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wir uns in das Höchste innerhalb unseres eigenen Wesens erheben, in unsere freie Seele und in das Selbst, das dasselbe ist in allen und eins mit allen, das deshalb keine egoistischen persönlichen Interessen hat, empor zum Göttlichen in unserem Wesen, das Sich Selbst transzendent zum Kosmos besitzt und deshalb weder durch Seine kosmischen Werke noch durch Sein individuelles Wirken gebunden ist. Das ist es, was die Gita lehrt. Freiheit vom Begehren ist nur ein Mittel zu diesem Zweck, nicht das Ziel an sich. Ja, aber wie soll das zustande gebracht werden? Dadurch, dass wir alles Handeln zu dem einzigen Zweck vollbringen, Opfer zu sein, antwortet der göttliche Lehrer. (109-11)

      Wir können nicht die übliche Interpretation von niyataṁ karma annehmen, als wenn es festgelegte und formale Werke bedeute und gleichbedeutend sei mit dem vedischen nityakarma, den regelmäßigen Werken von Opfer, Zeremoniell und der täglichen Ordnung vedischen Lebens. Gewiss, niyata nimmt einfach das niyamya des vorhergehenden Verses (Sloka 7) auf... Die Lehre der Gita verlangt keine formellen Werke, die durch äußeres Gesetz festgelegt sind, sondern ein Handeln, das frei ist von Verlangen und durch die befreite buddhi beherrscht wird. (109)

      3.9

      Wenn die Menschen dieser Welt ihre Werke anders vollziehen denn als Opfer, bleiben sie in der Gebundenheit an die Werke. Als Opfer vollziehe dein Wirken, O Sohn der Kunti, und werde so frei von jeglicher Bindung!

      Es ist klar, dass alles Wirken in diesem Geist geschehen kann, nicht nur das zeremonielle Opfer und die soziale Pflicht. Jede Handlung kann entweder aus dem Ego-Sinn eng oder weit oder Gott zuliebe getan werden. Das ganze Wesen und alles Wirken von Prakriti existiert nur um des Göttlichen willen, von jenem geht es aus, durch jenes hat es seine Dauer, zu jenem wird es gelenkt. Solange wir aber vom Ego-Sinn beherrscht werden, können wir den Geist dieser Wahrheit weder erkennen noch aus ihm handeln. Vielmehr handeln wir für die Befriedigung des Ego, im Geist des Ego, anders als im Geiste des Opferns. Der Egoismus ist der Knoten der Gebundenheit. Wenn wir in der Richtung auf Gott hin wirken, ohne irgendwie an unser Ego zu denken, lösen wir diesen Knoten auf und gelangen schließlich zur Freiheit. (111)

      Die Theorie der Gita vom Opfern wird an zwei verschiedenen Stellen behandelt. Die eine finden wir im dritten Kapitel, die andere im vierten. Die erste gibt die Auffassung der Gita in einer Sprache wieder, die, für sich genommen, nur vom zeremoniellen Opfer zu sprechen scheint. Die zweite interpretiert dies im Sinne eines umfassenden philosophischen Symbolismus und wandelt sofort seine ganze Bedeutung um. Opfern wird auf eine Ebene hoher psychologischer und spiritueller Wahrheit emporgehoben. (114)

      3.10

      3.11

      Unterstützt durch dies Opfer die Götter, und lasst die Götter euch unterstützen! Indem ihr euch gegenseitig Gunst erweist, werdet ihr das höchste Heil erlangen.

      3.12

      Huldvoll gestimmt durch das Opfer, werden die Götter euch ersehnte Freuden gewähren. Wer die Freuden, die sie verleihen, genießt, ihnen jedoch nichts gegeben hat, ist ein Dieb.

      3.13

      Die Guten, die essen, was vom Opfer übrig bleibt, sind von aller Sünde befreit. Jene aber sind böse und sündigen mit Lust, welche (die Speise) um ihrer selbst willen zubereiten.

      3.14-15

      Aus der Speise beziehen die Geschöpfe ihr Sein. Aus dem Regen entsteht die Speise. Aus dem Opfer entsteht der Regen. Das Opfer ist aus dem Werk geboren. Wisse aber, dass alles Werk seinen Ursprung in Brahman hat. Brahman wurde aus dem Unwandelbaren geboren. Darum ist das alles durchdringende Brahman im Opfer gegründet.

      3.16

      Wer hier nicht dem Rad folgt, das so in Bewegung gesetzt worden ist, dessen Wesen ist böse. Auf Genusssucht bedacht, lebt er vergeblich, O Partha.

      In der Gita gibt es nur sehr wenig, was rein lokaler oder zeitbedingter Art wäre. Ihr Geist ist so umfassend, tief und universal, dass auch dies Wenige leicht allgemeingültig verstanden werden kann, ohne dass der Sinn der Lehre eine Minderung oder Beeinträchtigung erleidet. Ja, die Lehre gewinnt gerade dann an Tiefe, Wahrheit und Macht, wenn wir ihr einen umfassenderen Bedeutungshorizont geben, als er zu Volk und Epoche gehört. Oft weist die Gita selbst auf die Weite des Horizonts hin, die größer ist, als sie auf diese Weise einer an sich lokalen oder begrenzten Idee gegeben werden kann. So behandelt sie das alte indische System und Gedankenbild des Opfers als einen Austausch zwischen Göttern und Menschen – ein System und eine Vorstellung, die in Indien selbst schon lange praktisch veraltet und für das allgemeine menschliche Denken nichts Wirkliches mehr sind. Wir finden aber, dass hier dem Wort „Opfer“ ein so völlig subtiler, bildlicher und symbolischer Sinn beigelegt und der Begriff der Götter so wenig lokal begrenzt oder mythologisch, so völlig kosmisch und philosophisch ist, dass wir beide Begriffe leicht als Ausdruck für eine praktische Tatsache der Psychologie oder für ein allgemeines Gesetz der Natur annehmen und sie somit anwenden können auf die modernen Vorstellungen vom Austausch zwischen Leben und Leben, vom sittlichen Opfer und der Selbst-Hingabe. So erweitern und vertiefen wir diese Begriffe und geben ihnen einen mehr spirituellen Aspekt und das Licht einer tieferen und weiter reichenden Wahrheit. (6)

      Nachdem Krishna so die Notwendigkeit des Opferns festgestellt hat – wir werden nachher sehen, in welchem Sinn wir die Stelle verstehen sollen, die uns auf den ersten Blick nur eine traditionelle Theorie des Ritualismus und der Notwendigkeit zeremonieller Darbringung darzulegen scheint –, fährt er mit der Feststellung fort, dass der spirituelle Mensch höher steht als das Wirken. (114)

      3.17

      Der Mensch aber, dessen Glück im Selbst ruht und der volles Genüge findet in der Freude am Selbst und in dem Selbst, der ist zufrieden. Für ihn existiert kein Werk, das getan werden muss.

      3.18

      Er hat hier kein Ziel, das durch Handeln oder durch Unterlassen des Handelns erreicht werden muss. Unabhängig steht er allen Wesen gegenüber hinsichtlich aller Ziele, die erreicht werden sollen.

      Hier stehen sich also die beiden Ideale, das vedische und das vedantische, in ihrer ganzen ursprünglich scharfen Trennung und Gegensätzlichkeit gegenüber: Auf der einen Seite das aktive Ideal, hier alle Lebensgenüsse, und dort, im Jenseits, das höchste Gut zu erwerben, wenn man opfert und die gegenseitige Abhängigkeit des menschlichen Wesens von den göttlichen Mächten pflegt; auf der anderen Seite, ihm gegenüber, das strengere Ideal des befreiten Menschen, der, im Geist unabhängig, nichts zu tun haben will mit all den Freuden oder mit dem Wirken, weder mit den menschlichen noch den göttlichen Welten, sondern der nur im Frieden des erhabenen Selbstes lebt und selig ist allein in der stillen Freude des Brahman. Die nächsten Verse schaffen die Grundlage für die Aussöhnung zwischen den beiden Extremen. Sobald man sich der höheren Wahrheit zuwendet, liegt das Geheimnis nicht in der Untätigkeit, sondern im begehrensfreien Wirken, und zwar ebenso schon bevor man die Wahrheit erlangt hat, wie auch danach. Der befreite Mensch kann nichts durch Aktivität, aber auch nichts durch Inaktivität gewinnen. Und seine Entscheidung darf er ganz und gar nicht um eines persönlich erstrebten Zweckes willen treffen. (115)

      3.19

      Darum tue immer das Werk, das getan werden muss (zum Wohle der Welt, lokasaṅgraha, wie nachher ausgeführt wird), ohne Bindung! Denn durch Handeln ohne Bindung gelangt der Mensch zum Höchsten.

      Es ist wahr, dass Wirken und Opfern Mittel sind, um zum höchsten Gut zu gelangen, śreyaḥ param avāpsyatha. Es gibt aber drei Arten von Wirken: Das Wirken, das nur für das persönliche Genießen, ohne Opfern, getan wird. Es ist völlig selbstsüchtig und eigennützig und verfehlt das wahre Gesetz, das Ziel und den Wert des Lebens, moghaṁ pārtha sa jīvati. Sodann das Wirken, das zwar aus Verlangen, jedoch als ein Opfer, vollbracht wird. Die Lebensgenüsse werden hier als die Frucht

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