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jenes Feld sein, auf dem sich der Gott-Wissende bewegen soll. Alles individuelle und alles soziale Handeln, alle Werke des Intellekts, des Herzens und des Körpers sind noch seine eigenen Unternehmungen. Doch soll er sie nicht mehr um seinetwillen tun, sondern für die Sache Gottes in der Welt, in allen Wesen, damit alle Wesen vorankommen, wie er auf dem Pfad des Wirkens vorwärtsgegangen ist, damit sie das Göttliche in sich selbst entdecken. Nach außen hin mag es so aussehen, als ob seine Handlungen sich nicht wesentlich von den ihrigen unterscheiden. Das Kämpfen und das Regieren ebenso wie das Lehren und Forschen, die verschiedenen Formen des Verkehrs und Handels von Mensch zu Mensch mögen in seinen Bereich fallen. Aber der Geist, in dem er sie tut, muss ein ganz anderer sein. Und dieser Geist soll es sein, der durch seinen Einfluss die große Anziehungskraft ausüben soll, die die Menschen zu seiner eigenen Ebene emporzieht. Das soll der starke Hebel sein, der die Masse der Menschen in ihrem Aufstieg immer höher emporhebt. (139)

      Der Determinismus der Natur

      Die Stellen, in denen die Gita Nachdruck auf die Feststellung legt, dass die Ego-Seele der Natur unterworfen ist, sind von manchen als die Behauptung verstanden worden, der Determinismus der Natur sei absolut und mechanisch und lasse innerhalb des kosmischen Seins keinen Raum für irgendeine Freiheit. Gewiss verwendet die Gita eine nachdrückliche Sprache, die sehr bestimmt zu sein scheint. Wir müssen aber hier, wie auch anderswo, das Denken der Gita als ein Ganzes verstehen und dürfen nicht ihren Aussagen in ihrem vereinzelten Sinn, völlig losgelöst von jeder anderen, Gewalt antun.Wie überhaupt jede Wahrheit, wie wahr sie auch in sich selbst sein mag, dann, wenn sie aus anderen Wahrheiten, die sie zugleich begrenzen und ergänzen, herausgelöst wird, eine Schlinge ist, die den Intellekt drosselt, und zu einem irreführenden Dogma wird. Denn in Wirklichkeit ist jede nur ein einziger Faden in einem komplexen Gewebe, und kein Faden darf aus dem Gewebe herausgelöst werden. Ebenso ist in der Gita alles miteinander verwoben und muss in seiner Beziehung zum Ganzen verstanden werden. So macht auch die Gita einen Unterschied zwischen denen, die nicht das Wissen vom Ganzen besitzen, akṛtsnavidaḥ, die darum von den Teilwahrheiten des Daseins irregeleitet werden, und dem Yogin, der das synthetische Wissen vom Ganzen besitzt, kṛtsna-vit. Das ganze Dasein mit stetem Blick und als ein Ganzes zu betrachten und nicht durch seine einander widerstreitenden Wahrheiten irregeführt zu werden, ist eine erste Notwendigkeit für die ruhige und vollständige Weisheit, zu der emporzukommen der Yogin berufen ist. Eine gewisse absolute Freiheit ist der eine Aspekt der Beziehungen der Seele zur Natur, der eine Pol unseres vielseitigen Wesens. Ein gewisser absoluter Determinismus durch die Natur ist der entgegengesetzte Aspekt an seinem entgegengesetzten Pol. Und es gibt auch ein partielles und augenscheinliches, darum unwirkliches Trugbild von Freiheit, das die Seele durch eine verzerrte Spiegelung dieser beiden entgegengesetzten Wahrheiten in der sich entwickelnden Mentalität empfängt. Diesem letzteren geben wir gewöhnlich, mehr oder weniger ungenau, den Namen „freier Wille“. Die Gita betrachtet aber nichts als Freiheit, was nicht vollständige Befreiung und Beherrschung ist.

      Wir müssen uns stets der beiden großen Lehren bewusst sein, die in Bezug auf Seele und Natur hinter der ganzen Lehre der Gita stehen –, der Sankhya-Wahrheit von Purusha und Prakriti, die durch die vedantische Wahrheit vom dreifachen Purusha und der doppelten Prakriti korrigiert und vervollständigt wird. Die niedere Form dieser Prakriti ist die Maya der drei Gunas, die höhere ist die göttliche Natur und die wahre Seelen-Natur. Das erschließt uns die Möglichkeit, miteinander auszugleichen und zu erklären, was wir sonst als Widersprüche und Unvereinbarkeiten stehen lassen müssten. Es gibt tatsächlich verschiedene Ebenen unseres bewussten Daseins. Was auf der einen Ebene eine praktische Wahrheit ist, hört auf, wahr zu sein, und nimmt ein ganz anderes Aussehen an, sobald wir auf eine höhere Ebene emporkommen, von der aus wir die Dinge mehr im Ganzen schauen können. (212-13)

      3.27

       Zwar werden alle Handlungen ausschließlich von der Wirkensweise der Natur [den drei Gunas] vollzogen. Dennoch meint der Mensch, dessen Selbst durch seinen Egoismus verwirrt ist, sein „Ich“ bewirke sie.

      3.28

       Kennt aber einer, O Starkarmiger, die wahren Prinzipien der Unterscheidung dieser Wirkensweisen und der Werke, dann versteht er, dass es die Wirkensweisen allein sind, die miteinander agieren und aufeinander reagieren und ist nicht in ihnen verfangen durch Bindung.

      3.29

       Doch soll, wer das Ganze erkennt, nicht die anderen, die durch die Wirkensweisen verwirrt sind und das Ganze nicht erkennen, in ihrem mentalen Standpunkt verunsichern.

      Hier haben wir also eine klare Unterscheidung zweier Bewusstseinsebenen, zweier Standpunkte des Handelns. Beim einen ist die Seele im Netz ihrer egoistischen Natur gefangen und handelt mit der Vorstellung, wenn auch nicht in der Wirklichkeit, eines freien Willens, unter dem Antrieb der Natur. Beim anderen ist sie von ihrer Identifizierung mit dem Ego befreit und beobachtet, billigt, lenkt die Werke der Natur von oben.

      Wir sprechen davon, dass die Seele der Natur unterworfen ist. Die Gita ihrerseits unterscheidet aber die besonderen Eigenschaften der Seele von der Natur. Sie stellt fest, dass die Natur die ausführende Macht ist, während die Seele stets der Herr ist, īśvara. Sie spricht hier von einem Selbst, das durch den Egoismus verwirrt sei. Das wirkliche Selbst ist aber für den Vedantin das Göttliche, das immer frei und seiner selbst inne ist. Was ist also dieses Selbst, das durch die Natur verwirrt, diese Seele, die ihr unterworfen ist? Die Antwort lautet: Wir sprechen hier in der allgemeinen Redeweise unserer niederen oder mentalen Betrachtung der Dinge. Wir sprechen vom Selbst der Erscheinung, von der sichtbaren Seele, nicht vom wahren Selbst, nicht vom wahren Purusha. In Wirklichkeit ist es das Ego, das unentrinnbar der Natur unterworfen ist, weil es selbst ein Teil der Natur und eine der Funktionen ihres Mechanismus ist. Wenn sich aber im Mental-Bewusstsein das Selbst-Innesein mit dem Ego identifiziert, bildet es die Erscheinung eines niederen Selbsts, ein Ego-Selbst. Darum ist auch das, was wir uns gewöhnlich als unsere Seele vorstellen, in Wirklichkeit die natürliche Personalität, nicht aber die wahre Person, der Purusha. Es ist die Begehrens-Seele in uns, die eine Widerspiegelung des Purusha in den Wirkensweisen von Prakriti ist. Sie ist tatsächlich nur eine Aktivität der drei Erscheinungsweisen und darum ein Teil der Natur. Dergestalt gibt es sozusagen zwei Seelen in uns: die sichtbare Seele oder Begehrens-Seele, die sich mit den Verwandlungen der Gunas verändert und ausschließlich von ihnen gebildet und bestimmt wird; und den freien, ewigen Purusha, der nicht durch die Natur und ihre Gunas eingeschränkt wird. Wir haben zweierlei Selbst: das Selbst der Erscheinung, das nur das Ego ist, das mentale Zentrum in uns, das die veränderliche Wirkensweise der Prakriti durchführt, diese veränderliche Personalität ist, die sagt: „Ich bin diese Persönlichkeit. Ich bin dies natürliche Wesen, und als solches tue ich diese Werke.“ Aber dies natürliche Wesen ist einfach die Natur, eine Zusammensetzung der Gunas und andererseits das wahre Selbst, das tatsächlich der Erhalter, Besitzer und Herr der Natur ist, in ihr dargestellt, aber nicht selbst die veränderliche natürliche Personalität. Der Weg, frei zu werden, muss also darin bestehen, dass wir jede Art von Begehren, diese Begehrens-Seele und die falsche Selbst-Anschauung dieses Ego loswerden...

      Diese Auffassung von unserem Wesen stützt sich, auf die Sankhya-Analyse des dualen Prinzips in unserer Natur, von Purusha und Prakriti. Purusha ist inaktiv, akartā; Prakriti ist aktiv; kartrī: Purusha ist das Wesen, ganz erfüllt vom Licht des Bewusstseins. Prakriti ist die Natur, die mechanisch alle Arten ihres Wirkens im bewussten Beobachter, dem Purusha, widerspiegelt. Prakriti wirkt durch die Unausgeglichenheit ihrer drei Erscheinungsweisen, Gunas, in ständigem Zusammenstoß, in gegenseitiger Vermischung und Veränderung. Durch die Arbeit des Ego-Mentals bringt sie den Purusha dazu, sich mit all diesem Wirken zu identifizieren und erschafft so das Empfinden einer aktiven, veränderlichen, zeitlich vergänglichen Personalität in der schweigenden Ewigkeit des Selbsts. Das ungeläuterte naturhafte Bewusstsein verdeckt das reine Seelen-Bewusstsein. Das Mental vergisst in dem Ego und der Personalität die Person. Wir lassen es zu, dass die unterscheidende Intelligenz durch das Sinnen-Mental mit

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