Скачать книгу

sein Tempo. Mit langen Sätzen hastete er zwischen den Häuserfronten hindurch. In der nächsten Sekunde passierte es.

      Aus einer Mauernische flog eine Gestalt heraus. Jossip Wassinski katapultierte sich Roberto Tardelli entgegen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Er war entschlossen, um seine Freiheit zu kämpfen. Der fremde Mann war hinter ihm und Maria her. Sie wollten beide nicht wieder nach Polen abgeschoben werden. Wenn sie aber in Amerika bleiben wollten, mussten sie sich dieses Verfolgers entledigen.

      Der erste Faustschlag traf Roberto Tardelli, und da der Angriff unverhofft gekommen war, hatte Roberto Tardelli auch Mühe, den Treffer wegzustecken. Der Pole prallte gegen ihn. Sie fielen beide gegen die Hausmauer.

      Roberto sah Maria in der schattigen Nische stehen. Ihre Augen waren groß wie Tennisbälle und voll von Furcht und Verzweiflung. Gespannt presste sie ihre Fäuste gegen das bleiche Gesicht, während sie den Kampf verfolgte, mit dem sie nicht einverstanden war.

      Jossip schlug wieder zu. Er kämpfte mit dem Herz eines Löwen. Aber dann riss Roberto seine Fäuste als Deckung hoch. Die nächsten Hiebe blockte er ab. Zwei Faustschläge sah er rechtzeitig kommen. Die pendelte er aus, und als sich eine günstige Gelegenheit bot, konterte er.

      Der Pole stöhnte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf.

      „Jossip!“, schrie Maria entsetzt.

      Ihr Bruder setzte alles auf eine Karte. Wie von Sinnen schlug er auf Roberto Tardelli ein, doch dieser hatte seinen Gegner bereits unter Kontrolle. Kein Schlag landete mehr da, wo Jossip Wassinski es haben wollte. Der Pole keuchte schwer, er verausgabte sich zu sehr. Bald war er so erschöpft, dass er mit seinen Schlägen nicht einmal mehr einem Kind hätte wehtun können.

      Ein Aufwärtshaken warf ihn an die Wand. Er sackte daran langsam nach unten.

      „Jossip!“, schrie Maria verzweifelt. „Oh, heilige Muttergottes, Jossip!“

      Sie stieß Roberto Tardelli beiseite, ließ sich neben ihrem Bruder auf die Knie fallen und drückte seinen Kopf gegen ihre üppigen Brüste.

      „Jossip, Jossip, warum hast du das getan?“

      „Das möchte ich auch wissen“, sagte Roberto Tardelli schneidend.

      „Was wissen Sie denn, in was für einer Lage wir uns befinden?“, schrie Maria ihn mit Tränen in den Augen an.

      „Warum sind Sie uns gefolgt?“, fragte Jossip Wassinski heiser.

      „Weil ich der Ansicht bin, dass Sie beide mir eine Menge zu erzählen haben“, erwiderte Roberto Tardelli ernst.

      9

      Vom frühesten Morgen an war Tony Tornado für Pietro Gravina unterwegs. Er sprach mit vielen Leuten, suchte TV-Redakteure in ihren Büros oder zu Hause auf, sprach mit Reportern und Journalisten, schmierte diesen, setzte jenen unter Druck. Einen Journalisten, der ihn vor die Tür setzen wollte, schlug er sogar zusammen, aber der Mann war nicht so ergiebig, wie Tornado gehofft hatte. Langsam tastete er sich vorwärts.

      Woher war die Story vom privaten Rächer gekommen? Wer hatte sie in Umlauf gebracht?

      Dieser Redakteur hatte es von jenem Kollegen erfahren. Der wiederum war von einem anderen angerufen worden. Es stellte sich als ziemlich schwierig heraus, den Ursprung der Meldung zu finden.

      Aber dann fiel zum ersten Mal der Name Christopher Copeland. Und kurz darauf hörte Tony Tornado denselben Namen noch einmal und ein drittes Mal. Als der Name dann noch ein viertes Mal auftauchte, wusste der Mafioso, dass er den richtigen Mann gefunden hatte.

      Christopher Copeland musste von Brian Cusack den Auftrag erhalten haben, das Gerücht vom schwarzen Mann zu verbreiten, und er hatte gleich vier seiner wichtigsten Kollegen angerufen. Wahrscheinlich waren es sogar mehr als vier Journalisten gewesen, die von ihm das Märchen serviert bekommen hatten.

      Christopher Copeland also. Tornado suchte dessen Büro auf. Er fuhr mit dem Lift zur siebzehnten Etage hoch, wie es ihm der Portier erklärt hatte, und wandte sich dann nach rechts. Zwei hübsche Girls gingen vor ihm. Da die Röcke wieder kürzer wurden, zeigten sie viel Bein, und das gefiel ihm. Sie betraten eines der Büros, und Tornado ging allein den Gang weiter entlang. An einer Tür stand Copelands Name. Der Mafioso klopfte und trat ein. Er gelangte in ein kleines Vorzimmer, das von hellem Tageslicht durchflutet war. An einem gläsernen Schreibtisch saß eine nette Rothaarige. Elegant. Piekfein. Ihre Fingernägel waren lang und blutrot. Sie trug ein Kleid, dessen Ausschnitt einen beachtlichen Einblick gewährte. Ihr Lächeln war freundlich, aber unverbindlich. Neben ihr klebten eine Menge Ansichtskarten an der Wand. Hawaii, Bahamas, Acapulco ...

      „Was kann ich für Sie tun?“, fragte sie mit einer weichen, einschmeichelnden Stimme.

      „Ich möchte Mister Copeland sprechen. Ist er da?“

      „Leider nein.“

      Tony Tornado war enttäuscht, aber er ließ es sich nicht anmerken.

      „Ich bin ein Bekannter von Christopher. Er sagte, ich solle ihn doch mal besuchen, wenn ich in der Nähe zu tun hätte, und nun ergibt es sich mal, und er ist nicht da.“

      „Er müsste bald kommen, Mister ...“

      Tornado überhörte die versteckte Frage nach seinem Namen.

      „Dumm“, murmelte er. „Zu dumm.“

      „Wenn Sie hier auf Mister Copeland warten wollen“, sagte die Sekretärin des Journalisten und wies auf einen bequemen Sessel, neben dem auf einem kleinen Glastisch mindestens zehn Illustrierte lagen.

      Der Mafioso tat geschäftig.

      „Ich weiß nicht. Ich habe auch noch einen Termin, den ich unter keinen Umständen verbummeln darf. Eine Menge Geld ist dabei im Spiel, Sie verstehen? Ich dachte, ich schau' nur mal schnell herein und sag’ guten Tag.“

      „Ich kann Mister Copeland etwas bestellen, wenn Sie möchten.“

      „Ach, das ist nicht nötig. Ich rufe ihn einfach im Laufe des Vormittags an, okay?“

      „Wie’s Ihnen lieb ist. Wie war doch gleich Ihr Name, Mister ...“

      „Miller. Frank Miller.“

      „Ich werde Mister Copeland sagen, dass Sie da waren, Mister Miller.“

      „Sehr freundlich. Ach, sagen Sie, fährt Christopher noch seinen Buick?“

      „Soviel ich weiß, hatte Mister Copeland noch nie einen Buick, Mister Miller.“

      „Ach nein? Sollte ich mich wirklich so irren?“

      „Er fährt seit Jahren stets den neuesten Oldsmobile.“

      „Ach ja, richtig. Er ist doch wohl zufrieden damit, oder?“

      „Ich denke schon. Jedenfalls hat er über seine Fahrzeuge noch nie etwas Nachteiliges gesagt. Er würde der Marke ja auch wohl kaum treu bleiben, wenn er damit nicht zufrieden wäre.“

      „Das ist richtig“, sagte der Mafioso. „Ich möchte mir in den nächsten Tagen auch einen neuen Wagen zulegen, deshalb habe ich gefragt.“ Er blickte wieder geschäftig auf seine Uhr. „Tut mir leid, den alten Knaben nicht angetroffen zu haben. Vielleicht klappt's

Скачать книгу