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Rückkehr zu Gott. Jörg Gabriel
Читать онлайн.Название Rückkehr zu Gott
Год выпуска 0
isbn 9783429060831
Автор произведения Jörg Gabriel
Жанр Документальная литература
Серия Studien zur systematischen und spirituellen Theologie
Издательство Bookwire
Übereinstimmend fordern die drei Gutachter vom Konzil „kirchliche Maßregeln gegen das Beginentum“411 vorzunehmen. Das Konzil von Lyon (1274) aber ging auf die wirklichen Probleme des Beginentums nicht ein. Stattdessen erneuerte es den Beschluss des Konzils von 1215, nämlich das Verbot neuer Ordensformen. Man wollte damit das gesamte Beginenwesen treffen, erreichte so aber gar nichts. Denn viele Beginenhäuser konnten sich auf Schutzbriefe von Päpsten, Legaten und Bischöfen berufen, so dass der Konzilsbeschluss wirkungslos blieb:
„Ließ sich aber der Beschluss nicht grundsätzlich durchführen, so bot er auch keine Handhabe zur Bekämpfung der Schäden im Beginenwesen. Es wäre nötig gewesen, die Fragen der Aufsicht über die Beginen, die Zuständigkeit des Klerus oder der Orden für ihre Seelsorge und vor allem die Frage, wie man Beginen zur Klausur verpflichten, ihnen das Herumziehen und das Betteln verbieten konnte, durch allgemeine Verordnungen zu regeln.“412
Was dem Konzil nicht gelang, nämlich das Beginenwesen in seiner Ganzheit zu erfassen und eine einheitliche Ordnung zu schaffen, wurde dafür in einzelnen Regionen und Bistümern umgesetzt: Um 1284 befasste sich eine Diözesansynode in Eichstätt mit dem Beginenwesen. Die Synode sprach aus, was auf dem Konzil von Lyon nicht beachtet wurde: Das Beginentum habe sich durch das Fehlen einer einheitlichen Organisation zu so vielen Ausgestaltungen entwickelt. Darum sei es gar nicht möglich, eine allgemeine Regel für alle Beginen zu verfassen. Vielmehr komme es jetzt darauf an,
„die ehrbaren und unbescholtenen Beginen gegen die Verdächtigungen und Verleumdungen, denen sie ausgesetzt sind, zu schützen, indem gegen die verdorbenen und lasterhaften Beginen mit schärfsten Mitteln vorgegangen wird.“413
Aus den letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts sind einige Beginenregeln erhalten, die einen Blick in das geregelte Beginenleben gestatten. Aus Straßburg sind die Statuten von drei Beginen-„Sammlungen“ von 1276 erhalten.414 Alle drei Beginenhäuser wurden von Dominikanern betreut. Mit Hilfe ihres Beichtvaters Friedrich von Ersteheim einigten sich die Beginen auf eine gemeinsame Regel:
„Alle Schwestern haben sich durch Handschlag auf diese Statuten verpflichtet, jede neu Eintretende hat dasselbe zu tun. Hält sich eine Frau länger als ein Jahr in der Gemeinschaft auf, so gilt sie dadurch als confessa et obligata. In erster Linie geloben alle Mitglieder, den Anordnungen der Magistra, der Subpriorin und des jeweiligen Beichtigers hinsichtlich der Ordnung und Aufsicht innerhalb des Hauses gehorsam zu sein. Wer sich diesen Anordnungen nicht fügt und die Statuten nicht befolgt oder die einträchtige Ordnung unter den Schwestern stört, ebenso wer sich eines unsittlichen Lebenswandels schuldig macht, wird aus der Gemeinschaft ausgeschlossen; die Entscheidung darüber hat die Magistra, die Subpriorin und die Mehrheit der Schwestern zu fällen.“415
Die meisten Bestimmungen der Regel gelten den Vermögensverhältnissen: Von einem Armutsgelübde oder vom Verzicht auf Privateigentum ist nicht die Rede, ebenso wenig von einem Gehorsamsgelübde gegenüber der Oberin. Dennoch sind die Regeln streng: Die Schwestern verlieren beim Eintritt in die Gemeinschaft die Verfügungsgewalt über ihr Vermögen. Wird eine Schwester ausgeschlossen, bleibt alles, was sie mitgebracht hat, Eigentum des Hauses. Auch Verwandte haben keinerlei Erbansprüche. Will eine Schwester, nachdem sie länger als ein Jahr in der Gemeinschaft gelebt hat oder falls sie als Kind in die Gemeinschaft eingetreten ist und nachdem sie das 14. Lebensjahr erreicht hat, die Gemeinschaft verlassen, darf sie nur ihre Kleidung und ihr Bettzeug mitnehmen. Tritt sie jedoch in einen Orden ein, erhält sie zusätzlich einen Geldbetrag von fünf Pfund.416 Wir sehen:
„Der Austritt aus der Gemeinschaft war also grundsätzlich nicht unmöglich, denn er war nicht durch bindende und ewige Gelübde verwehrt, aber er zog den Vermögensverlust nach sich.“417
Hier wird nochmals deutlich: Die Beginengemeinschaften verstanden sich nicht als Versorgungsstätten für unbemittelte und unverheiratete Frauen, aus denen der Austritt möglich war, wenn sich eine bessere Möglichkeit der Versorgung ergab. Die Rückkehr in ein weltliches Leben wird nicht in Betracht gezogen, höchstens der Eintritt in einen Orden.418 Andererseits wird vorausgesetzt, dass Frauen, die einer Beginengemeinschaft beitreten, Vermögen an beweglichem und unbeweglichem Gut mitbringen. Frauen, die nicht erbfähig sind, werden sogar ausdrücklich von der Aufnahme in die Gemeinschaft ausgeschlossen.419 D.h. der Eintritt stand eher nur vermögenden Frauen offen. Ähnliche Merkmale wie in den Statuten der drei Straßburger Beginenhäuser finden sich auch in Satzungen anderer Beginengemeinschaften dieser Zeit.420
„Die Statuten der Beginenhäuser des 13. Jahrhunderts legen also, soweit wir sie kennen, alle übereinstimmend den größten Wert auf die wirtschaftliche Sicherstellung der Gemeinschaften teils durch das Vermögen der Schwestern, teils durch den Ertrag ihrer Arbeit.“421
Die Konsequenzen dieses Grundsatzes waren: Betteln und Almosensammeln als Grundlage der Gemeinschaft wurden ausgeschlossen. Allerdings wurde armen und nichtvermögenden Frauen der Eintritt in die Gemeinschaft verwehrt; in Not geratene und bedürftige Frauen fanden kein Asyl. Diese Frauen zogen dann oft als wandernde Beginen weiter umher und waren dadurch anfällig für freigeistiges Gedankengut. Auch das Ideal der Armut wurde in den Beginenhäusern durch den Gedanken von einer gesicherten Versorgung ersetzt.422
„Das Beginentum hat also, auch ohne als ein religiöser Orden anerkannt zu sein und obgleich diese halbmönchische Lebensform in den Ordnungen der Kirche keine eindeutige Stelle fand, zum großen Teil seinen Bestand dadurch behauptet, dass sich die einzelnen Gemeinschaften an feste Statuten banden, sich wenigstens an eine lockere Form der Klausur gewöhnten, die im wesentlichen nur zum Zweck des Kirchgangs durchbrochen wurde, nicht aber das Almosensammeln gestattete, und dass sie sich der Aufsicht der Bettelorden unterstellten. Aber diese Entwicklung zum geregelten Beginentum hat sich nicht einheitlich und nicht vollständig vollzogen, und die Kreise religiöser Frauen, die nicht auf diese Weise in geordnete Verhältnisse einbezogen wurden, sind zu einer Gefahr für das ganze Beginentum geworden.“423
II. Die Frauenklöster und die Frage der „Cura monialum“ im Dominikanerorden
Die neuen Orden, die Bettelorden (Franziskaner und Dominikaner) und Zisterzienser, zogen neben den Beginengemeinschaften weiterhin zahlreiche Frauen an, die von der religiösen Bewegung erfasst worden waren. Da viele Beginengemeinschaften von den Bettelorden betreut wurden, ist es auch nicht verwunderlich, dass viele von diesen aufgrund ihrer ohnehin inzwischen eher klösterlichen Ordnung den direkten Anschluss an die Orden suchten und am Ende als weiblicher Zweig inkorporiert wurden:
„Bei einer großen Zahl deutscher Frauenklöster, die später dem Dominikanerorden eingegliedert wurden, ist über die Ursprungsgeschichte nur soviel festzustellen, dass das Kloster aus einem freien Zusammenschluss religiöser Frauen entstand, die zunächst ohne bestimmte Klosterregel und ohne Ordenszugehörigkeit aus eigenem Ansporn und aus eigner Kraft ihre religiösen Ideale der Armut und Keuschheit in solchen Gemeinschaften verwirklichen wollten. Man hat in solchen Fällen meist gesagt, an der Stelle des späteren Klosters habe vorher eine Gemeinschaft von Frauen bestanden, die nach ‚Art der Beginen‘ lebten; das Kloster sei aus einer ‚Beginensammlung‘ hervorgegangen.“424
Schon vor der Gründung des Predigerordens haben Bischof Diego und Dominikus in Südfrankreich eine Lebensform für religiöse Frauengemeinschaften geschaffen, um sie von den Irrlehrern fernzuhalten: 1206 gründeten sie das Frauenkloster von Prouille, in welchem die Frauen vermutlich nach der Augustinus-Regel lebten. Ob die Frauen auch Gelübde ablegten, ist nicht bekannt.