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gab einen zischenden Laut von sich und zog eine Grimasse. »Sorry, tut mir leid, Honey.« Als Jake abwinkte, schaltete sie den Fön ein und machte sich an ihre Arbeit.

      Die Wärme des Luftstroms verursachte bei Jake eine Gänsehaut, während Kisha gekonnt das feuchtkalte Haar bearbeitete und trocknete.

      »So!« Mit einem Ruck zog sie den Stecker aus der Dose, wickelte das Kabel in lockeren Schlingen um den Fön und legte ihn beiseite. Kisha musterte ihn eindringlich.

      »Heute würde ich auf jeden Fall zu Concealer raten«, wurde Jake dezent auf die Augenringe hingewiesen.

      »Mmh« fügte er sich dem Profitipp, sein Spiegelbild vor Augen. So lief das immer. Kisha ›riet‹ zu etwas, obwohl es für sie bereits beschlossene Sache war und Widerspruch sich äußerst ungünstig auf den Beratenen auswirken konnte.

      Zielsicher zog sie eines der Fläschchen aus der Palette. Zwei Drehbewegungen später war sie gerade im Begriff, mit der Schaumstoffspitze über Jakes Haut zu tupfen, als hinter ihnen Janines Stimme ertönte.

      »Ihr müsst einen Zahn zulegen, sonst artet das Ganze heute wirklich in Stress aus.« Eine Untertreibung schlechthin. Stress war Bestandteil jedes einzelnen Tages. Ob es an ihrem Befehlston lag oder daran, dass sie wie aus dem Nichts aufgetaucht war, konnte Jake nicht beurteilen. Jedenfalls fiel das Stäbchen mitsamt der Abdeckflüssigkeit auf seinen Oberschenkel und hinterließ eine schmierige Spur. Entsetzt starrte Kisha auf das Malheur.

      »Macht nichts. Ich ziehe mich gleich um.« Ehe sie explodieren konnte, griff Jake beruhigend nach ihrer Hand und versuchte dadurch, die Heftigkeit ihres Ausbruchs zu dämpfen. Vermutlich war dieses Missgeschick, das zu allem Überfluss direkt vor Janines Augen geschehen war, Kishas Meinung nach unverzeihlich.

      »Was ist los?«, wandte er sich gelassen an Janine, die mit bebenden Nasenflügeln neben ihm stand.

      »Zumindest nichts, womit ich nicht fertig werden würde.« Sie straffte ihre Schultern und zog gleich darauf nachdenklich ihre Stirn in Falten. »Ach, übrigens … sagt dir der Name Sharon Prescott etwas? Du hast noch geschlafen, als ich mit ihr telefonierte. Sie meinte, ich solle sie bevorzugt behandeln, da einer ihrer Mitarbeiter wohl ein ganz besonderes Interview vorbereitet hat.« Ein wenig leiser fuhr sie fort, schien ganz in Gedanken zu sein und mit sich selbst zu reden. »Sie hat doch glatt die Frechheit besessen … sieht ihr ähnlich, dass sie den ganzen Ablauf durcheinanderbringt, ohne mit der Wimper zu zucken. Die bildet sich vielleicht was ein.« Sie presste ihre Lippen aufeinander und starrte einen Moment ins Leere, ehe sie hart auflachte. »Tja, ich hätte damit rechnen müssen.«

      Janine verstummte und da Jake sich keinen Reim auf ihre Worte machen konnte, wartete er ab. Nach einem tiefen Atemzug wirkte sie bereits erheblich gelassener. »Aber ich denke, es ist ganz gut, dass sie sich gemeldet hat. Es klang ziemlich interessant«, murmelte sie, kaute auf ihrer Lippe und dachte nach. »Zum Glück steht die Technik schon, denn ich habe beschlossen, diesen besonderen Termin, wie sie es nannte, einzuschieben. Wir werden mit dem ersten Interview bereits in einer halben Stunde beginnen. Kriegt ihr das hin?« Es war weniger eine Frage als eine Aufforderung. Skeptisch sah sie die beiden an. Ihre Augenbrauen wanderten hoch und schoben dabei ihre Stirn in Falten. Von einer Sekunde zur nächsten wechselte sie ihre Strategie und flehte. »Kommt schon, Leute! Wir müssen das hinbekommen!«

      »Wird knapp … das ist dir schon klar, oder?«, meldete Kisha sich verstimmt zu Wort.

      »Warum hast du mich nicht früher geweckt?«, mischte Jake sich ein.

      Janine bekam große Augen. »Oh, glaub mir, das habe ich … mehrmals!«, antwortete sie pikiert.

      Hastig tupfte Kisha getönte Tagescreme mit einem Schwämmchen auf sein Gesicht. »So, das hätten wir. Jetzt müssen wir uns noch um dein Outfit für das Interview kümmern.« Geschäftig räumte sie die Utensilien weg, die sie benutzt hatte.

      Jake zuckte mit den Schultern und sah zu Janine hoch. »Hey, wenn es dich nervt, dass sie sich so aufspielt, dann erteil ihr doch einfach eine Absage. Warum sollte sie eine Sonderbehandlung bekommen?« Er wischte mit den Papiertüchern, die Kisha ihm gegeben hatte, über die Jeans, erreichte jedoch nur, dass der Fleck größer wurde.

      »Warum?« Janines Stimme schnappte eine Oktave nach oben. »Lass mich überlegen! Vielleicht weil sie eine der einflussreichsten Redakteurinnen Londons ist und es nicht von Vorteil wäre, sie vor den Kopf zu stoßen? Gerade jetzt während der Kampagne – und auch sonst nicht. Was sie über dich schreibt, liest halb England. Sie hat mich neugierig gemacht. Außerdem … schulde ich ihr einen Gefallen«, gab Janine kleinlaut zu und kaute auf ihrer Unterlippe.

      Ihre Worte und die Art, wie sie sie gesagt hatte, ließen Jake aufhorchen. »Du schuldest ihr einen Gefallen?«

      Natürlich wusste er, wie dieses Spiel gespielt wurde, und es war ihm oft zuwider. Sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und seine Geradlinigkeit waren zwei der Gründe, warum er ein zurückgezogenes Leben führte.

      »Jetzt bin ich neugierig. Wieso tanzt du nach ihrer Pfeife?«, fragte Jake provokant.

      Janines Lippen wurden zu schmalen Linien, ehe sie sich verteidigte. »Ich würde sagen, es läuft eher unter dem Motto ›Eine Hand wäscht die andere‹«, entgegnete sie säuerlich.

      Jake zuckte mit einer Augenbraue. »Also?«

      »Manchmal meldet sie sich und überlässt mir die Entscheidung, welches Foto von dir im Boulevardteil abgedruckt wird. Das ist gut, dann gibt es keine Überraschungen und ich kann das Optimum rausholen.«

      Er seufzte genervt. »Janine, die sind da eh schon von ihr abgesegnet und in der engeren Auswahl. Das ist keine große Sache. Sie bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn sie dich eins aussuchen lässt.«

      »Außerdem bringt sie regelmäßig Berichte über dich, ohne dass ich sie hofiere – und zwar positive! Da müssen sich andere wesentlich mehr anstrengen, um im Gespräch zu bleiben.«

      »Natürlich macht sie das … sie hat ja etwas davon. « Jake verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen.

      Ihr Ton wurde eisiger. »Möchtest du mir vorschreiben, wie ich meine Arbeit zu machen habe? Bisher war es für dich in Ordnung, wie ich die Dinge geregelt habe und wie es gelaufen ist.«

      Jake schluckte die Antwort hinunter und stöhnte. Er wollte Janine nicht noch mehr provozieren.

      Was für ein Theater! »Ich hasse Journalisten«, murmelte Jake und fühlte die Worte mit jeder Faser seines Herzens.

      Beschwichtigend legte sie ihm die Hand auf den Arm. »Nein, das tust du nicht. Auch ihnen verdankst du es, dass deine Kollektion so erfolgreich ist. Und es ist ja nichts Schlimmes geschehen. Wir müssen nur diesen läppischen Interviewtermin hinter uns bringen, okay? Mehr hat sie nicht verlangt. Danach dürfte Sharon Ruhe geben. Das ist doch nun wirklich nicht der Rede wert.«

      Zweifel nagten an Jake, aber Janine zuliebe hielt er den Mund und erhob sich. Was würde es schon nützen, wenn er jetzt den Aufstand probte und sich weiter über die gängigen Methoden in dieser Branche ausließ?

      Kisha hatte sich derweil wieder auf seine Frisur konzentriert, schien jedoch noch nicht ganz zufrieden zu sein. Sie musste sich strecken, um das Haar zurechtzupfen zu können.

      Als er nickte, schenkte Janine ihm erleichtert ein Lächeln. »Gut! Dann hätten wir das geklärt. Also los, wirf dich in Schale.« Wieder ganz die Alte, klatschte sie in die Hände und wirbelte herum.

      Natürlich war Jake durchaus in der Lage, seine Klamotten selbst auszusuchen, aber vor offiziellen Terminen ließ Kisha es sich nicht nehmen, das Haarstyling, die Art des Make-ups und die Kleiderordnung perfekt aufeinander abzustimmen. Dafür war Jake ja auch dankbar. Heute allerdings vergeudeten sie durch ihren Perfektionismus wertvolle Zeit. Die Minuten rannen dahin wie Sand in einem Stundenglas.

      Skeptisch hielt sie mit jeder Hand eine Jeans nach oben und beurteilte sie nach Maßstäben, die sich einem Beobachter nicht automatisch erschlossen, während Jake abwartete und nur mit Boxershorts bekleidet danebenstand. Einen Stapel Hosen hatte sie bereits

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