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Aber oft – und mit den Referenzen auf Schlamelcher und Hengsbach auch hier – werden eben doch alarmierende semantische Kulissen hereingerollt, und sie erscheinen mir so massiv alarmierend bzw. polarisierend, dass ein produktiver interdisziplinärer Dialog schwierig wird – ein intradisziplinärer ebenfalls.

      Die Bad Guys dieser Reflexionen sind regelmäßig die aus Krisenzeiten schmerzhaft erinnerten Unternehmens- und Wirtschaftsberater; kritisiert werden die Ökonomisierung von Gesellschaft und Kirche, die Reduktion von Pastoral auf ökonomisch messbare Effizienz und Rentabilität, der sakral selbstüberhöhte Kapitalismus als vorgebliche Ersatzreligion sowie etwa die Senkung von Personalkosten durch Arbeitsverdichtung, zentrales Management und Fusionen. Von neoliberalen Marktlogiken handeln die Argumente der distanzierten Abstandsbestimmung zwischen den jeweils erkenntnisleitenden Interessen von Ökonomik und Theologie.

      Noch einmal: Alles das ist ja nicht abwegig und bedarf einer Reflexion, aber es führt meines Erachtens schon zu lange nicht mehr weiter, theologisch so zu verfahren. Um als Wirtschaftswissenschaftler/in oder Unternehmer/in mit uns Theolog/innen produktiv über Ökonomik und Kirche ins Gespräch zu kommen, muss man scheinbar jedes Mal einleitend oder ausleitend eine enorme Batterie an m. E. zu pauschalen Zuschreibungen und mithin auch Klischees über sich ergehen lassen.

      Und um als Theolog/in mit ökonomisch verdiskursivierten Konzepten mit Theolog/innen ins Gespräch zu kommen, muss man scheinbar auch im Jahr 2017 und sicher auch 2018 noch immer ein Kapitel Kapitalismus-Bashing vorwegschicken, um nicht dasselbe Schicksal zu erleiden. Für die Theologie ist das leicht von der Hand gehendes Standardprogramm, mühsam aber für alle übrigen Beteiligten und Betroffenen.

      Die Bedenken und Rückfragen sind für sich genommen oft gewichtig und bedürfen teils (!) einer fortgesetzten Debatte. Die nicht nur theoretisch erschütternde Wirkung des unvorbereiteten Einschlags der baren Ökonomie in die Seelsorge ist mir dabei aus den Krisenjahren meines Heimatbistums Aachen schmerzhaft vertraut, als Kolleg/innen entlassen wurden und Lebensträume krass zerplatzten, als eben keine Zeit und kein Geld mehr da waren, um theologisch und menschlich verantwortbarere und pastoral nachhaltigere Entscheidungen zu treffen, als eben nur noch die Zahlen entschieden. Freilich: Es waren nicht die Unternehmensberater, die sich da fiskalisch verplant hatten.

      Und es drängt mich, darauf hinzuweisen, dass diese Tonalität des Diskurses den etwa in GS 44 unhintergehbar formulierten Auftrag an die Kirche faktisch untergräbt, die Welt „da draußen“ nicht als Leistungsempfängerin im Sinne einer missverstandenen „Angebotspastoral“ fehlzudeuten, sondern als co-kreative Lösungspartnerin angesichts der Herausforderung des anbrechenden Reiches Gottes.

      Der Beitrag von Mette hält diesbezüglich das gebotene Gleichgewicht, aber ich möchte doch anhand seiner Argumente zuspitzen: Mit den bisher dominanten Strategien im interdisziplinären Dialog halten wir uns die wirklich interessanten Gesprächspartner/innen systematisch und erfolgreich vom Leib Christi.

      Statt uns in aufregende, inspirierende und vor allem persönliche Dialoge mit teils visionären und weitsichtigen Denker/innen zu begeben, deren Theorien gerade im Feld von Innovation und Gründung mithin theologisch anregend, anschlussfähig und instruktiv daherkommen, verbleiben wir theologisch letztlich im Gespräch unter uns und verschieben – in bester Absicht zwar – im Ergebnis aber tragischerweise den Kontakt zu Ökonomie und Ökonomik so lange, bis es wieder mal eine Finanzkrise unausweichlich macht, mit auf’s reine Zahlenwerk spezialisierten Wirtschaftsberatern dann unausweichliche Kürzungen und Entlassungen zu beschließen.

      Dies ist erkennbar nicht Norbert Mettes Intention. Aber auch sein Beitrag scheint mir in der Tendenz nicht davor gefeit, aus ökonomischer Sicht das Missverständnis zu nähren, dass es der Theologie um die großen Warnkulissen mehr geht als um das interdisziplinär durchaus anstrengende Lernen im Detail.

      Mein Kritikimpuls geht daher gegen den Titel, den diese Kontroverse bekommen hat. Mit dem Titelvorschlag „Wie viel Ökonomie verträgt die Pastoral?“ wird ein wechselseitiges Nullsummenspiel beider Diskurse schon vorprogrammiert.

      Die aktuelle ökonomische Sichtweise von Innovation und Gründung überholt übrigens die über viele Jahrzehnte vorherrschende Annahme, für das Neue bedürfe es unbedingt besonderer Wagnisbereitschaft und Kreativität.

      Auch präsentiert sich die Entrepreneurshiptheorie mittlerweile nicht mehr als Subdisziplin der BWL, sondern als echte Interdisziplin nicht nur des Erkennens von Gegebenheiten, sondern der kreativen Schöpfung von Gelegenheiten. Und beim hochinteressanten Blick etwa auf soziale, ökologische oder kulturelle Unternehmungen begegnet die Notwendigkeit wirtschaftlicher Nachhaltigkeit regelmäßig nur als zwar notwendige, aber eben nicht alles entscheidende Nebenbedingung.

      Müsste man nun in der zeitgenössischen deutschsprachigen Theologie nicht jeden nachbarschaftlichen Spaziergang mit den Wirtschaftswissenschaften mit all den o. g. Präliminarien absichern, könnte man darüber ein interessantes Gespräch führen. Vielleicht wäre daher die Rahnersche Idee vom Tutiorismus des Wagnisses mit 50 Jahren Abstand zunächst auf die Theologie selbst zu wenden.

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