Скачать книгу

unterscheiden sich nicht nennenswert. Hauptsache, es ist eine MacKay. Ich sollte schon längst drüben im Salon sein und Fragen beantworten. Du erinnerst dich? Das … besondere … Interview?«, drängte Jake unterschwellig.

      »Probier mal die an.« Mit ernster Miene hatte sie sich endlich für ein Modell entschieden. Er griff nach den Jeans, schlüpfte in die Hosenbeine und zog den Stoff mit einem Ruck über seinen Hintern. Sie passte perfekt. Treffender konnte man den Slogan seiner Kampagne wirklich nicht veranschaulichen. Der Stoff hatte einen geringen Stretchanteil, schmiegte sich also angenehm an den Körper und ließ gleichzeitig genug Bewegungsfreiheit. Ein auffälliges Kennzeichen war das verwendete Garn. In sattem Rot zogen sich die Nähte durch den Denim und verliehen der Hose das unverwechselbare Aussehen.

      »Okay, die ist es!« Geräuschvoll schlug er sich selbst auf den Hintern und packte kräftig zu, als wollte er den Sitz nochmals überprüfen.

      Kisha sah ihm zu. »Und? Willst du wieder barfuß gehen?« Ihr Blick war an seinen nackten Füßen hängen geblieben.

      »Mmh. Du weißt doch, möglichst wenig soll von den Jeans ablenken.« Jake grinste sie an, presste aber die Lippen zusammen, als sein Magen sich plötzlich lautstark bemerkbar machte. Für das Frühstück würde nach Janines neuester Terminplanung keine Zeit mehr bleiben. Zielsicher umrundete er das Bett, zog die unterste Schublade eines Schränkchens auf und kramte darin herum. »Ähm, ich hatte hier doch einen Schokoriegel.« Verwirrt drehte er sich zu Kisha um.

      »Sieh mich nicht so an … ich hab ihn nicht!« Abwehrend hob sie beide Hände und wedelte mit seinem weißen Shirt, als wäre es eine Parlamentärflagge. »Vielleicht hat Will dein Zimmer gefilzt, um zu verhindern, dass du in einem schwachen Moment seinen Ernährungsplan zunichtemachst.«

      »Mist! Ich hab Hunger.« Dann musste er eben zu Plan B greifen. Jake setzte einen Dackelblick auf, kam aber nicht dazu, Kisha zur Mittäterschaft zu überreden.

      »Oh, nein! Tu das nicht, Honey!«, wehrte sie sofort ab. »Ich sag Will einfach, dass er dir nach dem ersten Interview etwas bringen soll.« Kisha sah auf die Uhr. »Ein Wunder, dass Janine noch nicht aufgetaucht ist, um dich anzutreiben. Na los! Es wird höchste Zeit.«

      Jake tat entrüstet und baute sich vor ihr auf, erntete jedoch nur ein müdes Lächeln.

      »Hallo? Wer, bitte, trödelt denn herum?« Er nahm ihr das Shirt ab. Es hatte zwar Überlegungen in diese Richtung gegeben, aber die Interviews ohne Schuhe und mit nacktem Oberkörper zu absolvieren, war ihm dann doch too much.

      »Lass mich schnell noch ein, zwei Sachen holen, damit ich dich drüben fertig schminken kann. Dann geht’s los.« Jake blieb vor dem Schlafzimmer stehen, um auf sie zu warten, und schob die Schlüsselkarte zur Suite in seine Hosentasche. Er kannte Kisha. Diese ein, zwei Sachen entpuppten sich meist als ein ganzer Koffer voller Puder, Concealer, Cremes und Make-up.

      »Jan?« Er kürzte den Namen seiner Assistentin und die Frage nach ihrem Aufenthaltsort auf drei Buchstaben ab und blickte fragend zu Charly, der sich beneidenswerterweise seinem Frühstück widmen durfte.

      Der Techniker würgte einen Bissen seines pink getoppten Donuts hinunter, ehe er sich ein paar Streusel von den Lippen leckte, und schien genau zu wissen, was Jake damit hatte sagen wollen. »Hat vorhin irgendwas von Kensington Room und Journalisten gesagt.«

      Kapitel 3

      »Bestimmt steht wieder ein grandioses Buffet bereit. Mann! Vielleicht habe ich Glück und es ist noch niemand da. Dann kann ich wenigstens dort noch …« Jake schüttelte das Shirt aus und erstarrte. Eine Naht hatte sich gelöst. Der Faden kringelte sich um ein zentimeterlanges Loch, wodurch das Kleidungsstück denkbar ungeeignet für öffentlichkeitswirksame Kontakte mit Pressevertretern war. Jake biss sich auf die Zunge und unterdrückte ein Fluchen. Noch mehr Zeitdruck konnte er jetzt beim besten Willen nicht brauchen.

      »Hol dir ruhig ein paar Leckereien – wenn du dich das traust. Du weißt doch, dass Will früher oder später alles mitbekommt«, foppte Kisha, während sie einen Blick über ihre Schulter warf. Sie hatte nichts von dem Dilemma mitbekommen.

      »Warte!«, hielt Jake sie auf. Die beiden hatten einen der Salons erreicht, in dem die Interviews stattfinden sollten. »Ich bin sofort wieder da!« Ohne eine weitere Erklärung machte Jake kehrt und rannte zum Schlafzimmer zurück, um sich ein anderes Oberteil zu holen, und griff wahllos zu. Wenig später kehrte er zurück, bremste seinen Schwung ab und blieb atemlos vor Kisha stehen. »So, wir können.« Sofort bemerkte er ihren tadelnden Blick und bereute, dass er in der Hektik nicht auf die Farbe des Shirts geachtet und sich nicht an ihre Vorgabe gehalten hatte. Egal, das Grau passte auch zu den Jeans. Sie würde sich damit abfinden müssen, denn er hatte keine Lust, noch einmal zurückzulaufen.

      Jake zupfte den Saum auseinander, schlüpfte in die Ärmel und ließ sich von ihr die Tür aufhalten. Mit wehendem Gewand eilte sie voraus, steuerte direkt auf den Flügel zu, der schwarz glänzend in der Mitte des Raumes stand und die Blicke der Besucher auf sich zog. Beim ersten Rundgang durch die Suite war es ihm zumindest so ergangen und Jake hatte sich gefragt, ob jemals ein Gast auf diesem Instrument spielte. Leider beherrschte er es nicht, hörte aber gern zu.

      »Komm schon, beeil dich, Honey!«, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Kisha schnippte mit den Fingern und warf ihre beneidenswerte Haarpracht, einen armdicken Rastazopf, auf den Rücken.

      Jake zog sich das Shirt über den Kopf und brachte die nächsten Schritte blind hinter sich.

      »Himmel! Das fängt ja wieder gut an! Janine hätte mich wirklich vorwarnen können!«, zeterte Jake. »Wieso kommt sie erst so kurz vor knapp damit an, dass wir früher beginnen?« Er wusste, dass er Janine Unrecht tat. Sie konnte schließlich nichts dafür, dass diese Prescott sich nicht schon einen Tag eher gemeldet hatte. Das sah danach aus, als wüsste die Chefredakteurin, dass sie auch so kurzfristig noch eingeplant und ihrem Wunsch entsprochen würde. Er kannte sie nicht persönlich und durfte sich daher eigentlich kein Urteil erlauben, aber Sharon Prescott hatte bei Jake allein durch diese Aktion schon Minuspunkte auf ihrem Konto verbucht.

      Jake konnte nur hoffen, dass nach diesem holprigen Start der Tag wieder geradliniger verlief.

      Ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Fuß, als ihn plötzlich eine Wand aus weicher Körpermasse abbremste und sein Zeh durch den Stoß gegen Kishas Schuhe nach hinten gebogen wurde. Jake biss die Zähne zusammen und stöhnte. Adrenalin flutete seinen Körper, trieb seinen Herzschlag in die Höhe. Humpelnd versuchte er, sein Gleichgewicht wieder zu erlangen, ohne den pochenden Zehen zu belasten. Zum Fluchen fehlte ihm der nötige Atem, was in diesem Augenblick sicher besser war.

      Auf die Gefahr hin, die Naht dieses Shirt ebenfalls zu beschädigen, zerrte er am Stoff und blinzelte die Tränenflüssigkeit weg, während er nach Luft schnappte. Sein Brustkorb entspannte sich langsam und es dauerte einen Moment, bis die Punkte sich auflösten, die vor ihm zu schweben schienen.

      Jake fragte sich, ob Kisha das Anrempeln überhaupt bemerkt hatte. Sie stand reglos vor ihm und starrte in den angrenzenden Salon. Dort hatte Charly neben dem Interviewbereich, der aus einem Tisch und zwei Sesseln bestand, bereits die Scheinwerfer in Betrieb genommen. Daneben stand ein Typ und starrte zu ihnen herüber. Jake war sicher, dass dieser Mann ihm aufgefallen wäre, wenn er ihn zuvor schon einmal gesehen hätte. Er suchte in den unzähligen Gesichtern, die er in der Vergangenheit abgespeichert hatte, nach einer Übereinstimmung. Nichts – er blieb ein Fremder. Einen Wimpernschlag später hatte Jake ihn abgecheckt und ihn anhand seiner äußeren Attribute beurteilt. Studien belegten glaubhaft, dass innerhalb von Millisekunden der erste Eindruck entstand, der gnadenlos über Sympathie oder Ablehnung entschied. Genauso wie in den Produktionsstraßen mancher Firmen in atemberaubender Geschwindigkeit Aufnahmen gemacht wurden, um dann bei Mangel der Ware durch einen elektrischen Befehl das entsprechende Objekt durchfallen und mit einem seelenlosen Schubs aussortieren zu lassen.

      Er wusste, er selbst bildete da keine Ausnahme, war von den uralten Verhaltensmustern nicht ausgenommen. Der Typ bestand den Test. Er war etwa so groß wie Jake und vermutlich auch im selben Alter. Braunes Haar, das zwar modisch geschnitten, aber längst nicht so perfekt

Скачать книгу