen und ihre Fähigkeiten/Erfahrungen/Anteile gibt. Es gibt so viele verschiedene Konstellationen wie es eben verschiedene Menschen gibt. Und doch sind natürlich Parallelen zu finden. Ähnlichkeiten zwischen uns innerhalb und auch zwischen Systemen. Es kann schließlich maximal zwei Pole geben, sobald ein drittes Element in einem System ist, gibt es Gleichheiten.

      Es ist immer so, dass Überlebensstrategien nur dann und nur so vor sich gehen, wie sie sinnvoll für das Überleben sind, alles andere würde im Sinne der Evolution nicht als Automatismus in uns verankert sein. Wenn ein schützender Anteil entsteht, ist manchmal die Hauptsache, dass dieser weitmöglichst anders ist, als wir uns in diesem Moment empfinden. Oder dass wir uns mit Eigenschaften wahrnehmen, mit welchen wir nicht in diese Situation kommen würden oder zumindest nicht ausgeliefert wären. Auch ist es sehr sinnvoll, dass wir bei wiederholter physischer Gewalt manche ein relativ stumpfes oder kein Schmerzempfinden haben bzw. – exakter formuliert – dass diese Anteile verlässlich ihr Schmerzempfinden abspalten können, denn einfach weg sind die Schmerzen ja nicht. Sonst würden sie in Flashbacks nicht wiederkommen können. Es können auch Anteile entstehen, die fiktiv, was hier nicht menschlich bedeutet, sind. Wenn wir so unmenschlich behandelt werden oder auch absichtlich, gezielt als Unwesen betitelt, kann es passieren, dass wir diese Prägung in uns aufnehmen, weil alles andere unerträglich wäre. Alle im System haben einen Sinn, wenn auch nur verständlich für die bedrohte Seele, die so versucht, in ihrer Not das Trauma zu überleben. Wenn wir als Kinder z. B. regelmäßig gefesselt werden, wäre es logischer, eine Schlange zu sein, die sowieso keine Beine und Arme hat. Logischer und auch angenehmer, als die unerträgliche Idee in Betracht zu ziehen, von einer Person, der wir womöglich sonst auch noch vertrauen, misshandelt zu werden auf eine Weise, in der sie uns unsere Fähigkeit zu laufen nimmt. Wenn wir nach außen nicht fliehen können und als Kinder sowieso kaum eine andere Möglichkeit haben, müssen wir nach innen fliehen, wir können nicht anders, als in uns und zwischen den Welten zu verschwinden.

      Später, in eigentlich sicheren Lebensumständen können sich manche dieser Strategien sehr dysfunktional zeigen, was in folgenden Kapiteln deutlich wird. Wir verlieren ohne, zu (zumindest partieller) Integration führender therapeutischer Arbeit, und damit auch ohne unsere Zuwendung

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