Скачать книгу

Platz belegt, und ist anschließend bis 1880 in den Garnisonen Sézanne und Pont-à-Mousson stationiert. Ende 1880 wird sein Regiment nach Algerien verlegt. Wider aller Vernunft nimmt Charles seine Geliebte, eine junge Halbweltdame namens Mimi, mit nach Nordafrika und gibt sie als seine Frau, die Vicomtesse de Foucauld, aus. Natürlich fliegt dieser Schwindel über kurz oder lang auf und Charles wird vor die Wahl gestellt: Entweder die Armee oder diese Frau. Charles macht seinem Mut und seiner Unberechenbarkeit alle Ehre, entscheidet sich für Mimi und wird in die Reserve versetzt59. Daraufhin lebt er mit Mimi in der Schweiz, doch ist dieser Entschluss nicht von langer Dauer. Als er von schweren Gefechten anlässlich des Aufstandes bei Bu Amama hört, in die sein Regiment verwickelt ist, kann er den Gedanken, seine Kameraden im Stich gelassen zu haben, nicht mehr ertragen, und kehrt nach einem erfolgreichen Gesuch um Wiedereinsetzung, ebenso entschlossen, wie er das Militär verlassen hat, nach Algerien zurück.

      In dem von den Franzosen besetzten Kolonialgebiet begegnet Charles de Foucauld erstmalig dem Glauben der Muslime. Dieser und vor allem die gelebte Frömmigkeit der Muslime beeindrucken ihn zutiefst. Zum ersten Mal seit seiner Jugendzeit wird er wieder vor die Frage nach Gott gestellt. Daneben prägt ihn nachhaltig die Landschaft der Wüste, deren Leere und Einsamkeit nichts von dem großen Glanz des materialistischen Frankreichs übrig lässt. Seine Kameraden nehmen erste Änderungen an ihrem Freund Charles wahr: Er wird ernsthafter, nachdenklicher und pflichtbewusster.

      Zu Beginn des Jahres 1882 verabschiedet sich Charles von der Armee und widmet sich mit Feuereifer einer neuen Idee, der sich seine Familie nur sehr widerwillig beugt, und auch nur unter der Bedingung, seine Vormundschaft zu übernehmen. Die Familie hat Angst, Charles könne das Familienvermögen nun gänzlich an den Mann bringen und stellt ihm nunmehr lediglich 350 Francs monatlich zur Verfügung. An der Ausführung seiner Idee hindert ihn dies jedoch nicht; und so begibt er sich 1883 auf eine Forschungsreise durch Marokko60. Als Jude verkleidet, um so behördlichen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, reist er in bescheidenen Verhältnissen als erster Europäer durch das ihn so faszinierende Land und studiert dessen Kultur, Ethnologie und Ethnografie aufs Genaueste, kartographiert weite Teile des noch unerschlossenen Gebietes und eignet sich die arabische Sprache an. Während dieser langen und entbehrungsreichen Expedition zeigt sich erstmals das enorme Durchhaltevermögen des Charles de Foucauld. Für seine wertvollen Forschungsergebnisse erhält Foucauld 1885 nach ihrer Veröffentlichung die höchste Auszeichnung der Französischen Geographischen Gesellschaft.

      Das folgende Jahr ist für Charles ein Jahr der Unruhe, der Suche. Nach seiner Reise hatte sich Charles kurzzeitig mit einer jungen Katholikin verlobt, deren Familie in Nordafrika lebte. Diese Verlobung lässt er aber auf Anraten seiner Familie, vor allem auf das Drängen seiner Cousine Marie hin, wieder lösen. Seine Schwester heiratet in der Zwischenzeit Raymond de Blic, mit dem er später ein freundschaftliches Verhältnis haben wird.

      Foucauld reist zwischen Frankreich und Afrika, wo er seine Forschungen fortführt, hin und her. In Afrika sucht er erneut nach Begegnungen mit dem Islam und beginnt, ihn mit dem Christentum zu vergleichen61. Sein Interesse am christlichen Glauben ist wieder aufgeflammt. Obwohl noch immer ohne Glauben, setzt er sich wieder mit ihm auseinander. Er bewundert den Glauben seiner Cousine; und diese wiederum versteht es, Charles klug und behutsam – mit ihrem eigenen Glaubensleben als Beispiel – erneut an den christlichen Glauben heranzuführen62. Ausschlaggebend ist hier besonders ein sechswöchiger Aufenthalt im Juli 1884 auf dem Landsitz der Moitessiers, der etwas, das Charles verloren glaubte, wiedererweckt63. Er beginnt zu beten: „Mein Gott, wenn Du wirklich da bist, gib, daß ich dich erkenne!“64.

      Ende Oktober 1886 findet sein rastloser Geist endlich sein Ziel: am Tag seiner zugleich unspektakulären und spektakulären Bekehrung. Im Hause seiner Cousine hatte Charles einige Zeit zuvor Abbé Huvelin von der Kirche Saint-Augustin in Paris kennengelernt. Er fasst Vertrauen zu diesem ruhigen und verständigen Seelsorger, der sich Charles in keiner Weise aufdrängt, und möchte alle Fragen, die ihm auf der Seele brennen, mit diesem erörtern und diskutieren. Aus diesem Grunde besucht Charles Abbé Huvelin in seiner Kirche, doch dieser lässt sich auf keine Diskussionen ein, sondern bewegt Charles de Foucauld zur Beichte und zur Kommunion. Von diesem Augenblick an verändert sich das Leben Charles de Foucaulds vollkommen. So wird Charles in einem späteren Brief an Henri de Castries sagen: „Sobald ich glaubte, daß es einen Gott gibt, begriff ich, daß ich nur noch für ihn leben könne“65. Was zu Charles Bekehrung führte, waren keine großen Worte der Überzeugung, sondern der einfache gelebte und praktizierte Glaube, das, was ihn auch an den Muslimen schon so sehr fasziniert hatte66.

      Im Hinblick auf die Thematik dieser Arbeit sei an dieser Stelle auf den beachtenswerten Umstand hingewiesen, dass nach all der Zeit, in der Charles de Foucauld Gott das erste Mal wieder begegnet, dies in der Eucharistie geschieht.

      Die Wandlung, die sich nun in dem Menschen Charles vollzogen hatte, macht sich sogleich bemerkbar und zeigt ihre Konsequenzen. Zum einen wählt sich Charles Abbé Huvelin zu seinem Seelenführer, dem er von nun an alle wichtigen Entscheidungen zunächst vorlegen wird, zum anderen entschließt er sich, in einen Orden einzutreten. Bei all diesen anfänglichen Schritten hin in ein geistliches Leben wird Charles de Foucauld vor allem begleitet von einem Satz Abbé Huvelins, der ihn Zeit seines Lebens nie mehr verlassen wird: „Unser Heiland hat so sehr den letzten Platz eingenommen, dass nie jemand ihn hat streitig machen können“67. Huvelin warnt ihn jedoch vor übereilten Entschlüssen und rät ihm zu einer Pilgerfahrt ins Heilige Land. Dort besucht er alle heiligen Stätten und verbringt Weihnachten 1888 in Bethlehem. Nach seiner Rückkehr im Februar 1889 hat sich an seinem Entschluss nichts geändert, und nach einigen Exerzitien in französischen Klöstern tritt er am 16. Januar 1890 nach schmerzlicher Trennung von seiner Familie68 in das Trappistenkloster Notre-Dame des Neiges69 ein. Schon bald aber vermisst er hier die von ihm ersehnte Einfachheit und Strenge, so dass er im Juni in das Trappistenkloster Akbès in Syrien übersiedelt, das er für sich als besser geeignet ansieht. Charles schließt nun mit seinem weltlichen Leben gänzlich ab und tritt sowohl als Mitglied der Geographischen Gesellschaft als auch als Reserveoffizier zurück, seinen ganzen Besitz überträgt er seiner Schwester. 1892 legt er die einfachen Gelübde ab. Auf Geheiß der Ordensoberen beginnt Charles mit dem Theologiestudium, um Priester zu werden, widersetzt sich diesem Beschluss aber letztendlich und verlässt nach Einverständnis von Huvelin und des Generalabtes der Trappisten den Orden und wird von seinen einfachen Gelübden dispensiert. Charles de Foucauld fühlt sich zu einem Leben der Nachfolge des einfachen Lebens Jesu in Nazareth berufen und entfaltet erste Pläne hinsichtlich einer eigenen Ordensgründung vom Heiligsten Herzen. Er legt seine privaten Gelübde der Keuschheit, Armut und Besitzlosigkeit ab und lebt von 1897 an als Hausknecht der Klarissen in Nazareth in ärmlichsten Verhältnissen. Bis 1900 lebt er dort das verborgene Leben Jesu von Nazareth, ohne jedoch seinen innigen Wunsch nach einem eigenen Orden aus dem Blick zu verlieren. In der Zeit bis 1900 unternimmt er mehrere Reisen nach Jerusalem, plant den Berg der Seligpreisungen zu kaufen, lässt diesen Plan wieder fallen und entscheidet sich schließlich – mit Hilfe der Überzeugungskraft der Klarissen-Äbtissin – doch noch dazu, die Priesterweihe zu empfangen. Charles glaubt, auf diese Weise Jesus am besten verherrlichen zu können70. Zur Vorbereitung kehrt er nach Frankreich zurück und wird im Juni 1901 zum Priester geweiht. Kurz darauf lässt Charles de Foucauld sich im algerischen Beni Abbès nahe der marokkanischen Grenze nieder, um Jesus dort bekannt zu machen, wo man nichts von ihm weiß. Dort möchte er eine Bruderschaft errichten und baut so eine weitläufige Eremitage, da er fest mit künftigen Brüdern rechnet. Hier verfasst er ebenfalls seine Regel für die kleinen Brüder und Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu. Daneben fasst er konkrete Pläne für eine Missionierung der nordafrikanischen Wüste und begegnet erstmalig den Greueln der Sklaverei, gegen die er sein Leben lang einen erbitterten Kampf führen wird.

      Im Jahre 1905 siedelt Charles de Foucauld ein letztes Mal um und baut sich im Hoggar nahe Tamanrasset eine kleine Niederlassung. Mitten unter dem Berbervolk der Tuareg führt der katholische Priester und Mönch ein Leben nach dem Evangelium. Er lernt ihre Sprache, von der er sagt, sie sei der Zugang zum Herzen dieses Volkes71, und arbeitet an einem Wörterbuch für Französisch-Tuareg und Tuareg-Französisch sowie an einer Sammlung von Gedichten und Liedern der Tuareg.

      Charles

Скачать книгу