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Gestalten eucharistischer Anbetung. Stefanie Maria Höltgen
Читать онлайн.Название Gestalten eucharistischer Anbetung
Год выпуска 0
isbn 9783429064167
Автор произведения Stefanie Maria Höltgen
Жанр Документальная литература
Серия Bonner dogmatische Studien
Издательство Bookwire
1910 stirbt sein langjähriger Seelenführer Abbé Huvelin; und als nur ein paar Jahre später der Erste Weltkrieg ausbricht, bleibt auch das Gebiet des Hoggar nicht unberührt von den Ereignissen, die den Rest der Welt erschüttern. Es kommt zu Aufständen und Kämpfen. Dennoch will Charles die Tuareg gerade in dieser Situation nicht verlassen. Trotz des kleinen Forts, in das er sich zurückgezogen hat, kommt es am 1. Dezember 1916 zu einem Überfall auf Charles de Foucauld, bei dem ihm – mehr durch ein böses Unglück als durch willentliche Absicht – von einem der Räuber in den Kopf geschossen wird. Charles de Foucauld stirbt auf der Stelle im Alter von 58 Jahren.
1.2 Aspekte eucharistischer Frömmigkeit und deren Sitz im Leben von Charles de Foucauld
Am 16. Januar 1890 tritt Charles de Foucauld in das Trappistenkloster Notre-Dame des Neiges ein und erhält den Namen Bruder Marie-Albéric. Schon im August 1888 hatte er mit seiner Cousine Marie ein Trappistenkloster besucht, und es waren besonders die Einfachheit und Armut der Mönche, die ihn angezogen hatten. Während der darauffolgenden Exerzitien und auf seiner Pilgerreise durch Jerusalem nehmen die Vorstellungen von Charles über sein künftiges Leben konkretere Formen an: Es ist das verborgene Leben Jesu in Nazareth, das ihn festhält. Foucaulds Verlangen, den Weg der Nachahmung Jesu vor allem in der Armut zu verwirklichen, führt dazu, sich für den Orden der Trappisten zu entscheiden, der in seiner Armut und Strenge andere Orden übertrifft.
Auf die Frage des Warum – denn zweifellos bedeutet die Trennung von seiner Familie und seinen Freunden ein großes Opfer für Charles – kann er nur antworten: „Aus Liebe, aus reiner Liebe“72.
1.2.1 Bruder Marie-Albéric bei den Trappisten (1890-1897)
Foucaulds Leben bei den Trappisten ist nach einem klösterlichen Rhythmus von Gebet und einfacher Handarbeit geordnet. Doch schon bald erfüllt das Kloster in Frankreich nicht mehr seinen Wunsch nach unbedingter Armut und Strenge, so dass er in die Niederlassung der Trappisten in Akbès in Syrien wechselt. Die politische Situation dort ist äußerst unstabil. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Verfolgungen der armenischen Christen durch die Türken. Brandschatzungen, Plünderungen und Morde beherrschen das Umfeld des Trappistenklosters und rufen Charles de Foucauld auch in eine besondere Verantwortung der Nächstenliebe.
Foucaulds Art der Nachahmung der Existenz Jesu ist in dieser ersten Phase seines Daseins als Mönch vorrangig eine wortgetreue, betrachtende und kontemplative.
1.2.1.1 Demut: Verähnlichung mit dem bis in die Unscheinbarkeit der einzelnen Hostie hinabsteigenden Sohn
Es ist besonders jener Satz Huvelins, Jesus habe so sehr den letzten Platz eingenommen, dass dieser ihm von niemandem mehr streitig gemacht werden könne, der das Fundament der Spiritualität Charles de Foucaulds bildet. Diese Spiritualität aber ist von Beginn an vor allem in der eucharistischen Anbetung verankert und führt zu einer inneren Haltung der Demut, die Foucauld wie eine notwendige Konsequenz aus der Erfahrung des eucharistischen Brotes erscheint. Was er zum Zeitpunkt seiner Bekehrung schon anfanghaft erfuhr, erfährt er im Laufe der Zeit immer deutlicher: Der Gott, der ihm in der heiligen Eucharistie begegnet, ist niemand anderes als der menschgewordene und erniedrigte Sohn Gottes. Dieser gedemütigte Jesus ist es, dessen Nachfolge Foucauld verwirklichen möchte.
In diesem Zusammenhang ist eine Predigt Huvelins von nicht geringer Bedeutung, deren Inhalt Charles sicherlich mit beeinflusst haben wird73. In ihr charakterisiert Huvelin die Eucharistie als das Geheimnis des Schenkens und weist darauf hin, dass dieses einzigartige Geschenk Gottes seinen inneren Grund darin hat, den Menschen selbst – also den Beschenkten – zu befähigen, sich selbst zum Geschenk an Gott und die Mitmenschen zu machen. Der Mensch ist so nicht dazu angehalten, nur etwas von sich zu schenken, sondern ganz und gar sich selbst. Huvelin lädt zur beständigen Betrachtung dieses Geschenkes ein: Denn wenn Jesus sich immer wieder dem Menschen schenkt, wenn er immer wieder diesen Weg des Abstiegs auf sich nimmt, wie können wir diesen Weg dann nicht wagen? In der Eucharistie – so Huvelin – ist Jesus bleibend gegenwärtig und lehrt uns die eigene Hingabe an Gott. Niemals wird der Mensch den Grad an Erniedrigung erreichen, den Jesus erlangte, aber er muss ihm stets als Anspruch und Ziel innewohnen und ihn dazu treiben, es immer wieder erneut zu versuchen. Den Opfergeist, die Selbstverleugnung, die Erniedrigung nennt Huvelin unbedingte Voraussetzungen, um Gutes zu tun.
In diesem Verständnis seines Seelenführers lässt sich viel für Charles de Foucauld Grundlegendes wiederfinden. Das erste und größte Opfer, das Charles in diesem Sinne interpretiert, ist die Trennung von seiner Familie: „Das Opfer ist nichts anderes als der höchste Liebeserweis“74. Was er mit diesem Opfer getan hat, ist nichts anderes, als auf das Geschenk Gottes in der Gnade der Eucharistie zu antworten und sich selbst zu schenken. Der lateinische Begriff hostia bedeutet ja nichts anderes als das Opfer, und indem Foucauld sich auf das Opfer der Eucharistie, also auf den in der Hostie gegenwärtigen und hingegebenen Christus, einlässt, erlangt er auch den Opfergeist des im Brote vorhandenen Christus. Der Verzicht auf die Seinen ist somit der erste verwirklichende Schritt einer Haltung, die ihren Grund und ihre Quelle in der eucharistischen Anbetung findet: der Demut.
Es ist die Zeit bei den Trappisten, in der der Tabernakel – so Jean-Francois Six – der Ort der großen Vertrautheit mit Jesus wird75, der ihm die völlige Hingabe an Gott ermöglicht. Immer wieder sucht er die Nähe des Allerheiligsten und verbringt viele Stunden im Schweigen, den gedemütigten Jesus betrachtend. Im eucharistischen Brot erkennt Charles de Foucauld Jesus als denjenigen, der sich ganz klein gemacht hat. Er, der mächtige Sohn Gottes, ist so unscheinbar wie ein Stück Brot und ist gerade so das der Welt geschenkte Heil. Der Abstieg, den Christus unüberbietbar in der Inkarnation vollzogen hat, findet immer wieder von Neuem in der Eucharistie statt. Unscheinbar und klein nimmt Jesus dort den letzten Platz ein und gibt sich dem Menschen hin zu dessen Heilung. Foucauld lässt sich in der eucharistischen Anbetung auf die Kleinheit Jesu im Brote ein, zugleich aber bedeutet gerade dieses unscheinbare Stück Brot für Charles eine unüberbietbare, gegenwärtige Nähe Gottes. Es ist also letztendlich die Kleinheit, die Verborgenheit, in der sich die ganze Größe Gottes offenbart. Diese Verborgenheit Jesu wird zum Ursprung und zum Ziel der Demut Foucaulds. Aus der Erkenntnis der Erniedrigung Jesu heraus wird Foucauld befähigt, selbst demütig zu sein, sich klein zu machen, sich zu erniedrigen76.
Eine kritische Beobachtung könnte vermuten, Charles de Foucauld offenbare hier ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Sein, zur eigenen Person. Doch muss gerade aus den gewonnenen Schlussfolgerungen heraus konstatiert werden, dass die Haltung Foucaulds eben nicht aus einer Angst vor sich selbst, den eigenen Fähigkeiten oder einem anderweitig gestörten Selbstbewusstsein resultiert, sondern aus dem tiefen Glauben entspringt, es dem, von dem man sich unbedingt geliebt fühlt, gleich zu tun; sich zu bemühen, ihm immer ähnlicher zu werden, da man schuldig ist, das zu geben, was man selbst empfängt: „Laßt uns Gott lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat…Ihn, der so schön, so liebenswert ist, der sich selber vollauf genügt und sich doch herabgelassen hat, uns […] eine solche Liebeserklärung zu machen…Beantworten wir diese Liebeserklärung, wenden wir die darin enthaltene Lehre an, indem wir, Ihn nachahmend, unsere Liebe erklären“77.
Daran zeigt sich ebenfalls, dass Demut für Charles de Foucauld nicht einfachhin Demut ist: Demut muss eine liebende sein, ansonsten bleibt sie statisch und für sich. Der Beweggrund Jesu, den letzten Platz einzunehmen, war seine Liebe zur Welt und zu den Menschen. Auf diese Liebe aber will geantwortet werden: Was in der Anbetung für Foucauld geschieht, ist nicht bloß ein einfaches Sein vor Gott, sondern ein Ereignis zwischen Gott und dem Anbetenden. Es ist eine Bewegung der Liebe, ein stetes Empfangen und Schenken. Jene Gegenseitigkeit wiederum versetzt Charles de Foucauld selbst in die Lage, sich die Haltung der Demut anzueignen, basierend auf einem in der Anbetung erfahrenen unendlichen Vertrauen in Gott. Denn wen die Konsequenz der Liebe so sehr an den letzten Platz gestellt hat, der muss wahrhaftig sein78. Diesen letzten Platz hat Jesus nicht nur während seines Lebens unter den Menschen eingenommen: In der heiligen Eucharistie bleibt er für immer gegenwärtig als der Erniedrigte, der Kleine, Unscheinbare und Verborgene. Diese Verborgenheit,