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Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten. Группа авторов
Читать онлайн.Название Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten
Год выпуска 0
isbn 9783429060954
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
Серия Erfurter Theologische Studien
Издательство Bookwire
22 Ebd. 165.
23 J. Görres, Gesammelte Schriften, Band XVII. Schriften zum Kölner Ereignis, erster Teil, Athanasius, bearbeitet von H. Hürten, Paderborn 1998.
24 Staatslexikon, 817.
Die strengkirchliche Mobilisierung der Diözese Rottenburg im Spiegel der Statusrelationen von Bischof Paul Wilhelm von Keppler
Claus Arnold
Der Rottenburger Bischof Paul Wilhelm (von) Keppler (1852-1926) ist der Forschung vor allem als prominenter Antimodernist bekannt,1 der sich in seinem Bistum2 durch die Ausmerzung „modernistischer“ Neigungen bei Seminaristen und Professoren hervortat.3 Auch Kepplers episkopaler Stil hob ihn von seinen Vorgängern ab: Er umkleidete sein Amt, das zuvor eher mit der Jovialität schwäbischen Honoratiorentums versehen worden war, mit byzantinisierender Weihe.4 Von sich selbst sprach er in seinen Hirtenbriefen als „der Bischof“. Dennoch dürfen auch die Momente der Kontinuität nicht übersehen werden, die Kepplers Episkopat prägten. So hat Dominik Burkard betont, dass Keppler bei seinen antimodernistischen Eingriffen in die Priesterbildung durchaus an frühere Mahnungen des Rottenburger Ordinariats in Richtung Tübingen anknüpfen konnte („keine Geistesbildung ohne Herzensbildung“), dabei aber nie so weit ging, „die Strukturen der württembergischen Bildungstradition anzutasten“, also die Bedeutung von Wilhelmsstift und Tübinger Fakultät grundsätzlich in Frage zu stellen.5 Die wissenschaftliche Tüchtigkeit des Rottenburger Klerus hatte Keppler schon in seinem Antrittshirtenbrief vom 18. Januar 1899 hervorgehoben.6 Auch in theologischer Hinsicht vermochte Keppler zuweilen durch eine „Tübinger“ Nüchternheit und Christozentrik zu überraschen. So betonte er etwa in seinem Hirtenbrief vom 15. August 1904 zum fünfzigjährigen Jubiläum der Dogmatisierung der unbefleckten Empfängnis Mariens: „Die wahre Marienverehrung muss von Herzen kommen, äußere Werke sind hier ohne Wert und Nutzen, wenn sie nicht vom inneren Geiste getragen werden. Die Andacht zu Maria muss zur treuen Beobachtung der Gebote ihres göttlichen Sohnes führen. Denn wenn wahre Liebe nur diejenige ist, welche die Herzen gleichförmig macht, dann müssen wir bestrebt sein, Christo zu dienen, in gleicher Weise, wie seine heiligste Mutter es getan. Was die weiseste Jungfrau bei der Hochzeit zu Kana zu den Dienern sagte, das sagt sie auch zu uns: ‚Was immer er euch befiehlt, das tuet [Joh 2,5].‘ “7 Und als sich nach dem Ende des württembergischen Staatskirchentums 1918 die Gelegenheit zu einer grundlegenden Revision der Gründungsvorgaben des Bistums, etwa durch eine Verlegung des Bischofssitzes, ergab, optierte Keppler für rottenburgisch-württembergische Kontinuität und begnügte sich damit, den zuvor schon begonnenen Kurs der ultramontanen Mobilisierung der Diözese zu forcieren8.
Vor diesem Hintergrund reizt ein näherer Blick auf Kepplers episkopales Wirken vor 1914, um dieser Mobilisierung weiter nachzuspüren. Das Bistum Rottenburg hatte im 19. Jahrhundert durch die Opposition des Bischofs Carl Joseph von Hefele (1809-1893) auf und nach dem I. Vaticanum,9 die Vermeidung eines Kulturkampfs zwischen Staat und Kirche,10 die durch Hefele gebremste politische Mobilisierung der Katholiken und die vergleichsweise große konfessionelle und religiöse Konzilianz eine gewisse Sonderrolle gespielt. Schon Rudolf Reinhardt und seine Schüler haben aber in ihren maßgeblichen Arbeiten11 betont, dass sich die Koordinaten in den letzten Regierungsjahren Hefeles, vielleicht schon beeinflusst von seinem Koadjutor und Nachfolger Wilhelm Reiser (1835-1898), und dann vollends unter Bischof Keppler, verschoben haben, nachdem durch den frühen Tod des erwählten Bischofs Franz Xaver von Linsenmann (1835-1898) ein konzilianter Amtsinhaber ausgefallen war. Diese langsame Veränderung der kirchlichen Pragmatik im Bistum kann als fortschreitende Ultramontanisierung und Episkopalisierung interpretiert werden. Sie markiert aber auf jeden Fall ein langsames Zurückschwenken des Bistums in den „mainstream“ des deutschen Katholizismus, in dem es am Ende von Kepplers Episkopat fast nahtlos aufgeht.12
Das Bemühen Bischof Kepplers um eine „Normalisierung“ der Diözese Rottenburg im römischen Sinne schlägt sich nicht zuletzt darin nieder, dass er 1902, wie er selbst meinte, erstmals eine ausführliche relatio status an die Kurie sandte. Tatsächlich lag in Rom aber wenigstens eine vorhergehende Relation vor, nämlich der kurze, nur vierseitige Bericht von Bischof Joseph von Lipp (1794-1869) aus dem Jahr 1852.13 Bei seiner Visitatio Liminum 1906 musste Keppler allerdings feststellen, dass sein umfassender Bericht über den Zustand der Diözese im römischen Geschäftsgang verloren gegangen war, weshalb er am 7. Juni 1907 ein „Update“ der Fassung von 1902 einreichte, das 27 maschinenschriftliche Seiten umfasste.14 Zusammen mit dem kurzen Bericht von 1909 und der weiteren ausführlichen Relation von 191315 verrät Kepplers Rechenschaft natürlich primär etwas über seine eigene Wahrnehmung der Diözese und die anliegenden pastoralen Aufgaben; sie kann aber auch in kritischer Betrachtung als Ausgangspunkt für unsere Frage nach der Mobilisierung der Diözese unter Keppler dienen.
Expansion des Bistums und Bautätigkeit
Im weltkirchlichen Vergleich hatte das Bistum bis 1913 beachtliche Ausmaße angenommen. Es umfasste 739.995 Katholiken (bei 1.671.183 Protestanten, 11.982 Juden und 14.414 Sonstigen in Württemberg), davon 1.227 Priester, 30 Alumnen im Rottenburger Priesterseminar und 150 im Wilhelmsstift. Im Reich lag es damit unter den 30 Sprengeln an 13. Stelle.16 Die 695 Pfarreien und 40 Quasipfarreien, die in der Größe zwischen 11.000 und 130 Seelen variierten, waren in 29 Dekanaten zusammengefasst und verfügten neben dem Dom über 783 Kirchen, 642 Filialkirchen und 415 Oratorien. Da viele Pfarreien, zumal in den Städten, groß waren, wies Rottenburg mit 166 Kaplänen und 145 Vikaren eine relativ hohe Zahl von Hilfsgeistlichen auf.
Keppler versäumte nicht, die Expansion des Bistums hervorzuheben: Seit 1850 seien nicht weniger als 80 Kirchen und Oratorien in den Diasporagebieten neu erbaut worden und seit 1870 50 neue Kirchen in Städten, die schon vorher eine Pfarrei besessen hatten. Vor allem sein Vorgänger Reiser habe Großes in der Sorge für die Diasporakatholiken geleistet, der Bonifatiusverein und die Freigebigkeit der Gläubigen des Bistums hatten das Ihre beigetragen. Im Geiste des Historismus favorisierten die Bischöfe von Hefele bis Keppler dabei die Neuromanik und Neugotik. Unter Keppler kamen aber auch Bauten und Gestaltungen im Geiste des Neubarock bzw. Neoklassizismus oder im „Beuroner Stil“ zur Ausführung. So ließ Keppler, der sich 1901 die Burg Straßberg zur Sommerresidenz erwählt hatte, dort 1906 eine Kapelle einbauen und sie 1908 – natürlich – im Beuroner Stil ausmalen.
Gottesdienst und Pastoral