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fünf und zwanzig Prozent der Gesamtbevölkerung.“13 Die entscheidende Expansion des Christentums dürfte daher erst nach Kaiser Konstantin (306-337) erfolgt sein. Bis dahin bilden die Christen eine Minderheit, wenn ihr Einfluss in der römischen Gesellschaft auch wesentlich größer ist, als ihre Zahl. Denn ansonsten könnte man sich die feindlichen Maßnahmen des Staats und die im ausgehenden 2. Jahrhundert einsetzende Kritik der heidnischen Philosophen nicht erklären. Nicht nur die Christen, sondern auch ihre Gegner betrachten die Kirche offensichtlich als eine aufstrebende und dynamisch wachsende religiöse Gemeinschaft.

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      Abb. 5 Die christlichen Gemeinden im zweiten Jahrhundert.

      HOFMANN, Johannes, Antike und Christentum – eine fruchtbare Begegnung an der Wiege Europas, in: KRIMM, Stefan / SACHSE, Martin (Hg.), Wenn Kulturen aufeinandertreffen – europäische Begegnungen in Vergangenheit und Gegenwart (= Acta Hohenschwangau 2007) München 2008, 74-95; hier 74-77 (mit Quellen und Literatur).

       1.5 Die Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten

      Nach dieser allgemeinen Skizze stellt sich die Frage nach der frühchristlichen Expansion in den einzelnen Regionen und Zentren der damaligen Welt. Denn sowohl im Ausmaß als auch im Tempo der Glaubensverbreitung zeichnen sich in den verschiedenen Gebieten des Römischen Reichs jeweils recht unterschiedliche Verhältnisse ab.

      1.5.1 Palästina und Syrien (vgl. die Karte von Abb. 5)

      Nachdem die christlichen Hellenisten schon zur Zeit des Stephanusmartyriums aus Jerusalem vertrieben wurden, müssen um 66/67 auch die christlichen Hebräer unter jüdischem Druck kurzfristig nach Pella bzw. ins Ostjordanland ausweichen.14 Von dort aus missionieren diese noch stark dem mosaischen Gesetz verpflichteten Christen das syrisch-arabische Gebiet zwischen dem Ostufer des Toten Meers und Beröa, einer Region östlich von Antiochien und Damaskus. Wahrscheinlich ziehen sie sich auch deshalb nach Pella zurück, weil sie neben Jerusalem vor allem in Galiläa verwurzelt sind, in der Heimat der Familie Jesu, die an der nach Nordosten ausgreifenden Mission maßgeblich beteiligt ist. Auch nach dem Tod des Herrenbruders Jakobus leitet mit Simon ben Klopas ein Vetter Jesu die Jerusalemer Gemeinde, wie überhaupt die Verwandten des Herrn, wie sie in den Quellen heißen, von Nazaret und Kochaba aus missionieren. So kann z.B. die noch vor dem Stephanusmord erfolgte Gründung der Gemeinde von Damaskus nur von Galiläa aus erfolgt sein, wie auch die östlich des Jordan gelegene Dekapolis altes judenchristliches Missionsgebiet gewesen sein dürfte.

      Im benachbarten Syrien blühen schon sehr bald die Gemeinden von Damaskus, Tyrus und Sidon auf, während sich das syrische Antiochien aufgrund seiner Größe und aufgrund des kurzfristigen Wirkens des Apostels Petrus und des Märtyrerbischofs Ignatius († um 110) schon früh eines höheren Ansehens erfreut. Bereits im Laufe des 2. Jahrhunderts können dort Mitglieder der heidnischen Oberschicht für das Christentum gewonnen werden. Mitte des 3. Jahrhunderts macht sich der hohe kirchliche Rang dieser Metropole deutlich bemerkbar, denn dort versammeln sich um 251/53 unter dem Vorsitz des Bischofs Demetrianus von Antiochien eine Reihe von bedeutenden kleinasiatischen Bischöfen zu einer Synode.

      Ein wichtiges Missionszentrum stellt auch das ostsyrische Edessa dar. Die Legende, dass der dortige König Abgar mit Jesus korrespondiert und der Apostel Thomas in der Stadt missionarisch gewirkt haben soll, verweist auf den frühen, erfolgreichen Anfang der dortigen Christengemeinde. Nach der Bekehrung des Königshauses wird der christliche Glaube hier bereits um 200 quasi Staatsreligion.

      1.5.2 Ägypten (vgl. die Karte von Abb. 5)

      Die ältesten Zeugnisse für ein frühes Christentum am Nil bilden Papyrusfragmente aus dem 1. und 2. Jahrhundert. Unter ihnen ragt der um 130 entstandene, berühmte Papyrus 52 mit Bruchstücken des Johannesevangeliums (Joh 18,31-33) hervor. Aufgrund seines ursprünglich sehr eigenartig gefärbten Christentums, das in späterer Zeit als häretisch empfunden und daher in seinen Textbeständen nicht weiterüberliefert wurde, ist sehr wenig über die christlichen Anfänge Ägyptens bekannt. Doch könnte die Gemeinde von Alexandrien eventuell apostolischen Ursprungs sein, da bereits Clemens von Alexandrien († um 220) eine missionarische Verbindung zwischen dem Petrusschüler Markus und der Kirche von Alexandrien herstellt.15 Außerdem übt der Bischof von Alexandrien schon im frühen 3. Jahrhundert über ganz Ägypten einen gewissen jurisdiktionellen Primat aus, der ihm 325 auf dem Konzil von Nizäa bestätigt wird. Weit überlokale Bedeutung besitzt die berühmte Theologenschule von Alexandrien mit ihren hervorragenden Lehrern Clemens und Origenes († um 253), die vom ausgehenden 2. bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts hier wirken und die christliche Theologie auf der Grundlage christlicher und klassisch-antiker Bildung maßgeblich beeinflussen.

      1.5.3 Griechenland und Kleinasien (vgl. die Karte von Abb. 5)

      Die frühen Anfänge von kleinasiatischen und griechischen Gemeinden sind bekannt. Genannt seien die paulinischen Gründungen Ephesus, Philippi und Korinth. Diese und andere Gemeinden der besagten Region entfalten eine intensive missionarische Tätigkeit, die – über die städtischen Gemeindegrenzen hinaus – aufs flache Land vordringt. So bezeugt der römische Statthalter Plinius schon um 111/12 Christen unter der ländlichen Bevölkerung der Provinz Bithynien. Um 170 schreibt Bischof Dionys von Korinth an eine Reihe von neuen Gemeinden dieses Raums, z.B. an die auf Kreta beheimateten Gemeinden von Gortyna und Knossos. Die Gemeinden von Kleinasien sind so zahlreich, dass hier schon Ende des 2. Jahrhunderts Bischofssynoden zusammentreten, um Maßnahmen gegen die Montanisten zu beraten. Letztere breiten sich vor allem auf dem Land aus und bezeugen daher erneut die Christianisierung ländlicher Regionen. Daneben sind in Kappadozien Mitte des 3. Jahrhunderts bereits jährliche Bischofssynoden üblich, was auf eine fortgeschrittene Kirchenorganisation schließen lässt. Über ein phrygisches Städtchen weiß der Kirchenhistoriker Eusebius von Cäsarea († um 339/40) im Rahmen der Diocletianischen Christenverfolgung (um 304) folgendes zu berichten:

      „Soldaten umzingelten ein ganzes von Christen bewohntes Städtchen in Phrygien, warfen Feuer hinein und verbrannten die Insassen samt Frauen und Kindern, die da laut zu Gott, der über allem ist, um Hilfe riefen. Denn die gesamte Einwohnerschaft, selbst der Schatzmeister und die Beamten nebst dem Rat und dem ganzen Volk, bekannten sich zu Christus und gehorchten in keiner Weise dem Befehl, den Götzen zu opfern“ (h. e. 8,11,1).

      So muss es Anfang des 4. Jahrhunderts im kleinasiatischen Raum schon geschlossen christliche Ortschaften gegeben haben.

      1.5.4 Das westliche Nordafrika (vgl. die Karte von Abb. 5)

      Im Unterschied zu den griechischen und kleinasiatischen Gemeinden liegen die Anfänge der nordafrikanischen Kirche im Dunkeln. Dabei besitzt gerade sie ein ausgeprägtes frühchristliches Profil. Hier taucht nämlich im ausgehenden 2. Jahrhundert plötzlich ein betont lateinisches Christentum auf; hier entstehen erste Versuche einer lateinischen Bibelübersetzung zu einer Zeit, in der die übrige Kirche noch griechisch betet, spricht und denkt. Historisch greifbar wird das nordafrikanische Christentum erstmals in den um 180 in lateinischer Sprache

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