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Norddeutschland das heidnische Nomadenvolk der Kumanen334 kennen, die als Hilfstruppen dem böhmischen König dienten und in Thüringen schreckliche Frevel verübt hatten.335 Dominikus und Diego wollten zunächst vom Papst die Erlaubnis erhalten, den Kumanen zu predigen. Dieser erteilte ihnen jedoch 1206 den Auftrag, sich der Waldenser- und Katharermission in Südfrankreich anzunehmen. Im Auftrag des Papstes setzte sie der Bischof von Toulouse ganz offiziell als Diözesanprediger ein. In Südfrankreich angekommen, begegneten ihnen in der Nähe von Montpellier drei Zisterzienser, die völlig resigniert von ihren Bekehrungsversuchen berichteten und aufgeben wollten. Diego und Dominikus brachten jedoch eine neue Taktik für diese Mission mit:

      „Apostolische Wanderpredigt zu treiben wie die Ketzer selbst, ohne den Prunk und die Machtzeichen der hierarchischen Kirche einherzuziehen, zu leben wie die Ketzer, aber zu lehren wie die Kirche.“336

      Es ist nicht auszuschließen, dass Diego und Dominikus in der Frage, wie diese Irrlehren am wirksamsten bekämpft werden könnten, vom Papst die entsprechenden Anweisungen bekommen haben.337 Denn als Innozenz 1204 die Zisterzienser Arnald von Cîteaux, Petrus de Castro Novo und Radulfus, beide von Fontfroid, die zwei Jahre später völlig frustriert auf Diego und Dominikus trafen, mit der Mission gegen die Katharer beauftragt hatte, hatte er sie am Ende seines Schreibens ermahnt,

      „durch ein offen sichtbares bescheidenes Auftreten alle törichten Einwände zu entkräften und in Worten und Taten alles zu vermeiden, was selbst einem Ketzer Grund zu Vorwürfen geben könnte.“338

      Leider hielten sich die zisterziensischen Legaten nicht an die Ratschläge des Papstes. Diego und Dominikus dagegen beherzigten diese päpstlichen Anweisungen, als sie 1206 in Montpellier eintrafen. Dem Legaten Raoul von Fontfroid hatte der Papst in einem Schreiben vom 17. November 1206 ausdrücklich die neue Methode aufgetragen,

      „geeignete Leute … zu schicken, die in Nachfolge des armen Lebens Christi in schlichter Kleidung unter die Ketzer gehen und sie durch Beispiel und Rede zurückgewinnen sollen.“339

      Bischof Diego vertrat nun in Montpellier die Strategie des Papstes:

       „Seht die Häretiker, wie sie unter Vortäuschung, fromm, evangelisch arm und diszipliniert zu sein, die Einfältigen überzeugen können. Wenn ihr ihnen aber das Gegenteil davon zeigt, werdet ihr wenig aufbauen, viel zerstören und nichts erreichen. Schlagt sie mit ihren eigenen Waffen, vertreibt ihre vorgetäuschte Heiligkeit durch ein echtes religiöses Leben.“340

      Da Bischof Diego nach Spanien zurückkehren musste und dort starb (1207), übernahm Dominikus die Verantwortung für die Mission. Er fand immer mehr gleichgesinnte Gefährten, die ihm helfen wollten. So nahm im Laufe von fast zehn Jahren das Predigtwerk des Dominikus immer festere Strukturen an. Deshalb baten Dominikus und Bischof Fulko von Toulouse auf dem Laterankonzil von 1215, die neue Gemeinschaft als Orden anzuerkennen. Jordan von Sachsen (+ 1237), Nachfolger des hl. Dominikus in der Ordensleitung, schreibt in seinen Buch über die „Anfänge“ des Ordens:

       „Bruder Dominikus schloss sich diesem Bischof (Fulko) an und gemeinsam gingen sie zum Konzil. Dort baten sie beide den Herrn Innozenz, dass er den Orden des Dominikus und seiner Gefährten bestätigte. Der Orden solle ‚Predigerorden‘ genannt werden und auch ein solcher sein. Ebenso sollten den Brüdern ihre Einkünfte, die sie vom Grafen (Montfort von Toulouse) und vom Bischof bekommen hatten, bestätigt werden. Nachdem sich der Bischof von Rom ihr Ansuchen angehört hatte, forderte er Bruder Dominikus auf, zu seinen Mitbrüdern zurückzukehren, um sich mit ihnen zu beraten und nach reiflicher Überlegung gemeinsam eine bereits approbierte Ordensregel auszuwählen. Wenn dies geschehen sei, solle er zum Papst zurückkehren, damit dieser alles bestätige.“341

      Unter Papst Honorius III. (1216 – 1227) wurde der neue Orden – der sich für die Regel des hl. Augustinus entschieden hatte – durch die Bullen von 1216 und 1217 bestätigt. Das erste Generalkapitel des Ordens erarbeitete 1220 in Bologna die Konstitutionen des Ordens, die erst 1259 abgeschlossen wurden.342 Dominikus starb 1221 in Bologna.

       IV. Versöhnung mit Teilen der Waldenser – die „Katholischen Armen“

      Während die neue Form der „Ketzerbekämpfung“ bei den Katharern bzw. Albigensern (benannt nach der südfranzösischen Stadt Albi) wenig erfolgreich war, griff sie bei waldensischen Gruppen. In Pamiers gelang 1207 in Gegenwart der Bischöfe von Toulouse und Conserans und einiger Äbte der Durchbruch, und eine waldensische Gruppe unter der Führung des Spaniers Durandus von Huesca kehrte zur Kirche zurück.343

      Ein Jahr später, 1208, wurde die Rückkehr der Gruppe des Durandus in Rom formell vollzogen. Nach einer eingehenden Glaubensprüfung erhielt die Gruppe, die sich fortan die „Katholischen Armen“ nannte, eine offizielle Bestätigung und Anerkennung. Die „Katholischen Armen“ waren kein religiöser Orden im eigentlichen Sinne, sondern ihre vom Papst genehmigte Regel ist „vielmehr ein erster Versuch, eine Organisationsform zu schaffen für einen Verband kirchlich anerkannter Wanderprediger.“344 Voraussetzung war die Anerkennung der hierarchischen Kirche und der Sakramente, die auch unabhängig von der Würdigkeit des jeweiligen Priesters ihre Gültigkeit haben. Ihre Lebensgewohnheiten konnten sie, d.h. den Verzicht auf Eigentum und Besitz, um von den Gaben der Gläubigen zu leben; als Genossenschaft päpstlichen Rechts erhielten sie auch die Erlaubnis zu predigen, gegen Ketzer aber auch in ihren eigenen Versammlungen („Scholae“, „Schulen“); sie durften auch neue Gesinnungsgenossen, d.h. „Freunde“, wie sie sich gegenseitig nannten, aufnehmen.345

      Dieses Entgegenkommen Roms trug schnell Früchte.346 Nachdem Durandus auf dem Rückweg von Rom in Mailand zu wirken begann, erklärten sich ungefähr 100 Waldenserprediger zur Aussöhnung mit Rom bereit, wenn man ihnen das Recht gäbe, in ihren „Schulen“ eigene Versammlungen abzuhalten und ihnen ein beschlagnahmtes Grundstück zurückgäbe. Nach sorgfältiger Prüfung gestattete Innozenz auch dieser Gruppe nach derselben Regel wie Durandus als Wanderprediger im Dienst der Kirche zu wirken.347

      Die „Katholischen Armen“ des Durandus haben jedoch nicht nur den Versuch unternommen, Waldenser mit der Kirche auszusöhnen, sondern sie sahen ihre wesentliche Aufgabe in der Bußpredigt, um Menschen für ein glaubwürdiges evangeliengemäßes christliches Leben zu gewinnen. Und dabei waren sie nicht erfolglos.348 Die neubekehrten „Katholischen Armen“ begannen nun nicht zwangsläufig ein Leben als Wanderprediger zu führen; vielmehr – wie z.B. im südfranzösischen Bistum Elne – wollten die „Freunde“ in einem Gemeinschaftshaus miteinander ein religiöses Leben führen, Frauen und Männer getrennt voneinander; sie beabsichtigten sogar eine Kirche und ein Hospital für die Kranken zu bauen.349 Doch verstanden sie diese sozialen Werke der Nächstenliebe mehr als Ergänzung ihrer religiösen Pflichten, wie Fasten, Beten und Predigtgottesdienst.

      Die Genossenschaft der „Katholischen Armen“ blieb allerdings nicht lange bestehen.350 Die Entfaltung scheiterte am Widerstand der lokalen kirchlichen Würdenträger, wie z.B. in Spanien, Südfrankreich oder Norditalien. Da die „Katholischen Armen“, mit päpstlicher Erlaubnis zwar, den gleichen Lebensstil pflegten und das gleiche taten wie die verketzerten Waldenser, unterschieden die Bischöfe und Prälaten nicht zwischen ihnen und den Waldensern.351 Sie behielten die alte, rückständige Ketzerpolitik der Kirche bei und durchkreuzten damit immer wieder die Ziele des Papstes.352

      Die Spuren der „Katholischen Armen“ lassen sich noch bis 1256 verfolgen; nach 1212 werden sie nicht mehr in den Briefen Innozenz´ III. erwähnt353; 1237 versuchten sie vergeblich in den Provinzen Tarragona und Narbonne von Papst Gregor IX. (1227-1241), als Orden bestätigt zu werden; 1247 entzog ihnen Papst Innozenz IV. (1243-1254) schließlich wieder die Predigterlaubnis; 1256 verschmolz der lombardische Zweig der „Katholischen Armen“ mit den Augustiner-Eremiten.

       V. Die Franziskaner

      Einen

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