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Sexting und Cyberbullying.

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      Was für ein heißer Sommer. Auch heute wird das Thermometer wieder über die 30-Grad-Marke klettern. Elif packt das Badezeug in den Rucksack, sie will nach der Schule mit Kim, Meret und Anna ins Strandbad. Die vier sind eine Clique und kleben in diesen Tagen vor den langen Sommerferien förmlich zusammen. Sie sind unzertrennlich: Alle für eine, eine für alle. »Eine für alle« findet Elif allerdings nicht so toll, wenn es um die Hausaufgaben geht. Kaum trifft sie sich vor Schulbeginn mit ihren Freundinnen, verlangen sie von Elif die Hausaufgaben zum Abschreiben. Elif zeigt sie selbstverständlich her, fühlt sich aber ausgenutzt, insbesondere von Kim, die wirklich nie etwas selbst erledigt. So hat sie es vor ein paar Tagen einer Freundin erzählt. Nun stellt sich heraus, dass diese sich verplappert hat; Kim weiß, dass sich Elif über sie beschwert hat. Kim ist wütend, empört sich über Elifs fehlende Loyalität und verlangt eine Wiedergutmachung.

      Meret gefällt Kims Forderung, sie wittert Action und tuschelt während des Unterrichts mit Kim über eine passende Vergeltungsaktion. Nach der Schule halten die beiden Elif hinter dem Wartehäuschen der Bushaltestelle fest. Kim spuckt auf den Boden und befiehlt Elif, den Klecks als Entschuldigung aufzulecken. Alle lachen, auch Elif. Doch als sie locker über den Scherz hinweggehen will, wird die Sache plötzlich ernst. Meret hält Elif fest, Kim zerrt sie zu Boden. Das findet Anna, die bis jetzt recht teilnahmslos danebengestanden hat, nun doch etwas krass. Meret zeigt auf Kims rot lackierte Zehen und fordert von Elif ultimativ, Kims Füße zu küssen, sonst werde sie aus der Clique ausgeschlossen. Elif tut angewidert, was von ihr verlangt wird. Kim hält die Szene spontan mit der Handykamera fest, währenddessen Anna gelangweilt auf den Busfahrplan schaut und etwas von Tropenhitze und endlich baden nölt. Während der Busfahrt sehen sich Kim und Meret das Filmchen wieder und wieder an, lachen angeekelt und verpassen es fast, aus dem Bus auszusteigen. Sie klopfen der bekümmert schweigenden Elif auf die Schulter, es sei ja nur Spaß und eh alles wieder gut. Meret sagt, wenn Elif sich weiterhin schön die Hausaufgaben abschreiben lasse, dann werde bestimmt auch niemand Kims Filmchen sehen. Die vier schlendern an der Bibliothek vorbei zum Strandbad. Anna sucht der Clique einen schattigen Liegeplatz und streckt sich auf ihrem Badetuch aus, die Ohren zugestöpselt, die Augen geschlossen. Sie wäre lieber irgendwo anders, denn was hier abgeht, missfällt ihr, sie fühlt sich gar nicht wohl.

      Nach einer kurzen Abkühlung im Wasser kehrt etwas Entspannung ein. Die vier Mädchen quatschen und zeigen sich gegenseitig ihre liebsten Musikvideos. Die Smartphones zirkulieren, und in einer unbeobachteten Sekunde löscht Elif das peinliche Filmchen. Sie atmet erleichtert auf. Kim entdeckt allerdings schnell, dass der Film von ihrem Handy entfernt worden ist. Rasend vor Wut, zerrt sie Elif an den Haaren. Elif reißt sich los, packt in aller Eile ihren Krempel zusammen und flüchtet in die Umkleide. Sie fühlt sich unendlich allein und kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Elif zieht sich um, stopft das nasse Badezeug in die Tasche und quetscht sich im letzten Moment in den vollen Bus. Sie hat nicht bemerkt, dass Meret und Kim ihr zur Garderobe gefolgt sind und Meret sie heimlich beim Umziehen fotografiert hat.

      Anna, die sich gleich nach dem Haargezerre aus dem Staub gemacht hat, zieht sich zu Hause mit einem Buch in ihr Zimmer zurück. Sie versucht, den schlimmen Nachmittag zu vergessen – vergeblich. Ihr Handy surrt, und das Bild der nackten Elif leuchtet auf dem Display auf. Gleichzeitig verbreitet sich das Foto über sämtliche virtuellen Kanäle. Kurz darauf erscheinen die ersten fiesen Kommentare: Igitt!! Voll peinlich!!!!! Die zieht sich wohl für jeden aus?!

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      Jon und Mirko kennen sich bereits seit dem Kindergarten und haben vieles zusammen erlebt: Sie bauten riesige Legoburgen und entwarfen Pläne für das kühnste Raumschiff. Sie pirschten als Blutsbrüder Winnetou und Old Shatterhand über Felder, demolierten bei einer unerlaubten Spritzfahrt Nachbars Mofa und standen gemeinsam dafür gerade.

      Seit dem Übertritt in die Sekundarschule hat sich vieles verändert. Die beiden Jungs wurden in verschiedene Klassen eingeteilt, und Jon muss feststellen, dass Mirko zunehmend mehr Zeit mit seinem neuen Klassenkollegen Max verbringt. Nicht, dass Mirko seinen Freund aus Kindertagen nicht mehr dabeihaben möchte. Er darf mit zum Skaten, zu dritt üben sie Tricks, auch andere Dinge machen sie gemeinsam. Jon ist dabei, aber eigentlich möchte er Mirko wieder ganz für sich allein haben – so wie früher. Er ist sauer auf Max, der ihm seinen besten Freund weggenommen hat.

      Frustriert und gelangweilt sitzt Jon zu Hause vor dem Computer. Er gründet aus seiner üblen Laune hinaus eine Chatgruppe namens Wannabe (englisch für Möchtegern) und lädt alle Kumpel dazu ein, die nie um einen Spruch verlegen sind. Mirko bekommt keine Einladung, Max schon gar nicht. Über ihn postet Jon nun Gemeinheiten und fiese Lügen. Er stellt Max als arroganten Angeber und Verlierer dar: Max bluffe, kein Skater der Schule könne sich mit ihm messen. Er solle erst mal einen sauberen Kickflip springen, ohne sich die Nase aufzuschürfen. Max trage miefige alte Schuhe und peinliche Kleider, sein Board sei potthässlich, postet Jon weiter. Sein Plan geht auf, schnell finden sich im Chat Leute, die seine fiesen Kommentare liken, die mitlästern und noch einen draufsetzen.

      Max merkt bald, dass etwas läuft. Er wird auf dem Pausenhof immer öfter blöd angegrinst, bekommt giftige Sprüche zu hören, und dies auch von Schülern, die er kaum kennt. Es liegt etwas in der Luft, die Spannung ist regelrecht greifbar. Dies spürt auch Mirko. Er rät Max, die Sprüche zu ignorieren. Doch als Max nach der Turnstunde seine Kleider im Mülleimer der Mädchenumkleide wiederfindet, lässt er sich nicht mehr beruhigen. Die sich täglich wiederholenden Beleidigungen, das Dissen, die Gemeinheiten belasten ihn sehr und rauben ihm nachts den Schlaf. Im Traum läuft Max stolpernd und unter brüllendem Gelächter durch einen unendlich langen Gang, gelangt schließlich zu den Toiletten und sieht im Spiegel, dass auf seiner Stirn in fetter Schrift »Depp!« eintätowiert ist. Schweißgebadet wacht er aus diesem Albtraum auf.

      Kai aus Max’ Klasse gehört dem Wannabe-Gruppenchat an, weil ihn Jon hinzugefügt hat. Zu Beginn postete er einen unüberlegten Spruch, danach schenkte er dem Chat wenig Aufmerksamkeit. Doch was jetzt gegen Max läuft, geht Kai definitiv zu weit. Der Chatverlauf zeigt, wie die Gemeinheiten und Angriffe zu einer regelrechten Lawine angewachsen sind. Kai ärgert sich, dass er nicht sofort aus der Gruppe ausgetreten ist, schließlich hat ihm Max nie etwas getan. Kai merkt, dass er – ohne es wirklich zu wollen – zu dieser fiesen Angelegenheit beigetragen hat ...

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      WIR ENTWICKELN VIEL SCHNELLER NEUE DINGE, ALS WIR MIT IHNEN UMGEHEN KÖNNEN – ALS BENUTZER, VOR ALLEM ABER ALS MENSCHEN UND ALS GESELLSCHAFT.

      David Bauer, Autor

      Als Napoleons Ägyptenfeldzug 1798 entschieden war, dauerte es Wochen, bis Paris Kenntnis davon hatte, ob eine Niederlage zu verkraften oder ein Sieg zu feiern war. Bis ins 19. Jahrhundert verbreiteten sich Nachrichten nur so schnell, wie ein Mensch sie transportieren oder ein Pferd galoppieren konnte. Die Geschwindigkeit verdoppelte sich um 1830 mit dem Aufkommen der Eisenbahn und revolutionierte sich mit der Erfindung der Telegrafie. Der Morseapparat befreite die Kommunikation aus ihrer materiellen Übermittlungsträgheit und ermöglichte Kommunikation im immensen Tempo des elektrischen Stroms.

      Kommunikations- und Unterhaltungstechnologien verändern und perfektionieren sich – oder sie werden überholt oder verdrängt. Man erinnere sich an ...

      –die Musikkassette: Dank ihr konnten die Charts direkt mitgeschnitten und konnte ein eigenes Mixtape erstellt werden. Ein persönlicher Mix taugte (manchmal) als charmante Liebeserklärung und hatte die Kraft, Beziehungen zu kitten. Die Musikkassette leierte, riss und etablierte den Bleistift als Reparaturwerkzeug.

      –das Faxgerät: Es surrte, ratterte und spuckte schließlich ein Stück Thermopapier mit halbwegs leserlichem Text aus. Noch in den Neunzigern ermöglichten diese Geräte während größerer Reisen eine günstige, zeitungebundene und schnelle schriftliche Kommunikation mit daheim gebliebenen Angehörigen.

      –das analoge

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