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und Chorfrauen nach der Regel des hl. Augustinus, als Klosterbrüder und Nonnen nach der Regel des hl. Benedikt sowie in einem „dritten Orden“ als Laien, die ihre bürgerliche Lebensform nicht aufgaben.318 Ab 1246 ist ein General-Minister verbürgt, der die Leitung über alle drei Zweige des Ordens hat.319

      „Die große Masse der Humiliaten ... hat in den neuen kirchlich anerkannten Formen eine rege Tätigkeit entfalten können. Fünfzehn Jahre nach der Neuordnung berichtet Jakob von Vitry, dessen Blick für die Erscheinungen der religiösen Bewegung durch reiche Erfahrung geschult war, er habe in der Ketzerstadt Mailand feststellen können, dass die Humiliaten fast die einzigen sind, die der Ketzergefahr wirksam standhalten und entgegenwirken. 150 Gemeinschaftshäuser dieser frommen Männer und Frauen gab es nach seinem Zeugnis um 1216 allein im Bistum Mailand, ungerechnet die Angehörigen des 3. Ordens, die in ihren Häusern lebten; sie haben alles um Christi willen verlassen, leben von der Arbeit ihrer Hände, predigen und hören das Wort Gottes – denn sie haben vom Papst die Erlaubnis zu predigen und gegen die Ketzer zu wirken.“320

      Mit der Kurie haben die Humiliaten kaum noch Schwierigkeiten gehabt. Allerdings spielten sie später auf wirtschaftlichem Gebiet, gerade in der Wollindustrie, und in der städtischen Verwaltung eine größere Rolle als innerhalb der religiösen Bewegungen.321 Für die Weiterentwicklung der religiösen Bewegungen bleiben die Humiliaten dennoch bedeutend,

      „weil der Kurie mit ihnen zum ersten Male die Durchführung der dringenden Aufgabe gelungen war, die Anhänger der religiösen Bewegung … durch rechtliche Neuordnung in den Verband der Kirche einzugliedern und sie zugleich als Gegenwirkung gegen die häretische Gefahr zu benutzen.“322

       II. Neue Wege in der Bekämpfung von sogenannten Sekten

      Die Versöhnung mit Teilen der Waldenser erwies sich als schwieriger. Während nämlich die Humiliaten sesshaft waren, waren die Waldenser ein „Verband heimatlos wandernder Prediger ohne Besitz und Einkommen, die von den Almosen ihrer Hörer leben wollten.“323 Die Lehren der Waldenser – teilweise mit dem Katharertum vermischt – hatten sich über Länder verbreitet und waren nicht in bestimmten Städten erfassbar. Außerdem lehnten sie den Gehorsam gegenüber den Bischöfen und dem Papst ab:

      „Gegen die katholische These, dass nur predigen darf, wer vom Papst oder den Bischöfen dazu ordiniert ist, erklären die Waldenser, dass nach dem Willen des Evangeliums jeder predigen dürfe, auch die Laien und sogar die Frauen, und dass es keiner kirchlichen Ordination dazu bedürfe.“324

      Die Spendung der Sakramente stehe ebenso den frommen Laien offen: Jeder könne das Altarsakrament vollziehen und Beichte hören.325 Allerdings haben die Waldenser niemals völlig die Berechtigung des Priesters bestritten, Sakramente spenden zu können; sie meinten allerdings, dass die Wirksamkeit der Sakramente von der Würdigkeit („Meritum“) des Priesters abhängig sei, das heißt davon, ob dieser nach den Geboten des Evangeliums in Armut lebe. Deshalb könne im Notfall auch ein „guter Laie“ die Sakramente gültig spenden. Der entscheidende Gegensatz zwischen den Waldensern und der Kirche lag also darin:

      „Nach katholischer Meinung gibt der Ordo und das Officium, nach der Meinung der Waldenser aber gibt das Meritum allein das Recht zu binden und zu lösen, zu weihen und zu segnen, die Sakramente zu verwalten und das Wort Gottes zu predigen.“326

      Dementsprechend steht die Vorstellung der Waldenser von der apostolischen Nachfolge aller Laien im Gegensatz zur Idee der apostolischen Sukzession in der hierarchischen Ordnung der Kirche. Dies waren die größten Gegensätze, die es zu überwinden galt. Ansonsten aber standen die Waldenser, die sich nicht mit dem Katharertum völlig vermischt hatten, in allen

      „dogmatischen Fragen ... nach wie vor auf dem Boden der Kirche und genau wie die Humiliaten haben sie, Seite an Seite mit katholischen Priestern gegen die ‚Ketzerei‘ gekämpft, das heißt gegen die dualistischen Irrlehren der Katharer.“327

      Der Wandel im Umgang mit kirchlich gesinnten Waldensern und der Armutsbewegung zeigt sich erstmals 1199 in einem Brief des Papstes Innozenz an den Bischof Bertram von Metz, der diesen um Rat bat, wie mit einer Versammlung von Laien umgegangen werden solle, die – wie die Waldenser – miteinander eine französische Übersetzung der Heiligen Schrift lese, die Texte auslege und darüber predige.328 Darüber hinaus verweigerten sie den Priestern den Gehorsam in Berufung auf die Bibel, da sie glaubten, die Heilsworte besser auslegen zu können als die einfältigen Priester.329

      Zunächst vertrat Innozenz den bisher offiziellen Standpunkt des Laterankonzils von 1179: Die Anmaßung des Predigtamtes durch nicht von der Kirche beauftragte Prediger sei grundsätzlich nicht gestattet. Innozenz forderte aber den Bischof auf, die Bibelübersetzungen zu prüfen und herauszufinden, woher sie stammen; außerdem soll untersucht werden, wie es um den Glauben dieser Sektierer bestellt sei.330 In einem Bericht teilte der Bischof sodann dem Papst mit, die Sektierer erklärten, sie würden auch gegen den Willen der Bischöfe und des Papstes weiterhin Versammlungen abhalten, in denen sie die Bibel auslegten und predigten, denn man müsse Gott mehr gehorchen als dem Menschen.331 Innozenz aber wollte sich selbst ein Bild von der Lage machen. Aus diesem Grund schickte er drei Zisterzienseräbte nach Metz. Diese sollten prüfen, ob es sich bei den Sektierern wirklich um Ketzer handle. Diese drei Äbte entschieden später, dass die Sektierer als Ketzer zu bezeichnen seien.

      Die Bekehrung der Waldenser von Metz scheiterte zwar, aber es zeigt sich gerade in deren Fall, mit welcher Zurückhaltung und Besonnenheit der Papst gegen diese religiöse Bewegung vorging:

      „Konventikelbildung, unbefugte Predigt und Ungehorsam gegen die bischöflichen Anordnungen erklärt er natürlich für unerlaubt; aber damit ist für ihn die Sache nicht erledigt. Er forscht nach dem Glauben der Sektierer, nach ihrem religiösen Verhalten, ehe er eine Entscheidung darüber treffen will, ob sie Ketzer sind. In dem Brief an den Metzer Bischof hat er das programmatisch begründet: die Kirche hat gewiss die Pflicht, die Füchse zu fangen, die den Weinberg des Herrn zerstören, das heißt die Ketzer zu vernichten. Aber sie darf nicht um dieser Aufgabe willen die wahre und schlichte Frömmigkeit gefährden, das religiöse Empfinden des einfachen Gläubigen lähmen und verwirren. Sie muss sich hüten, die religiöse Einfalt der Ketzerei in die Arme zu treiben. Innozenz hatte also, wie diese Worte zeigen, seit dem Beginn seines Pontifikats die Gefahr erkannt, dass durch die starre Haltung der bisherigen Politik die ganze religiöse Bewegung zur Ketzerei werden musste. Er wollte dieser Gefahr begegnen durch eine besonnene und energische Scheidung zwischen Ketzerei und kirchentreuer religiöser Bewegung.“332

      Dass die Kirche auch neue Wege in der direkten „Ketzerbekämpfung“ eingegangen war, zeigt ein Ereignis, das 1207 in Pamiers, in Südfrankreich, geschah: Dort fand nämlich eine Disputation zwischen Katholiken und Ketzern statt. Die Kirche war also inzwischen dazu übergegangen, auf friedlichem Wege die „Ketzerei“ zu bekämpfen.

       III. Die Dominikaner

      Einer der Initiatoren dieser Disputation war der spanische Bischof Diego von Osma (+ 1207), der auf einer Reise durch Südfrankreich (1203/04 und 1205/06) die katharische Ketzerei kennenlernte und daraufhin unermüdlich versuchte, nicht mit Gewalt sondern mit Argumenten die Ketzer vom katholischen Glauben zu überzeugen und wieder für die Kirche zu gewinnen. Diegos Begleiter und Vertrauter war der Kanoniker Dominikus Guzmán (1173/74 – 1221). Dieser gründete Jahre später den „Predigerorden“ (Dominikaner). 1234 wird Dominikus heiliggesprochen.

      Dominikus Guzmán333 wurde zwischen 1173 und 1175 im kastilischen Dorf Caleruega (Spanien) geboren. Nach dem Studium der sog. „Freien Künste“ und der Theologie, trat er in das Domkapitel zu Osma ein und wurde Priester. Die Hauptaufgabe dort war die Pflege der Liturgie und die Kontemplation. Im Januar 1201 wurde Dominikus Subprior des Domkapitels. Zur Wende in seinem beschaulichen Leben kam es infolge zweier Reisen (1203/04 und 1205/06), die ihn zusammen mit Bischof Diego nach Deutschland und Skandinavien führten,

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